Winzerberg lädt zum Verweilen ein
Rund um das Schloss Sanssouci ließen preußische Könige Wein- und Obstgärten mit "schöne Aussichten" anlegen





Der Winzerberg unweit von Schloss Sanssouci zeigt sich oben wieder in guter Verfassung, vor zehn Jahren noch in einem ziemlich maroden Zustand.



Wilhelm von Preußen, der spätere König und Kaiser, schlug die Aufstände in Süddeutschland blutig nieder und besitzt dort den üblen Ruf als "Kartätschenprinz".





Die Terrakottareliefs des Triumphbogens feiern unter anderem Errungenschaften der Technik, nämlich die Elektrizität zum Telegrafieren und die Eisenbahn zum schnellen Verlegen von Truppen.





Auch das barocke Belvedere auf dem Klausberg in Sichtweite der Großen Orangerie bekrönt einen Weinberg, der in den vergangenen Jahren mit großen Anstrengungen denkmalgerecht rekonstruiert wurde. Bunte Vögel sind der historischen Ausmalung nachempfunden. (Fotos: Caspar)

Hinter dem Triumphtor nahe Park Sanssouci lädt der wiederhergestellte Winzerberg zum Verweilen ein. Zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörend, wurde die eindrucksvolle Anlage in den vergangenen Jahren umfassend durch einen Förderverein saniert und restauriert. Die Geschichte des Winzerbergs geht in die Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück. Für sein Gartenreich war Friedrich dem Großen nichts zu teuer. Neben dem Weinberg unterhalb von Schloss Sanssouci ließ er in dessen Nähe eine weiteren Obst- und Weingarten anlegen, ein weiterer entstand rund um das Belvedere auf dem Klausberg. Am Hang des Hügels, der heute Winzerberg heißt, gab es eine stillgelegte Lehmgrube und zwei Mühlen.

Um den Berg und seine Bauten sicher gründen zu können, plante der zuständige Johann Gottfried Bühring eine Fundamenttiefe von 29 Metern, was aber Kosten von 29 000 Talern verursacht hätte. Der König war erbost und entzog dem Architekten seine Gunst. Als eine Hangmauer zum Teil einstürzte mussten die Planungen noch einmal verändert werden. Das alles ließ die Kosten auf 36 000 Taler ansteigen. Nach einjähriger Bauzeit konnten 1764, ein Jahr nach dem Ende des Siebenjährigen Kriegs, die ersten Obstbäume und Weinreben gepflanzt werden. Dass Preußen finanziell am Boden lag und viele Menschen hungerten, hat den König nicht bewegt, von seiner Bauwut und Hang zum Luxus abzulassen.

Der Winzerberg besteht aus vier Terrassen, die durch fünf Hangmauern nach Süden hin treppenartig abgestuft sind. Das auf der höchsten Stelle gelegene Winzerhaus gleicht einer italienischen Vila, wie man sie an verschiedenen Stellen im Park Sanssouci und darüber hinaus in der brandenburgischen Landeshauptstadt findet. König Friedrich Wilhelm IV., der sich als Künstler fühlte und lieber Architekt als Herrscher geworden wäre, zeichnete das Haus und griff auch in die Baumaßnahmen ein, so wie er es auch an vielen anderen Projekten tat. Eine am westlichen Rand gelegene Treppe gibt den Weg frei zu den Gewächshäusern. Außerdem gibt es eine seitliche Treppe zum Winzerhaus, das 1849 nach Entwürfen von Baumeister Ludwig Ferdinand Hesse als Turmvilla erbaut wurde. Die unterste Weinbergsterrasse ist über die zentrale, doppelläufige und mit dem Kopf des antiken Weingottes geschmückten Bacchustreppe zu erreichen. Das Gelände wird von einer Ummauerung eingefasst, die durch das Triumphtor als Eingang unterbrochen ist. Zu dessen Seiten sind halbrunde Bänke und Skulpturennische aus dem 19. Jahrhundert aufgestellt.

