"Vom Fels zum Meer"
Neue Dauerausstellung im Schloss Charlottenburg präsentiert Spitzenstücke aus der langen Geschichte der Hohenzollern



Schloss Charlottenburg lag 1945 in Trümmern, der Wiederaufbau begann streng am Original orientiert in einer Zeit, als in Ostberlin das Königsschloss gesprengt wurde. Als Humboldt Forum erlebt es derzeit seine Wiedergeburt.



Im Zentrum der Ausstellung steht die Vermittlung des aufhaltsamen Aufstiegs der Dynastie durch Herrscherporträts rund um die Neupräsentation des Kronschatzes.



Das Motto des preußischen Hausordens "Vom Fels zum Meer" fasst die Ausbreitung der Hohenzollern über Deutschland exzellent zusammen.



Der vergoldete Toten- und Paradehelm wurde ab 1688 dem Sarg verstorbener Vertreter des Hauses Hohenzollern feierlich voran getragen.



Die im 19. Jahrhundert in Preußen eingeführte Pickelhaube war vorbildlich auch für andere Armeen. Im Ersten Weltkrieg trat an ihre Stelle der Stahlhelm.



Spuren von hundert Jahre alten Säbelhieben sind im Bildnis Kaiser Wilhelms II. auch heute noch sichtbar.



Die Medaille feiert die Vermählung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit der Luise Henriette von Oranien im Jahr 1644.



Solche kostbaren Silberleuchter aus der Zeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. schmückten bis zum Ende der Monarchie Tische, an denen die Hohenzollern und ihre Gäste tafelten. (Fotos/Repro: Caspar)

In der Novemberevolution vor einhundert Jahren musste Wilhelm II., seines Zeichens deutscher Kaiser und König von Preußen, für sich und seine Dynastie der Krone entsagen. Das Deutsche Reich wurde Republik, die man alsbald nach ihrem Gründungsort Weimarer Republik nannte. Schlösser und Sammlungen der bisher regierenden Hohenzollern und weiterer Herrscherhäuser öffneten sich den bisherigen Untertanen. Erstmals wurde die Dynastie anno 1061 urkundlich erwähnt, 1415 wurde einer aus der Familie, Friedrich I. von Hohenzollern, mit der Würde eines Kurfürsten von Brandenburg belehnt. Als einer von sieben Reichsfürsten hatte er das Recht hatten, den römisch-deutschen Kaiser zu wählen oder, wie man sagte, zu küren.

Wie die ganz frühen Vertreter der Familie aussahen, ist nicht überliefert, aber man kann ihnen in der neuen Ausstellung "Das preußische Königshaus - Eine Einführung in die Dynastie" in die Augen schauen. Die Bildnisse der in grauen Vorzeiten regierenden Zollerngrafen Otto, Burchardt und Friedrich III. sind fantasievolle Erfindungen unbekannter Maler vom dem Anfang des 17. Jahrhundert, hervor geholt aus dem Depot für die neue Dauerausstellung. Hingegen können die Porträts brandenburgischer Kurfürsten und preußischer Könige in kostbaren Roben und ordensbesetzten Uniformen als lebenswahr gelten. Ein aus dem Neuen Palais im Potsdamer Park Sanssouci stammendes Bildnis von Kaiser Wilhelm in pompöser Paradeuniform des Garde-Kürassier-Regiments muss Eindringlinge vor hundert Jahren so erbost haben, dass sie es mit Säbelhieben zerschnitten. Bei der Restaurierung hat man die Verletzungen absichtlich nicht kaschiert.

Kronen hinter Panzerglas

Jedes von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg präsentierte Objekt ist eine Augenweide und erzählt eine besondere Geschichte. Die Gemälde, Kronjuwelen, Silbergeschirre, Porzellanvasen und Medaillen werden in vier Räumen gezeigt. "In den kommenden Jahren kommen weitere hinzu, so dass Besucher erfahren, wer denn diese Hohenzollern waren, was sie geleistet haben, warum sie sich länger als andere Dynastien auf dem Thron halten konnten", sagt der Kunsthistoriker Samuel Wittwer beim Rundgang durch die Ausstellung. "Wir wollen die in preußischen Schlössern und darüber hinaus oft gestellte Frage beantworten, woher die Hohenzollern kamen und wie sie es an die Spitze des Deutschen Reichs brachten, wie sie in einem halben Jahrtausend ihre Herrschaft Berlin, Brandenburg und weitere Landesteile geprägt haben, was sie mit anderen Dynastien verbunden hat und wodurch sie sich von diesen unterschieden", ergänzt Kurator Andreas Vetter. Er zeigt auf eine große Vitrine aus Panzerglas, in der preußischen Kronjuwelen - zwei Kronen aus purem Gold, Zepter, Reichsapfel, zwei Reichsschwerter und Reichssiegel - einbruchs- und diebstahlsicher samt dazu gehörigen Schatullen effektvoll präsentiert werden. Doch auch eine Pickelhaube aus der Zeit nach 1860 hat es als Inbegriff preußischen Militarismus und feudaler Soldatenherrlichkeit in die Ausstellung geschafft, verbunden mit dem Hinweis, dass ein in die Höhe über dem Kopf gestreckte Mittelfinger in der internationalen Gebärdensprache als "typisch deutsch" gilt.

