Souvenirs aus Silber und Gold
Bei Krönungen hat man das Volk mit Speise und Trank sowie Münzen und Medaillen beglückt





Bei der Königsberger Krönung des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg zum König Friedrich I. in Preußen am 18. Januar 1701 wurden Münzen und Medaillen unters Volk geworfen. Solch ein Krönungsdukat von 1701 könnte bei der feierlichen Zeremonie in Versionen aus Gold und aus Silber unters Volk geworfen worden sein.



In der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zeigt das Mosaik die preußischen Könige Friedrich Wilhelm IV., Wilhelm I., Friedrich III. und Wilhelm II., von denen die letzten drei auch deutsche Kaiser waren. Nur Wilhelm I. (2. von links) hat sich selbst gekrönt.





Die Krönung des preußischen Königspaars Wilhelm I. und Augusta wurde 1861 durch einen in hoher Auflage geprägten Gedenktaler gefeiert. Hochrangige Gäste bekamen eine Medaille aus Gold.





In der Kaiserstadt Frankfurt am Main wurden besonders viele Krönungsmedaillen geprägt und unter die Menge geworfen. Sie sind gut erforscht und bilden ein interessantes Sammelgebiet. Die Medaille von 1711 feiert Kaiser Joseph I. und die geistlichen und weltlichen Kurfürsten, die ihn in dieses Amt gewählt haben. (Fotos/Repros: Caspar)

In der preußischen Geschichte hat es nur zwei Krönungen gegeben - die König Friedrichs I. im Jahr 1701 und die König Wilhelms I. im Jahr 1861. In beiden Fällen war Königsberg, die Hauptstadt des souveränen Herzogtums Preußen, Ort des aufwändigen und teuren Zeremoniells. Die übrigen preußischen Könige beließen es nach ihrer Thronbesteigung bei Erbhuldigungen, bei denen die Untertanen auf den neuen Herrscher eingeschworen wurden. Sie gaben diesem Gelegenheit, sich und sein Gottesgnadentum zur Schau zu stellen, sein Regierungsprogramm zu verkünden und Zeitgenossen durch üppige Prachtentfaltung in Erstaunen zu versetzen. Das staunende Volk wurde nach alter Tradition mit Wein und dem Fleisch gebratener Ochsen bewirtet. Ob Krönung oder Huldigung - Stempelschneider hatten alle Hände voll zu tun, das mit Gnadenerweisen und mit einem großen Volksfest der Verteilung von gebratenem Ochsenfleisch und aus Brunnen fließendem Wein verbundene Ereignis durch Münzen und Medaillen zu würdigen.

Mit der Abfolge Selbstkrönung und Salbung wollte der Hohenzoller ausdrücken, dass er seine Krone nur Gott und sich selbst verdankt und niemand anderem. Dieses Gottesgnadentum wird auf zahlreichen Medaillen und Münzen dokumentiert. Die Krönungsmedaillen von 1701 verherrlichen den frisch gebackenen König als "mächtigen Herrscher mehrerer Provinzen in Deutschland", der den Aufstieg des Hauses Brandenburg bewirkt und sein Ruhm und Ansehen wiederhergestellt hat. Medailleure und Stempelschneider konnten auf ihren Werken den ganzen Prunk barocker Emblematik und Porträtkunst zu entfalten. Mit und ohne offiziellen Auftrag wurden Medaillen geprägt, die an Mitglieder der königlichen Familie, an Höflinge und auswärtige Fürstlichkeiten verschenkt wurden. Im ersten Band seines Katalogs "Die Medaillen der Kurfürsten und Könige von Brandenburg-Preußen" (Köln 1994) hat Günther Brockmann die mit Wappenschildern und Insignien, allegorischen Figuren und sinnigen Sprüchen geschmückten Prachtstücke zusammengestellt.

Staatsakt aus eigener Tasche bezahlt

Der preußische König Wilhelm I., ab 1871 deutscher Kaiser, belebte 1861, 160 Jahre nach seinem Vorfahren Friedrich I., gegen manche Widerstände am Berliner Hof die Tradition der Krönung und setzte sich und seiner Gemahlin Augusta am 18. Oktober 1861, dem damals vielen Deutschen geläufigen Gedenktag an die Völkerschlacht von Leipzig 1813, in Königsberg eine neue, dem mit Diamanten und Perlen besetzten Diadem von 1701 nachempfundene Krone auf. Der Ablauf der Zeremonie richtete sich im Wesentlichen nach der vom 18. Januar 1701. Die preußische Verfassung von 1850 sah eine Krönung nicht vor, doch verstand es Wilhelm I., Einwände des Staatsministeriums mit dem Versprechen zu entkräften, er wolle die Kosten - man rechnet mit über 315 000 Talern - aus der eigenen Tasche bezahlen. Die Ausrufung Wilhelms I. zum deutschen Kaiser am 18. Januar 1871, dem 170. Jahrestag der Königskrönung Friedrichs I., verlief ohne größeres Zeremoniell und Verwendung einer Kaiserkrone. Im Dreikaiserjahr 1888 verzichteten der todkranke Friedrich III., genannt 99-Tage-Kaiser, und sein Sohn Wilhelm II. auf diesen besonderen Staatsakt.

