Mehr Schein als Sein
Nach der deutschen Reichseinigung von 1871 gab es die Kaiserkrone nur als Entwurf und Modell



Die deutsche Reichskrone und die Krone Kaiser Rudolfs sind besondere Schaustücke in der Kaiserlichen Schatzkammer auf der Wiener Hofburg.



Österreich hat vor einigen Jahren eine Münzserie aus Gold mit Darstellungen von Kronen aufgelegt. Diese Ausgabe von 2008 verbindet die Reichskrone mit dem Porträt Kaiser Ottos I., genant der Große.





Die Kaiserkrone wie auf diesen Medaillen dargestellt, blieb nach der deutschen Reichseinigung von 1871 nur ein frommer Wunsch.



Nur auf Probemünzen fand die Reichskrone in einer von der Norm abweichenden Weise Platz.



Der aus einer Samtkappe mit Hermelinbesatz bestehende Kurhut ist auf zahlreichen Münzen und Medaillen von Sachsen und Brandenburg Kurfürstentümern vertreten.



Die Tiara ist als Wappenschmuck auf zahlreichen Münzen der Päpste zu sehen. Die Stellvertreter Christi auf Erden ließen sich häufig nur mit einer pelzgefütterten Kappe porträtieren. (Fotos/Repros: Caspar)



Zahllose Münzen und Medaillen sind mit Herrschaftsinsignien geschmückt, deren Aussehen manchen Schwankungen ausgesetzt ist. Zu ihnen gehören Kronen und Zepter, Reichsapfel und Schwerter. Dann gibt es reich bestickte Zeremonialgewänder sowie Krönungsmäntel aus rotem Samt, die mit Hermelinfell besetzt waren. Nur Leute fürstlichen Standes durften sich mit dem weißen Pelz schmücken, aus dem kleine schwarze Schwänze heraus ragen. Neben den aus einem Stirnreif meist aus Gold sowie mit Edelsteinen und Perlen Bügeln bestehenden Kronen gab es die aus Samt und Hermelin gearbeiteten Hüte, die die Kurfürsten als Inhaber des Wahlrechts für die römisch-deutschen Kaiser trugen. Sie alle sind reichlich auf Münzen und Medaillen vertreten und bilden ein interessantes Sammelgebiet.

Die von den Habsburgern bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation im Jahr 1806 getragene römisch-deutsche Kaiserkrone ist eine besonders kostbare Goldschmiedearbeit aus der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts. Ausgestellt ist sie mit weiteren Reichskleinodien in der Schatzkammer der Wiener Hofburg. Fast allen römisch-deutschen Könige und Kaisern wurde sie in einer feierlichen Zeremonie aufs Haupt gesetzt. Der Staatsakt im Beisein geistlicher und weltlicher Fürsten war wichtig, weil ein Herrscher ohne Krönung als nicht vollwertig, ja als illegitim angesehen wurde. Verschiedene Symbole in der mit Edelsteinen und Perlen besetzten Krone unterstreichen den Führungsanspruch des Königs und Kaisers über das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Dass dieser häufig nicht durchgesetzt werden konnte und viele Potentaten machen konnten, was sie wollten, steht auf einem anderen Blatt. Viel moderner wirken die Kronen, die französische, österreichische, mexikanische und brasilianische Kaiser sowie zahlreiche Könige und andere Herrscher getragen haben beziehungsweise dort, wo es noch Monarchien gibt, auch heute noch tragen beziehungsweise im Wappen führen und auf Münzen darstellen.

Nur eine schöne Fiktion

Die seit der deutschen Reichseinigung von 1871 auf Münzen, Medaillen, Geldscheinen, Siegeln sowie Gemälden und Skulpturen dargestellte Krone von Kaiser Wilhelms I. und seiner Nachfolger hat es nie in Wirklichkeit gegeben. Sie ist eine Fiktion, wenn auch eine schön gestaltete. Natürlich gab es Pläne, eine neue deutsche Kaiserkrone zu schaffen, die sich in der Form an die Krone der römisch-deutschen Kaiser anlehnt. Gedacht war an neogotisch anmutende Hochbügel, die in der Mitte zusammenlaufen und oben den traditionellen Reichsapfel tragen. Die Bildplatten wollte man mit einem Kreuz aus Diamanten sowie mit Adlern schmücken. So ist die deutsche Kaiserkrone auf unzähligen nach 1871 geprägten Münzen und Medaillen, als Schmuck von Denkmälern und von Gemälden, auf Grafiken und auch Erzeugnissen der Souvenir- und Kitschindustrie zu sehen. Und niemand störte sich daran, dass es diesen kostbaren Kopfschmuck überhaupt nicht gibt. Von dem neuen Kronentyp abgeleitet wurden auch die Diademe für die Kaiserin und den Kronprinzen. Bis zu ihrem Verschwinden im Zweiten Weltkrieg waren im Berliner Hohenzollernmuseum Schloss Monbijou nur vorläufige Holzmodelle ausgestellt.

