"Die Staatsgewalt geht vom Volke aus"
Silberne Gedenkmünze zu 100 Jahren Weimarer Verfassung ist für 2019 angekündigt



Gewöhnungsbedürftig sind die Farben auf der Münze zur Hundertjahrfeier der Weimarer Verfassung. Foto: Bundesverwaltungsamt



Das Nationaltheater in Weimar war 1919 Ort wichtiger Debatten und Beschlüsse zur Ausgestaltung der Weimarer Republik, hier wurde am 11. August die Weimarer Verfassung vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg unterzeichent.



Mit den Farben Schwarz, Rot und Gold warb das Plakat von Cesar Klein für die Teilnahme an der Wahl zur Nationalversammlung.



"Fritze, keine Randbemerkungen" rät die Frau neben dem Reichspräsidenten in Anspielung auf die Manie von Kaiser Wilhelm II., in der Art Friedrichs des Großen die ihm vorgelegten Papiere mit maßgeblich-unmaßgeblichen Sprüchen zu versehen. Das Plakat wirbt für einen Film über den Versailler Friedensvertrag, der von vielen Menschen als Schmachfrieden verurteilt wurde und dem Deutschen Reich die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg zuschob.



An den frühen Tod des Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) erinnert die von Benno Elkan geschaffene Gussmedaille aus dem Jahr 1925.



Reichspräsident Paul von Hindenburg war ein Feind der Republik. Dass sein Kopf die Gedenkmünze von 1929 zum zehnjährigen Bestehen der Weimarer Republik schmückt, ist, gelinde gesagt, kurios. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Weimarer Republik wird nach dem Nachkriegsparlament benannt, das am 11. Februar 1919 in der thüringischen Klassikerstadt Weimar zusammentrat, weit weg von der von revolutionären Unruhen geschüttelten Reichshauptstadt Berlin. Die von der Nationalversammlung angenommene und am 11. August 1919 vom neu gewählten Reichspräsidenten Friedrich Ebert unterzeichnete Verfassung definierte das Deutsche Reich als parlamentarisch-demokratische Republik und knüpfte an Forderungen an, die schon in der Revolution von 1848/49 erhoben, aber nicht verwirklicht wurden. Die neue Verfassung unterschied sich wesentlich von der der Kaiserzeit, die von Wilhelm I. den Deutschen "verordnet" und als Bund der in den Grenzen des Deutschen Reiches regierenden Königen, Großherzogen, Herzogen und Städten definiert wurde. Im Unterschied dazu definierte die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, der Novemberevolution und dem Sturz der Monarchie erkämpfte Verfassung das Deutsche Reich als Republik und legte fest: "Die Staatsgewalt geht vom Volke aus."

Die Bundesrepublik Deutschland bringt zum einhundertsten Jahrestag der Weimarer Verfassung eine von Frantisek Chocola gestaltete Zwanzig-Euromünze heraus. Der Entwurf des Hamburger Künstlers wurde aus einer Fülle interessanter Einsendungen ausgewählt, die mit Gebäuden, Dokumenten, Adlern und anderen Bildern geschmückt sind. Ins Auge fällt die durch die neue Verfassung eingeführte Reichsflagge, die erstmals in der deutschen Münzgeschichte farbig als Schwarz, Rot und Gold (Gelb) zu erkennen ist. Der kreisförmig um die Flaggenfarben zitierte Artikel 1 der Reichsverfassung bringt die beiden zentralen Ergebnisse der Novemberrevolution von 1918 auf den Punkt - Übergang von der Monarchie zur Republik und die Legitimation der Staatsgewalt durch das Prinzip der Volkssouveränität. Auf dem Münzrand ist in vertieften Buchstaben die Inschrift NATIONALVERSAMMLUNG WEIMAR 1919 ? zu lesen. Die für 2019 angekündigte Gedenkmünze ist die dritte, welche historische Ereignisse vor hundert Jahren würdigt. Vorangegangen waren die Ausgaben "Hundert Jahre Frauenwahlrecht" und "Hundert Jahre Bauhaus". Die Münzen bestehen aus Sterlingsilber (Ag 925), wiegen 18 Gramm, haben einen Durchmesser von 32,5 mm und werden in den Qualitäten Stempelglanz und Spiegelglanz geprägt.

Errungenschaften und Mängel

Die Weimarer Verfassung löste das am 10. Februar 1919 erlassene Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt ab, das die wichtigsten künftigen Verfassungsorgane und ihre Zuständigkeiten beschrieb. Viele Artikel entstammen der Verfassung von 1849, die zwar von der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt am Main beschlossen wurde, aber wegen der Übermacht der Fürsten nicht durchgesetzt werden konnte. In das in Deutschland geltende Grundgesetz flossen viele Elemente beider Verfassungen ein. Das Dokument von 1919 fixierte zahlreiche demokratische Errungenschaften, wies aber auch gravierende Mängel auf, vor allem was die starke Stellung des für jeweils sieben Jahre direkt vom Volk gewählten Reichspräsidenten betrifft. Das Staatsoberhaupt, in dem manche einen Ersatzkaiser sahen, konnte den Reichstag unter bestimmten Umständen auflösen, Neuwahlen ansetzen und mit Notverordnungen regieren. In der Spätphase der Republik erwies sich diese Bestimmung als verhängnisvoll, weil sie den Reichstag entmachtete und das ohnehin geringe Vertrauen der Deutschen in die parlamentarische Demokratie untergrub.

