Humboldt Forum in der Warteschleife
Eröffnung wird wegen technischer Mängel vom November 2019 auf das kommende Jahr vertagt



Die Postkarten aus der Kaiserzeit zeigen den Lustgarten mit der Granitschale und dem Reiterdenkmal König Friedrich Wilhelms III. sowie im Hintergrund das Berliner Stadtschloss, rechts das Kronprinzenpalais Unter den Linden, das Ende der 1960-er Jahre außen originalgetreu und innen modern aufgebaut wurde.





Von weitem sieht das Humboldt Forum mit seiner barocken Fassade aus, als könnte es schon bald eröffnet werden. Bei näherem Hinsehen ist zu erkennen, dass da noch viel zu tun ist.



Der 200. Geburtstag von Alexander von Humboldt wird am 14. September 2019 mit einem Fest begangen, zu dem auch Vertreter von Humboldt-Gesellschaften aus aller Welt erwartet werden. Die Medaille stammt aus der Staatlichen Münze Berlin, der Verkaufserlös hilft bei der Finanzierung der Barockfassade.





Vor einigen Jahren wurde in der - inzwischen abgerissenen - Humboldtbox zu sehen, wie sich die Ausstellungsgestalter die Präsentation von Exponaten aus den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin vorstellen.



Kostbare Elfenbeinarbeiten wie diese im Besitz der Berliner Skulpturensammlung befindliche Gruppe "Adam und Eva" können erst gezeigt werden, wenn im Humboldt Forum die Klimaanlage funktioniert.



Überlebensgroße Sandsteinfiguren aus dem Schlüterhof werden künftig im Skulpturensaal gezeigt. (Fotos/Repros: Caspar)

Die für November 2019 geplante Eröffnung des Humboldt Forums im wiedererrichteten Berliner Stadtschloss mit seinen Ausstellungsräumen, Restaurants und Läden muss auf das kommende Jahr verschoben werden. Grund sei unter anderem die noch nicht betriebsbereite Gebäudetechnik, teilte die Stiftung Humboldt Forum mit. Die etappenweise Eröffnung des Hauses müsse deshalb in das Jahr 2020 verlegt werden, erklärten die Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Petra Wesseler, und der Bauvorstand der Stiftung, Hans-Dieter Hegner, nach einem Baustellenrundgang mit. Auf einen genauen Termin wollten sie sich nicht festlegen. Zu Jahresbeginn war noch von einem Eröffnungstermin im November 2019 die Rede. Angesichts der Terminverschiebung werden in Berliner Medien süffisante Vergleiche mit der unseligen Flughafenbaustelle BER angestellt, die eigentlich bereits 2012 eröffnet werden sollte und auf der immer noch gewerkelt wird. Dass keine zusätzlichen Kosten entstehen werden, wie beim Rundgang über die Baustelle immer wieder versichert wurde, wird sich zeigen. Auf der Baustelle gehen merkwürdige Dinge vor sich. Im Deutschlandfunk war zu hören, dass Bautrupps von einem Tag zum anderen ihre Arbeitsstelle verlassen, weil an anderen Orten mehr Geld zu verdienen ist. Das wird mit dem allgemeinen Bauboom und dem Fachkräftemangel begründet, weil sich Firmen inzwischen aussuchen können, für wen sie arbeiten.

Die Verzögerungen am 600 Millionen Euro teuren Humboldt Forum haben mit der komplizierten Haustechnik zu tun, die den Abnahmetests der Prüfingenieure nicht bestanden haben. Es geht um sicherheitsrelevante Mängel bei Brandschutz sowie der Heizung und Kühlung. Gescheitert sind Pläne, das Gebäude rechtzeitig im September 2019 zum 250. Geburtstag des Weltreisenden und Namensgebers Alexander von Humboldt mit der Elfenbeinausstellung in Betrieb zu nehmen. Dennoch sollen die Feierlichkeiten anlässlich dieses Jubiläums wie geplant im Humboldt Forum stattfinden. Es wird ein großes Fest mit den Humboldt-Gesellschaften aus aller Welt geben, und für das Foyer des Humboldt Forums sind zahlreiche Veranstaltungen geplant.

