Liebestoller König gab Krone ab
Bayerischer Geschichtstaler von 1848 verschweigt den wenig ehrenvollen Anlass für Abdankung





Der Geschichtstaler von 1826 würdigt den Regierungsantritt Ludwigs I. Auf dem hochseltenen Exemplar von 1848 übergibt er die Krone seinem Sohn Maximilian II., der bis 1864 regierte, gefolgt von Ludwig II.



Ludwig I. von Bayern ging als baufreudiger, aber auch liebestoller Herrscher in die Geschichte ein.





Von dem Hochzeitstaler aus dem Jahr 1867 gibt es nur eine Probe mit Doppelbildnis von König Ludwig II. und Herzogin Sophie, die Rückseite ist leer. Zur Hochzeit wurde in vorauseilendem Gehorsam eine Medaille geprägt. Nachdem Ludwig II. der Herzogin Sophie in Bayern einen Korb gegeben hatte, wurde die Medaille nicht mehr gebraucht.



Die Postkarte zeigt, wo Ludwig II. 1886 unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen am Starnberger See mit dem "Irrenarzt" Professor Dr. Johann Bernhard von Gudden ertrank. Das Schloss Berg rechts oben war der letzte Wohnsitz des "Märchenkönigs". Eine Votivkapelle und ein Kreuz im Wasser erinnern an das Ereignis. (Fotos/Repros: Caspar)

Aus dem Einerlei deutscher Münzprägung im 19. Jahrhundert ragen die bayerischen Geschichtstaler heraus. Sammler werden Schwierigkeiten haben, sämtliche Versionen der mit Königsköpfen auf der Vorderseite und stets neuen Rückseiten geschmückten Münzen zusammen zu bekommen, denn es gibt einige Raritäten darunter, für die hohe Preise verlangt und bezahlt werden. Die Geschichtsmünzen müssen sehr beliebt gewesen sein. Schon 1834 heißt es in einer "Bayerns Ehrenbuch" genannten Veröffentlichung von G. Krämer über die ersten von Karl Voigt gestalteten Gedenkausgaben des kunst- und baufreudigen Königs Ludwig I. von Bayern: "Die Reihe solcher Geschichts-Conventions-Thaler und Denkmünzen, die bereits aus der Königlichen Münzstätte zu München hervorgingen, bieten eine Erscheinung dar, wie sie gegenwärtig im ganzen Gebiet der Münzen kein anderer Staat aufzuweisen vermag. […] So bedeutend auch die Massen sind, in welchen die Geschichs-Thaler in der Königlichen Münze ausgeprägt und von da aus zahlreich verbreitet wurden, so kommen sie doch bis jetzt im täglichen Verkehr noch selten vor, - der Beweis, wie ganz besonders werth sie von ihrem jedesmaligen Besitzer gehalten werden; aber nichts desto weniger erreichen sie doch ihren Haupt-Zweck bei der lebenden Generation: den edlen Stolz der Nation auf solche Ehren-Monumente ihrer Tugend lebendig zu erhalten und zu nähren, was stets die sicherste Stütze der Vaterlandsliebe ist".

Die Serie beginnt mit einem Konventionstaler von 1825 auf den Regierungsantritt Ludwigs I. und endet 1856 mit einem Doppeltaler, der anlässlich der Weihe eines Denkmals, das zu Ehren von seinem Nachfolger Maximilian II. in Lindau errichtet wurde. Der Anlass lässt aufhorchen, denn normalerweise war es nicht üblich, lebenden Monarchen, Feldherren, Künstlern und Gelehrten solche Monumente zu errichten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts gab man diese Zurückhaltung auf, sonst gäbe es nicht die vielen Kaiser-, Bismarck- und anderen Denkmäler und ebenso viele Medaillen, auf denen sie abgebildet sind.

Eine große Seltenheit in der an Raritäten wahrlich nicht armen bayerischen Münz- und Medaillengeschichte ist der Doppeltaler von 1848 auf die Übergabe der Krone durch Ludwig I. an seinen Sohn Maximilian II. Der Verzicht von Ludwig I. auf die Macht geschah nicht freiwillig, sondern erfolgte im Zusammenhang mit der Rebellion seiner Untertanen im Frühjahr 1848 gegen ihren liebestollen König. Ganz und gar der zur Gräfin Landsfeld erhobenen Tänzerin Lola Montez verfallen, hatte er offenbar die Staatsgeschäfte nicht mehr im Griff und achtete auch nicht auf seine Reputation. Der Konflikt begann mit dem Versuch des Königs, seine Geliebte einbürgern zu lassen, und weitete sich zu massiven Protesten der Münchner Bevölkerung einschließlich der Studentenschaft aus. Lola Montez machte sich aus dem Staub, kehrte aber heimlich zurück, um den König in ihrem Sinne umzustimmen.

Was als Privatangelegenheit zwischen einem 60 Jahre alten Mann und einer schönen Tänzerin mit ziemlich langer Affären-Geschichte begann, weitete sich zu einer, wie man sagte, Haupt- und Staatsaktion aus. Ohne den Schutz ihres königlichen Geliebten floh Lola Montez unter den Augen der aufgebrachten Bevölkerung in die Schweiz und lebte dort, von ihrem ehemaligen Geliebten großzügig finanziert, herrlich und in Freuden. Ludwig I. lebte als Privatmann noch bis 1868, doch da saß bereits sein Enkel, der "Märchenkönig" Ludwig II., auf dem Thron in München.

Nicht ausgeführt wurde eine Gedenkmünze von 1867 auf die geplante, aber nicht vollzogene Hochzeit Ludwigs II. mit der Herzogin Sophie in Bayern, einer Nebenlinie des Königshauses. Eigentlich hatte Ludwig II. nie vorgehabt zu heiraten. Woher sein plötzlicher Sinneswandel kam und warum die auch durch geprägtes Metall dokumentierte Hochzeit platzte, ist nicht ganz geklärt. Wahrscheinlich machte Ludwig II. einen Rückzieher, weil er sich mehr zu Männern hingezogen fühlte und sich nicht in das "Joch" einer Ehe begeben wollte. Rücksichtslos stellte er seine Verlobte, eine Schwester der österreichischen Kaiserin Elisabeth, vor aller Welt bloß. Gegen das Zerwürfnis kam die mit einem Doppelbildnis, Rosen und dem schönen Spruch "Das Band der Liebe umschlinge ihre und unsere Herzen" geschmückte Medaille wenig. Sophie ehelichte später den Herzog Ferdinand von Alençon, einen Enkel des letzten französischen Königs. Sie starb am 4. Mai 1897 während des Brandes des Bazar de la Charité in Paris, nachdem sie sich geweigert hatte, das Gebäude zu verlassen, bevor nicht alle anderen Personen in Sicherheit gebracht worden sind.

Nach dem mysteriösen Tod des in seiner Traumwelt lebenden und daher regierungsamtlich für "wahnsinnig" erklärten Ludwig II. am 13. Juni 1886 im Starnberger See trat dessen Bruder Otto I. formal die Nachfolge an. Doch da er an einer Geisteskrankheit litt, konnte er die Regierungsgeschäfte nicht ausüben. Sie wurden von seinem zum Prinzregenten ernannten Onkel Luitpold wahrgenommen. Als dieser 1912 starb, übernahm dessen Sohn Ludwig die Amtsgeschäfte und machte sich 1913 zum König, obwohl der im Schloss Fürstenried lebende, von der Außenwelt isolierte Otto I. noch bis 1916 lebte. Demzufolge gab es in Bayern für kurze Zeit zwei Könige.

24. Februar 2018

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