König Friedrich II. hatte bekanntlich keine gute Meinung von Frauen. Seine eigene Gattin Elisabeth Christine hielt er sich vom Leibe und schob sie nach Schönhausen ab. Nur mit seiner Lieblingsschwester, der unglücklich mit dem Markgrafen Friedrich von Bayreuth verheirateten Wilhelmine, war er in brüderlicher Liebe herzlich verbunden. Als sie noch jung waren, durchlitten die Geschwister unter der Fuchtel ihres auch in der Familie despotisch regierenden Vaters Friedrich Wilhelm I. schwere Stunden. Obwohl es viele stattliche und einflussreiche Bewerber um die schöne Hohenzollernprinzessin gab, hat der Soldatenkönig seine Tochter nach Bayreuth verheiratet, in eine mit den Hohenzollern eng verwandte Familie.
Friedrich II., der Große, ließ seiner Schwester zu Ehren unweit vom Neunen Palais im Park von Sanssouci den ganz aus Marmor bestehenden Freundschaftstempel errichten. Das Pendant für den Säulenbau ist der ein paar hundert Schritte weiter entfernte Antikentempel, in dem ursprünglich Stücke aus der vom Preußenkönig angekauften antiken Skulpturen aufgestellt und auch seine Münz- und Gemmensammlung verwahrt waren. Als die Antiken im frühen 19. Jahrhundert den neu gegründeten Königlichen Museen in Schinkels Altem Museum am Berliner Lustgarten einverleibt wurden, stand der tempelartige Bau leer. 1921 wurde hier der Sarg der letzten deutschen Kaiserin Auguste Victoria, Gemahlin des in holländische Exil geflohenen Wilhelm II., zur letzten Ruhe geleitet. Auch andere Angehörige des Hauses Hohenzollern sind im Antikentempel und weitere im Mausoleum des Kaisers Friedrich III. an der Friedenskirche bestattet.
Offene und geschlossene Säulenhalle
Der Freundschafts- und der Antikentempel sind überkuppelte Rundbauten. Der eine ist als offene Säulenhalle gestaltet, der andere vermauert und mit Fenstern versehen. Indem Friedrich II. im Freundschaftstempel das marmorne Sitzbild seiner Lieblingsschwester Wilhelmine aufstellen ließ, verlieh er ihm Denkmalcharakter. Die Gebrüder Johann David und Lorenz Wilhelm Räntz, die die 1758, mitten im Siebenjährigen Krieg, verstorbene Markgräfin noch gekannt hatten, orientierten sich bei der Gestaltung der Marmorfigur an einem Gemälde von Antoine Pesne aus dem Jahre 1750. Vor einigen Jahren wurde der Freundschaftstempel saniert und restauriert. Die Sitzfigur der Markgräfin wurde 1998 durch eine Kopie ersetzt, weil das Original stark angegriffen war und nicht mehr vandalischen Angriffen ausgesetzt werden sollte.
Das Original und weitere im Park von Sanssouci unter freiem Himmel aufgestellte Skulpturen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, darunter die berühmten Gartenplastiken an der Großen Fontäne unterhalb von Schloss Sanssouci, will die Stiftung wetterfest in einem Lapidarium unterbringen. Angesichts der enormen Zahl an Skulpturen, die den Park schmu?cken, bekommt das Lapidarium im Zusammenhang mit der Restaurierung von Skulpturen und der Herstellung von Kopien eine herausragende Aufgabe für den Erhalt der auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes stehenden Potsdamer Schlösser- und Gartenlandschaft.
Nachdenklicher Blick in den Park
Markgräfin Wilhelmine hatte es an der Seite ihres Gemahls nicht leicht. Den Umzug von Berlin und Potsdam nach Bayreuth, in die fränkische Provinz, hat die Königstochter als gesellschaftlichen Abstieg empfunden. Ein wenig kommt das Unglück im Leben der mit vielen guten Gaben ausgestatteten Frau in der nachdenklichen Haltung zum Ausdruck. Wilhelmine sitzt in einer Nische auf einem Sessel und schaut, von einem Buch aufblickend und den Kopf in die linke Hand gestützt, aus dem Freundschaftstempel hinaus in den Park. Der kleine Hund in der rechten Armbeuge wird als Sinnbild für Treue gedeutet, eine Tugend, die ihrem Gemahl ganz und gar fehlte. Das Kostüm mit Hermelinbesatz unterstreicht den hohen Rang der Markgräfin, ein aus dem Kleid hervor schauender Fuß ist nach antiker Manier gegürtet.
