Friedrich II. war sein bester Kunde
Die 1763 gegründete Königliche Porzellanmanufaktur Berlin warf lange Zeit keinen Gewinn ab / Zu Besuch in der KPM-Welt an der Wegelystraße



Friedrich II. kam billig in den Besitz der Porzellanmanufaktur, die als KPM weltberühmt wurde. Dargestellt ist der Monarch auf der Innenseite einer Porzellandose im Besitz der Stiftung Stadtmuseum Berlin.





Der König bestimmte, was seine Manufaktur produziert wurde und wie die dort gefertigten Arbeiten aussehen sollen. In der Ausstellung der KPM an der Wegelystraße wird die Vorgeschichte (oben Wegely-Porzellan) und Geschichte des mit dem blauen Zepter signierenden Traditionsbetriebs erzählt. Darunter das blau bemalte Service für das Breslauer Schloss.



Der Verkaufssalon der KPM war in der Kaiserzeit ausgesprochen üppig, um nicht zu sagen überladen dekoriert.



Zu einer fürstlichen Tafel gehörten nicht nur Teller und Schüsseln, sondern auch Figuren und kostbare Tafelaufsätze.



Der Tafelaufsatz Hochzeitszug ist reinster Jugendstil, gefertigt um 1910 nach Modellen von Adolph Amberg.





Die Königliche Porzellanmanufaktur besitzt neben hochmodernen Produktionshallen auch ein Museum und eine Verkaufshalle, die KPM-Welt. Wer dort einkauft, muss ein dickes Portemonnaie mitbringen. (Fotos/Repro: Caspar)

"Verlassen von des Königs Gnade" starb 1775 in Berlin ein Mann, der zu den reichsten Unternehmern in Preußen zählte - Johann Ernst Gotzkowsky. Der Heereslieferant und Kunstsammler ging im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) bankrott und verlor daraufhin die Gunst Friedrichs II., des Großen. Zwischen 1761 und 1763 hatte Gotzkowsky in Berlin eine Porzellanmanufaktur besessen, die er vom Firmengründer Johann Caspar Wegely übernommen hatte. Doch die Zeiten waren für das damals noch zu den Luxusgütern zählende "weiße Gold" ungünstig, und als es der Fabrik nicht gut ging, griff der in Porzellan verliebte König zu und kaufte sie mit dem kompletten Lagerbestand und allen Modellen für 225 000 Taler. Mit dem Erlös konnte Gotzkowsky nur einen Teil seiner immensen Schulden tilgen. Sein Haus in der Brüderstraße 13, das so genannte Nicolaihaus, und seine Sammlungen, in denen sich auch Gemälde von Rembrandt, Rubens und Raffael befanden, wurden ebenfalls verkauft.

Herrscher wollte alles wissen

Die Manufaktur des Ernst Gotzkowsky war mit 146 Personen gut ausgestattet. Ihr gehörten unter anderem zwei Bildhauer und zwei Bildhauerlehrlinge, 13 Former, 21 Maler sowie 21 Malerlehrlinge und jede Menge Vergolder, Glasierer, Brenner, Laboranten und andere Spezialisten sowie Verwaltungsleute, Kassiere und andere Angestellte an. Ob sie alle vom König übernommen wurden und wen der neue Besitzer nach 1763 einstellte, könnten detaillierte Recherchen ergeben. Der Monarch dürfte sich gefreut haben, dass er 30 000 rohe sowie 10 000 weiße und knapp 5000 bemalte Porzellane übernehmen und verkaufen konnte, was seine Investition mindern half. Im Jahr 1745 und dann während des Siebenjährigen Kriegs (1756-1763) hatte er die 1710 unter August dem Starken gegründete und für ein paar Jahre von Johann Friedrich Böttger, dem Erfinder des europäischen Hartporzellans, geleitete Meißner Porzellanmanufaktur besetzen und, zur Kriegsbeute erklärt, plündern lassen. Dadurch fielen dem königlichen Porzellanliebhaber nicht nur kostbare Geschirre und Figuren in die Hände, die er gut gebrauchen konnte beziehungsweise sich gut vermarkten ließen, sondern auch Formen sowie wichtige Dokumente über Produktionsabläufe und Herstellungsverfahren. Historiker haben errechnet, dass die Meißner Manufaktur Waren im Wert von 383 679 Taler und Bargeld in Höhe von 269 657 Taler an die nach Kursachsen eingefallenen preußischen Besatzer abliefern musste, alles Werte, die in die Finanzierung der Schlesischen Kriege gesteckt wurden.

Der Berliner Betrieb, der seit 1763 und auch heute als Königliche Porzellanmanufaktur (KPM) firmiert, war lange Zeit defizitär, so dass sich der Monarch hinsichtlich des Absatzes und Gewinns verschätzte und manche Tricks anwandte, um ihn zu steigern. In Anlehnung an die blauen Meißener Schwerter verlieh er seiner Berliner Fabrik das ebenfalls blau gefärbte Zepter, das das kurbrandenburgische Wappen schmückt. Seither wird "KPM" mit der blauen Traditionsmarke signiert. Von 1763 bis zum Tod Friedrichs des Großen im Jahr 1786 lieferte die Manufaktur ihrem Besitzer Porzellan für 200 000 Taler. Historiker haben für diese Zeit einen Reingewinn von 464 000 Talern errechnet, das waren rund 20 000 Taler im Jahr. Als in späteren Zeiten die KPM "lief", verdoppelten sich die Gewinne. Friedrich II., der sich als Chef der KPM fühlte, interessierte sich für die Produktionsabläufe sowie die Einnahmen und Ausgaben. Wo er konnte, drückte er die Kosten. Mit zahlreichen Befehlen und Kabinettsordres griff er in das Geschehen ein und drückte der Manufaktur, was Formen und Mengen betraf, unverkennbar seinen Stempel auf. Er bestimmte, wie Services, Tafelaufsätze, Kron- und Wandleuchter und die vielen anderen Erzeugnisse aussehen sollen.