Kopien antiker Figuren

Ab 1763 entstand der Winzerberg im Zuge von Erweiterungsarbeiten der Schlossanlage Sanssouci nach Plänen des Architekten Christian Ludwig Hildebrandt. Fünf Hangmauern mit einer Gesamtlänge von etwa 300 Metern wurden gebaut, hinter deren verglasten Wänden ab 1764 Weinstöcke sowie Äpfel und Birnen wie in einem Gewächshaus gedeihen konnten, alle bestimmt für die Tafel des Königs von Preußen. Die Anlage erwies sich als fragil, und so mussten schon bei ersten Sanierungsarbeiten zwischen 1790 und 1794 Steinschwellen eingesetzt werden. Ab 1848 hat Hofbaumeister Ludwig Ferdinand Hesse die Terrassen gründlich stabilisiert und erneuert und 1849 als Krönung das Winzerhaus auf dem Gipfel des Hügels errichtet. Landschaftsarchitekt Peter Joseph Lenné gestaltete den Winzerberg in Form eines toskanischen Weingartens um. Seinen bildkünstlerischen Schmuck erhielt der Winzerberg durch Kopien antiker Skulpturen durch den damals modernen Zinkguss, während die oberen Hangmauern dekorative Brüstungen und eine Pergola erhielten.

1944, im vorletzten Jahr des Zweiten Weltkriegs, hat man unter dem Winzerberg eine Luftschutzanlage gebaut, die jedoch nicht vollständig fertiggestellt werden konnte. Drei Stollen, die bis zu 100 Meter weit in den Berg getrieben waren, konnten etwa 300 Personen Schutz bieten. Teile der Winzerbergsstollen wurden nach 1945 mit Kriegstrümmern aus der Umgebung verfüllt und später durch die sowjetische Besatzungsmacht zu sprengen versucht, wobei jedoch nur der Eingangsbereich verschüttet wurde. In der Folgezeit verfielen und überwucherten die Terrassenanlage mehr und mehr. Bei der Begutachtung des Winzerhügels und der Stollen 1996 zeigte sich, dass die bis dahin als unrettbar angesehene Anlage durchaus gerettet werden kann. Indem Hohlstellen aufgefüllt wurden und Mauern saniert wurden, wurde die Anlage gesichert. Der private Förderverein Bauverein Winzerberg hat die zwischen 2004 und 2017 restaurierte Anlage im Sommer 2018 mit einem großen Fest eröffnet. Seither kümmert er sich um den weiteren Erhalt. Für seine Arbeit wurde der Verein mit dem Brandenburgischen Denkmalpflegepreis 2016 und dem Europa-Nostra-Preis 2018 ausgezeichnet.

Hier der König, dort das Fußvolk

Bild- und Texttafeln links und rechts vom Eingang zum Winzerberg berichten, dass die Turmvilla eine mit Kariatiden geschmückte Halle bekam, die Vorbildern an der römischen Via Appia nachempfunden sind. Im Obergeschoss mit einem Balkon empfing der König, der gerade die Gefahren der Revolution von 1848/49 überstanden hatte und im Sommerschloss Sanssouci residierte, in einem Teezimmer Familienmitglieder, Künstler, Gelehrte, Minister und Freunde. Über eine grazile Wendeltreppe konnte man bis hinauf zum Aussichtsturm steigen und von dort einen malerischen Blick über Potsdam und das königliche Gartenreich genießen. Die zum Fußvolk gehörenden eigentlichen Bewohner des Winzerhauses mussten sich mit einer kleinen Stube und Küche als Wohnung begnügen. In den Augen des Monarchen und seiner Höflinge waren sie nur Domestiken, die sich mit einem minimalen Lebensstandard zufrieden geben mussten und schlecht entlohnt wurden. Auf der westlichen Seite des Winzerbergs wurde in der Tradition Friedrichs des Großen ein mit Skulpturen geschmückter Obst- und Küchengarten angelegt.

Die Initiative "Aktion 18. März" ehrt die Freiheitskämpfer der Jahre 1848 und 1849 mit diesen Worten: "Die Niederschlagung des badischen Aufstandes von 1849 durch preußische Truppen bedeutete das Ende der Revolution von 1848/49. Möge das Triumphtor heute an alle Frauen und Männer erinnern, die sich damals und seither für Freiheit und Einheit eingesetzt haben - in Baden, in der Rheinpfalz und überall in Deutschland". Interesse verdienen die beiden Reliefs am Triumphtor nahe Schloss Sanssouci zur Niederschlagung der Revolution von 1848/49 durch den so genannten Kartätschenprinzen Wilhelm, den nachmaligen König und Kaiser Wilhelm I. Erstaunlich ist, dass das mit Reliefs zur Verherrlichung der mit viel Blut erkauften preußischen Siege über die Aufständischen in Süddeutschland in DDR-Zeiten nicht angetastet wurde, wo doch anderswo Erinnerungsstätten dieser Art vernichtet wurden.

