Kostspielige Riesenmedaillen
Preußens Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. trumpfte mit ungewöhnlichen Geprägen auf





Im Betriebsmuseum der Staatlichen Münze Berlin an der Ollenhauerstraße 97 im Bezirk Reinickendorf ist diese Riesenmedaille von 1728 mit dem Bildnis des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. ausgestellt. Das Stück hat einen Durchmesser von 120 mm und wiegt 422 Gramm.



Wie Riesen- und andere Medaillen sowie Kurs- und Gedenkmünzen geprägt wurden, schildert ein aus Salzburg stammendes Guckkastenbild, das mit weiteren Illustrationen aus der fürsterzbischöflichen Münzstätte zwischen 1753 und 1766 gemalt wurde.



In den Arkaden des Schlosses in Güstrow ist eine eiserne Spindelpresse aus der Barockzeit ausgestellt, wie sie in zahlreichen Geld- und Medaillenfabriken der Barockzeit im Einsatz war.



Am wohlsten fühlte sich der Soldatenkönig in seinem Tabakskollegium, wo er mit seinen adligen Offizieren wie unter Gleichen verkehrte und auch mit Untergebenen manch üble Späße machte.(Fotos/Repro: Caspar)

Während andere Fürsten der Barockzeit Unsummen für Juwelen, Mätressen, Schlösser und Kunstsammlungen ausgaben, delektierte sich der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. an seinen Langen Kerls. Er schuf ein ausgeklügeltes System, um überall in Europa besonders hoch gewachsene, kräftige, gesunde und schöne junge Männer in sein in Potsdam stationiertes Königsregiment Nr. 6 zu holen. Sonst sparsam, ja knauserig, ließ er sich diese Marotte viel Geld kosten. Der Monarch war sich der Bewunderung seiner fürstlichen Standesgenossen sicher, die nach preußischem Vorbild ebenfalls Riesen-Regimenter aufstellten und einem strengen Drill unterwarfen. Außerdem hatten große Grenadiere auch einen praktischen Zweck, denn sie kamen mit ihren langen Armen beim Laden besser mit den damaligen Flinten klar als solche von durchschnittlicher Körperhöhe und kurzen Armen.

Im Gegensatz zu seinem Vater, dem ersten Preußenkönig Friedrich I., und seinen Sohn Friedrich II., dem Großen, hatte der ganz aufs "Sparen und Plusmachen" ausgerichtete Soldatenkönig wenig Interesse an der bildenden Kunst sowie Architektur und Musik. Zwar entließ der sparsame Monarch gleich nach seiner Thronbesteigung 1713 Maler, Bildhauer und Architekten, die seinem Vater zu Diensten waren, und er kürzte den Etat für Künstler und Gelehrte und die sie vertretenden Akademien in Berlin. Auf der anderen Seite beschäftigte er in begrenztem Umfang Maler und Musiker, Bildhauer und Baumeister sowie Stempelschneider und Medailleure, wenn sie seinem biederen Geschmack entsprachen und er sich von ihrer Arbeit Prestigegewinn versprach. So wurde das Berliner Schloss aufgeputzt, als sich August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, zu einem Staatsbesuch ansagte, und es konnte auch geschehen, dass der König viel Geld ausgab, wenn es darum ging, sich auf riesigen Medaillen darzustellen.

Für Gott und das Heer

Einige der von den Stempelschneidern Friedrich Marl und Peter Paul Werner geschaffenen Stücke blieben im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin erhalten. Weitere Beispiele sind im Betriebsmuseum der Staatlichen Münze Berlin ausgestellt. Mit Durchmessern zwischen 120 und 132 Millimetern und Gewichten von mehreren hundert Gramm zählen die silbernen Erinnerungsstücke zwar nicht zu den Meisterwerken barocker Stempelschneidekunst. Sie zeigen aber sehr gut, worauf es dem König von Preußen ankam - die Präsentation seiner sauber ausgerichteten Regimenter und die Zurschaustellung militärischer Macht. Dargestellt ist der in seine Riesengarde verliebte Herrscher auf der Vorderseite geharnischt mit Zopf, Hermelinmantel und Band des Schwarzen Adlerordens, während auf der Rückseite unter der Devise PRO DEO ET MILITE (Für Gott und das Heer) die Soldaten in exakt ausgerichteten Reihen angetreten sind.

