"Ein Geschenk des Himmels"
Nach der Schlüsselübergabe an die Staatlichen Museen wird die James-Simon-Galerie für Eröffnung im Sommer 2019 vorbereitet



Die James-Simon-Galerie ist der erste und einzige Neubau seit 88 Jahren, der auf der Museumsinsel errichtet wurde. Dass sie die Fassade des Neuen Museums zum Kupfergraben hin verdeckt, muss man hinnehmen, denn die Hauptfassade schaut zur Alten Nationalgalerie und in den Skulpturengarten davor. Auf der Seite zur James-Simon-Galerie ist im Giebeldreieck eine lateinische Inschrift zu lesen, die ins Deutsche übersetzt "Nur der Unwissende hasst die Kunst." Diejenigen, die das Gebäude als "teuerste Garderobe der Welt" verspotten, mögen sich dieses Motto zu Herzen nehmen.



Schwierige Gründungsarbeiten am Kupfergraben und andere Probleme waren zu bewältigen, bis die James-Simon-Galerie ihre Besucher empfangen kann. Über Terminverzögerungen und die Kostenexplosion wurde bei der Schlüsselübergabe ungern gesprochen.



Das Foto zeigt Petra Wesseler, die Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Michael Eissenhauer, der Generaldirektor der Staatlichen Museen, und der Architekt Alexander Schwarz von David Chipperfields Architects Berlin, die auch bei der Pressekonferenz am 13. Dezember 2018 Rede und Antwort standen.



Die Inschrift im Vestibül gleich nach der repräsentativen Freitreppe ehrt den großen Kunstsammler und Mäzen James Simon, dem die Staatlichen Museen zu größtem und ewigem Dank verpflichtet sind.





Nach der Schlüsselübergabe haben die Staatlichen Museen ein halbes Jahr Zeit, die James-Simon-Galerie mit allen notwendigen Versorgungseinrichtungen sowie ausgewählten Exponaten und Medienstationen einzurichten. Kritiker erwarten drangvolle Enge, wenn sich bis zu 800 Menschen in der Stunde durch die Gäge schieben, um in die anderen Museen zu gelangen.



Der bis in die Saaldecke reichende, unten angespitzte Baumstamm ist ein stummer Zeuge für die großen Probleme, die bei der Gründung der Gebäude auf der Berliner Museumsinsel bestanden haben.



Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz veranstaltet künftig im Auditorium mit 300 Sitzplätzen veranstaltet Vorträge, Lesungen und Filme und kann hier auch Filme zeigen. Der Saal kombiniert hellen Sichtbeton mit dunkler Holzvertäfelung, die auch in anderen Räumen verwendet wird. (Fotos: Caspar)

Nach zwanzigjähriger Planung- und fast zehnjähriger Bauzeit steht der Eröffnung der James-Simon-Galerie noch vor der Sommerpause 2019 nichts mehr im Weg. Am 13. Dezember 2018 wurden die Schlüssel für den repräsentativen Eingangsbau an die Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz übergeben. Das zwischen Kupfergraben und Neuem Museum gelegene Haus ist Teil des Masterplans Museumsinsel, der 1999 beschlossen wurde, um das UNESCO-Welterbe zu bewahren und gleichzeitig zu einem zeitgemäßen Museumskomplex umzugestalten. Nach Plänen des britischen Architekten David Chipperfield für die Summe von 134 Millionen Euro und damit weit über den ursprünglichen Kostenrahmen errichtet, erinnert die Galerie mit ihrem Namen an den jüdischen Mäzen und Menschenfreund James Simon, dem die Berliner Museen großartige Schenkungen verdanken. Eine lange Inschrift im Eingangsbereich ehrt den jüdischen Unternehmer, der 1932 starb und die Errichtung der NS-Diktatur nicht mehr erleben musste. Ohne ihn und all die anderen Mäzene wären die Berliner Museen nicht das, was sie heute sind.

Nachdem James Simon aus rassistischen Gründen in der Nazizeit zur Unperson erklärt worden war und man ihn nach 1945 nur selten erwähnte, bedeuten die Namensgebungen für die neue Eingangshalle sowie für einen Park in der Nähe, aber auch die Anbringung einer Gedenktafel an der heutigen Landesvertretung von Baden-Württemberg in der Tiergartenstraße 15 A, just dort, wo bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg die Villa Simon stand, eine angemessene, wenn auch späte Ehrenrettung für den Mäzen, Wohltäter, Patrioten und jüdischen Weltbürger. Simon war ein Mann, der "für einen Gemeinsinn (stand), der 1933 gewaltsam zerstört wurde", heißt es auf der Erinnerungstafel.

