"Einer muss anfangen"
Staatliche Münze Berlin erinnert mit Silbermedaille an die Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl



Die Hans und Sophie Scholl und ihren Mitstreitern gewidmete Medaille besteht aus einer 333/1000er Silberlegierung, hat einen Durchmesser von 32,5 Millimetern und kostet 13 Euro.



Das Foto von 1942 zeigt Mitglieder der Widerstandsgruppe "Weiße Rose": Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst (v.l.n.r.).



Vor und in der Münchner Universität wird an den zu allem entschlossenen Mut der Mitglieder der Weißen Rose Weise erinnert.



In der DDR wurde das Erbe der Geschwister Scholl hoch in Ehren gehalten, nach ihnen hat man Straßen und Plätze benannt, und es wurde auch diese Briefmarke herausgegeben. (Foto/Repro: Caspar)

Die Staatliche Münze Berlin hat zum 75. Jahrestag der Verhaftung und Ermordung der Geschwister Scholl eine Medaille aus Silber herausgegeben. Gestaltet von Kerstin Schubert, bildet sie die Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl nach einem Foto aus der Zeit ab, in der sie an der Münchner Universität studierten und als Mitglieder der Organisation "Weißen Rose", Flugblätter gegen den Krieg und die Hitler-Diktatur verteilten. Geliefert wird die Gedenkprägung mit dem Brandenburger Tor auf der Rückseite in einer durchsichtigen Kunststoffkapsel, die in einer Klappkarte mit kurzem Text zum Leben und Sterben der Geschwister Scholl eingelegt ist. Sie kann mit weiteren Prägungen im Shop der Berliner Münze Ollenhauer Straße 97 in D-13403 Berlin gekauft werden, weitere Informationen unter www.muenze.berlin.de.

Verraten, angeklagt und hingerichtet - aber nicht vergessen

Ende Juni 1942 hatten die Münchner Studenten Alexander Schmorell und Hans Scholl Flugblätter an Personen in München und Umgebung mit der Aufforderung verschickt, sich für die Beendigung des Krieges einzusetzen. Die schrecklichen Erfahrungen, die die Verfasser dieser von der Gestapo als Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetzung eingestuften Flugblätter und ihre Freunde an der Ostfront gewonnen hatten sowie der katastrophale Kriegsverlauf verstärkten ihre Überzeugung, dass der Sieg nicht mehr zu erringen ist. Die ersten vier Flugblätter gingen mit der Post an Schriftsteller, Professoren, Buchhändler, Freunde und Studienkollegen in München. Das fünfte Flugblatt wurde 1943 von den Mitgliedern verteilt und sollte auch die breite Masse ansprechen. Am 18. Februar 1943 warfen Hans und Sophie Scholl einen Stapel des sechsten Flugblattes, verfasst von Universitätsprofessor Kurt Huber, von der Galerie im zweiten Stock in den Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nachdem sie vom Hausmeister der Universität beim Verteilen der Flugblätter beobachtet und verraten worden waren, konnte Hitlers Blutjustiz in Aktion treten.

Die mit "Weiße Rose" unterzeichneten Aufrufe und weitere in der Münchner Universität verbreitete Flugblätter blieben Hitlers und Himmlers Geheimpolizei nicht verborgen. Die auf tausenden hektographierten Blättern erhobene Forderung, die nationalsozialistischen Gräuel nicht mehr mitzumachen, und der Appell an die Bevölkerung, das Regime zu stürzen, beunruhigte die NS-Führung. Die Gestapo fahndete fieberhaft nach den Verfassern und Verteilern. Wenige Tage nach der deutschen Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad am 18. Februar 1943 verhaftet, wurden die Geschwister Scholl vier Tage später vor den Volksgerichtshof gestellt und von dessen extra von Berlin nach München entsandten Präsidenten Roland Freisler wegen so genannter Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat zum Tod verurteilt. Zuvor hatte der Blutrichter die Angeklagten auf üble Weise als Verräter diffamiert, mit denen er kurzen Prozess zu machen gedenke. Die Vollstreckung durch das Fallbeil fand unmittelbar darauf im Gefängnis München-Stadelheim statt.

