Kupferplatten und Görtz`sche Nottaler
Königlicher Draufgänger Karl XII. von Schweden war vom Pech verfolgt, und sein Finanzberater verlor seinen Kopf







Die schwedischen Kupferplatten sind begehrte Sammelobjekte, auf Fälschungen ist zu achten. Wie sie hergestellt wurden, zeigt die Grafik aus der Barockzeit.



Eine schwedische Medaillenserie schildert Stationen der Münzgeschichte und Münztechnik, links die altertümliche Hammerprägung am Amboss sowie das Einschlagen von Stempeln in die kupfernen Talerplatten und die Herstellung von Kleinmünzen mit Hilfe der Walzenprägung.



Mit den so genannten Görtz'schen Nottalern wurde der Bevölkerung vorgegaukelt, dass sie diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in kurantes Silbergeld eintauschen kann. Das war Volksbetrug und schürte die allgemeine Wut gegen den Urheber Baron von Görtz.



Das Kupferstück zu einem Öre aus der Zeit der Königin Christina von Schweden hatte zwar kaum Kaufkraft, war aber schwer und unhandlich. (Fotos/Repros: Caspar)

Der im Dezember 1714 aus der Türkei in einem vierzehntägigen Gewaltritt zurückgekehrte königliche Draufgänger Karl XII. von Schweden war vom Pech verfolgt, was aber die ihn ehrenden Medaillen verschweigen. Nachdem er 1718 bei der Belagerung der Festung Fredrikshald gefallen war, stiegen die Chancen für ein Ende des Nordischen Krieges. Der König war nicht lange in der Riddarholmskyrkan zu Stockholm bestattet, da trat sein Nachfolger König Friedrich I., geborener Erbprinz von Hessen-Kassel und Gemahl der unmittelbaren Nachfolgerin Ulrika Eleonora des kinderlosen Karl XII., in Verhandlungen mit Russland, Dänemark und anderen Ländern ein. In einer Serie von Friedensschlüssen wurden die für Schweden ungünstigen Ergebnisse des Nordischen Krieges zementiert. Russland heimste Livland, Estland, Teile von Karelien und andere Gebiete ein und schaltete seinen Gegner als ständiges Bedrohungspotential aus.

In Norddeutschland musste das skandinavische Königreich solch wichtige Positionen wie Stettin, Vorpommern bis zur Peene sowie die Inseln Usedom und Wollin an Preußen abgeben, woraufhin sich der "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. als einer der Kriegsgewinner in Stettin huldigen ließ und dies durch Gedenkprägungen dokumentierte. Schweden behielt bis 1815 das so genannte Schwedisch-Pommern, also Teile von Vorpommern mit Greifswald und Stralsund, und die Insel Rügen, sowie die im Nordischen Krieg heiß umkämpfte Seefestung und Hansestadt Wismar. Der sächsische Kurfürst August der Starke wurde wieder in seine Rechte als König von Polen eingesetzt und ließ dies durch Prachtmedaillen feiern, während sich Dänemark in Schleswig-Holstein schadlos hielt. Alle diese Prägungen bilden ein interessantes Sammelgebiet, das gut in das bis in die Antike zurück reichende Thema "Pax in nummis" passt. Der Münzhandel bietet dafür regelmäßig schöne, freilich nicht ganz billige Exemplare aus Gold, Silber, Zinn und Kupfer an.

Blech mit eingeschlagenen Stempeln

Das kupferreiche Schweden deckte im 17. Jahrhundert zwei Drittel des europäischen Bedarfs an dem rot schimmernden Buntmetall. Auf der anderen Seite hatte das skandinavische Königreich Schwierigkeiten, seine Münzstätten mit Silber, dem wichtigsten Münzwerkstoff jener Zeit, zu versorgen. Es lag daher nahe, das rare Edelmetall durch das in eigenen Gruben reichlich geförderte Kupfer zu ersetzen. Allerdings hatte die Sache einen Haken. Denn sollte ein Kupferdaler so viel wert sein wie ein Silbertaler, musste er viel schwerer und demzufolge auch größer und unhandlicher sein als das silberne Äquivalent. So wurden Riesenexemplare mit den Maßen 33 mal 68 Zentimeter hergestellt. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich die Schwierigkeiten vorzustellen, wenn man mit den kiloschweren Ungetümen bezahlen musste, die in Stückelungen von zehn bis zu einem halben "Daler" vorkommen. Neben diesen vier- oder mehreckigen Platten gab es auch runde Kupfermünzen, die nicht minder unhandlich wie die eckigen Kupferplattenwaren. Wenn die Raritäten hin und wieder im Handel und in Auktionen auftauchen, erzielen sie einen guten Preis. Die zwischen 1643 und 1776 durch Einschlagen von einem Wertstempel in der Mitte und vier Monogrammstempeln an den Ecken gekennzeichneten Kupferbleche - mehr sind sie im Grunde ja nicht - werden mitunter gefälscht, so dass Sammler Obacht geben und sich unter Umständen mit einem Fachmann beraten müssen. Solche Nachbildungen kommen geprägt und gegossen vor.

