Des Kaisers Bahnhof im Wildpark bei Potsdam
Im traditionsreichen Gebäude mit bewegter Vergangenheit werden Führungskräfte der Deutschen Bahn qualifiziert



Durch Verwendung des Kaiserbahnhofs zur Führungsakademie der Deutschen Bahn AG hat die ehemalige "Hofstation in Wildpark" eine neue Zukunft bekommen.



Der prächtige Kamin, den Zar Nikolaus II. 1910 als Gastgeschenk für Wilhelm II. mitgebracht hatte, ging wie die gesamte Inneneinrichtung des Empfangsgebäudes in den vergangenen hundert Jahren verloren.



Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg widmete 2018 im Neuen Palais die Ausstellung "Kaiserdämmerung" der Abdankung Wilhelms II. während der Novemberevolution 1918 und zeigte in einer Auswahl, was dem Reichsoberhaupt vom Kaiserbahnhof ins niederländische Exil nachgeschickt wurde.



Ein Modell des an der Berliner Invalidenstraße gelegenen Hamburger Bahnhofs ist im Deutschen Technikmuseum ausgestellt. Das ehemalige Empfangsgebäude ist das einzige erhaltene der großen Berliner Kopfbahnhöfe. 1884 wurde der Bahnhof für den Personenverkehr geschlossen und der Verkehr auf den benachbarten Lehrter Bahnhof verlagert, der zum Berliner Hauptbahnhof um- und ausgebaut wurde. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird das Empfangsgebäude als Museum genutzt. Dort ist das zur Berliner Nationalgalerie gehörende Museum für Gegenwart untergebracht.



Die Grafik oben ist ein Neurupiner Bilderbogen mit der Ansicht des Hamburger Bahnhofs und Bildchen zum Thema Eisenbahnwesen zum Ausschnbeiden.



Ein Zeitungsverkäufer, berittene Polizei und ein Pferdeomnibus sind vor dem Anhalter Bahnhof zu erkennen, von dem nur noch Reste des Eingangsportals erhalten sind.





Der innen und außen restaurierte Salonwagen Kaiser Wilhelms II. kann im Deutschen Technikmuseum Berlin bewundert werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Wenn Kaiser Wilhelm II. nach seinen vielen Reisen im blau gestrichenen Salonzug nach Potsdam zurück kehrte, machte er im Bahnhof Wildpark kurze Rast, um dann in Kutschen oder dem Automobil weiter ins nahe gelegene Neue Palais, des Monarchen Sommerresidenz bis zu seinem Sturz im November 1918, zu fahren. Bahnhöfe waren damals großartige Bauten, die von den besten Architekten des Landes errichtet und prunkvoll ausgestattet wurden. Hier bestiegen die Reichen und die Schönen die Erste Klasse, während sich das normale Volk mit weniger komfortablen Waggons zufrieden geben musste. Von alter Bahnhofsherrlichkeit erzählen Geschichten und Bilder, vielfach sind die es, die eine Ahnung von der Großartigkeit und Weite damaliger Bahnhofsgebäude vermitteln. Das Deutsche Technikmuseum an der Trebbiner Straße im Berliner Bezirk Kreuzberg widmet große Teile seiner Ausstellung dem Thema Eisenbahn und zeigt auch sorgsam restaurierte Salonwagen eines Hofzugs, in dem Kaiser Wilhelm II., genannt Reisekaiser, durch sein Reich und Teile Europas gefahren ist.

Die Kaiserherrlichkeit ist schon lange dahin. Der von Ernst Eberhard von Ihne, dem Architekten des Berliner Bodemuseums, der Staatsbibliothek und des Marstalls nahe dem Humboldt Forum, im Jahr 1906 errichtete Kaiserbahnhof unweit des Neuen Palais in Potsdam war lange Zeit eine Halbruine. Die lang gestreckte Halle mit Schieferdach, die ein wenig an einen englischen Landsitz erinnert, war bis 1952 in Betrieb. Dem Bahnhof mit üppig ausgestatteten Räumlichkeiten für das Kaiserpaar und seine Staatsgäste nutzte es nichts, dass er in DDR-Zeiten unter Denkmalschutz gestellt wurde. Dieses Schicksal hatten auch andere Bau- und Kunstwerk, die dem Verfall preisgegeben wurden und leider zu oft abgerissen wurde, weil sie nicht in das marxistisch-leninistische Geschichtebild der Staatspartei SED passten, Neubauten im Wege standen oder deren Wiederaufbau als zu teuer angesehen wurde.

Nobler Ort für Ausbildung von Eisenbahnern

Die damalige Deutsche Reichsbahn ließ den Bahnhof 1977 sperren, Regen, Frost und Vandalismus taten ein Übriges. Nach der Wende wurde immer wieder von der Sanierung und Öffnung des Baudenkmals mit seinen vielen Nebenräumen und den unterirdischen Wirtschaftseinrichtungen gesprochen. Nichts geschah. Unterschiedliche Finanzierungs- und Nutzungskonzepte, etwa als Restaurant, waren im Gespräch. Private Betreiber sprangen angesichts der immensen Kosten für Sanierung und Restaurierung des Baudenkmals ab. Die Deutsche Bahn AG erbarmte sich des Kaiserbahnhofs und hat ihn in ein Kongresszentrum und als noble Ausbildungsstätte für ihre Führungskräfte ausgebaut.

