Harfe, Horn und Orgel
Wiener Philharmoniker aus Gold in einem neuen Buch von Ursula Kampmann



Wer möchte, kauft sich als Geldanlage ein Goldstück wie dieses zu 2000 Schilling aus dem Jahr 2001.



Der Riesen-Philharmoniker zu 1000 Unzen im Gewicht von über 31 Kilogramm wurde vor einigen Jahren in der Berliner World Money Fair ausgestellt.



Thomas Pesendorfer hat die Entwürfe für die Philharmoniker-Münze so lange bearbeitet, bis sie perfekt und übersichtlich waren.



In der Postkutschenzeit ging es noch recht gemütlich vor dem Wiener Hauptmünzamt zu.



Im Foyer der Münzestätte am Wiener Heumarkt sind historische Prägemaschinen wie diese aus dem 19. Jahrhundert stammende Kniehebelpresse ausgestellt. (Fotos/Repros: Caspar)

Wer moderne Münzen sammelt und wer sein Geld nicht nur auf der Bank haben oder zu Wertpapieren machen will, kennt die Anlagemünzen aus Platin, Gold, Silber und anderen Edelmetallen. Die bekanntesten Prägungen dieser Art sind die bisher in einer Auflage von mehr als 113 Millionen verkauften "Wiener Philharmoniker". Gestaltet von Thomas Pesendorfer, dem Chefgraveur der Münze Österreich, zeigt die numismatische Erfolgsgeschichte auf der Vorderseite Musikinstrumente und auf der Rückseite die im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins bei den Neujahrskonzerten und anderen Veranstaltungen gespielte und dadurch weltweit bekannt gewordene Orgel. Unter der prächtigen Ansicht sind Wert- und Gewichtsangaben sowie die jeweilige Jahreszahl zu lesen.

In ihrem Buch "Der Wiener Philharmoniker. Eine Anlagemünze schreibt Geschichte" (Battenberg Gietl Verlag GmbH Regenstauf 2018, 119 Seiten, zahlreine meist farbige Abbildungen, 14,90 Euro (ISBN 978-3-86646-145-1) bezeichnet es die bekannte Numismatikerin Ursula Kampmann als jammervoll, dass Münzen, die am meisten gekauft und gesammelt werden, in der modernen Forschung nicht erwähnt werden. "Wie schade und unsinnig! Denn auch sie haben eine Geschichte, und zwar eine spannende. Um das zu beweisen, konfrontiere ich gerne traditionelle Numismatiker mit Themen der Gegenwartsnumismatik."

Die Autorin geht der Frage nach, warum ein Land ohne Gold wie Österreich eine der weltweit erfolgreichsten Anlagemünzen in Gewichten zwischen 1/25 Unze (1,24 Gramm) bis einer Unze (31,10 Gramm) sowie 20 und 1000 Unzen (622,06 und 31,1035,5 Gramm) herausgibt und wie es nach dem Ende der k. und k. Monarchie vor genau einhundert Jahren dazu kam, dass die Republik Österreich silberne Gedenkmünzen zu Ehren großer Musiker und anderer Persönlichkeiten prägen ließ. Die kleine Serie wurde erst 1955 mit einem 25-Schilling-Stück zur Eröffnung des Burgtheaters fortgesetzt. Der Erfolg dieser Ausgabe war so groß, dass das Finanzministerium weitere Gedenkmünzen herausgab. Andere Kapitel befassen sich mit geld- und wirtschaftspolitischen Problemen und der Frage, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg in der Alpenrepublik zu einem regelrechten "Run" auf Gedenkmünzen kam.

Nachdem 1987 das Münzregal vom Staat auf die Oestereichische Nationalbank (OeNB) übergegangen war und das dem Finanzministerium unterstehende Wiener Hauptmünzamt an die Bank überführt worden war, stand der Ausgabe von Bouillonmünzen nach kanadischem Vorbild in Gestalt der Wiener Philharmoniker nichts mehr im Weg. Das Buch geht der Frage nach, welche Hürden zu überwinden waren, um den im Staatsbesitz befindlichen Goldberg in den/die Philharmoniker zu verwandeln. Zur Auswahl standen verschiedene Motive, doch wurden weder die Austria als Symbolfigur des Landes noch Herrscherinsignien oder der spitztürmige Stephansdom in Wien angenommen, sondern Symbole der Wiener Philharmoniker als bekannte und sympathische Botschafter der Alpenrepublik. Bis es 1989 zur Prägung und Vorstellung der neuen Anlagemünze im Haus des Wiener Musikvereins kam, wurden Pesendorfers Entwürfe gesichtet und verändert.

Wer die Münze in die Hand nimmt und Ursula Kampmanns Buch liest, wird erfahren, dass die Nationalbank in der Vergangenheit kostbare Musikinstrumente angekauft und in die Obhut der Philharmoniker quasi als Dankeschön an das Orchester gegeben hat, dass es der neuen Münze seinen Namen überlassen hat. Gegen Ende des Buches gibt die Autorin Hinweise für den Ankauf von Anlagemünzen, nennt Verkaufszahlen von 1989 bis 2017 und wirft einen Blick in die Geschichte der Münzprägung im Österreich vom Mittelalter bis zur Gegenwart. In diesem Kapitel wird erwähnt, dass eine der erfolgreichsten Handelsmünzen des Landes, der mit der Jahreszahl 1780 versehene Maria-Theresien-Taler, sowie einige Goldmünzen des 1916 verstorbenen Kaisers Franz Joseph I. bis heute offiziell nachgeprägt werden. Wem also die Philharmoniker nicht liegen, kann andere Stücke als Spargroschen oder als Teile einer festlichen Tracht verwenden.

Dass Ursula Kampmann die Geschichte und Wirkung einer gerade erst 30 Jahre alten Münze, des/der Philharmoniker, aufgreift, könnte Anlass sein, weitere Emissionen dieser und anderer Art näher zu untersuchen. Ihre oben erwähnte Klage, dass moderne Münzen eine Art Mauerblümchen in der numismatischen Forschung und Publizistik spielen, halte ich für unberechtigt, denn es gibt sehr wohl in wachsender Zahl gründliche und lehrreiche Darstellungen auch zur numismatischen Moderne. Ursula Kampmanns Buch ist dafür ein guter neuer Beleg.

19. März 2018

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