Die Herstellung der Plattenmünzen begann unter der Regentschaft der Königin Christine, die eine Tochter des 1632 in der Schlacht von Lützen bei Leipzig tödlich verwundeten Gustav II. Adolf von Schweden war und als eine sehr frühe Münzensammlerin in die Geschichte einging. Nach ihrem Übertritt zur katholischen Kirche und dem Thronverzicht ging sie ins Exil nach Rom, wo sie 1689 Rom starb und ein ehrenvolles Grab im Petersdom erhielt. Die bei ihrer Thronbesteigung erst sechs Jahre alte Monarchin ließ Zehndalerplatten mit dem enormen Gewicht von 19,75 Kilogramm herstellen. Dazu kamen Platten zu acht, vier, zwei und einem Daler. Elisabeth Christines Nachfolger hielten an den Platten fest, veranlassten aber einige Veränderungen. So verzichtete Karl X. Gustav auf den Zehndalerwert, und unter Karl XI. hat man Platten zu acht, fünf, drei, zwei, einem und einem halben Daler hergestellt. Ähnlich sah die Reihe auch im Verlaufe des 18. Jahrhunderts aus. König Gustav III. ließ einige Platten mit Stempeln seiner Vorgänger markieren. Zwischen 1644 und 1776 sollen "Kobberplater" im Gegenwert von 19 Millionen silbernen Speziestalern geprägt worden sein. Wie viele erhalten geblieben sind, kann niemand sagen. Von den 26 000 Zehndalerplatten haben ganze sieben die Zeiten überdauert, was eine hohe Verlustquote belegt. Hin und wieder finden Unterwasserarchäologen in Schiffswracks weitere Plattenmünzen.

Schwer, groß und unhandlich, wie sie waren, bestanden die Talerplatten aus wertvollem Kupfer, das man viel besser für den Guss von Kanonen nutzen konnte. Um am Metall zu sparen, ließ Georg Heinrich von Schlitz, genannt von Görtz, zwischen 1715 bis 1718 groschengroße Kreditmünzen aus Kupfer prägen. Die zehn "Münzzeichen" sind als Görtz`sche Nottaler bekannt und werden von Sammlern gesucht. Die Angabe "1 Daler Silf:Mynt" sollte suggerieren, dass ein Kupferstück den gleichen Wert eines Silbertalers beziehungsweise einer 756 schweren Kupferplatte besitzt und irgendwann gegen eine Silbermünze eingewechselt wird. Zwar wurden diese Münzzeichen sehr sorgfältig geprägt, schon um Fälschungen vorzubeugen, aber sie wurden von der Bevölkerung ungern angenommen. Man spottete mit Blick auf die eigenartigen Bilder über die "Götter" des Baron von Görtz, der auf die erste Prägung von 1715 eine Krone, auf die anderen neun Symbolfiguren wie die sitzende "Svea" für Schweden sowie Krieger und antike Götter zusammen mit kernigen, ins Deutsche übersetzten Sprüchen wie "Wissen und Waffen" oder "Schnell und fertig" setzen ließ.

Treue zum König ist mein Tod

Baron Görtz war ein gewiefter Politiker und kreativer Finanzjongleur. Mit seiner kaltblütig berechnenden Intelligenz war er seinem königlichen Herrn nicht unähnlich. Er verstand es, seine eigenen Ideen dem König so schmackhaft zu machen, dass dieser am Ende überzeugt war, dass sie von ihm selber kommen. So erhielt Görtz nahezu unbeschränkte Macht über die Innenpolitik und Finanzen des Königreichs mit der Weisung, seinem Herrn immer neues Geld für die Rüstung und Kriegszüge zu beschaffen. Das tat er durch immer neue Steuern und Abgaben, aber auch die Ausgabe der erwähnten Nottaler, die auf immer unrühmlich mit seinem Namen verbunden sind. Da niemand, der zum König wollte, an dem Baron und seinem holsteinischen Clan vorbei kam, staute sich mit den Jahren der Hass gegen den allmächtigen Höfling an. In einem auch damaliger Rechtsstaatlichkeit Hohn sprechenden Prozess zum Tode verurteilt, wurde er im Februar 1719 hingerichtet. Wieder einmal war ein Sündenbock gefunden. An der Wand seiner Gefängniszelle stand die Inschrift "Mors regis, fides in regem est mors mea" (Der König ist tot, Treue zum König ist mein Tod).

Von den Notmünzen, die den König finanziell entlasten sollten, soll die Riesenmenge von 40 Millionen Stück geprägt worden sein. Nur die Hälfte konnte eingelöst werden. Dem Baron von Görtz schlug die Volkswut entgegen. Nach dem überraschenden Soldatentod seines Königs wurde dem verhassten Görtz der Prozess gemacht. Zum Tode verurteilt, wurde er im Februar 1719 hingerichtet. Wieder einmal war ein Sündenbock gefunden. Die Görtz`schen Nottaler liefen eine Zeitlang noch als Ein-Öre-Stücke um, worauf auch Abnutzungsspuren deuten, und dienten als Spielmarken. Sehr gut erhaltene Exemplare tauchen relativ selten auf und werden daher gut bezahlt.

24. Juli 2018

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