Bei der Betrachtung des in einer Auflage von einer Million Exemplaren in Berlin geprägten und daher auch heute häufig vorkommenden Krönungstalers von 1861 fällt auf, dass darauf außer Wilhelm I. auch dessen Gemahlin Augusta porträtiert ist. Eigentlich war die geborene Prinzessin von Sachsen-Weimar und Eisenach "zweite Wahl", denn Prinz Wilhelm, der spätere König und Kaiser, wollte eine andere Herzensdame ehelichen, die reizende Prinzessin Elisa Radziwill, die die Hohenzollern aber nicht als ebenbürtig einstuften. Weil es die Ehegesetze so verlangten, verzichtete Wilhelm auf seine Jugendliebe. Ein Konkubinat kam für ihn, der wegen der Kinderlosigkeit seines älteren Bruders Friedrich Wilhelm IV. zum Thronfolger auserkoren war und die Thronfolge durch Zeugung eines Knaben sichern musste, nicht in Frage. Die Ehe, die Wilhelm mit der Weimarer Prinzessin Augusta einging, soll nicht konfliktfrei verlaufen sein, die Sprösslinge waren aber standesgemäß, und das allein zählte. Als der spätere Kaiser Wilhelm II. die Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg ehelichen wollte, hielt sein Großvater Wilhelm I. dies zunächst für unmöglich, weil die Dame den Hohenzollern nicht ebenbürtig sei und der preußisch-dänische Krieg um Schleswig-Holstein noch nicht vergessen war. Erst als Historiker und Juristen nachwiesen, dass es sich durchaus um zwei ebenbürtige Familien mit langen Stammbäumen handelt, willigte der alte Kaiser ein.

Der junge Goethe war Augenzeuge

Nach einem in die Antike zurück gehenden Brauch wurden bei den mit festlichen Tafeleien verbundenen Feierlichkeiten Krönungs- oder Huldigungsmünzen unters Volk geworfen. Vornehme Gäste bekamen darüber hinaus aufwändig gestaltete Medaillen oft aus Gold. Auf vielen Stücken ist vermerkt, unter welches Motto der neue Herrscher seine Regentschaft stellt. So werden Frömmigkeit und Eintracht, öffentliches Glück, Gerechtigkeit und Treue, Moral und Frömmigkeit und andere Tugenden beschworen. Die Gepräge zeigten das Bildnis des Gekrönten und die von ihm tatsächlich bei dem Staatsakt oder nur symbolisch bei der Huldigung getragenen Insignien. In Gold ausgebracht, dienten die Stücke als eine Art Kapitalanlage. Man kann davon ausgehen, dass viele dieser Kostbarkeiten in Notzeiten eingeschmolzen wurden, was die Seltenheit mancher Stücke erklärt.

Johann Wolfgang von Goethe hat als Fünfzehnjähriger das Auswerfen von Krönungsmünzen im Jahr 1764 in Frankfurt am Main beobachtet. Anlass war die durch zahlreiche Münzen und Medaillen dokumentierte Krönung Kaiser Josephs II., des Sohns von Kaiser Franz I. und seiner berühmten Gemahlin Maria Theresia. In seinem Erinnerungsbuch "Dichtung und Wahrheit" notierte der alte Goethe folgendes: "…aller Augen warteten auf den Erbschatzmeister, der das Geld auswerfen sollte. Er bestieg ein schönes Ross, dem zu Seiten des Sattels anstatt der Pistolenhalftern ein Paar prächtige, mit dem kurpfälzischen Wappen bestickte Beutel befestigt hingen. Kaum hatte er sich in Bewegung gesetzt, als er in die Taschen griff und rechts und links Gold- und Silbermünzen freigebig ausstreute, welche jedes Mal in der Luft als ein metallener Regen gar lustig glänzte. Tausende Hände zappelten augenblicklich in die Höhe, um die Gaben aufzufangen; kaum aber waren die Münzen niedergefallen, so wühlte die Masse in sich selbst gegen den Boden und rang gewaltig um die Stücke, welche zur Erde mochten gekommen sein. […] Zum Schlusse ging es am allerlebhaftesten her, als er die Beutel selbst auswarf und ein jeder noch diesen höchsten Preis zu erhaschen trachtete". Auch aus anderen Krönungsstädten, etwa Königsberg, ist die "Preisgebung des Tuches" überliefert, auf dem sich der Krönungszug fortbewegt hat. Solche Stofffetzen waren begehrte Reliquien.

2. November 2018

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