Kleinstübers Ruhe
Wovon ein Berliner Grabmal und Medaillen zu Ehren von verdienstvollen Münzbeamten und Technikern erzählen



Die vergoldete Plakette wurde 1939 an Wilhelm Regelin anlässlich seines vierzigjährigen Dienstjubiläums übereicht. Sie zeigt auf der Rückseite die Ansicht der Berliner Münze an der Unterwasserstraße, deren Aufgabe die Münze am Molkenmarkt übernahm.



Die Sterbemedaille von H. F. Brandt aus dem Jahr 1834 kombiniert das Porträt von Kleinstüber mit einer trauernden Frau.



Kleinstübers Grabmal auf dem Sankt-Georgen-Friedhof an der Greifswalder Straße in Berlin wurde vor einigen Jahren restauriert. In der Berliner Sepulkralkunst stellt es gemeinsam mit der Medaille von Brandt eine bemerkenswerte Ausnahme dar.





Finanzminister Graf Wylich von Lottum wurde 1834 mit Medaillen geehrt, die sein Bildnis mit schönen Allegorien verbindet.



Auf der Medaille von 1843 zum fünfzigjährige Dienstjubiläum des preußischen Generalmünzdirektors Christian Friedrich Goedeking, gestiftet von den Beamten der preußischen Münzstätten in Berlin, Breslau und Düsseldorf, ist die Kniehebelpresse auf dem Eichenkranz links unten neben der Datumsangabe zu erkennen.



Die Medaillen von 1873 und 1865 zu Ehren von Friedrich Wilhelm Loos und von Ludwig Friedrich Eduard Klipfel sind zwar, wie in der Königlichen Münze zu Berlin nicht anders zu erwarten, technisch perfekt ausgeprägt, lassen auf den Rückseiten einen bildlichen Bezug auf die Arbeit dieser hohen Beamten vermissen.



Die von Franz Krischker und Heinz Hoyer geschaffenen Plaketten schildern Arbeitsabläufe in der Berliner Münze vor und nach 1945.



Die von Bodo Broschat 1997 anlässlich einer Tagung von Münzdirektoren in Berlin gestaltete Medaille zeigt die Ansicht der Staatlichen Münze Berlin sowie eine historische Kniehebelpresse. Auf beiden Seiten sind Szenen aus dem von Gilly und Schadow geschaffenen Münzer- und Bergbaufries von der 1800 eröffneten Neuen Münze zu erkennen.



Der Gilly-Schadow-Fries erscheint auf mehreren Medaillen, hier in Verbindung mit einem Porträt des Bildhauers und Grafikers Johann Gottfried Schadow. (Fotos: Caspar)

In der Königlichen, nach dem Ende der Monarchie vor nunmehr einhundert Jahren Staatlichen Münze zu Berlin hat man mit verschiedenen Medaillen auf eigene künstlerische Kapazitäten und technische Möglichkeiten aufmerksam gemacht und damit Eigenwerbung betrieben. Überliefert sind Medaillen, die führende Beamte anlässlich von Dienstjubiläen ehren. Außerdem gehören in die Serie versilberte und vergoldete Plaketten, mit denen über viele Jahre an der Geldfabrik tätige Mitarbeiter ausgezeichnet wurden.

Dass Münzbeamte unter prächtigen Grabmälern ruhen, kommt gelegentlich vor. Eine Ausnahme aber ist, wenn ein solches Grabmal erhalten und sogar noch auf einer zeitgleich geprägten Medaille abgebildet ist. Beides trifft auf den königlich-preußischen Münzmechaniker Johann Gottlieb Ernst Kleinstüber zu. Sein vor einigen Jahren sorgsam restauriertes Grabmal, eine besondere Rarität in der Berliner Friedhofslandschaft, ist dem Klassizismus der Schinkelzeit verpflichtet. Das Bildwerk auf dem Sankt-Georgen-Friedhof an der Greifswalder Allee, nur ein paar Fußminuten vom Alexanderplatz entfernt, zeigt eine sitzende Frau in antikisierender Gewandung. Sie symbolisiert die trauernde Gattin und bekränzt eine Urne. Die Teilvergoldung verleiht der Skulptur aus Eisenkunstguss zusätzliche Strahlkraft. Die halbovale Wand hinter der Trauernden besagt, dass sich hier "Kleinstübers Ruhe" befindet. Die Inschrift auf dem Sockel aus rotem Granit nennt den Münzmechaniker und seine Frau Sally mit ihren Lebensdaten, verzichtet aber auf rühmende Worte und einen Hinweis auf die Profession des 1834 verstorbenen Beamten der Berliner Münze. Die gleiche Darstellung findet man auf einer von dem bekannten Berliner Medailleur Henri François Brandt geschaffenen Medaille. Die Vorderseite zeigt den Kopf des Münzmechanikers, während die Rückseite das erwähnte Grabdenkmal in Miniaturformat präsentiert. Kleinstüber besaß große Verdienste um die Verbesserung des Münzbetriebs in Preußen. Als Leiter der Maschinenbauanstalt der Geldfabrik half er, die technische Fertigung des preußischen Hartgeldes zu modernisieren.

