Wer den Groschen nicht ehrt…
Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Zusammenarbeit mit der Berliner Sparkasse zum Thema Sparen



Gleich zu Beginn der Ausstellung lernt man Sparbüchsen und die Münzen kennen, die man in diese mit Schlössern gesicherte Behälter warf.



Was sich in einer Hamburger Sparbüchse angesammelt hat, zeigen diese Silberstücke aus dem 18. Jahrhundert.



Zum Neuen Jahr wünscht man sich Glück, Gesundheit und einen Batzen Geld, hier zu sehen auf Postkarten aus der Zeit um 1900.



Kinder rufen 1916 zu Kriegsanleihen auf, denen man sich im kaiserlichen Deutschland kaum entziehen konnte.



Noch in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs wurde in der Nazipresse im Interesse des "Endsiegs" zu Spenden aller Art und zum Sparen von Energie und Ressourcen aufgerufen.



Mit einem solchen Automaten aus den 1970-er Jahren machte die Deutsche Bank Lust auf schnelles und bequemes Sparen. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Deutschen sind beim Sparen Spitze. Wo private und öffentliche Haushalte sowie Unternehmen sparen können, tun sie es mit Hingabe, und die meisten von uns halten das Sparen auch in Zeiten historisch niedriger Zinsen für sinnvoll. Bundes- und Landesregierungen sowie Kommunen sparen mehr oder weniger freiwillig "bis es quietscht". Das aber kommt wegen sprudelnder Steuereinnahmen nicht überall gut, weil auf der anderen Seite notwendige Investitionen nicht getätigt werden beziehungsweise Riesensummen wegen falscher Planungen und anderer Ursachen zum Fenster hinausgeworfen werden, wie das besonders krasse Beispiel des Flughafens Berlin-Brandenburg lehrt.

Im Großen und Kleinen gilt: wer möchte keine Rücklage haben, wenn es finanziell eng wird? Ist es nicht besser, sein Geld zur Bank oder Sparkasse zu bringen und es von ihnen verwalten und mehren zu lassen? Was in uralten Zeiten beiseite gelegt wurde, zeigen Münzfunde, manche von märchenhaften Ausmaßen. In Zeiten von Krieg und Not vergraben und eingemauert, kommen sie bis heute bei Bau- und Erdarbeiten an Tageslicht. So ist es nicht verwunderlich, dass die im Deutschen Historischen Museum (DHM) Unter den Linden in Berlin bis zum 26. August 2018 gezeigte Ausstellung "Sparen - Geschichte einer deutschen Tugend" mit einem Blick auf diese über lange Zeit angesammelten Schätze beginnt.

Für die Dokumentation gibt es einen guten Anlass, das 200-jährige Bestehen der Berliner Sparkasse, die dazu das Motto "Gut für Berlin. Seit 1818" ausgegeben hat. Zu sehen sind in abgedunkelten Räumen des Pei-Baus alte und neue Sparbüchsen und Kassetten samt geprägtem Inhalt. Dazu kann man sich in Urkunden, Aufrufe, Briefe, Plakate und andere Dokumente vertiefen, die für das Zurücklegen von Geld gegen Zinsen werben. Ausgelegt sind ferner Sparbücher, in denen vermerkt ist, was die Leute gegen Unterschrift und Stempel eingezahlt haben, ergänzt durch Gemälde, Stiche und Holzschnitte, die einerseits Habsucht und Geiz als Todsünden geißeln und andererseits vorsichtigen Umgang mit Geld nach dem Motto "Wer den Groschen nicht ehrt, ist des Talers nicht wert" preisen.

Die ersten Sparklassen und Hilfsvereine wurden im 18. Jahrhundert an verschiedenen Stellen des Römisch-deutschen Reichs gegründet. Eine Voreiterrolle spielte die Hamburgische Allgemeine Versorgungsanstalt, die Schillinge und Taler der "kleinen Leute" annahm und ihnen die Gewissheit vermittelte, dass ihr Erspartes in den Tresoren sicher verwahrt und jederzeit mit einem kleinen Zinsgewinn zurück gegeben wird. Ähnlich arbeiteten weitere Institute. Die am 6. Juni 1818 gegründete Berliner Sparkasse ließ künftige Kunden wissen: "Um den hiesigen Einwohnern Gelegenheit zu geben, ihre kleinen Ersparnisse zinsbar und sicher unterzubringen, und ihnen dadurch behülflich zu seyn, sich ein Capital zu sammeln, welches sie bei Verheirathungen, Etablirung eines Gewerbes, im Alter oder in Fällen der Noth benützen können, hat die Stadtverordneten-Versammlung beschlossen, unter Garantie der Commune und unter des Magistrat und ihrer Aufsicht eine Sparkasse zu eröffnen." Es dauerte nicht lange, bis die erste Kasse in der Gerichtslaube eröffnet wurde, einem Anbau am alten Rathaus in der Spandauer Straße, und bis Jahresende Einlagen in Höhe von stattlichen 14.032 Talern entgegen nehmen konnte.

Die Ausstellung schildert, wie das Sparen instrumentalisiert wurde, um den Ersten Weltkrieg zu finanzieren, und wie die Nationalsozialisten das Sparen vor und im Zweiten Weltkrieg unter dem Motto "Kämpfen, Arbeiten, Sparen" zur Pflicht der Deutschen machten. Dass diese von den eingezahlten Millionen, die sie Groschen für Groschen zum Kauf eines KdF-Wagens (Volkswagen) eingezahlt hatten, gehört ebenso zur Wahrheit wie die Tatsache, dass Juden und anderen nicht in Hitlers rassistisches und völkisches Konzept passende Personen ihrer Ersparnisse und Wertgegenstände unter dem Slogan "Brechung der Zinsknechtschaft" beraubt wurden.

Die Ausstellung lenkt den Blick auf das Sparverhalten im Ausland und von dort zurück auf das in beiden deutschen Staaten und im wiedervereinigten Deutschland. Auf einem Video versichern Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück am 5. Oktober 2008 ihren Landsleuten angesichts des weltweiten Bankenzusammenbruchs: "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein." Der befürchtete Sturm auf Banken und Sparkassen blieb im Unterschied zu Tumulten in anderen Ländern aus, doch hatte die Bankenkrise vor zehn Jahren den positiven Effekt, dass die Deutschen vorsichtiger geworden sind, wenn es um ihr Bestes geht, nämlich ihr Geld, und dass sie weniger auf Lockangebote der Werbeindustrie hereinfallen.

Dass unsere Neigung zum Sparen vom Ausland kritisch gesehen wird und auch hier nicht jedermanns Sache ist, kommt in Einträgen im Besucherbuch der Ausstellung zum Ausdruck. Geöffnet ist sie wie das ganze Deutsche Historische Museum täglich von 10 bis 18 Uhr. Das Buch zu der hochinteressanten Dokumentation mit Dokumenten aus den Sammlungen des DHM sowie Leihgaben der Berliner Sparkasse und anderer Institute kostet 25 Euro.

26. März 2018

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