Manifest der Münchner Studenten

Mit und nach den Geschwistern Scholl starben Christoph Probst, Kurt Huber, Alexander Schmorell und Wilhelm Graf. Nach dem Tod der Mitglieder der Weißen Rose gelangte eines der letzten Flugblätter über Skandinavien nach England und wurde als "Manifest der Münchner Studenten" im Herbst 1943 von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen. In dem Aufruf heißt es: "Kommilitoninnen! Kommilitonen! Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir! Es gärt im deutschen Volk: Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr! Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungswürdigsten Tyrannis, die unser Volk je erduldet hat. Im Namen des ganzen deutschen Volkes fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zurück, um das er uns in der erbärmlichsten Weise betrogen."

Der damalige Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Hans und Sophie Scholl und ihre Freunde in einer Gedenkrede am 30. Januar 2013 anlässlich des 70. Jahrestages der Hinrichtung und erklärte: "Ermordet, weil sie hingeschaut, sich empört und gehandelt haben, weil sie Verbrecher Verbrecher nannten, Morde - Morde und Feigheit - Feigheit. Sie machten das Unrecht öffentlich - mit ihren bescheidenen Mitteln. Weil sie auch andere dazu bewegen wollten, hinzusehen und nicht mehr zu schweigen. ,Einer muss ja doch mal schließlich damit anfangen': In diesen Worten stecken die ganze Verzweiflung und Einsamkeit, aber auch die ganze Hoffnung und der Mut der jungen Frau und ihrer Mitstreiter. Und darin steckt zugleich so viel, was uns heute noch anspricht, was uns anspornen kann, wohl auch beunruhigen muss."

Lebensgefährliche Arbeit im Untergrund

Zwar wurden Widerstandsgruppen wie die "Weiße Rose" immer wieder von der Gestapo aufgespürt und zerschlagen, doch bildeten sich immer wieder neue. In der Berliner Gruppe "Neu Beginnen" standen Kommunisten und Sozialdemokraten, die sich vor 1933 gegenseitig als Sozialfaschisten beziehungsweise rot lackierte Nazis diffamiert hatten, gegen den gemeinsamen Feind zusammen. Die bis 500 Mitglieder umfassende Organisation baute im Untergrund ein Netz von Verbindungen zu anderen Widerstandsgruppen auf, so zum Bund der religiösen Sozialisten in Deutschland und zu antifaschistischen Exilkreisen. Erst 1941 gelang es der Gestapo, die Gruppe "Neu Beginnen", die im Nazijargon "Rote Kapelle" hieß und unter diesem Namen auch heute bekannt ist, zu zerschlagen. Sie hatte sich unter anderem gegen die Propagandaausstellung "Das Sowjetparadies" gewandt. Ihre Mitglieder wurden in Plötzensee durch Erhängen hingerichtet. Hitler ließ in dem Hinrichtungsraum eine Eisenschiene mit Fleischerhaken anbringen, an denen Rudolf von Scheliha, Harro Schulze-Boysen, Arvid Harnack, Kurt Schumacher und John Graudenz am 22. Dezember 1942 in kurzer Folge aufgeknüpft wurden. Auch die Verschwörer vom 20. Juli 1944 wurden an diesen Haken aufgehängt. Innerhalb weniger Minuten wurden Horst Heilmann, Hans Coppi, Kurt Schulze, Ilse Stöbe, Libertas Schulze-Boysen und Elisabeth Schumacher mit dem Fallbeil enthauptet. Prominente Mitglieder der wegen ihrer guten Kontakte zur Sowjetunion als Sowjetspione diffamierten Gruppe waren Hans Coppi, Adam Kuckhoff, Rudolf von Scheliha, Kurt Schumacher und andere.

11. Februar 2018

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