Herz und Flamme der Revolution
In Potsdam musste das Liebknecht-Denkmal seinen Standort von 1983 verlassen





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Die von Theo Balden gestaltete "Flamme der Revolution" wurde nach dem Ende der DDR nicht beseitigt oder gar eingeschmolzen, sondern an den Rand des Lustgartens versetzt, wo man sie nach einigem Suchen samt Mosaikwänden auch findet.



Während der Novemberevolution vor einhundert Jahren gab es in Berlin Massendemonstrationen, in denen unzufriedene Arbeiter und Soldaten ihre Forderung nach Beendigung des Krieges sowie nach demokratischen Verhältnissen ohne Kaiser und seine Generale zum Ausdruck brachten. Hier ein Aufmarsch auf dem Opernplatz im Herzen Berlins.



Ein Möbelwagen hat Anfang 1919 linke und rechte Gruppen bei den Straßenkämpfen in der Reichshauptstadt voneinander getrennt. Daran erinnerten im Januar 2019 auf dem Alexanderplatz im Rahmen des Gedenkens an die Novemberevolution vor einhundert Jahren ein Möbelwagen aus der Kaiserzeit und eine Installation. (Fotos/Repro: Caspar)

Mehrfach hat sich Theo Balden, Schöpfer des Luckauer Liebknechtdenkmals, mit dem Politiker und Parteiführer befasst. Mit großem zeremoniellem Aufwand wurde Ende 1983 auf dem damaligen Karl-Liebknecht-Forum gegenüber dem Potsdamer Marstall, dem heutigen Filmmuseum, das von dem Bildhauer Theo Balden geschaffene Denkmal für Karl Liebknecht "Herz und Flamme der Revolution" eingeweiht. Der Standort auf dem ehemaligen Lustgarten nicht weit vom damaligen Interhotel und dem heutigen Mercure Hotel Potsdam City war mit Bedacht gewählt. Es ist, als würde Liebknecht über das alte, das kaiserliche Deutschland triumphieren, denn jede Erinnerung an das historische Potsdam wurde zumindest an dieser Stelle ganz aus Stein und Bronze getilgt.

Anlass der Denkmalsweihe unter dem Motto "Karl Liebknecht lebt in unseren Taten" war der 65. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands durch Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Angetreten waren nach damaligen Zeitungsberichten 10 000 Potsdamer Werktätige und Jugendliche. Sie hörten andächtig den Worten eines örtlichen SED-Chefs zu, der einen Bogen vom Kampf des linken Reichstagsabgeordneten gegen Imperialismus und Krieg bis zum Friedenskampf der DDR schlug, so die damalige Diktion. Bei den Einweihungsfeierlichkeiten am 20. Dezember 1983 wurde eine Kapsel mit dieser Botschaft in den Boden eingelassen: "Karl Liebknecht ist niemals gefallen. Er ist in uns Gestalt. Unser Gesang. Er verkörpert unsere Liebe, unseren Bruderkuss - aber auch unsere Faust gegenüber dem Feind. Karl Liebknecht heißt Herz und Flamme der Revolution, die wir weitertragen, hinein in das 21. Jahrhundert."

Dass Karl Liebknecht während der Honecker-Ära in Potsdam mit einer Monumentalplastik an hervorgehobener Stelle geehrt wurde, hat mit der politischen Biographie des linken Sozialdemokraten und Friedensaktivisten im Ersten Weltkrieg zu tun. Liebknecht hatte in der Reichstagswahl von 1912 den "Kaiserwahlkreis" Potsdam für sich und die SPD gewonnen und damit ein wichtiges politisches Zeichen gesetzt. Am 9. November 1918 rief er von einem Balkon des Berliner Schlosses die freie, sozialistische Republik aus, war mit Rosa Luxemburg einer der Mitbegründer der KPD und eines der frühen Opfer der Konterrevolution. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass man beim Bau des Staatsratsgebäudes am damaligen Marx-Engel-Platz in Ost-Berlin, dem heutigen Schlossplatz, den Eingang mit jenem figurenreichen "Liebknechtportal" geschmückt, jedoch jede Erinnerung an das eigentliche, schon 1950/51 abgerissene Schloss unterdrückt hat, dessen Wiedergeburt als Humboldt-Forum auch mit jenem Portal 2019 abgeschlossen wird, wenn alles nach Plan geht.

Um den sechs Meter hohen, in Lauchhammer gegossenen "Flammenbaum" ist es in Potsdam still geworden. Bilderstürmerische Forderungen nach dem Ende der DDR, das Bronzemonument ins Depot zu schaffen oder gleich zu vernichten, verhallten zunächst ungehört. Im Zusammenhang aber mit der Umgestaltung des Lustgartens anlässlich der Bundesgartenschau 2001 hat man die Anlage hinter das Hotel quasi ins Abseits versetzt. Man muss schon suchen, um den Flammenbaum und die Mosaikwände in einer Grünanlage zwischen Bäumen zu finden. So trifft nicht mehr zu, was seinerzeit im SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" als hervorragende künstlerische Leistung emphatisch gelobt wurde, dass nämlich das Monument eine dynamische Fernwirkung besitzt und "einen gewichtigen Akzent in diesem großzügig gestalteten städtebaulichen Ensemble (setzt), in dem moderne und historische Architektur wirkungsvoll verbunden wurden".

Diese Vision ging nicht in Erfüllung, das zeigen Bemühungen nach der Wende 1989/90, den durch eine überdimensional breite Autotrasse in zwei Teile zerschnittenen, ganz und gar unwirtlichen Lustgarten durch Einbeziehung alter Bäume und Neuanpflanzungen in eine grüne Oase zu verwandeln und diesen prominenten Stadtraum einigermaßen erträglich zu machen. Dem gleichen Ziel dienen Pläne, der Innenstadt rund um den Alten Markt wieder ihr barockes Flair zurück zu geben. Bei der Um- und Neugestaltung des Lustgartens standen Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert Pate, auf denen man erkennen kann, dass der Lustgarten sowohl staubiger Paradeplatz als auch Grünanlage mit malerischen Baumgruppen und geschlängelten Wegen war. Zum wirklichen Lustgarten wurde der Platz inzwischen, nachdem das 1960/61 im Zuge der "sozialistischen Umgestaltung" der damaligen Bezirksstadt Potsdam auf Befehl des SED-Chefs Walter Ulbricht beseitigte Stadtschloss als Sitz des brandenburgischen Landtags wieder aufgebaut ist.

28. Januar 2019

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