Gedenksäule ehrt berühmte Architekten
Obelisk auf dem Alten Markt in Potsdam machte in DDR-Zeiten einen bemerkenswerten Wandel durch



Auf dem wie eine italienische Piazza gestalteten Alten Markt in Potsdam steht der Obelisk vor dem heute als Potsdam Museum genutzten Alten Rathaus.



Vorgängerin der Schinkelschen Nikolaikirche war ein dem Heiligen Nikolaus geweihtes, 1721 bis 1724 auf Befehl des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. erbautes Gotteshaus mit einem fast 90 Meter hohen Glockenturm. Diese Kirche erhielt unter Friedrich II., dem Großen, eine Schaufassade zum Alten Markt hin, die der der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom nachempfunden wurde. Diese brannte am 3. September 1795 in Folge unachtsamer Reparaturarbeiten vollständig aus, die Ruine wurde 1796 abgetragen.



Besondere Blickpunkte am Alten Markt sind der Obelisk vor der nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbauten Nikolaikirche und das barocke Rathaus mit dem vergoldeten Atlas auf der Kuppelspitze.



In DDR-Zeiten wurden die vier Vertreter des Hauses Hohenzollern ehrenden Medaillons durch solche mit Bildnissen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (Foto) sowie Carl von Gontard, Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius ausgetauscht. Das machte die Gedenksäule zu einem einzigartigen Denkmal für Architekten, die in der Regel weit hinter ihren königlichen Bauherren genannt werden.



Eine Tafel am Marstall, dem heutigen Filmmuseum wenige Schritte vom Stadtschloss (Landtagsgebäude) entfernt, ehrt den Bildhauer Friedrich Christian Glume und den Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff.





Der mit erfundenen Hieroglyphen geschmückte Obelisk vor dem Eingang zum Park Sanssouci auf einem Kupferstich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und einem Foto vom Februar 2019. Die Säule unterstreicht den Hang vor 250 Jahren zu dem, was man mit dem alten Ägypten und seinen Pharaonen verband. (Fotos/Repros: Caspar)

Potsdam, die Landeshauptstadt von Brandenburg, ist angefüllt mit Monumenten zur Erinnerung an die Hohenzollern, die vor einhundert Jahren in der Novemberrevolution 1918 entmachtet wurden. Auch im Gartenreich der Könige von Preußen und deutschen Kaiser trifft man auf Schritt und Tritt auf Hinterlassenschaften der Dynastie, die die Stadt an der Havel seit dem späten 17. Jahrhundert systematisch zu seiner zweiten Residenz nach Berlin ausgebaut hat. Vor allem in der Barockzeit und der Zeit des Klassizismus prägte die Herrscherfamilie mit repräsentativen Bauten und Skulpturen das Gesicht der Residenz- und Garnisonstadt.

Auf dem Alten Markt, bis zur Zerstörung der Randbebauung durch den britischen Bombenangriff vom 14. April 1945 deren Herz, steht eine Gedenksäule, die einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht hat. Friedrich II.; der Große ließ 1753 bis 1755 auf der nach italienischem Vorbild gestalteten Piazza zwischen Stadtschloss, Rathaus und der damals noch mit einer barocken Schaufassade noch italienischem Vorbild geschmückten Nikolaikirche von seinem Hofarchitekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff einen Obelisken errichten und setzte damit sich und seinen Vorgängern auf dem brandenburgisch-preußischen Thron ein bemerkenswertes und höchst ansehnliches Denkmal.

Roter und weißer Marmor

Inwendig ist die Bildsäule auf viereckigem Grundriss gemauert und außen mit rotem Kauffunger Marmor und solchem aus weißem Carraramarmor verkleidet. Auf den Ecken des hohen Sockels liegen altägyptische Sphingen, darunter haben antike Redner oder Philosophen Aufstellung genommen. Bezüge zum antiken Arkadien sind gewollt und entsprachen dem Geist der ganz dem Barock verpflichteten Entstehungszeit. Außerdem korrespondiert der Obelisk zu den Bauten des Hofes und des gehobenen Bürgertums, bei deren Gestaltung sich Friedrich II. und seine Architekten an italienischen Palästen orientierten. Sehr gut kann man das sehen am wieder aufgebauten, als Museum der Moderne genutzten Palast Barberini und sich anschließenden Gebäuden. Es ist geplant, dass der Alte Markt in den kommenden Jahren analog zum Palast Barberini seine historische Randbebauung zurück bekommt. Historische Baupläne und Fotografien leisten bei der Rekonstruktion der an italienische Paläste erinnernden Bauten am Alten Markt gute Dienste.