Im November 1918 und danach fuhren vom Bahnhof Wildpark 59 Eisenbahnwaggons mit Möbeln, Bildern, Porzellanen, Silbersachen, Teppichen und Textilien und sogar einem Auto in das holländische Exil des deutschen Kaiserpaares, das sich in Doorn bei Utrecht einen neuen Hofstaat einrichtete. Mit der Abdankung Wilhelms II. hatte der Bahnhof nur knapp zehn Jahre nach seiner Fertigstellung seine eigentliche Funktion verloren. Als Bauzeugnis einer untergegangenen Epoche gehört der Kaiserbahnhof zum Ensemble der Potsdamer Schlösser- und Gartenlandschaft. Architekt der "Hofstation in Wildpark", so die offizielle Bezeichnung, war der Geheime Ober-Hofbaurat Ernst Eberhard von Ihne. Er entwarf auf Wunsch Wilhelms II. einen Bahnhof im "english-cottage Stil", den wir auch beim ein wenig später im Potsdamer Neuen Garten für das Kronprinzenpaar erbauten Schloss Cecilienhof bemerken. Durch Übernahme der Formensprache des englischen Landhaustiles gelang es Ihne hinaus, Bahnhof und Empfangsgebäude harmonisch in die Gartenarchitektur des Wildparks einzufügen.

Edel gestaltetes Empfangsgebäude

Errichtet wurde der Kaiserbahnhof von 1906 bis 1910 von der Königlich-Preußischen Eisenbahndirektion im Zuge der Höherlegung der Potsdamer Fernbahngleise und des damit verbundenen Umbaus des Bahnhofs Wildpark. Dem Architekten gelang es, die Anforderungen an eine moderne Bahnsteighalle mit denen eines historisierenden und repräsentativen Empfangsgebäudes zu verbinden. Die Stahlkonstruktion der 88 Meter langen Bahnsteighalle, von der aus der Kaiser und sein Gefolge unbehelligt von dem Publikumsverkehr auftreten und in das edel gestaltete Empfangsgebäude gelangen konnten, glich man innen mit einem vorgetäuschten Fachwerk unter Verwendung von Holz, Sandstein und Ziegeln ästhetisch an das Empfangsgebäude an. Der Bahnhof hielt sich unter Berücksichtigung der Wünsche des Kaisers an eine allgemeine Anweisung von 1905 für den Bau von Eisenbahnstationen, die die "reichliche Zuführung von Luft und Licht bis in die entlegendsten Winkel und Ecken" verlangte.

Ab 1933 diente der Bahnhof Wildpark zunächst militärischen Zwecken. Hier stationierte der preußische Ministerpräsident, Reichsluftfahrtminister und ab 1940 Reichsmarschall Hermann Göring seinen Befehlszug. Ab 1945 nutzte die sowjetische Militärkommandantur den Bahnhof als Endstation für den "Blauen Express", den zweimal wöchentlich zwischen Berlin und Moskau verkehrenden Urlaubszug für Offiziere. Später Der Bahnhof ging in den Besitz der Deutschen Reichsbahn über, die im Empfangsgebäude eine Betriebsfachschule einrichtete. Ab 1957 wurden die Räume als Lager der Reichsbahn und der Volkspolizei genutzt, die die Anlage verfallen ließen. Nach und nach wurden Bereiche des Bahnhofs von der Baupolizei gesperrt, so dass es 1977 bei der Reichsbahn hieß: "Sowohl aus verkehrsstrategischer Sicht als auch im Rahmen der weiteren Vervollkommnung der Verkehrsstruktur spielt der ‚Kaiserbahnhof' keine Rolle mehr. Er soll deshalb in keiner Weise mehr erhalten und zu einem geeigneten Zeitpunkt, wenn entsprechende Kapazitäten vorhanden sind, abgebrochen werden."

Bewahrt wegen fehlender Abrisskapazitäten

Im Falle des Kaiserbahnhofs und manch anderer Bauwerke in Potsdam waren es mangelnden Abrisskapazitäten sowie der Initiative von Bewohnern der Stadt zu verdanken, dass der Bahnhof stehen blieb. Noch im selben Jahr wurde er auf die Denkmalliste des Bezirks Potsdam gesetzt, ohne dass Maßnahmen zum Erhalt der Bausubstanz ergriffen werden konnten. Die Aufnahme eines Bau- und Kunstdenkmals in die Denkmalliste war noch lange kein Garant, dass sich die Behörden für dessen Erhalt und Pflege einsetzten. Der Bau von Trabantensiedlungen im Plattenbaustil und der Ausbau der Grenzanlagen besaßen höchste Priorität.

Nach dem Ende der SED-Herrschaft und der Wiedervereinigung bestätigte das neu gegründete Land Brandenburg den Denkmalschutz auch für den Kaiserbahnhof. 1999 beantragte die Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit der Erweiterung der Schutzzone für die "Schlösser und Parks von Potsdam-Sanssouci und Berlin" auch ihn auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes zu setz0en, was dann auch von der UN-Organisation für Erziehung, Bildung und Kultur bestätigt wurde.

8. März 2019

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