Heinrich Heine dichtete in seinem Poem "Deutschland, ein Wintermärchen" (Capu III): "Nicht übel gefiel mir das neue Kostüm / Der Reuter, das muss ich loben, / Besonders die Pickelhaube, den Helm / Mit der stählernen Spitze nach oben. / Das mahnt an das Mittelalter so schön, / An Edelknechte und Knappen, / Die in dem Herzen getragen die Treu, / Und auf dem Hintern ein Wappen. / Das mahnt an Kreuzzug und Turnei, / An Minne und frommes Dienen, / An die ungedruckte Glaubenszeit, / Wo noch keine Zeitung erschienen.(...) Ja, ja, der Helm gefällt mir, er zeugt / Vom allerhöchsten Witze! / Ein königlicher Einfall war’s! / Es fehlt nicht die Pointe, die Spitze! / Nur fürcht ich, wenn ein Gewitter entsteht, / Zieht leicht so eine Spitze / Herab auf euer romantisches Haupt / Des Himmels modernste Blitze!" ([Auch wenn es Krieg gibt müßt Ihr Euch / Viel leichteres Kopfzeug kaufen! / Des Mittealters schwerer Helm Könnt Euch genieren im Laufen."

Hausorden und Medaillen

Aus dem Depot geholt wurden der preußische Hausorden aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und kostbare Medaillen mit Monarchenbildnissen. Der von König Friedrich Wilhelm IV. von seinen schwäbischen Verwandten übernommene gezeigte Hausorden drückt mit dem Motto "Vom Fels zum Meer" treffend aus, dass die aus dem deutschen Süden stammenden Hohenzollern von ihrer Burg bei Hechingen herabstiegen und sich mit List und Tücke, durch Heirat und vor allem durch Krieg weite Landesteile bis hin zum fernen Herzogtum Preußen, dem Namensgeber des 1947 von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs abgeschafften Preußenstaates, untertan machten. Als historisches Dokument und Kunstwerk der Barockzeit besser als bisher gewürdigt wird ein mit bunten Federn geschmückter Toten- und Paradehelm aus vergoldetem Metall, den man dem Sarg des 1688 verstorbenen Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und danach allen anderen Preußenherrschern auf einem Kissen mit weiteren Insignien vorangetragen hat. Am Hals des Helms prangt ein wundervolles Medaillon mit dem Bildnis des Begründers der modernen preußischen Monarchie.

Zu sehen ist eine kleine, aber feine Auswahl von Silbermedaillen, die anlässlich von Hochzeiten und anderen wichtigen Ereignissen im Herrscherhaus geprägt wurden. Dazu gehören eine undatierte Medaille auf die Vermählung des Großen Kurfürsten mit Luise Henriette von Oranien, der Namensgeberin von Oranienburg und eine auf die Vermählung des Prinzen Friedrich Wilhelm (1888 Kaiser Friedrich III.) mit der englischen Prinzessin Victoria im Jahr 1858. Da man in Ausstellungen zumeist nur eine Seite betrachten kann, sind in einem Spiegel darunter auch die Kehrseiten zu sehen. Außerdem kann man mit leichter Handbewegung am Monitor vergrößerte Aufnahmen und erklärende Texte sichtbar machen. Die Medaillen stammen aus der Sammlung der Grafen zu Dohna-Schlobitten, die die Preußische Schlösserstiftung vor vielen Jahren erworben hat. Dass überhaupt in einer solchen hochkarätig bestückten Ausstellung geprägtes Metall als wichtige Geschichtedokumente und Kunstwerke gezeigt werden, verdient ein Lob, denn normalerweise spielen Münzen und Medaillen zu Unrecht dort ein Mauerblümchendasein. Da die aktuelle Ausstellung noch um einige Räume erweitert werden soll, wäre es wünschenswert, dort weitere Medaillen, aber auch Münzen aus dem Besitz der Schlösserstiftung als Zeugnisse für monarchische Selbstdarstellung und zur Frage zu zeigen, womit all die Pracht bezahlt wurde.

Königlicher Prunk und Pomp

Schloss Charlottenburg ist für diesen längst fälligen Überblick ein gut gewählter Ort. Nach all dem königlichen Pomp und Prunk in zahlreichen Sälen und Kammern präsentiert die Dokumentation mit ausgewählten Exponaten, erklärenden Tafeln und Medienstationen markante Stationen aus der Geschichte der Hohenzollern-Dynastie. Bestes Ausstellungsstück ist das Schloss Charlottenburg selbst. Trotz der schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges ist es beim Wiederaufbau gelungen, diese historischen Schichten wieder erlebbar zu machen und den von Königen, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen geliebten und bewohnten Palast ins öffentliche Bewusstsein zu haben.

Wenn 2019 in der Mitte Berlins das Humboldt Forum mit der alten Barockfassade des 1950 angerissenen Hohenzollernschlosses eröffnet wird, werden auch dort einige Stücke aus der Hinterlassenschaft der Hohenzollern zu sehen sein. Wer es aber ganz genau wissen möchte, wie sie lebten, was sie dachten, wie sie schrieben und musizierten, wie sie sich kleideten, in welchen Möbeln sie lebten und wer ihnen dienstbar war, ist im Schloss Charlottenburg am besten aufgehoben. Schloss Charlottenburg ist täglich außer Montag von 10 bis 16.30, ab April bis 17.30 Uhr geöffnet, Eintritt 10, ermäßigt 7 Euro. Weitere Informationen www.spsg.de.

9. November 2018

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