Zwischen Münze und Marke
Kupferne Bürgergulden stellen in der Nürnberger Geschichte eine Besonderheit dar



Sammler können sich glücklich schätzen, wenn sie einen Nürnberger Bürgergulden von 1744 ihr eigen nennen können.



Das Nürnberger Rechenpfennighandwerk produzierte unzählige Marken und Zeichen meist aus unedlem Metall.



Die Nürnberger Wappenscheibe aus der Zeit um 1510 ist der ganze Stolz des Berliner Kunstgewerbemuseums.



Nürnberg hatte allergrößtes Interesse, das im Römisch-deutschen Reich Frieden und Eintracht herrschen. Die beiden Taler von 1761 und 1763 erbitten in dieser lebenswichtigen Frage göttlichen Beistand. (Fotos: Caspar)

Wer Münzen und Medaillen sammelt, kommt an Marken und Zeichen nicht vorbei. Sie bestehen zumeist aus unedlem Metall und hatten unterschiedliche Aufgaben. Bekannt sind Brot-, Wein- und Biermarken aber auch Legitimationen zum Eintritt in ein bestimmtes Gebäude sowie Spiel-, Kleider-, Rechen- und viele andere Marken. Manche Prägungen fungierten als Ersatzgeld in Zeiten, als man nicht genügend Kleingeld zur Verfügung hatte. Alle zusammen stellen, so klein und unscheinbar sie sein mögen, interessante Dokumente für die Wirtschafts- und Kulturgeschichte einer Region dar und verdienen es, dass man gezielt nach ihnen sucht.

Besonders viele Marken sind aus Nürnberg überliefert. Nürnberg entfaltete seit dem Mittelalter eine umfangreiche Münzprägung, und in vielen Sammlungen liegen goldene Dukaten und silberne Taler mit dem dreifachen Wappen der Reichsstadt, mit Stadtansichten sowie Heiligendarstellungen und anderen Bildern. Die Stadt an der Pegnitz verlor das ihr Mitte des 11. Jahrhunderts erworbene Münzprivileg im frühen 19. Jahrhundert nach ihrer Einverleibung in das neu gegründete Königreich Bayern. Die Emission begann mit bescheidenen Pfennigen, Hellern, Schillingen und Groschen. Im 16. Jahrhundert kamen Taler und ihre Teilstücke hinzu. Seit dem 15. Jahrhundert glänzte Nürnberg durch geprägtes Gold. Nicht zu vergessen sind die vielen, von talentierten Graveuren geschaffenen Medaillen, die die Erinnerung an Nürnberger Ereignisse und Gestalten wach halten.

Die Nürnberger Bürgergulden zu 80 und 40 Kreuzer bilden in der Serie eine Ausnahme. Sie sind keine wirklichen Münzen, mit denen man normal bezahlen konnte, sondern Wertmarken und Beweismittel dafür, dass ein Bewohner der alten Reichsstadt seine Steuern entrichtet hat. Auf einem von dem bekannten Graveur Peter Paul Werner geschaffenen und auf einer Spindelpresse geprägten Bürgergulden aus Kupfer erkennt man wie auf den üblichen Gold- und Silbermünzen das dreifache Stadtwappen in Kombination mit einer Zweckinschrift und der Jahreszahl 1744. In seinem Buch "Die Münzen der Reichsstadt Nürnberg" (Stuttgart 1991) schreibt Hans-Jörg Kellner, die Existenz dieser Gepräge hänge mit den besonderen Verhältnissen der Steuererhebung in Nürnberg zusammen, und sie hätten eine Stellung zwischen Münze und Marke inne gehabt.

Die wichtigste Steuer in der Reichsstadt war eine Kopf- und Verbrauchssteuer, die man Losung nannte. Jeder Bürger musste den Bürgergroschen entrichten, der aber nicht aus einem Groschen bestand, sondern eine größere Summe umfasste. Seit 1637 entsprach dieser "Groschen" zwei Gulden und 40 Kreuzern. Diese Steuer war nicht in gängigen Münzen zu zahlen, sondern in Form von Wertmarken, die auf dem Münzvisitationsamt erstanden werden mussten. Die dort beschäftigten Beamten achteten darauf, dass ihnen nur gute Münzen in Zahlung gegeben und nicht etwa schlechtes Geld "angedreht" wird. Ähnlich verfuhr man im römisch-deutschen Reich bei Spenden für den kirchlichen Klingelbeutel, in dem man nur gute Münzen und keine Knöpfe und ähnliche Sachen finden wollte, weil das den Ausgaben der Gemeinden für karitative Zwecke und den Erhalt von Kirchen geschadet hätte.

Da in Nürnberg die Entrichtung der genannten Summe für arme Leute kaum möglich war, mussten Ersatzmarken in unterschiedlichen Werten auf dem Amt erworben werden. Von Besserverdienenden wurde erwartet, dass sie ihre Steuern in voller Höhe und in kurantem Geld entrichten. Ihre Vermögenssteuer richtete sich nach dem Einkommen. Regelmäßig mussten die betroffenen Bürger sich selbst unter Eid einschätzen und dann die Losung zahlen. Was dabei zusammenkam, war Grundlage für den städtischen Haushalt und wurde von besonders verteidigten Personen, den Losungern, verwaltet und kontrolliert. Belege für diese Art der Steuererhebung sind die Losungsgulden aus Gold und Silber, die an kleinen, aus den Buchstaben LO bestehenden Zeichen zu erkennen sind. Dann gibt es die Ungeldlosgulden aus Gold und Silber, bei denen zu LO noch ein V für Ungeld tritt. Mit dieser etwas komplizierten Form der Steuerzahlung verschaffte sich das Amt eine Übersicht darüber, wer in der Stadt lebt und seine Abgaben entrichtet beziehungsweise wer sich dieser Pflicht noch nicht unterzogen hat. Die Losungs- und Ungeldmünzen oder Marken kommen gelegentlich im Handel vor, und wer sich auf Nürnberger Münzen und Medaillen spezialisiert hat, wird mit einigem Glück auch diese Belegstücke in seinen Besitz bekommen.

1. Januar 2018

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