Ansprüche auf Europa
Der aus dem Haus Habsburg stammende römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. glänzte vor über 500 Jahren mit prächtigen Münzen und Medaillen



Der Reitertaler von 1509 dokumentiert, welche Länder Kaiser Maximilian I. untertan sind und auf welche Gebiete in Europa er Ansprüche erhob.



Dass auf diesem und weiteren Talern (Guldiner) Europa erwähnt wird, war vor über 500 Jahren eine Novität.



Mit den Bildnissen des jungen Maximilian und Maria von Burgund versehen, wurde der Hochzeitstaler mit der Jahreszahl 1479 erst 1511 geprägt.



Der junge Maximilian lässt sich von einem Münzmeister zeigen, wie Geld hergestellt wird. Der Holzschnitt stammt aus dem "Weiskunig", in dem Leben und Taten Kaiser Maximilians I. geschildert werden.



Leibhaftig hat Maximilian I. als Fassadenschmuck des Städtischen Kaufhauses am Neumarkt 9 in Leipzig Aufstellung genommen. Die Stadt dankte mit dieser Denkmal dem römisch-deutschen Kaiser, der 1497 deren Messeprivileg bestätigt hat.



Am Grabmal Kaiser Maximilian I. in der Hofkirche zu Innsbruck bilden europäische Fürsten eine Ehrenwache. Allerdings ist der "letzte Ritter" nicht hier, sondern in Wiener Neustadt bestattet. Wegen der schwarz patinierten Skulpturen wird das Gotteshaus auch Schwarzmanderkirche genannt. (Fotos: Caspar)

Eigentlich wollte er sich in Rom von Papst Julius II. zum römisch-deutschen Kaiser krönen lassen, wie andere Inhaber des höchsten weltlichen Amtes im christlichen Abendland vor ihm. Doch verlegte die mächtige Stadt Venedig Maximilian, dem ältesten Sohn Kaiser Friedrichs III., den Weg in die Ewige Stadt, so dass er sich am 4. Februar 1508 im Dom zu Trient zum Kaiser ausrief. Der Papst erteilte dem Herrscher über das Heilige Römische Reich deutscher Nation und seiner neuen Würde seinen Segen. Die Folge war, dass sich Maximilian I. auf seinen Münzen und Medaillen nicht mehr römischer König, sondern "Imperator Semper Augustus" nannte. Auch seine Nachfolger verwendeten bis zum Ende des römisch-deutschen Reiches 1806 diesen Titel. Auf einem kunstvoll gestalteten Doppelguldiner, also Doppeltaler, von 1509 erscheint der "letzte Ritter", wie man das Reichsoberhaupt nannte, auf einem Pferd sitzend in voller Rüstung mit einer Fahne und dem Doppeladler darauf. Auf der Rückseite sind in zwei Reihen 26 Wappen jener Länder zu erkennen, die dem Kaiser untertan sind. Dass das kostbare Silberstück den Kaiser einen Herrscher in ganz Europa nennt, wird von Münzfreunden und Historikern als bemerkenswert erwähnt, weil damit auf Ansprüche hingewiesen wird, die Maximilian I. über seine eigenen Länder hinaus erhob. Europa, die sagenhafte Namensgeberin unseres Kontinents, erschien erst wieder auf Geldstücken, die ab 2002 in der Euroszene umlaufen. Der in Hall in Tirol hergestellte Krönungstaler war so beliebt, dass er auf Maximilians Weisung nachgeprägt wurde, um ihn für Repräsentations- und Geschenkzwecke zu verwenden.

Am 22. März 1459 in Wiener Neustadt geboren und einer strengen Erziehung unterzogen, bei der militärische Dinge, höfische Zeremonien und Ritterspiele eine große Rolle spielten, war Maximilian einer der mächtigsten und reichsten Fürsten des ausgehenden Mittelalters. Jung an Jahren heiratete er anno 1477 Maria, die reiche Erbtochter Herzog Karls des Kühnen von Burgund. Die daraus resultierenden Ansprüche auf die burgundischen Besitzungen wurden nach Karls tragischem Soldatentod 1477 von dessen Schwiegersohn streitig gemacht, weil auch der französische König Ludwig XI. auf sie Ansprüche erhob. Im Ergebnis bewaffneter Auseinandersetzungen war der Habsburger genötigt, Frankreich das Herzogtum Burgund und die Picardie zu überlassen. Die zunächst aus dynastischen Gründen geschlossene Ehe mit Maria von Burgund gedieh zu einer glücklichen Verbindung, aus der zwei Kinder, Philipp der Schöne und Margarete hervorgingen, die spätere Statthalterin der Niederlande. Philipp bestieg den spanischen Königsthron, sein Sohn Karl, der Enkel Maximilians I., stand ab 1519 als Kaiser Karl V. an der Spitze des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. 2019 wird die 500-Jahrfeier der durch riesige Bestechungszahlungen an die deutschen Kurfürsten entschiedenen Wahl und Thronbesteigung begangen.

Die Ehe mit Maria von Burgund dauerte nicht lange. Die so sehr geliebte Gemahlin starb bereits im Jahr 1482. Ihr setzte Maximilian ein ungewöhnliches numismatisches Denkmal in Gestalt eines mit der Jahreszahl 1479 versehenen, in Wahrheit aber nach 1511 in Hall geprägten Hochzeitstalers. Diese Schaumünze ist ein interessantes Beispiel dafür, wie im frühen 16. Jahrhundert Münzen und Medaillen für Propagandazwecke eingesetzt wurden. Wie Holzschnitte, Kupferstiche und Flugblätter war auch geprägtes Metall ein beliebtes Mittel fürstlicher Selbstdarstellung, und Maximilian I. war ein Mann, der die mediale Klaviatur glänzend zu spielen verstand. So setzte er sich und seinem Leben mit den aufwändig gestalteten Heldenromanen "Weiskunig" und "Theuerdank" ein bleibendes Denkmal. Auf einem Holzschnitt im "Weiskunig" besucht der junge Maximilian eine Münzwerkstatt und lässt sich vom Münzmeister erklären, wie Metall in Geld verwandelt wird.

Als "letzter Ritter", Verteidiger und Reformer des Reiches und Kunstmäzen am Vorabend des Lutherschen Thesenanschlags von 1517 erwarb der Kaiser großen Ruhm. Er war ein machtbewusster Herrscher, der ritterliche Turniere über alles liebte sowie mit diplomatischem Geschick und Waffengewalt, vor allem aber mit einer auch von anderen Habsburgern betriebenen Familien- und Heiratspolitik versuchte, seine Macht zu sichern und zu mehren. Durch die Verheiratung seiner Kinder und Enkelkinder fielen dem Haus Habsburg die Kronen von Spanien, Ungarn, Böhmen und Neapel sowie weitere Besitztümer und Titel zu. Der letzte Ritter starb am 12. Januar 1519. Eine ihm gewidmete, reich mit Figuren und Wappenschildern geschmückte Grabanlage gehört zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Innsbrucker Hofkirche. Allerdings ist er nicht dort bestattet, sondern in der Burg zu Wiener Neustadt. Um vor Gott als armer Sünder und Büßer zu treten, wollte er, dass sein Leichnam gegeißelt, sein Kopf geschoren und seine Zähne ausgebrochen werden. Österreich widmete dem berühmten Habsburger 1969 zum 450. Todestag eine Fünfzig-Schilling-Münze.

21. Januar 2018

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