Herrscher über die Meere ist wieder da
Neptungrotte unweit der Bildergalerie im Park von Sanssouci erstrahlt dank Sponsorenhilfe in alter Schönheit









Jahrelang bot die Neptungrotte unweit der Bildergalerie im Park Sanssouci ein Bild des Jammers. Restauratoren gaben in minutiöser Arbeit dem Meisterwerk barocker Bildhauerei aus der Zeit Friedrichs des Großen seine alte Schönheit zurück. Auch der Garten davor zeigt sich wieder in einem vorzeigbaren Zustand. Die Grafik zeigt, wie das Bauwerk zur Zeit Friedrichs des Großen ausgesehen hat



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Der Grottenraum war ursprünglich mit Bergkristalldrusen aus dem Harz und Schlesien sowie Korallen und Muscheln aus den Niederlanden geschmückt und ließ Vergleiche mit dem Muschelsaal im Neuen Palais zu.



Die Laubengänge vor der Bildergalerie erinnern daran, dass das Areal früher ein königlicher Obstgarten war.



Wiederhergestellt wurde mit großer Beteiligung von Bewohnern der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam der Weinberg hinter dem Triumphtor aus der Zeit König Friedrich Wilhelms IV. (Fotos/Repro: Caspar)

Preußens König Friedrich II., der Große, liebte sein Potsdamer Gartenreich rund um das Schloss Sanssouci über alles. Obwohl sich sein Land wegen der Schlesischen Kriege finanziell in schwerer Bedrängnis befand, steckte er eine Million Taler in Schlösser und Garten, und wenn er eine weitere Million gehabt hätte, dann hätte er nach eigenem Bekunden auch diese in sein Refugium investiert, in dem er Ruhe und ein Leben ohne Sorge suchte und fand. Da der königliche Flötenspieler und Kriegsherr, Schriftsteller und Kunstsammler auch ein praktisch denkender Mann war, ließ er in der Umgebung seiner Schlösser kleine Obstplantagen anlegen, dass er, der Freund frischer Früchte, diese immer auf seiner Tafeln zur Verfügung hatte. Wer Schloss Sanssouci besucht, wird in der warmen Jahreszeit, von der Großen Fontäne kommend und die Stufen zum Schloss besteigend, links und rechts prächtig wachsenden Wein und im Herbst dessen Trauben sehen und bewundern können.

Manches aus den Zeiten Friedrichs des Großen ging im Laufe der vergangenen 270 Jahre verloren, wurde verändert und überformt. Außer um das Sommerschloss Sanssouci und das Neue Palais muss sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg um die aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammenden Bauten und Skulpturen sowie die Pflege und Wiederherstellung der Gartenanlagen kümmern. Da wird jede Hilfe, jedes bürgerschaftliche Engagement gern angenommen, sei es durch Spenden oder durch tatkräftiges Anpacken beim Aufräumen und der Wiederherstellung von Gartenpartien. Dank der großzügigen Unterstützung der Mäzene Gisela Soost, Gerhard Elsner und Günther Jauch sowie durch die Hilfe der Arbeitsgemeinschaft Schlössernacht konnte in den vergangenen Jahren die Neptungrotte und der dazu gehörige Vorplatz rekonstruiert und restauriert werden. Insgesamt beliefen sich die Kosten nach Angaben der Schlösserstiftung auf 3,5 Millionen Euro.

