Pfusch am Bau und mangelnde Aufsicht
Eröffnung des Humboldt Forums nicht wie geplant in wenigen Wochen, sondern erst im Lauf des kommenden Jahres



Von weitem sieht das Humboldt Forum mit der ocker gefassten Barockfassade à la Schlüter schon ziemlich fertig gebaut aus, doch wenn man sich mit aktuellen Beschreibungen des Baufortschritts befasst, setzt Ernüchterung ein.



Vielleicht kann der Museumsbau am 251. Geburtstag von Alexander von Humboldt am 14. September 2020 von neugierigen Besuchern betreten werden? Vorn scheint Karl Friedrich Schinkel, auf hohem Denkmalsockel stehend, auf den feierlichen Moment zu warten.





Allen Querelen zum Trotz haben talentierte Bildhauer bei der Kopie verlorener Skulpturen ganze Arbeit geleistet, hier der prunkvoll dekorierte Preußenadler über einem der Schlossportale sowie die Kartusche mit dem Monogramm FR (FRIDERICUS REX) für Friedrich I., der im frühen 18. Jahrhundert die Residenz barock aus- und umbauen ließ.



Ob auf den Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals Kaiser Wilhelm I. je das wippenförmig gestaltete Einheitsdenkmal kommen wird, ist auch noch nicht klar. (Fotos: Caspar)

Peinlich, peinlich, wieder eine Terminverschiebung in der Hauptstadt, doch diesmal nicht beim Flughafen BER, sondern beim Humboldt Forum (HUF). Bisher war man dort auf den zügigen Ausbau stolz und verwies gern darauf, dass der Rahmen der finanziellen Vorgaben eingehalten wird. Wie aber der Stiftungsrat Ende Juni aufgrund einer Erklärung des für die Bauausführung zuständigen Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) mitteilte, kann das Ausstellungshaus mit der barocken Schlossfassade nicht zum 250. Geburtstag des namensgebenden Weltreisenden Alexander von Humboldt am 14. September mit ersten Räumen und einem Bürgerfest eröffnet werden, sondern etappenweise erst ab September 2020. Die Stiftung Humboldt Forum und das Bundesamt hatten bereits am 12. Juni 2019 vorsorglich eine solche Verschiebung angekündigt. Zuvor war noch erklärt worden, dass das Gebäude Ende 2019 betriebsbereit sein wird. Die Terminverschiebung wirkt sich auf die Kosten aus. Zu den offiziell angegebenen 595 Millionen Euro komme noch ein "kleiner Millionenbetrag", sagte Baumanager Hans-Dieter Hegner.

Die Präsidentin des BBR, Petra Wesseler, sagte bei einem Baustellenrundgang, das Eröffnungsszenario mit einer Teileröffnung sei nicht zu halten. Als Gründe gab sie Defekte bei der Lüftungstechnik, der Heizung und den Kühlanlagen und das Fehlen von Handwerkern an. Das Humboldt Forum sei sozusagen Opfer des aktuellen Baubooms. Wie ergänzend aus dem HUF zu hören ist, würden Bauleute von einem Tag zum anderen nicht mehr kommen, weil ihnen anderswo bessere Bezahlung winkt. Bei den Tests der technischen Anlagen sei man um mindestens sechs Monate in Verzug. Die sogenannte Wirkprinzipprüfung, bei der abschließend das Zusammenspiel aller Anlagen geprüft wird, würde sich demnach bis in den November 2019 hineinziehen.

Im Tätigkeitsbericht der Stiftung für Anfang 2019 war von Konflikten und Störungen die Rede, die maßgeblich die Fertigstellung des Bauwerks behindert hätten. "Die Schwerpunkte der Störungen liegen weiterhin bei den Gewerken Lüftung und Gebäudeautomation, jedoch auch in den Bereichen der Wasser- und Abwasseranlagen sowie der nutzungsspezifischen Anlagen." Die Kritik geht an eine Firma, die die technische Gebäudeausrüstung installiert hat, und die dazugehörigen Planer. Ziemlich verschwurbelt ist von fehlenden baulichen Vorleistungen und Defiziten bei der Objektüberwachung die Rede.