Die Bedeutung des Freundschaftstempels als Denkmal für die früh verstorbene Lieblingsschwester des Königs wird durch Medaillons berühmter antiker Freundespaare unterstrichen, die an langen Schleifenbändern hängen und an den korinthischen Säulen befestigt sind. Kunsthistoriker kennen die besondere Vorliebe des Königs für solche Rundtempel oder runde Räume. Ein frühes Beispiel ist der Apollotempel im Tempel- oder Almatheagarten von Neuruppin, der 1735 von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff für den damals in der Garnisonstadt stationierten Kronprinzen Friedrich (II.) erbaut wurde. "Sobald er fertig ist, werden wir Opfer darbringen, natürlich Dir, liebste Schwester, als Beschützerin der schönen Künste", schrieb der Prinz an Wilhelmine. Auch die Bibliothek im Schloss Sanssouci und andere Zimmer in Friedrichs Schlössern haben einen runden oder abgerundeten Grundriss und sind flachen Kuppeln versehen.
Hinter der Gründung der Universität 1742 in Bayreuth durch Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth als Friedrichs-Universität stand die musisch und intellektuell interessierte Markgräfin Wilhelmine. Die Alma mater war damit neben den Anstalten in Altdorf und Würzburg die dritte Universität im fränkischen Raum. Bereits 1743 wurde sie nach Erlangen in die Räumlichkeiten der ehemaligen Ritterakademie verlegt. Von Anfang an wurde der traditionelle Fächerkanon mit Theologie, Rechtswissenschaften, Medizin und Philosophie gelehrt, obwohl die Zahl der Studenten in der Anfangszeit konstant unter 200 lag. 1769 fiel die Universität dem Markgrafen Karl Alexander von Brandenburg-Bayreuth und Brandenburg-Ansbach zu, der sie maßgeblich geprägt hat und daher zweiter Namenspatron der Universität wurde.
Eine Universität in Bayreuth zu haben, war für die kleine Markgrafschaft wichtig, die akademisch gebildete und loyale Staatsdiener und Geistliche brauchte. Friedrich II. hielt von der Initiative wenig. Er sah in ihr nur eine Spielerei seiner Schwester und schrieb ihr spöttisch: "Ich zittere bereits im voraus vor all den Gelehrten, die daraus hervorgehen werden. Wenn sie schon mit Disputationen über die Teilbarkeit der Materie anfangen, welche Fortschritte werden sie dann erst machen!" Nachdem 1769 die Markgrafschaft Bayreuth an Ansbach gefallen war, ernannte sich der hier regierende Markgraf Alexander zum zweiten Gründer der Universität Erlangen und fügte ihrem Namen seinen eigenen hinzu. Das war mehr als ein protokollarischer Akt, denn der Markgraf sorgte für die solide Finanzierung des Bildungsinstituts.
Verzaubertes Schloss
Im Abschnitt "Links der Spree" seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg zitiert Theodor Fontane die Prinzessin Wilhelmine, die wenig Schmeichelhaftes über das "verzauberte Schloss" ihres Vaters, des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., in Königs Wusterhausen vermerkt hat. Wilhelmine behauptete, all die Zeit in Wusterhausen leidend gewesen zu sein, und versichert, "von nichts anderem als Wasser und trockenem Brot gelebt zu haben." Fontane bezweifelt, dass man an der Tafel des Königs von Preußen gehungert hat, und zählt auf, was der "starke Esser" Soldatenkönig und seine Gäste nach dem Motto "leben und leben lassen" verspeisten. Dass die Prinzessinnen mit ihrem Gefolge in winzigen Dachkammern untergebracht waren, stellt der Romancier aber nicht in Abrede. Ebenso dass man, wie Wilhelmine schrieb, mittags selbst bei starkem Regen in einem Zelt essen musste, das im Hof aufgebaut war, und "bis zu den Waden" im Wasser stand. Versteht sich, dass Friedrich II. den unköniglichen Platz als Ort böser Jugenderinnerungen verschmähte, ihn seinem Schicksal überließ und sich in Sanssouci ein heiteres Refugium schuf, in dem er, wenn er nicht gerade im Krieg war, "ohne Sorgen" lebte.
20. Januar 2019
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