Krieg um den Affenfelsen
Warum im 18. Jahrhundert Gibraltar beschossen wurde und was dazu geprägte Medaillen und Münzen erzählen





Die Beschießung von Gibraltar von der See aus ist auf den Medaillen von 1783 dargestellt. Die Zinnmedaille oben ehrt den britischen Gouverneur Georg August Elliot als Verteidiger des die Straße von Gibraltar beherrschenden Felsens.



Schier unübersehbar und schwer zu komplettieren ist die Zahl der Münzen mit dem Bildnis von Queen Elizabeth II. und dem Vermerk GIBRALTAR. Das goldene Fünf-Pfund-Stück zeigt den britischen Löwen mit dem "Schlüssel von Gibraltar".



Die Ausgabe aus dem Jahr 1995 erinnert an den Tod des Admirals Nelson 1805 in der Seeschlacht von Trafalgar, in deren Ergebnis die Briten ihre Seeherrschaft festigten und der französische Kaiser Napoleon I. seine Pläne zur Invasion Englands aufgeben musste.



Der Kupferstich ehrt den Gouverneur von Gibraltar, General Georg August Eliott, als tapferen Mann, der Schlüssel im Wappen der Kronkolonie symbolisiert deren wichtige Stellung am Eingang zum Mittelmeer.





König Karl XII. von Schweden und Russlands Zar Peter der Große waren erbitterte Gegner im Nordischen Krieg, dessen Verlauf und Ergebnisse auf zahlreichen Medaillen gefeiert wurden. (Fotos/Repros: Caspar)

Im Zusammenhang mit dem Brexit, dem für März 2019 geplanten, im eigenen Land und in Europa höchst umstrittenen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, spielt auch die seit dem Spanischen Erbfolgekrieg vor über 300 Jahren zum Vereinigten Königreich gehörende felsige Halbinsel Gibraltar eine gewisse Rolle. Dort leben auf einer Fläche von 6,5 Quadratkilometern gut 30.000 Menschen, und es fühlen sich hier über 200 Affen wohl, von unzähligen Touristen bewundert. Dass man hier die Berberaffen hegt und pflegt, geht auf die Legende zurück, nach der Gibraltar so lange britisch bleibt, wie es dort diese Tiere gibt. Als der Bestand 1942 auf wenige Tiere gesunken war, ließ der um das Empire besorgte britische Premierminister Winston Churchill einige Tiere aus Marokko holen und auf der Halbinsel aussetzen. Sammlern ist Gibraltar wegen der schier ausufernden Serie von Kurs- und Gedenkmünzen aus Gold, Silber und Kupfernickel zu unterschiedlichsten Werten und Anlässen, aber immer mit dem Bildnis von Queen Elizabeth II. bekannt. Wer alle diese Stücke beisammen haben möchte, muss sich ordentlich anstrengen, denn es sich viele in kleinen Zahlen geprägte Seltenheiten darunter. Wer ganz genau sein will, legt noch einige Medaillen dazu, die an Kämpfe um den Felsen erinnern, um den sich Spanien und Großbritannien seit dem frühen 18. Jahrhundert streiten.

Seit dem frühen 18. Jahrhundert streiten Spanien und Großbritannien um den Felsen. Da die Straße von Gibraltar, die das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet, von großer strategischer Bedeutung ist, lässt Großbritannien, das hier einen wichtigen Flottenstützpunkt unterhält, in dieser Frage nicht mit sich reden. Um das Brexit-Abkommen nicht platzen zu lassen, haben die Spanier durchgesetzt, dass sie bei allem, was mit Gibraltar zu tun hat, gefragt werden müssen. Mit dieser Haltung konnte sich Ministerpräsident Sánchez durchsetzen. "Gibraltar wird aus den allgemeinen Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ausgespart. Das erlaubt, dass wir direkt mit Großbritannien über Gibraltar verhandeln können."