Belvedere auf dem Klausberg

In hellem Ocker zeigt sich, für 7,4 Millionen Euro saniert und restauriert, nicht weit vom Neuen Palais im Park von Sanssouci ein Bauwerk aus der Spätzeit Friedrichs des Großen - das spätbarocke Belvedere auf dem Klausberg. Ende des Zweiten Weltkriegs war der figurenbestückte Kuppelturm mit doppelläufiger Treppe durch Artilleriebeschuss zerstört worden. In der DDR fehlten der damaligen Potsdamer Schlösserverwaltung die Mittel für den Wiederaufbau. Vor 30 Jahren bot die in München ansässige und nach dem bekannten Flugzeugkonstrukteur Willy Messerschmitt benannte Stiftung den Wiederaufbau an, doch erst nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 konnte damit ernsthaft begonnen werden. Die Schlösserverwaltung übergab der Messerschmitt Stiftung die Bauträgerschaft und erhielt sie nach Abschluss der Arbeiten wieder zurück gegeben wurde. So ist das Bauwerk in einem etwas abgelegenen Teil des Parks von Sanssouci allgemein wieder zugänglich. Allerdings kann man die Räumlichkeiten nicht betreten.

Die Messerschmitt-Stiftung hatte es sich zur Aufgabe gemacht, vor allem in den neuen Bundesländern gefährdete Baudenkmale vor drohendem Untergang zu bewahren. In den Genuss dieser Förderung kamen unter anderem das barocke Schloss Meseberg bei Gransee im Kreis Oberhavel, aus dem ein Gästehaus der Bundesregierung wurde, das ab und zu für wichtigen Konferenzen und Begegnungen mit ausländischen Politikern im Fernsehen zu sehen ist. Im 18. Jahrhundert wohnte in dem Schloss Christian Ludwig von Kaphengst, Favorit des in Rheinsberg residierenden Prinzen Heinrich von Preußen.

Der Aussichtsturm an der Maulbeerallee sieht außen aus wie zu Zeiten Friedrichs der Großen, der seinem Architekten Georg Christian Unger befahl, diesen an römische Vorbilder angelehnten Aussichts- und Teepavillon für die Hofgesellschaft zu errichten. Wiederaufbau und Restaurierung wurden von dem Berliner Architekten Uli Böhme in enger Abstimmung mit der Potsdamer Denkmalpflege und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg verwirklicht, die das Bauwerk für kleine Ausstellungen nutzt. Prunkstücke des Turms sind die beiden übereinander liegenden Säle, deren Ausstattung bis auf wenige Reste 1945 verloren gegangen waren.

Schwierig war für den Architekten und die Restauratoren, das Aussehen der Räume anhand von alten Bauzeichnungen und Fotografien, aber auch anhand von Resten der Wand- und Deckenverkleidungen zu rekonstruieren. Das Ergebnis beruht auf intensiver Bauforschung und lässt sich sehen. Die mit dem rotem Halbedelstein Jaspis und weißem Marmor beziehungsweise mit hellgrünen Stuckmarmorwänden, vergoldeten Blattornamenten und Deckengemälden ausgestatteten Räume lassen ahnen, in welch edler Umgebung die Hohenzollern die schöne Aussicht, so die deutsche Übersetzung des Namens Belvedere, über das Schlösser- und Gartenparadies genossen. Nicht restauriert werden konnten die kostbaren Deckenausmalungen mit Vögeln auf blauem Grund, weil von ihnen nichts mehr erhalten war. Um aber zu zeigen, wie die Räume ausgesehen haben, lässt man exotische Vögel an den Decken flattern. Bei den auf der Balustrade stehenden Figuren musste man Kompromisse eingehen. Hier waren durch die Kampfhandlungen Köpfe, Arme, Beine und andere Körperteile verloren gegangen, die nach alten Bildern neu geschaffen werden mussten. Da im Schutt rund um das Belvedere auch das eine oder andere originale Bruchstück gefunden wurde, erreichten Uli Böhme und seine Mannschaft einen hohen Grad an Authentizität.

17. Januar 2019

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