Kaiser und Kaiserlinge
Numismatischer Wegweiser von Günter Aumann durch das Römische Reich



Nero erlitt das Schicksal manch anderer römischer Kaiser. Der Despot und Christenverfolger beging Selbstmord und soll gesagt haben "Welch ein Künstler geht mit mir zugrunde." Die Geldstücke sind in der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts im Bodemuseum zu sehen.



Auf Kaiser Vespasian, den Erfinder der Latrinensteuer, geht der Ausspruch "Geld stinkt nicht" zurück (oben), Diocletian brachte es vom einfachen Soldaten bis an die Spitze des Reiches und mühte sich um seine Reformierung. Unter seiner Herrschaft nahm die Christenverfolgung besonders schlimme Formen an.





Unter Vespasian wurde der Bau des Colosseums in Rom begonnen, dessen gut gesicherte Ruine ein besonderer Touristenmagnet in der Ewigen Stadt ist. Die Säule des Marc Aurel ebenfalls im Herzen von Rom erzählt von den Taten eines Kaisers, der als Philosoph, Melancholiker und Grübler geschildert wurde. (Fotos: Caspar)

Johann Wolfgang von Goethe verstand etwas von Münzen und Medaillen. Der Dichter, Minister, Naturwissenschaftler und Sammler hat treffende Äußerungen über die "geprägte Form" hinterlassen. Er kannte die römischen "Kaiser und Kaiserlinge", die ihre fratzenhafte Gestalt auf die schlechtesten Kupferpfennige setzten, "und ihren Soldaten statt ehrenvollen Soldes ein bettelhaftes Almosen kümmerlich spenden." Bei anderer Gelegenheit bemängelte der große Weimarer Klassiker: "Fürsten prägen so oft auf kaum versilbertes Kupfer / Ihr bedeutendes Bild; lange betrügt sich das Volk. / Schwärmer prägen den Stempel des Geistes auf Lügen und Unsinn; / Wem der Probierstein fehlt hält es für redliches Gold." In seinem unterhaltsam und lehrreich im besten Sinne des Wortes zu lesenden Buch "Kaiser im Geldbeutel - Eine kleine Geschichte des Römischen Reichs" (Battenberg Gietl Verlag Regenstauf 2017, 192 S., zahlr. Abb., 19,90 Euro, ISBN 978-3-86646-854-2) geht Günter Aumann der Frage, wer das Imperium Romanum beherrscht hat, wie die Gesellschaftspyramide beschaffen war und wie es sich dort lebte, welche Kriege geführt und wie das Volk durch Brot und Spiele bei Laune gehalten wurde und vor allem welche Münzen in den Taschen der Römer und der Menschen in den von ihnen unterworfenen Ländern klimperten und welche Botschaften sie erteilten.

Der Verfasser beschreibt die Denare, Sesterzen, Aurei und all die anderen Gepräge als erstklassige, haltbare und ansehnliche Propagandamittel. Mit ihnen präsentierten sich die Kaiser als Väter ihrer Völker und unbesiegbare Eroberer fremder Länder. Die Münzen aus Gold, Silber, Kupfer und Messing trugen Bildnisse der Kaiser und oft auch ihrer Familienangehörigen in die letzten Winkel des Reiches, sie sind in vielen Funden vertreten, was ihre weltweite Verbreitung unterstreicht. Schöne Allegorien, die man damals verstand und die heute erläutert werden müssen, verdeutlichen die Taten und Wünsche der in den antiken Götterhimmel erhobenen Imperatoren, die zumeist lebenswahr dargestellt sind. "So entstand eine einzigartige Reihe von Herrscherporträts, die lückenlos die ganze Kaiserzeit umfasst. Weitaus plastischer gestaltet als heutige, sind diese Münzporträts nicht selten eindrucksvolle kleine Kunstwerke", stellt Amann fest und zeigt an vielen Beispielen, wie es talentierte Stempelschneider vermochten, mit einfachen Mitteln wunderbare Gravuren in die Eisenstempel zu graben.

Das Buch führt Cäsaren an, deren Namen man irgendwie und irgendwo schon einmal gehört hat und die Gutes für Land und Volk geleistet haben. Wir lernen aber auch Münzen finsterer Despoten und skrupelloser Blutsäufer kennen, die sich nur kurz an der Macht hielten, eines gewaltsamen Todes starben und der Strafe der "Damnatio memoriae" verfielen, also aus dem Gedächtnis der Völker gestrichen wurden. Wie kaum ein anderes Medium ist das geprägte Geld geeignet, uns den Alltag der Römer näher zu bringen, schreibt Aumann und zeigt das an zahlreichen Beispielen. Indem er von Kaiser zu Kaiser geht und charakteristische Gepräge vorstellt, lädt er zu einem Spaziergang durch ein halbes Jahrtausend römischer Geschichte ein Er lockert seine Ausführungen an verschiedenen Stellen mit kleinen Infoboxen und Exkursen auf, die zusätzliches Wissen vermitteln. Dort ist einiges über Ämter und Titel, aber auch über Riten und Lebensweise sowie das Oben und Unten in der römischen Gesellschaft zu lesen.

Die Münzen der alten Römer dienten der Legitimierung der kaiserlichen Herrschaft, und sie wirkten stilbildend. Trug ein Kaiser Bart, so taten es viele andere Männer im Reich nach, und wenn bei Damenporträts auf Münzen hochgesteckte Frisuren modisch wurden, legten sich die Frauen auch diese zu, sofern sie sich solchen Luxus erlauben konnten. In dem Buch lernt man berühmte Römer kennen, die wunderbare Beschreibungen ihrer Zeit hinterlassen haben, und man erfährt auch einiges darüber, welche Rolle Staatsbauten und Denkmäler bei der Selbstdarstellung der Cäsaren spielten und was von ihnen übrig geblieben ist. Das Buch aus der Blauen Reihe des Battenberg Gietl Verlags endet mit den turbulenten Zeiten, da das Römische Reich seiner eigenen Größe erlag, von fremden Völkern bedrängt und erobert wurde und in Teilstaaten zerfiel. Die Münzen der späten Kaiser verloren an Wert, sie waren nachlässig gearbeitet und spiegeln auch damit den schleichenden Niedergang des Reiches wieder.

Ein halbes Jahrtausend römische Geschichte und Münzgeschichte auf knapp 200 Seiten darzustellen ist ein großes Wagnis. Zu dem Thema gibt es eine Fülle von monumentalen Werken und Katalogen, und so wird man gewiss da und dort in Aumanns Buch Lücken ausmachen, die aber zu verschmerzen sind. Es wurde ja nicht für Althistoriker und andere Experten geschrieben, sondern aus eigener langjähriger Erfahrung für Sammler und solche, die es werden wollen. Ein römischer Denar, die dem Absolventen eines humanistischen Gymnasiums zu seiner Studentenzeit in die Hände fiel, hatte sein Interesse geweckt, und so blieb er diesem "weiten Feld" bis heute treu, um mit Theodor Fontane zu sprechen. Viele Leser werden in ähnlicher Weise dankbar auf ihre Anfänge als Münzsammler zurückblicken und gern zu Günter Aumanns Buch greifen.

21. März 2018

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