Mit anderen Worten - es gab Pfusch am Bau, und die Verantwortlichen haben offenbar nicht, wie es ihre Pflicht ist, ordentlich hingeschaut. Womit sich hier wie beim BER die Bilder gleichen, wo Blauäugigkeit und Schlendrian an der Tagesordnung war und mit Eröffnungsterminen jongliert wird, freilich mit weitaus größeren Konsequenzen bezüglich der ersehnten Eröffnung und der Kosten. Auch die Rekonstruktion und Sanierung der Staatsoper Unter den Linden zog sich ewig hin und kostete am Ende nicht, wie versprochen, 239 Millionen Euro, sondern nach diversen Terminverschiebungen und Problemen mit Baubetrieben rund 400 Millionen Euro. Eine Kostensteigerung gibt es auch für die James-Simon-Galerie, die in Kürze als neues Eingangsgebäude der Staatlichen Museen auf der Berliner Museumsinsel eröffnet wird. Hier haben sich die ursprünglich angegebenen Baukosten von 71 Millionen Euro auf 134 Millionen nahezu verdoppelt, und die Endabrechnung liegt noch nicht vor.

Kulturstaatsministerin und Stiftungsratsvorsitzende Monika Grütters ist von der Entwicklung beim Humboldt Forum enttäuscht. Sie habe sich seit Beginn ihrer Amtszeit mit ebenso viel Nachdruck wie Leidenschaft dem großen Kulturprojekt widmet, sagte sie. "Dieses für die Kulturnation Deutschland bedeutende Vorhaben ist mir ein Herzensanliegen. Dass wir nun in Humboldtjahr 2019 nicht eröffnen können, ist sehr enttäuschend - zumal wir mit diesem ambitionierten Bauprojekt nach sieben Jahren fast ohne größere Komplikationen in der Zielgeraden angekommen sind. Umso mehr gilt es jetzt, noch einmal alle Kräfte zu konzentrieren, damit wir gemeinsam den neu gesetzten Eröffnungstermin erreichen." An das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung gewandt, sagte sie: "Da wir kurz vor dem Abschluss stehen, in seinen Anstrengungen für das Humboldt Forum nicht nachlassen. Ich erwarte von den Verantwortlichen des Bundesamts, aber auch von der politischen Spitze des zuständigen Bundesinnenministeriums, dass das Humboldt Forum von nun an die Priorität genießt, die der herausragenden Bedeutung dieses Projekts auch gerecht wird. Alle Beteiligten sind jetzt aufgefordert, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, Prozesse zu optimieren und die notwendigen Ressourcen bereit zu stellen." Sie, Monika Grütters, werde sich auch auf politischer Ebene dafür einsetzen, dass die Projektsteuerung verstärkt wird und alle zur Verfügung stehenden baufachlichen Kapazitäten eingesetzt werden, um dieses Jahrhundertprojekt erfolgreich zum Abschluss zu bringen."

Dessen ungeachtet werden die ersten Ausstellungsräume mit Exponaten aus den Beständen der Dahlemer Museen bestückt. Da aber die Klima- und Lüftungstechnik nicht so arbeitet wie sie soll, kann eine zur Eröffnung des Hauses geplante Elfenbein-Ausstellung mit zahlreichen Stücken aus den Beständen der Staatlichen Museen zu Berlin und von Leihgebern aus aller Welt erst dann gezeigt werden, wenn gewährleistet ist, dass diese Kostbarkeiten nicht unter dem Raumklima im Humboldt Forum leiden, was natürlich auch für alle anderen Exponate gilt (siehe Einträge zum Humboldt Forum auf dieser Seite am 17. Mai und 13. Juni 2019).

7. Juli 2019

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