Mäzen und Menschenfreund

Lange war James Simon nur Insidern bekannt. Die Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz tragen eine Ehrenschuld an dem reichen Baumwollhändler, Sammler und Kunstförderer ab. Als Mitbegründer der Deutschen Orient-Gesellschaft hatte er die von Ludwig Borchardt geleiteten Ausgrabungen im ägyptischen Tell el-Amarna finanziert, in deren Verlauf die bunt bemalte Büste der Nofretete und weitere Kostbarkeiten zum Vorschein kamen. Das Porträt der schönen Königin wurde 1913 bei einer Fundteilung das Porträt überlassen. Der Mäzen, der sich bei der Anlage seiner Sammlungen von dem renommierten Museumsdirektor Wilhelm von Bode beraten ließ und anderen Kunst- und Museumsfreunden als leuchtendes Beispiel diente, bewahrte die Büste der von 1353 bis 1336 vor Christus herrschenden Königin und weitere Kostbarkeiten in seiner Villa an der Tiergartenstraße 15 a auf. Bei einem Besuch zeigte sich Kaiser Wilhelm II. vom Anblick der Büste begeistert, die ägyptischen Bildhauern ursprünglich als Vorlage für weitere Werke dieser Art diente. Lange blieb das Bildnis nicht in der Villa Simon, sie erhielt schon bald einen Ehrenplatz im Neuen Museum auf der Museumsinsel und eroberte schnell die Herzen der Besucher. 1920 schenkte Simon die Büste und die anderen Stücke seiner Ägypten-Sammlung den Staatlichen Museen zu Berlin, und diese dankten ihrem Förderer überschwänglich.

Das mäzenatische Wirken des Berliner Unternehmers und Menschenfreundes beschränkte sich keineswegs auf die Förderung von Wissenschaft, Kunst und Kultur, sondern erstreckte sich auch auf soziale Belange. Geleitet von der Überzeugung, dass Reichtum zu sozialem Wirken verpflichtet, engagierte sich der Unternehmer sowohl finanziell als auch ehrenamtlich für Hilfs- und Wohltätigkeitsvereine, Krankenhäuser sowie Kinder- und Waisenheime. Es gehört zu seiner Tragik, dass es mit seinem Unternehmen, das einmal führend im europäischen Baumwollhandel war, im und nach dem Ersten Weltkrieg bergab ging. So sah sich der Sammler zu Kunstverkäufen veranlasst, und er musste auch seine schöne Villa verlassen und sich in der Kaiserallee, der heutigen Bundesallee, eine neue Bleibe suchen.

Eigentlich sollte die neue Eingangshalle schon 2012 eröffnet werden und 73 Millionen Euro kosten. Die Verzögerungen und die Preisexplosionen haben verschiedene Ursachen. Vor allem war es der schlammige Baugrund, der schon im 19. Jahrhundert erhebliche Schwierigkeiten bereitete. In einem der Säle ist ein sorgfältig konservierter, unten angespitzter Holzstamm aufgestellt, der seinerzeit mit 1200 weiteren Hölzern in den schwankenden Baugrund getrieben wurde, um diesen zu festigen. Heute übernehmen unzählige Betonpfeiler diese Aufgabe. Außerdem musste eine insolvente Firma durch ein anderes Unternehmen ausgewechselt werden.

Kunsttempel auf hohem Sockel

Der Kunsttempel auf dem Sockel, wie man bei den Staatlichen Musen sagt, entlastet das Alte Museum, die Nationalgalerie, das Neue Museum, das Pergamonmuseum und das Bode-Museum von Dienstleistungen aller Art und erweitert darüber hinaus mit Vortrags- und Seminarräumen und solchen für Sonderausstellungen das Raum- und Veranstaltungsangebot der Staatlichen Museen. Charakteristisch für den Neubau innen und außen ganz aus hellen Betonwänden und ebensolchen Natursteinen sind die große Freitreppe und die Kolonnaden aus schlanken Stützen, die Elemente der umgebenden historischen Architektur aufnehmen. Mit einer Nutzfläche von rund 4600 Quadratmetern bietet die James-Simon-Galerie großartige Möglichkeiten für Information, Orientierung und Gastlichkeit.