Souvenirs an lehrreiche Stunden

Verschiedene im 19. Jahrhundert geprägte Medaillen anlässlich von Dienstjubiläen leitender Beamter der ersten Münzstätte im Lande sind mit dem Schema Kopf/Schrift im Blätterkranz von erstaunlicher Einfallslosigkeit. Dessen ungeachtet passen sie gut in eine Sammlung zum Thema "Numismatica in nummis", in der Münzen und Medaillen mit münztechnischen Motiven und Ansichten von Münzgebäuden, aber auch solche zur Erinnerung an Neuerungen im Münz- und Geldwesen sowie Münzverträge und nicht zuletzt Prägungen zur Ehrung von Münztechnikern und Münzbeamten zu finden sind. Zu dem Thema gehören die vielen anlässlich von Visiten hochgestellter Persönlichkeiten - Könige, Fürsten, Minister - geprägten Münzbesuchstaler und -medaillen sowie Souvenirprägungen, die ganz normale Menschen zur Erinnerung an lehrreiche Stunden nach Hause nehmen können.

Eine von Henri François Brandt geschaffenen Medaille wurde 1834 dem preußischen Innen- und Finanzminister und Chef aller Münzstätten Carl Friedrich Heinrich Graf Wylich von Lottum dediziert. Die Allegorie auf der Rückseite zeigt, wie die thronende Borussia Schätze gibt und empfängt. Darunter erkennt man eine Spindelpresse, auf der Arbeiter mit kräftigem Schwung eine Medaille herstellen. Dieses im 16. Jahrhundert erfundene, einer Weinpresse nicht unähnliche Gerät, erscheint auf unzähligen Münzen und Medaillen als Symbol für die Tätigkeit der Münz- und Medaillenpräger. Obwohl das auch Balancier oder Anwurf genannte Gerät mit seinen kugelbewehrten Schwungarmen schon längst in Museen zu bewundern ist, erscheint sie auch heute auf ganz neuen Prägungen.

Auszeichnung für treue Dienste

Die Einführung der Kniehebelpressen, auch Uhlhörner genannt, in Preußen ist dem Generalmünzdirektor Christian Friedrich Goedeking zu verdanken. Er musste bei seinem Bemühen mancherlei Widerstände unter seinen Untergebenen überwinden, die zu Recht um Arbeit und Brot fürchteten, wie auch in anderen Bereichen neuartige Maschinen und Produktionsverfahren mit Misstrauen und Hass betrachtet und manchmal auch sabotiert wurden. Was sich da im frühen 19. Jahrhundert abspielte und gelegentlich von der Obrigkeit mit Waffengewalt unterdrückt wurde, ging unrühmlich als Maschinenstürmerei in die Geschichte ein, denn der Lauf der Zeit ließ sich nicht aufhalten. Herzstück der von dem im rheinischen Grevenbroich lebenden Fabrikanten Diederich Uhlhorn erfundenen Kniehebelpresse ist das Knie, ein starkes, gebogenes Stück Stahl mit einem kurzen, horizontalen und einem langen, senkrechten Schenkel. Durch Hin- und Herbewegen des Winkelstücks konnte relativ leicht ein starker Prägedruck auf den Oberstempel ausgeübt werden. Im frühen 20. Jahrhundert schuf der Berliner Stempelschneider Franz Krischker eine wohl auch als Auszeichnung für treue Dienste bestimmte Plakette, die in Form einer Bildergeschichte Stationen der Münzfertigung einschließlich der damals produktivsten Prägemaschine, der Uhlhorn'schen Kniehebelpresse, darstellt. Ob Krischker bei seinem Entwurf an ein schweizerisches Glasgemälde von 1565 im Besitz des Berliner Münzkabinetts gedacht hat, auf dem die Herstellung von Zainen und Ronden sowie die Hammerprägung geschildert wird, ist nicht überliefert. In den achtziger Jahren brachte die damalige DDR-Münze eine ähnlich gestaltete Plakette heraus. Heinz Hoyer zeigt, wie sich Prägetechnik und Maschinerie im Haus am Berliner Molkenmarkt weiterentwickelt haben.

Wenn die Feierabendglocke schlägt

Die Plakette kommt in zwei Versionen vor, einmal mit "VEB Münze der DDR" und zum zweiten nur mit "Münze Berlin". Auf Krischker gehen Medaillen mit Gebäudeansicht und Kniehebelpressen zurück, die vom VEB Münze der DDR gefertigt wurden, allerdings unter Weglassung des Künstlernamens und mit neuen Inschriften. Zu erkennen ist der Fortschritt bei der Nutzung von Maschinen, aber auch dass noch viel Handarbeit zu erledigen war. Auf den Plaketten kann man rechts unten sehen, wie die Arbeiter den Betrieb beim Schlagen der Feierabendglocke zu Fuß beziehungsweise mit dem Auto verlassen. Eine besonders gut gestaltete Medaille von Bodo Broschat kam zum 27. Internationalen Numismatikerkongress 1997 in Berlin heraus. Die auch technisch aufwändig gestaltete Arbeit knüpft an beste Traditionen des 19. Jahrhunderts an und stellt der Berliner Münze ein hervorragendes Zeugnis aus. Sie kombiniert eine Ansicht des Münzgebäudes am Rolandufer mit einer Kniehebelpresse, von der im Betriebsmuseum der Staatlichen Münze Berlin an der Ollenhauer Straße 97 in Reinickendorf einige noch im 20. Jahrhundert in Gebrauch befindliche Exemplare ausgestellt sind. Überdies brachte die Berliner Münze in den vergangenen Jahren Medaillenserien mit Details vom klassizistischen Gilly-Schadow-Fries aus dem Jahr 1800 und mit einem Porträt von Johann Gottfried Schadow heraus, der sich an das Modell des von ihm für den Marktplatz zu Wittenberg geschaffenen Luther-Denkmals von 1821 lehnt.

13. September 2018

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