Zwei lange Kriege vor über 300 Jahren

Zwei große, durch Interessenverflechtungen miteinander verwobene Kriege tobten zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Europa - der Spanische Erbfolgekrieg von 1701 bis 1714 und der Nordische Krieg von 1700 bis 1721. Im Spanischen Erbfolgekrieg ging es um die Frage, wer das weltumspannende Kolonialreich, in dem die Sonne nie untergeht, nach dem Tod des kinderlosen Königs Karl II., des letzten Habsburgers auf dem spanischen Thron, regieren soll. Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV., der gerade erst deutsche Fürstentümer und Reichsstädte mit Feuer und Schwert an sich gerissen hatte und dies auch durch Medaillen feiern ließ, versuchte, seinen Enkel Philipp von Anjou zum König von Spanien zu machen und damit seine Position im europäischen Machtgefüge zu stärken. Hingegen wollte Kaiser Leopold I. seinen Sohn Karl auf den Thron in Madrid setzen. Verschiedene Mächte in Europa favorisierten die französische Lösung, die am Ende den Bourbonen Philipp V. auf den spanischen Thron bracht. Im Ergebnis des Spanischen Erbfolgekriegs wurde das spanische Gibraltar 1713 im Frieden von Utrecht den Briten zugesprochen und ist seit 1830 britische Kronkolonie. Zwischen 1779 und 1783 versuchten spanische und französische Truppen vergeblich, die zur Festung ausgebaute Halbinsel zu erobern, was auch durch Medaillen dokumentiert wurde.

Die französischen Ansprüche auf Spanien hatten erbitterten Widerstand in Wien hervorgerufen. Der römisch-deutsche Kaiser Leopold I. fühlte sich als Gemahl der jüngeren Schwester von Karl II. in der spanischen Thonfolgefrage übergangen. Eine von seinem Feldherrn, dem Prinzen Eugen von Savoyen, geführte Allianz aus kaiserlichen, englischen, preußischen und weiteren Truppen versuchte in Italien und weiteren Ländern, die Gefahr abzuwenden, während Wilhelm von Oranien an der Kanalküste gegen Frankreich vorging, das mit England Krieg führte. So waren im Spanischen Erbfolgekrieg Oberitalien, Spanien und die spanischen Niederlande sowie Teile des römisch-deutschen Reichs Kriegsschauplätze. Zahllose Soldaten verloren ihr Leben und ihre Gesundheit für fremde Interessen. Die prachtvoll mit Bildnissen, Schlachtenszenen und barocken Allegorien geschmückte Medaillen und Gedenkmünzen erinnern an die erbittert und verlustreich geführten Auseinandersetzungen.

Zwei Kandidaten für den spanischen Thron

Bevor es zum Spanischen Erbfolgekrieg kam, setzte sich England für den erst sechsjährigen (!) Kurprinzen Joseph Ferdinand von Bayern, einen Enkel Kaiser Leopolds I., als König von Spanien ein. Karl II. bestimmte daraufhin den Knaben zu seinem Gesamterben. Nachdem dieser aber bereits 1699 gestorben war, wurde Erzherzog Karl von Österreich, der zweite Sohn von Leopold I., zum spanischen König bestimmt. Dagegen aber opponierte Ludwig XIV. von Frankreich, der sich von zwei Seiten durch die Habsburger "eingekreist" fühlte. Da aber Karl II. kurz vor seinem Tod eine neue Testamentbestimmung abgenötigt wurde, wonach Philipp von Anjou neuer König von Spanien werden soll, erhob Kaiser Leopold I. Einspruch, und so nahmen die Ereignisse ihren unheilvollen Lauf.

Sammler kennen die Medaillen und Münzen, die damals anlässlich von Schlachten, Belagerungen, Eroberungen und Friedensschlüssen geprägt wurden. Sie sind unter dem Stichwort "Pax in nummis" in einschlägigen Katalogen verzeichnet und werden da und dort auch in der historischen Literatur erläutert und abgebildet. Die Belagerung der Reichsfestung Landau, die unter Sammlern auch durch die aus Tafelgeschirr gefertigten klippenförmigen Notmünzen bekannt ist, wurde 1702 durch eine Medaille gefeiert, auf der nicht nur die sternenförmigen Bastionen und Wälle zu sehen sind, sondern auch Kanonenkugeln, die in der französisch besetzten Stadt Brände auslösen. Erst 1704 fand eine Entscheidungsschlacht bei Höchstädt statt, in der die Alliierten unter dem kaiserlichen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen und dem englischen Feldherren Marlborough über die Franzosen siegten.