In zahlreichen Reglements bestimmte der König die Arbeitsabläufe in der ihm unterstehenden Manufaktur. Gleich nach ihrer Gründung ordnete er Kinderarbeit an. "Wenn die Porcellain-Manufaktur zum Nutzen der Fabrik Kinder gebrauche, so solle sie sie aus dem Potsdamschen oder auch anderen teutschen oder französischen Waisenhäusern nehmen." Die Idee war allerdings nicht gut, denn unausgebildete und unwillige Kinder richteten mehr Schaden als Nutzen an. Da der König generell seine Porzelliner für faul und unwillig hielt, ließ er sich nach Stücklohn bezahlen. "Es ist besser, denen ouvriers (Arbeiter) ihre Arbeiten stückweise zu bezahlen und sie dadurch zu mehreren Fleiß zu bringen, als sie auf Pensionen arbeiten zu lassen, worauf sie nur nachlässig und faul werden", bestimmte er. Ein Blick auf die Lohnlisten zeigt, dass die Mitarbeiter der KPM gut bezahlt wurden. Am meisten erhielten die Modellmeister. Sie waren Bildhauer und bekamen 2000 Taler im Jahr, der Manufakturdirektor 1400, ein Ofenmeister 480, ein Formengießer zwischen 192 und 216 Taler, ein Buntmaler 824 und ein Blaumaler 240 Taler.

Juden mussten teure Ware kaufen

Wichtig war für den König, dass die Manufaktur rentabel arbeitet, was aber in der Anfangszeit nicht einfach war. Denn die frühen Erzeugnisse der KPM wurden ungern gekauft, sie waren zu teuer und lange ein ausgesprochenes Luxusgut, das sich nur der König, der hohe Adel und reiche Bürger leisten konnten. Um den schleppenden Absatz zu verbessern, nötigte der König jüdische Untertanen, Geschirre aus der KPM zu kaufen, das so genannte Juden-Porzellan, wenn sie um Privilegien nachsuchten oder ein Haus bauen wollten. Durch Kabinettordres wurde überdies die Einfuhr ausländischer Ware strikt verboten, doch erzählen die Chroniken, dass es manchen Leuten gelungen ist, sich Geschirr und Figuren aus anderen, nicht minder guten Manufakturen außerhalb des friderizianischen Machtbereichs zu verschaffen.

Bei der KPM war der König von Preußen sein bester Kunde. Er bestellte hundertteilige Tafelservices, aufwändig gestaltete Tafelaufsätze mit mythologischen Figuren, Uhrengehäuse und Tischleuchter. Für jedes seiner königlichen Schlösser ließ Friedrich II. jeweils ein anders gestaltetes Service herstellen. Da er ausgefallene Farben liebte, mussten seine Maler sterbendes Blau (bleu mourant), altrosa und sattes Gelb mit Dachshaarpinseln auf Tassen, Teller und Terrinen zaubern. Auch spätere Preußenkönige bestellten umfangreiche Lieferungen bei der Berliner Manufaktur. Sie gelangten als Mitgift preußischer Prinzessinnen oder diplomatische Geschenke in andere Hauptstädte und können dort in Museen bewundert werden.

Alte Tradition in modernen Hallen

Noch heute wird historisches Porzellan in der an der Wegelystraße unweit des S-Bahnhofs Tiergarten befindlichen KPM mit Hilfe der alten Formen und Malvorlagen geschaffen. Die Kosten für jedes einzelne Stück sind enorm. Manche Kreationen stehen, was die Preise betrifft, denen teurer Autos nicht nach. Jedes Stück ist, da aus unzähligen Einzelteilen zusammengesetzt und handbemalt, ein Unikat. Das macht die Spezifik und Schönheit dieser edlen Schöpfungen aus. Wo immer Farbfehler, Brandrisse oder andere Makel bemerkt werden, werden die Porzellane zerschlagen, zermahlen und als Zuschlagstoffe für die neue Formmasse verwendet. Natürlich produziert die vor einigen Jahren in eine GmbH umgewandelte, ehemals landeseigene Manufaktur nicht nur Klassisches, sondern hat auch bekannte Künstler und Modelleute unter Vertrag, die moderne Designs schaffen.

Heutzutage werden in modernen Fabrikhallen nach alter Tradition Geschirre geformt und gebrannt sowie bemalt und mit dem blauen Zepter signiert. In einer "KPM-Welt" genannten Ausstellung wird anhand von Tellern und Terrinen, Figuren, Leuchtern und anderen Erzeugnissen die Geschichte der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin dokumentiert und auch gezeigt, woraus das "weiße Gold" besteht und wie man es mit Farben und Goldauflagen dekoriert. Besucher sind zu einer Zeitreise durch über 300-jährige Geschichte des europäischen Porzellan eingeladen. In der KPM-Welt ist unter anderem zu erfahren, dass die Ende des 18. Jahrhunderts vom Berliner Bildhauer Johann Gottfried Schadow geschaffene Porzellangruppe der aus Mecklenburg-Strelitz stammenden Prinzessinnen Luise, ab 1794 Königin Luise von Preußen, und Friederike aus mehr als 80 Einzelteilen besteht und stattliche 32 000 Euro kostet. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, in einem Café wird man gut bewirtet, natürlich auf KPM-Porzellan.

31. Juli 2018



Zurück zur Themenübersicht "Ausstellungen, Museen, Denkmalpflege"