Zwar hatte sich im November 1918 Kaiser Wilhelm II. durch Fahnenflucht in die Niederlande aus dem Staub gemacht, doch seine Heerführer und Beamten waren blieben. Sie und weitere Kräfte sowohl im linken als auch auf dem rechten Spektrum bekämpften die junge Republik und ihre Verfassung aus unterschiedlichsten Gründen bis aufs Messer. Viele Menschen sehnten sich nach der angeblich guten alten Kaiserzeit zurück und wünschten die Republik zum Teufel. Die alles andere als "Goldenen Zwanziger" begannen mit einem Bürgerkrieg und der heimtückischen Ermordung von linken Politikern und solchen, die wie der Außenminister Walther Rathenau als "Erfüllungspolitiker" verunglimpft wurden, weil sie den schwer auf das Deutsche Reich lastenden Bestimmungen des Versailler Vertrags nachzukommen versuchten. Nach dem Ersten Weltkrieg erschütterte eine ins Gigantische gesteigerte Inflation das gesellschaftliche Leben im Reich und traf seine Wirtschaft bis ins Mark. Derweil setzten General Erich Ludendorff, die rechte Hand des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg, und seine Nachbeter die so genannte Dolchstoßlegende in Umlauf und behauptete, das angeblich im Felde unbesiegte deutsche Heer sei in der Heimat von vaterlandslosen Gesellen, Sozialisten und Kommunisten schmählich im Stich gelassen und von hinten erdolcht worden.

Phase relativer Stabilität

Nach der Überwindung der Inflation Ende 1923 durch die Einführung der Rentenmark erlebte Deutschland eine Phase relativer Stabilität. Es gab es einen bemerkenswerten Aufschwung von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Technik. Stellvertretend für viele andere Meister ihres Fachs seien die Schriftsteller Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Gerhart Hauptmann, Hermann Hesse, Ricarda Huch, Thomas und Heinrich Mann, Kurt Tucholsky und Stefan Zweig genannt. Bildende Künstler wie Ernst Barlach, Lovis Corinth, Lionel Feininger, George Grosz, Käthe Kollwitz und Max Liebermann machten mit ihren Arbeiten Furore. Architekten wie Peter Behrens, Walter Gropius und Hans Poelzig kreierten den Bauhausstil, Musiker wie Richard Strauß und Paul Hindemith und der Regisseur Max Reinhardt, Wissenschaftler wie Albert Einstein und Max Planck und viele andere trugen zum neuen Ansehen ihres Landes bei.

Nach 1933 hatten die Errungenschaften der Weimarer Republik in den Augen der Nationalsozialisten keinen Wert mehr. Sie nannten die Jahre zwischen 1918 und 1933 verächtlich nur Systemzeit und die führenden Politiker Novemberverbrecher und Erfüllungspolitiker. Mit diesem Urteil gaben die Nazis eine weit verbreitete Meinung wieder, denn vielen ganz noch im Geiste der Kaiserzeit und der gottergebenen Untertänigkeit erzogenen Deutsche war die republikanische Staatsform im höchsten Maße zuwider. Nach der Errichtung der NS-Diktatur war nur noch erlaubt, was völkisch, germanisch und rassenrein war und dem kleinbürgerlichen Geschmack der neuen Herren in den braunen Hemden entsprach. Mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 wandelte sich die politische und wirtschaftliche Lage radikal. Arbeitslosigkeit und Not in bisher nicht gekanntem Umfang griffen im Deutschen Reich um sich, es kam zu Streiks und Unruhen.

Nach dem Börsenkrach an der Wallstreet in New York am 25. Oktober 1929 wurden amerikanische Kredite aus Deutschland abgezogen. Das traf seine Wirtschaft bis ins Mark, die bisher weitgehend auf Pump gelebt und produziert hatte. Jetzt, da die geliehenen Mittel nicht mehr zur Verfügung standen und es Absatzprobleme gab, mussten Millionen Arbeiter auf die Straße gesetzt werden. Verelendung und Mutlosigkeit und vor allem Radikalisierung der Massen waren die Folge der Weltwirtschaftskrise. Am 20. Juli 1932 fand in Preußen, dem größten Flächenstaat im Reich, ein Staatsstreich statt, der so genannte Preußenschlag. Durch diese von der deutschen Rechten begrüßte Zwangsmaßnahme erklärte Reichskanzler Franz von Papen die von der SPD geführte Regierung im größten Land des Deutschen Reichs für abgesetzt. Indem Papen Angst vor dem Kommunismus schürte, sich zum Reichskommissar für Preußen erklärte und die Sozialdemokratie als Machtfaktor ausschaltete, bereitete er den Boden für die Errichtung der NS-Diktatur. Papen wurde von Hitler mit dem Posten eines Vizekanzlers belohnt. Mit diesem Schachzug sollten konservative und rechtsgerichtete Kreise beruhigt und in ihrem Glauben bestärkt werden, dass es für das Deutsche Reich am besten ist, wenn man Hitler freie Hand lässt.

13. November 2018

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"