Nach der Schlacht von Malplaquet (1709) fand in London ein Meinungsumschwung statt. Die an die Macht gelangten Torys strebten einen Friedensschluss mit Frankreich an, der dann in Utrecht (1713) sowie Rastatt (1714) besiegelt wurde. Sie legten umfangreiche territoriale Veränderungen, darunter auch die Inbesitznahme von Gibraltar, die Abtretung überseeischer Gebiete an England und die Anerkennung der dort herrschenden, aus Hannover stammenden protestantischen Dynastie. Die aus diesen Anlässen geschlagenen Medaillen zeigen die Janusköpfigkeit der Verträge und demonstrieren, wie brüchig alle friedfertigen Bekundungen sind.

Medaillen auf Siege und Friedensschlüsse

Ein wichtiges Ergebnis jener Friedenstraktate war die Anerkennung Philipps V. als König von Spanien. Als Kompensation bestieg Karl von Habsburg in der Nachfolge seines 1711 verstorbenen Bruders Joseph I. als Karl VI. in Wien den römisch-deutschen Kaiserthron. Das Haus Habsburg tröstete sich mit den spanischen Nebenländern Niederlande, Mailand und Neapel, während England in den südamerikanischen Provinzen Spaniens Sklavenhandel betreiben durfte und damit eine weitere wichtige Basis für seine Weltgeltung erhielt. Im Frieden von Rastatt 1714 wurden die Festung Landau sowie das Elsass mit Straßburg wieder französisch. Skepsis war bei den Friedensschlüssen angebracht, denn es folgten weitere militärische Auseinandersetzungen, diesmal zwischen Venedig und der Türkei, in die auch Österreich und weitere Länder gezogen wurden. In ihrem Verlauf siegte Prinz Eugen 1716 bei Peterwardein. Dieses Ereignis und weitere Konflikte wurden ebenfalls durch Medaillen gewürdigt.

General Georg August Eliott, den eine 1783 geprägte Medaille ehrt, wurde 1774 Oberkommandierenden in Irland ernannt und übernahm ein Jahr später den Posten des Gouverneurs von Gibraltar. Nachdem die Franzosen in den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eingetreten waren, vergrößerte sich seit 1778 die Gefahr eines spanischen Versuchs, Gibraltar zurückzuerobern. Ließ die Befestigungsanlagen v erstärken und unterstellten sie überwiegend zivilen Ingenieure seinem Kommando. Aus dieser Gruppe ging später das Pionierkorps der Royal Engineers hervor.

Im Juni 1779 begannen die Spanier die Blockade von Gibraltar und zogen eine 14 000 Mann starke Streitmacht zusammen. Die vor Gibraltar ankernde spanische Flotte hatte den Auftrag, den Nachschub über die See zu verhindern. Den Spaniern standen etwa 5.400 britische Soldaten und mehrere hundert Seeleute gegenüber. Der Plan der Spanier, die Eingeschlossenen durch Aushungern zum Aufgeben zu zwingen, ging nicht auf. Nach und nach kam die britische Flotte den hungernden und kranken Menschen zu Hilfe. Die Folge war, dass die Spanier ihre Bombardements von Land und von See verstärkten, die sich sowohl gegen die Festungswerke als auch die Stadt und ihre Bewohner richteten.

Alle Mühen der Spanier, die Festung Gibraltar durch Hunger und durch Dauerbeschuss zu Fall zu bringen, hatten am Ende keinen Erfolg. Mit Beginn von Friedensgespräche wurden die Kriegshandlungen eingestellt. Der Frieden von Paris vom 3. September 1783 garantierte den Briten neben vielen Territorien auch den Besitz von Gibraltar. Eliotts Umsicht und Führungsstärke war es maßgeblich zu verdanken, dass die Briten über mehr als zweieinhalb Jahre der Belagerung überstehen konnten. Der General tat alles, die Moral in der belagerten Festung aufrechtzuerhalten, und er achtete sehr darauf, dass bei der Nahrungsmittelzuteilung alle gleich behandelt werden. Wo er Fahnenflucht, Diebstahl oder Trunkenheit bemerkte, hagelte es drakonische Strafen.