Für die Krönung des preußischen Königs Wilhelm I., des späteren Kaiser Wilhelm I., am 18. Oktober 1861 in der Königsberger Schlosskirche wurden die goldenen Kronkarkassen (Gestell, Gerüst) von 1701 durch für den König und seine Gemahlin durch zwei neue aus vergoldetem Silberblech ersetzt. Wilhelm I. wollte das, weil ihm und der Königin Augusta die originalen Kronen viel zu schwer waren. Da er bei Staatsakten wie Thronreden und der Eröffnung des Reichstags nicht ohne Krone auskommen wollte, ließ der 1888 auf den deutschen und preußischen Thron gelangte Kaiser und König Wilhelm II. eine Königskrone nach dem Entwurf des am Berliner Hof angesehenen Heraldikers Emil Doepler junior anfertigen. Für sie wurden die den Kronen von 1861 entnommenen Edelsteine und Perlen neu verwendet. Die neue preußische Krone war mit 142 Diamanten, 18 Brillanten, acht Perlen, zwei Saphiren und acht Dicksteinen überaus prachtvoll besetzt. Das Innere der Krone war mit rotem Samt ausgekleidet. Gefertigt wurde das 21 Zentimeter hohe Diadem vom Hofjuwelier Hugo Schaper. Diese Krone wird heute auf der Burg Hohenzollern, dem Stammsitz der in der Novemberevolution 1918 vom Thron gejagten Dynastie, aufbewahrt. Andere Krönungsinsignien werden hinter dickem Panzerglas in der Schatzkammer des Berliner Schlosses Charlottenburg gezeigt.

Hier Tiara, dort Samtmütze

Nicht ganz so aufwändig wie Kaiserkronen und Königskronen sind Diademe, die von Erz- und Großherzögen, Herzögen, Fürsten und anderen hochadligen Personen getragen, meist aber nur als Bestandteile von Wappenschildern und demzufolge auch auf Münzen verwendet wurden. Bei den mit Samt gefütterten "Rangkronen" gab es genaue Abstufungen entsprechend dem Rang seines Trägers. So kann man anhand der Form und Zahl der Zacken erkennen, auf welcher Stufe ein bestimmter Kronenträger innerhalb der adligen Hierarchie steht. Wer sich gut auskennt, kann auch auf Münzen und den dort dargestellten Wappenschildern unschwer erkennen, welchen Rang eine dort abgebildete Fürstlichkeit innehat.

Auch bei den von geistlichen Fürsten verwendeten Herrschaftszeichen gibt es klare Abstufungen. Die vom Papst getragene Tiara ist eine dreistufige Krone mit oben abgerundeter Spitze, auf der ein Reichsapfel befestigt ist. Auf zahlreichen päpstlichen Münzen erscheint diese Krone mit zwei Schlüsseln über dem Papstwappen. Die ursprünglich als eine Art Zuckerhut aus weißem Stoff gestaltete Mütze bekam erst im Laufe der Jahrhunderte die drei verzierten Stirnreifen. Viele von Kardinälen, Bischöfen oder auch Äbten geprägte Münzen zeigen, häufig in Verbindung mit dem Krummstab und einem Schwert, den mit Quastenschnüren geschmückten Kardinalshut beziehungsweise die reich bestickte Bischofsmütze. Neben Kronen und fürstlichen Hüten findet man auf Münzen weitere Herrschaftssymbole, so den Reichsapfel und das Zepter und das Reichsschwert. Wenn Queen Elizabeth II. das Parlament in London eröffnet, erscheint sie in dieser kostbaren Aufmachung, ansonsten aber wird sie auf Münzen nur mit einem kleinen Diadem dargestellt. Der aus einer Kugel mit dem Kreuz obenauf gebildete Reichsapfel findet sich auf Münzen und Siegeln etwa der Pfalzgrafen bei Rhein, die das Amt des Erztruchsessen des römisch-deutschen Reichs inne hatten, während Zepter und Schwert brandenburgische und sächsische Münzen schmücken.

29. Oktober 2018

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