Qualität und Sicherheit gehen vor Tempo

Laut Stiftung Humboldt Forum (SHF) sind die oberen Etagen einschließlich des Technikgeschosses unter dem Dach baulich fertiggestellt. In ersten Museumsräumen wird die Ausstellung mit Exponaten aus den Museen in Berlin-Dahlem aufgebaut. Das erst später begonnene Dachrestaurant befindet sich noch im Bau, während im großen Foyer die Baumaßnahmen "weitestgehend" abgeschlossen sind. Im Erdgeschoss wie im Untergeschoss sind noch Bauarbeiten nötig. Zu sehen sind dort noch viele kahle Betonwände sowie Schächte und Kanäle, die noch Leitungen aller Art aufnehmen müssen. In der Fußgängerpassage stehen noch Bodenarbeiten an. Die Fassaden im Schlüterhof sind wegen restlicher Arbeiten zum Teil noch eingerüstet. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Fertigstellung der technischen Gebäudeausrüstung. Ein Großteil der Anlagen, insbesondere die für die oberen Etagen, ist schon betriebsbereit. Einige Systeme müssen nach technischer Prüfung den Anforderungen nochmals angepasst werden. So kann zum Beispiel die zentrale Kälteanlage voraussichtlich erst Ende Juli 2019 zugeschaltet werden. Die Stiftung Humboldt Forum und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wollen sicherstellen, dass alle Sicherheits- und Qualitätsanforderungen eingehalten werden. Das neue Konzept für alle Termine soll am 26.Juni 2019 vorgelegt werden. Hartmut Dorgerloh, Generalintendant des Humboldt Forums, nimmt die Verschiebung des Eröffnungstermins mit Bedauern zur Kenntnis, sagt aber auch, Sicherheit und Qualität würden vor Tempo gehen.

Internationale Museen wollen keine Exponate in die leere Hülle schicken, deshalb kann eine hochkarätige Elfenbeinausstellung zunächst nicht wie geplant stattfinden. Die fragilen Stücke können nicht in einem Gebäude gezeigt werden, dessen Klimaanlage nicht oder noch nicht funktioniert. Wilhelm von Boddien, auf dessen Initiative der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses zurück geht, sagte im Fernsehsender RBB, die Eröffnung des Humboldt Forums im Sommer 2020 wäre allemal besser als im kommenden November, weil Besucher dort draußen frierend und unter Regenschirmen auf Einlass warten müssten. Der Geschäftsführer des Fördervereins für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses wiegelt ab und sieht die Verzögerungen gelassen. Beim Rundgang über die Baustelle wurde die Terminverschiebung als Chance angesehen, die Ausstellungen weiter zu verfeinern und neue Themen einzubeziehen. Außerdem sei eine sukzessive Eröffnung des Hauses mit der Dauer- und wechselnden Ausstellungen nichts Neues, diese habe es in den 1970er Jahren in den Dahlemer Museen auch schon gegeben und wurde nicht beanstandet.

Kolossalfiguren aus der Schlüterzeit im Skulpturensaal

Acht Kolossalfiguren aus der Werkstatt des berühmten Bildhauers und Architekten Andreas Schlüter sollen künftig im Skulpturensaal des Humboldt Forums gezeigt werden. Sie entstammen dem Schlüterhof des Berliner Schlosses und gehören zu den wenigen Bildhauerarbeiten, die vor der Sprengung der Ruine 1950 geborgen wurden. Mit Ausnahme einer Kopie des Antinous aus dem 19. Jahrhundert stammen sie aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Sechs Skulpturen standen auf den Säulen vor dem großen Hofportal und stellten mit über drei Metern Höhe den würdigen Schmuck des Schlosshofes dar. Sie verkörpern antike Herrschertugenden. So steht Meleager für Kraft und Heldentum sowie Schutz der Untertanen, Apoll symbolisiert die Pflege von Kunst und Wissenschaft, und Merkur vertritt die Förderung von Handel und Wirtschaft. Die weiblichen Gewandstatuen Eintracht und Fleiß schmückten die Innenseite von Portal 1. Jupiter, Herkules, Meleager und eine weibliche Gewandstatue waren bisher in der Kuppelhalle des Bode-Museums zu sehen. Die kostbaren Bildhauerarbeiten werden am östlichen Eingang des Humboldt Forums im zweigeschossigen Skulpturensaal präsentiert. Die Balustradenfiguren Frühling und Sommer, die das Schlossdach auf der Lustgartenseite schmückten, werden ebenfalls im Skulpturensaal zu sehen sein. Im Ausstellungsabschnitt "Geschichte des Ortes" lernen Besucherinnen und Besucher die wechselvolle Geschichte des Berliner Schlosses kennen und sehen historische Ausstattungsstücke, aber auch Hinterlassenschaften aus dem Palast der Republik, der in den 1970er Jahren auf den Fundamenten des früheren Stadtschlosses errichtet wurde und sogleich den Spitznamen "Erichs Lampenladen" erhielt.

13. Juni 2019

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