Russland tritt auf den Plan

Während sich das Kriegsglück im Westen und Süden Europas mal der einen, mal der anderen Seiten zuneigte, tobte im Ostseeraum der Nordische Krieg. In diesem verlustreichen Kampf von 1700 bis 1721, der sich zum großen Teil auf mecklenburgischem und pommerschem Territorium abspielte, standen sich das von dem jungen König Karl XII. regierte Schweden auf der einen Seite und eine Allianz aus Russland, Dänemark und Sachsen-Polen gegenüber. Mit dem Nordischen Krieg betrat das darin erfolgreiche Zarenreich als Großmacht die europäische Bühne. Für Peter I., den man später Peter den Großen nannte, begann der Krieg zunächst mit einer verheerenden Niederlage und dem Verlust seiner Artillerie und seiner besten Truppen in der Schlacht von Narwa (1701).

Zwanzig Jahre später stand der Zar, der ab 1703 unter Opferung zahlloser Menschenleben Sankt Petersburg aus sumpfigem Boden gestampft hatte, als Sieger da. Niemand kam mehr an dem östlichen Kaiserreich mehr vorbei. Schweden war im wesentlichen als Machtfaktor in Nordeuropa ausgeschaltet, auch wenn das Land in den folgenden Jahrzehnten weiterhin versuchte, dem russischen Bären noch einige Landbrocken abzujagen, und sich mit seinem Konkurrenten Dänemark anlegte. Der sächsische Kurfürst August der Starke, seit 1697 König von Polen, musste angesichts glückloser militärischer Unternehmungen zeitweilig auf den polnischen Thron verzichten und zusehen, wie Schweden den Magnaten Stanislaus Leszczynski als Gegenkönig in Warschau installierte. Dieser versuchte nach dem Tod Augusts des Starken (1733) noch einmal ein Comeback in Polen, doch als dieses Vorhaben im polnischen Erbfolgekrieg scheiterte, wurde er vom französischen König Ludwig XV., der eine Tochter des Polen geheiratet hatte, standesgemäß mit dem Herzogtum Lothringen und Bar abgefunden.

Eine Medaille auf den Friedensschluss in Altranstädt bei Leipzig zwischen Sachsen-Polen und Schweden (1706) mit der Ansicht der durch Bastionen und Wälle geschützten Stadt Leipzig zeigt, wie Mars und Herkules die Kriegsfurie mit Füßen treten, und eine andere verkündet , "Gott sey in der Höh geehrt - der den Frieden hat beschert". Doch kaum war die Tinte unter den Verträgen getrocknet, da loderte die Kriegsfackel erneut auf. In der Schlacht von Poltawa (1709) wurde das schwedische Heer durch das von Zar Peter I. geschlagen. Der daraufhin in die Türkei geflüchtete König Karl XII. von Schweden brachte den Sultan dazu, in einen riskanten Krieg gegen Russland einzutreten. Nach Eroberung Finnlands und der schwedischen Besitzungen in Norddeutschland konnte der zu Wasser und zu Lande erfolgreiche Kaiser aller Reußen mit preußischer und hannöverscher Hilfe gegen seinen Hauptfeind Schweden mit aller Macht vorgehen, zumal Karl XII. von dem militärisch in Spanien engagierten Frankreich nur noch unzureichend unterstützt wurde.

Der im Dezember 1714 in einem vierzehntägigen Gewaltritt aus der Türkei heimgekehrte Schwedenkönig musste die von preußischen Truppen belagerte Seefestung Stralsund aufgeben. Auf verschiedenen Medaillen wird Propaganda für und gegen Karl XII. gemacht. Eine Medaille von 1707 dankt Gott, dass nach Abzug der Schweden Ruhe eingekehrt ist, eine andere feiert die Rückkehr des Königs aus der Türkei mit den Worten "Was sorget ihr doch, Gott und ich leben ja noch". Selbstverständlich wurden nur Siege und Eroberungen auf geprägtem Metall verherrlicht, hingegen war es Sache der anderen Seite, Niederlagen des Feindes und die Eroberung seiner Festungen und Länder zu registrieren, und das tat man gelegentlich auch mit Hohn und Spott.

29. November 2018

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