Überall Muscheln und Blumengehänge

Die zwischen 1751 und 1757 nach Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff unweit der Bildergalerie erbaute Neptungrotte hat die Gestalt eines triumphbogenartigen Portals, auf dem sich hoch oben der marmorne Meeresgott Neptun mit seinem Dreizack erhebt. Die beiden Seitenpfeiler besitzen je vier untereinander stehende muschelförmige Marmorbecken, in die sich aus den Krügen der marmornen Najaden Wasser ergießen und zuletzt in die unteren Becken niederfallen sollte. Das aber gelang zu Zeiten Friedrichs des Großen nicht. Erst der Einsatz einer Dampfmaschine schuf 1842 die technischen Voraussetzungen für den Betrieb der Wasserspiele im Park Sanssouci und damit auch der Neptungrotte. Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde die Ausstattung im Zusammenhang mit Restaurierungsmaßnahmen durch bunte Muscheln und Gehänge aus Porzellanblumen verändert. Außerdem hat man den Eingang mit einem Eisengitter geschützt. Eine Venus von Medici im Grottenraum sowie zwei Tritonen vor der Grotte sind verloren gegangen. Die Venus wurde um 1850 bei erneuten Restaurierungsarbeiten durch eine Terrakottagruppe ersetzt, bei der Kindern das Schnitzen von Flöten gezeigt wird.

Die als einzigartiges Denkmal der Bildhauerkunst in der Zeit Friedrichs des Großen eingestufte Marmorgrotte mit dem antiken Meeresgott Neptun auf der Attika hatte in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten durch Witterungseinflüsse und Vandalismus schweren Schaden genommen. Am Beginn der Wiederherstellungsmaßnahmen wurden die tragenden Architekturteile statisch ertüchtigt, es folgte die Reinigung, Restaurierung und Ergänzung der Marmorskulpturen, Muschelbecken und der aus zahllosen Muscheln bestehenden Dekoration des Innenraums, den man durch ein vergoldetes Gitter hindurch betrachten kann.

Zwischen 1962 und 1966 wurden erste Instandsetzungs- und Restaurierungsmaßnahmen an der Neptungrotte ausgeführt. Auf Grund der in der DDR herrschenden Mangelwirtschaft wurde das schadhafte Kupferdach durch Bitumenpappe ersetzt, die aber das Bauwerk vor eindringender Feuchtigkeit nicht schützte. Es wurde wegen mangelnder Pflege undicht. Die starke Durchfeuchtung hat dem Mauerwerk vor allem im Kuppelgewölbe so schwer zugesetzt, dass erhebliche Teile der Grottierungen im Inneren verloren gingen. Vor über 20 Jahren hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg umfangreiche Untersuchungen über den Bauzustand der Grotte begonnen.

Die Resultate belegten die Notwendigkeit einer schnellen und tiefgehenden Sanierung und Konservierung des gesamten Bauwerks und seiner Teile aus Marmor. So wurden 1997 und 1998 die Dachkonstruktion erneuert und wieder mit Kupferblech eingedeckt. Zu diesem Zweck hat man die Attikafiguren abgenommen, konserviert, restauriert und im Depot der Schlösserstiftung eingelagert. Anfang 2013 begannen Baudenkmalpfleger und Restauratoren der Stiftung mit der Bestandserfassung. Als Grundlage für die Schadenskartierung wurden für den Innenraum und die Außenfassaden Aufmaße sowie Messbilder erstellt beziehungsweise vervollständigt. In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Potsdam haben Spezialisten die Grottierung des Innenraums untersucht.

Frisches Obst für des Königs Tafel

Wer längere Zeit nicht den vorderen Teil des Parks Sanssouci besucht hat, wird sich über markante Veränderungen freuen. Vor der Bildergalerie stehen wie zu Zeiten Friedrichs des Großen wieder korbbogenartige Laubengänge. Diese "Berceaux" mit lauschigen Sitzgelegenheiten und Pavillons ließ Kaiser Wilhelm II. unter Verbreiterung der Mittelachse beseitigen. 2016 und 2017 wurden auf der Grundlage gartenarchäologischer Grabungen die ursprüngliche Wegestruktur und die Laubengänge wiederhergestellt. Die Areale erhalten auf Grundlage alter Pläne wieder eine Bepflanzung mit Kirsch-, Pflaumen-, Pfirsich- und Aprikosenbäumen, die sich nun prächtig entwickeln und daran erinnern, dass Friedrich der Großen gleich bei seinem Sommerschloss einen Obstgarten unterhielt und mit dessen Früchten seine Tafel versah.

15. Januar 2018

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