Vom Vestibül aus, das sich der repräsentativen Freitreppe anschließt, geht es über viele Stufen und durch lange Säle auf der Archäologischen Promenade in die einzelnen Häuser auf der Museumsinsel. Zunächst endet der Weg im Neuen Museum, später sollen andere Zugänge geöffnet werden. Wer auf einen in der James-Simon-Galerie beginnenden Rundgang verzichten möchte, kann das Alte und das Neue Museum, die Alte Nationalgalerie und das Bode-Museum auch separat betreten. Auf die Besichtigung des Pergamonmuseums wird man noch einige Jahre warten müssen, denn das Haus aus dem Jahr 1930 ist eine große Baustelle und kann erst nach umfassender Sanierung und Restaurierung Flügel für Flügel wieder eröffnet werden. Alles in allem werden die Bauarbeiten auf der Museumsinsel einschließlich der Maßnahmen im Pergamonmuseum frühestens in den 2030-er Jahren abgeschlossen sein.

Die James-Simon-Galerie übernimmt eine wichtige Funktion bei der Verteilung der Besucherströme, die von den Staatlichen Museen auf zweieinhalb bis drei Millionen im Jahr geschätzt werden. Der Neubau besitzt Kassen- und Infobereiche, Garderoben und Sanitärbereiche, einen Museumsshop und ein Café, ja auch Schließfächer für die Besucher, die angesichts der erwarteten Massen erheblich vermehrt wurden. Kritiker sehen allerdings Chaos voraus, wenn sich bis zu 800 Menschen durch die Gänge schieben, und sie sprechen von langen Warteschlangen vor den Garderoben und den Aufzügen.

Im Auditorium mit 300 Sitzplätzen auf ansteigenden Reihen können Vorträge, Lesungen, Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden. Es gibt einen rund 655 Quadratmeter großen Saal für wechselnde Ausstellungen, in denen sich einzelne Sammlungen vorstellen. Da 2019 die Gipsformerei der Staatlichen Museen zweihundert Jahre besteht, soll die erste Sonderschau zeigen, was dieses Institut in der Vergangenheit geleistet hat und heute leistet. Im Raum davor werden Medienstationen die wechselvolle Geschichte der Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen schildern und dabei die Verdienste ihrer Förderer würdigen, wie James Simon einer war.

Wo halten die vielen Reisebusse?

Ein noch nicht gelöstes Problem auf der Museumsinsel, aber auch am Humboldt Forum ein paar hundert Meter weiter sind die vielen Reisebusse, die täglich tausende Besucher herbringen und wieder abholen müssen. Dazu sind die beteiligten Institutionen mit dem Berliner Senat in Diskussions- und Abstimmungsrunden, die aber wohl nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt haben, wie Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in der Pressekonferenz kurz vor der feierlichen Schlüsselübergabe sagte. Er nannte die Galerie ein Gottesgeschenk und betonte, der heutige Tag sei ein riesiger Schritt bei der Weiterentwicklung der Museumsinsel Berlin ins 21. Jahrhundert. "Für die meisten Besucher der Insel wird die Galerie künftig die erste Adresse sein. David Chipperfield ist mit diesem brillanten Entwurf die Vollendung der Museumsinsel gelungen. Deutlich in der Architektursprache unserer Zeit, verbindet sich das Haus überzeugend mit dem historischen Ensemble in seiner Umgebung." Chipperfield sieht sein Werk als Ort der Kultur und der Begegnung. Er erwartet, dass es sehr schnell die Herzen der Berliner und der Besucher aus aller Welt erobert und freut sich schon heute auf die Eröffnung in einem halben Jahr.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters stellte bei der Schlüsselübergabe fest: "Mit der James-Simon-Galerie erhält die Berliner Museumsinsel ein nicht nur funktional, sondern vor allem auch architektonisch überzeugendes Entrée zu den weltbedeutenden Sammlungen dieser UNESCO-Weltkulturerbestätte. Das neue Eingangsgebäude empfängt Besucherinnen und Besucher mit einladender Geste und stimmt sie ein auf die Reise durch mehrere Jahrtausend Kunst- und Kulturgeschichte Europas und der Mittelmeerregion. Damit findet eine Idee ihre Vollendung, die schon vor fast 200 Jahren mit der Fertigstellung des Alten Museums geboren wurde. David Chipperfield hat für dieses Tor zu den Schätzen der Museumsinsel eine transparente, moderne Architektur geschaffen, die historische Elemente der großen Museumsbauten aufnimmt und sich gleichzeitig zum Stadtraum hin öffnet. Entstanden ist ein einladendes Besucherzentrum, das die Museen von Serviceaufgaben entlasten wird und sie damit in die Lage versetzt, ihre Räume ganz der Präsentation ihrer Weltklasse-Sammlungen zu widmen."

14. Dezember 2018

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