König der Vandalen
Übel beleumdeter Name kam im Titel schwedischer Herrscher vor



Auf dem Taler von 1544 trägt Gustav Wasa den Titel eines Königs der Schweden, Goten und Vandalen.





Der Augsburger Taler von 1631 und die die Medaille von Sebastian Dadler auf die Schlacht von Breitenfeld aus dem gleichen Jahr verherrlichen Gustav II. Adolf als siegreichen König der Schweden, Goten und Vandalen.



Der 1648 in Riga unter schwedischer Besetzung geprägte zehnfache Dukat mit dem Bildnis der Königin Christina gehört zu den herausragenden Raritäten der in dieser Hinsicht nicht armen Münzgeschichte des skandinavischen Landes. (Repros: Caspar)

Mehrfach in ihrer langen Geschichte wurde die Ewige Stadt Rom belagert und ausgeraubt. Unzählige Menschen wurden ermordet, sagenhafte Schätze fielen den Plünderern in die Hände, herrliche Zeugnisse der Architektur und Skulptur sowie Juwelen, Manuskripte und andere Zeugnisse einer hochstehenden Kultur gingen in einer Orgie von Blut, Feuer und Gewalt zugrunde. So war es auch im Jahre 455, als das Weströmische Reich unter der Führung des Königs der Vandalen, Geiserich, geplündert wurde. Zuvor hatten sich seine Truppen in Spanien und Nordafrika an fremden Schätzen bedient. Chronisten rangen nach Worten um zu schildern, was sich bei den Gewaltakten abspielte - Raub, Mord, Vergewaltigung, sinnlose Zerstörung. Tote Menschen seien von Hunden gefressen worden. Den einen habe ein brennendes Dach die Seele genommen und anderen den Körper, heißt es in der Beschreibung eines solchen Vandaleneinfalls zu Beginn des fünften Jahrhunderts in Gallien. "In Dörfern und Landhäusern, auf dem Land und auf dem Marktplatz, in allen Gebieten, auf allen Straßen, auf diesem Platz und auf jenem war da Tod, Elend, Zerstörung, Brennen und Klagen, ganz Gallien brannte auf einem einzigen Scheiterhaufen". Man kann diese Worte getrost verallgemeinern, denn Kriegsgräuel waren Usus und Kriege mussten von denen bezahlt werden, in deren Land sie sich abspielten.

Bis man Raub und Mord sowie blinde Zerstörungswut mit Goten und Vandalen in Verbindung brachte, dauerte es noch mehr als ein Jahrtausend. Der Begriff "Vandalismus" geht auf Henri Grégoire zurück, seines Zeichens Bischof von Blois in der Zeit der Französischen Revolution. In einem Bericht an den Konvent in Paris erinnerte er 1794 an gewaltsame Übergriffe seiner Landsleute gegenüber Kirchen, Schlössern und Kunstwerken an vandalische Verbrechen in grauer Vorzeit. Mit dem Begriff "Furor Gothicorum et Vandalorum" war der Schrecken gemeint, der wie vor langer Zeit von Goten und Vandalen im Dreißigjährigen Krieg verbreitetet wurde.

Es gab Zeiten, als es noch eine Ehre war, König der Goten und Vandalen zu sein. Auf schwedischen Münzen und Medaillen des 16. und 17. Jahrhunderts werden die jeweiligen Monarchen "König der Schweden, Goten und Vandalen" genannt, und niemand fand etwas Anstößiges dabei. Wenn sich der berühmte, 1632 in der Schlacht bei Lützen in Sachsen gefallene Schwedenkönig Gustav II. Adolf, seine Tochter Christina und deren Nachfolger Karl X. Gustav noch mit dem Titel eines Königs beziehungsweise Königin der Goten und Vandalen schmückten, so verzichteten deren Nachfolger auf den in Misskredit geratenen Titel. Schaut man die Gepräge der schwedischen Monarchen an, dann findet man weitere Titel, nämlich den eines Königs von Polen und Großherzogs von Litauen. Die Verwendung solcher Titel unterstich wahre Machtverhältnisse oder nur Ansprüche auf Kronen und Ländereien. Diesen Brauch kann man auch auf Münzen und Medaillen anderer Herrscherhäuser beobachten. So erhoben englische Könige lange Zeit Ansprüche auf französische Territorien und haben dies durch entsprechende Aufschriften kundgetan.

Klagen über Gewalt gegen Kunst, und nichts anderes ist Vandalismus, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Persische Großkönige und ägyptische Pharaonen brachten Kunst auf die Schlachtbank, richteten schreckliche Verwüstungen in Tempeln und Palästen ihrer Gegner an, ließen Götter- und Königsbilder umstürzen oder wenigstens die Inschriften heraus schlagen und neue anbringen, um sich als Helden und Eroberer zu feiern. Die Römer nahmen aus besetzten Ländern alles mit, was in ihre Villen und Paläste passte. Mit großer Kraftanstrengung wurden ägyptische Obelisken als Siegeszeichen herbei geschleppt und auf zentralen Plätzen in Alexandria, Rom und Konstantinopel neu aufgestellt. Der faschistische Diktator Mussolini ließ solche spitzen Steinzeichen nach Rom bringen, und es bedurfte nach dem Zweiten Weltkrieg langwieriger Verhandlungen, bis sie vom italienischen Staat zurückgegeben wurden. Dass der Vandalismus auch in unserer Zeit eine wahre Geißel ist, zeigen zielgerichtete Akte der Zerstörung in Afghanistan, im Irak und in anderen Ländern, wo Götter- und andere Standbilder zerstört sowie Museen, Bibliotheken und Ausgrabungsstätten geplündert wurden und werden.

Bei Berichten über die Untaten der Vandalen vermischen sich, wie so oft in der Geschichte, Dichtung und Wahrheit. Auch anderen besonders kriegerischen und gewalttätigen Völkern wie den Wikingern, Hunnen, Tartaren und Goten hat man ähnliche barbarische Akte nachgesagt. Als Barbaren bezeichneten die selbstbewussten Griechen alle diejenigen Völker, die nicht zu ihrer Gesellschaft gehörten und eine angeblich unverständliche, raue Sprache haben. Zeitweilig waren in den Augen der Griechen sogar die Römer, ihre großen Bewunderer, Barbaren. Allerdings entwickelte sich im Laufe der Jahrtausende der Begriff zum Inbegriff für alles, was roh und ungebildet ist.

22. Februar 2018

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