Die ungewöhnliche Größe der Medaillen und also auch der Stempel hatte bedeutende technische Probleme zur Folge, weshalb nur wenige Stücke dieser zu den großen Seltenheiten der brandenburgisch-preußischen Numismatik zählenden Prägungen ausgeführt wurden. Dazu standen in der Berliner Münze große und schwere Spindelpressen zur Verfügung. Da sich das Relief dieser numismatischen Riesen nicht sofort in einem Prägevorgang herstellen ließ, mussten die Schwungarme der Spindelpressen mehrfach angeworfen werden.

Von Julius Menadier, dem früheren Direktor des Berliner Münzkabinetts und Autor des 1901 erschienenen Werks über die "Schaumünzen der Hohenzollern" wissen wir, dass Friedrich Wilhelm I. bei den Riesenmedaillen weder Kosten noch Mühen scheute. Auf allegorische Ausmalungen seines Wahlspruchs im Stil des Barock kam es ihm nicht an. "Die Arbeiten der beiden Berliner Meister sind von einer Rohheit, welche alle Unvollkommenheit ihrer früheren Erzeugnisse weit hinter sich lässt", stell Menadier kritisch fest. Das mag auch mit dem übergroßen Format dieser Gepräge zusammenhängen, die mit Durchmessern von 87 bis 132 mm die größten Stücke sind, die jemals geprägt wurden. Im Gegensatz zu der Einschmelzung von schwereren Goldmedaillen der alten, von seinem Vater übernommenen fürstlichen Sammlung habe der König diese "Riesen" vorzugsweise in Gold, und zwar bis zu einem Gewicht von 500 Dukaten, ausprägen lassen, vermerkt Menadier. Von einer Medaille aus dem Jahr 1723 wurden drei goldene und 20 silberne Exemplare hergestellt, eine weitere Medaille von 1727 wurde in zwei Stücken im Gewicht zu 500 Dukaten, drei zu 400 Dukaten, vier zu 300 Dukaten, sechs zu 200 Dukaten und acht zu 150 Dukaten geprägt, summa summarum 23 Medaillen im Gesamtgewicht von 5800 Dukaten.

Erst geprägt, dann eingeschmolzen

Für das Jahr 1728 notiert Menadier aufgrund der Akten die Herstellung von 27 großen Goldmedaillen im Gewicht von 6426 3/8 Dukaten. Ihre Herstellung kostete fast 18 400 Taler. Für zwei große Silbermedaillen im Gewicht von über acht Mark (ca. 18 kg) wurden 127 Taler und 29 Groschen berechnet. Als 1733 in Berlin die Hochzeit des Kronprinzen Friedrich (II.) mit Elisabeth Christine von Braunschweig gefeiert wurde, fand ein großes Feldlager statt. Auch dieses ist auf einer riesigen Medaille abgebildet. Der König befahl noch im gleichen Jahr die Prägung von zwei goldenen Medaillen zu 500 Dukaten und vier zu 150 Dukaten. Zwei Jahre später bestellte er 72 goldene Medaillen zu 100, 50 und 30 Dukaten.

Wie das schwergewichtige Tafel- und Prunkgeschirr, das der König in Berlin und Augsburg anfertigen ließ, dienten die Riesenmedaillen nicht nur der Repräsentation und als Geschenke an Potentaten sowie hohe Beamte und Militärs, sondern auch der Schatzbildung. Da sich für die goldenen und silbernen Riesen nichts anderes als totes Kapital waren, wurde die Generaldomänenkasse angewiesen, Restbestände der königlichen Münze zum Einschmelzen zu übergeben, was mit nicht unbeträchtlichen Einbußen verbunden war. Julius Menadier notiert hierzu, dass der König die "großen Goldmedaillen" der Behörde als eisernen Bestand zuführen ließ. "Dass sie daselbst nicht lange verblieben, beweist der Umstand, dass nicht eine einzige bei der von seinem Sohn und Nachfolger [Friedrich II., H. C.] angeordneten Inventarisation sich vorgefunden hat. Zur Zeit ist nur ein einziges Exemplar im Gewichte von 348,80 gr im Wiener Münzkabinett bekannt, was bei dem Missverhältnisse zwischen Metall- und Kunstwert schwerlich befremden kann". Man kann davon ausgehen, dass Friedrich II., der Große, die Riesenmedaillen einschmelzen ließ, um aus dem gewonnenen Metall neue Geldstücke herzustellen, die er zur Finanzierung seiner Kriege benötigte.

3. August 2018

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