Beim britischen Bombenangriff vom 14. April 1945 schwer zerstört, wurden die Ruinen in DDR-Zeiten abgerissen, obwohl sie bei gutem Willen der vom antipreußischen Bilderturm besessenen SED-Führung unter Walter Ulbricht gut und gerne hätten wieder aufgebaut werden können und müssen. Das Nachbarland Polen hat etwa in Warschau, Danzig und Breslau vorgemacht, wie von der deutschen Wehrmacht und im Zusammenhang mit Kriegshandlungen am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstörte Gebäude mit viel Sachverstand und Restauratorenkunst originalgetreu wieder aufgebaut wurden.

Architekten statt Preußenkönige

Ursprünglich war der Schaft des Obelisken mit Medaillons von vier Hohenzollernherrschern geschmückt. Zu erkennen waren der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm sowie die preußischen Könige Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., der Große. Die Aufstellung dieses Denkmals an prominenter Stelle auf dem Alten Markt drückt Stolz und Ehrerbietung des Großen Königs für seine Vorgänger auf dem brandenburgischen und preußischen Thron aus. Obwohl er von seinem Großvater Friedrich I. nicht viel hielt und ihm Verschwendungssucht, hohlen Prunk und Günstlingswirtschaft vorwarf, war es für Friedrich II. kein Problem, ihn auf diesem einzigartigen Staatsdenkmal abzubilden. Angemessen war für ihn auch, mit einem Bildnis an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu erinnern, der unter anderem das aus der Renaissancezeit stammende Potsdamer Schloss gegenüber dem Obelisken in holländischem Stil umbauen und erweitern ließ.

Da der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. in seiner Lieblingsresidenzstadt Potsdam bedeutende Bauten für die Armee und den Beamtenapparat errichten und ihr auch das Holländische Viertel schenkte, war es ebenfalls keine Frage, auch ihn auf dem Obelisken darzustellen. Dass der Bauherr als Kronprinz Friedrich unter der Despotie seines Vaters litt und nach einem gescheiterten Fluchtversuch 1730 in Köpenick vor ein Kriegsgericht gestellt, nicht aber wegen Fahnenflucht zum Tod verurteilt wurde wie sein mit ihn geflüchteter Freund Hans Hermann von Kate, muss man sich beim Anblick des Monuments hinzu denken. Erstaunlich ist, dass sich Friedrich II. selber auf der Säule abbilden ließ, denn eigentlich war er solchen öffentlichen Ehrungen abgeneigt. Das drückte sich in einem Verbot aus, ihm zu Lebzeiten in Berlin ein Denkmal zu errichten, denn diese Würdigung stünde nur einem toten Monarchen oder Feldherrn zu, war er überzeugt.

Umbau zur sozialistischen Bezirkshauptstadt mit bösen Folgen

Weil die Hohenzollern nicht ins kommunistische Geschichtsbild passten, hat man ihre beim britischen Bombenangriff auf Potsdam am 14. April 1945 beschädigten Bildnisse nach 1969 bei der Generalrestaurierung des baufälligen Obelisken entfernt und durch Reliefbüsten der Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff sowie Carl von Gontard, Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius ersetzt. In der Preußen-Ausstellung von 2001 im Kutschstall am Neuen Markt waren Bruchstücke zu sehen. Durch die Anbringung der neuen Köpfe wurde aus dem borussischen Herrschermonument ein Architektendenkmal, wie man es nicht noch einmal in Deutschland findet. Die auf ungewöhnliche Weise geehrten Baumeister haben Potsdam im 18. und 19. Jahrhundert mit großer Planmäßigkeit und hoher Kunst zu dem gemacht, das es bis zur Bombardierung der Stadt am 14. April 1945 war, drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Beim Anblick des Obelisken sollte man sich hinzudenken, dass die damalige sozialistische Bezirkshauptstadt Potsdam in einer zweiten, ideologisch begründeten Zerstörungswelle zahlreiche beschädigte oder noch intakte Bauten verloren hat, die von den auf der Bildsäule darstellten Künstlern stammen. Indem das eine oder andere Bauwerk zurück gewonnen wurde und wird, ist ein bemerkenswerter Akt der Wiedergutmachung. Dazu gehören der Wiederaufbau des Stadtschlosses und seine Nutzung als brandenburgischer Landtag sowie in den kommenden Jahren die Rekonstruktion der Garnisonkirche an der Breiten Straße. Beide in Teilen noch erhaltenen Bauwerke waren 1960 und 1968 auf Befehl der SED abgerissen worden. Der Garnisonkirche wurde von den Kommunisten angekreidet, dass sie am 21. März 1933 als Kulisse für die offizielle Übergabe der Regierungsgewalt an Adolf Hitler, den Führer der NSDAP, durch den greisen kaiserlichen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg missbraucht wurde.

8. März 2019

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