Eier statt Schnitzel
SED- und Staatsführung verordnete DDR-Bewohnern kurz vor dem Mauerbau 1961 fleischlose Tage





Ungeachtet vielfältiger Aufrufe an die Stadtbevölkerung, Werbung für die LPG und Einsatz von Erntehelfern blieben die Probleme auf dem Lande bestehen, und der Plan der SED- und Staatsführung, den Westen bei den Erträgen einzuholen und zu überholen, war reine Utopie.



In der DDR wurden regelrechte Ernteschlachten veranstaltet, zu denen die ganze Bevölkerung aufgerufen war. Stolz präsentierten die Bauern ihre Maschinen, doch reichten vielfach nicht aus, und wenn Reparaturen nötig waren, dann gab es keine Ersatzteile.



Walter Ulbricht (auf dem Foto rechts neben Erich Honecker) glaubte allem, was aus der Sowjetunion kommt. Er gab Bauern und Landbewohnern Schuld, wenn es in der Stadt zu wenige Butter und Gemüse gibt, weil angeblich schon am Herstellungsort vieles verbraucht wird, was eigentlich abgeliefert werden soll. Dass der zum Himmel schreiende Mangel an der sozialistischen Planwirtschaft liegt, kam ihm und seinesgleichen nicht in den Sinn.



Mit Bildergeschichten wie denen von gefräßigen Kartoffelkäfern wurden Missstände in den Dörfern kaschiert und Stimmung gegen den US-Imperialismus gemacht, der angeblich die gefräßigen Schädlinge auf die friedliebende DDR abwirft und ihre Wirtschaft untergräbt.



Als Fleisch und Butter in der DDR knapp waren, versuchte man ihren Bewohnern deren Verzehr madig zu machen. Auch die auf der Grafik von Conrad Felixmüller Bockwurst essenden Menschen sollten auf diesen Genuss verzichten, bis bessere Zeiten kommen.



Ob solche Propagandaerzeugnisse genutzt haben, den Mais in der DDR als "Wurst am Stängel" populär zu machen und Flora und Jolanthe Missständen auf dem Land auf die Spur kamen, muss doch sehr bezweifelt werden.





Die Ausgabe von schlecht schmeckendem Kaffee Mix in den 1970-er Jahren war ein Flop, echte Bohne zählte mehr als Ersatzmischungen. (Fotos/Repros: Caspar)

Versorgungskrisen gehörten in der DDR zum Alltag. Die in ihrer "Blase" in der Funktionärssiedlung Wandlitz lebenden Parteifunktionäre bekamen davon nichts mit. Ihre Tische waren gut gedeckt, und was nicht aus DDR-Produktion stammte, beschafften sie sich in West-Berlin. Damit hatten Ulbricht, Grotewohl, Honecker, Mielke und Genossen kein Problem, das fanden sie normal. Ganz anders war die Lage bei "den Leuten da unten", bei den werktätigen Menschen, wie es damals hieß. Sie hatten tagtäglich mit der Beschaffung von Lebensmitteln, von Brot, Milch, Fleisch, Gemüse und Obst, zu tun. Lange Warteschlangen vor den Läden waren an der Tagesordnung, von ihnen haben die Politbürokraten kaum etwas mitbekommen, wenn sie in ihren "schwarze Särge" genannten Limousinen durch die Städte rauschten. Dennoch, die SED- und Staatsführung war durch ihre Schnüffler bestens informiert, wie schlecht die Lage ist, doch sie redete sich die Verhältnisse schön und gab Schlendrian und aus dem Westen eingeschleusten Saboteuren die Schuld, dass es mit der Versorgung nicht klappt. Gut dran war, wer sich aus einem eigenen Garten bedienen konnte, doch die Mehrheit der damals knapp 18 Millionen DDR-Bewohner hatte diese Möglichkeit nicht.

Dass es mit Dingen des alltäglichen Bedarfs so schlecht bestellt war, das heißt mit Lebensmitteln, Textilien, Schuhen, Wohnraum usw., wurde von der SED und Regierung nicht mit den Mängeln der sozialistischen Planwirtschaft und schon gar nicht mit massenhaften Lieferungen an den "großen Bruder", die Sowjetunion, in Verbindung gebracht, sondern auf die noch nicht überwundenen Folgen des Zweiten Weltkriegs sowie mangelhafte Arbeitsdisziplin in der Industrie und Landwirtschaft. Diese war das große Sorgenkind, und um ihre Leistungen zu steigern, verfügte die SED-Führung Ende der 1950-er Jahre die Bildung von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) nach sowjetischem Vorbild. Da alles für gut und erstrebenswert angesehen wurde, was die Sowjetunion tut, sollte die Kollektivierung auf dem Lande alle Probleme lösen und dem zweiten deutschen Staat zu Wohlstand "besser als in Westdeutschland" verhelfen.

Planmäßiger Aufbau des Sozialismus

Im Juli 1952 hatte der übereifrige SED-Chef Walter Ulbricht auf der II. Parteikonferenz den "planmäßigen Aufbau des Sozialismus in der DDR" zur grundlegenden Aufgabe erklärt, ein Ziel, das später als unrealistisch und gegen die Interessen des Volkes gerichtet revidiert, aber nie vergessen wurde. Diese Aussicht vor Augen, verließen allein 1954 und 1955 nicht weniger als 44394 Menschen einzeln und in Familien die DDR, was bei einer Bevölkerungszahl von 17,98 Millionen einen Aderlass von 2,46 Prozent bedeutete. Ähnliche Zahlen wurden auch später bis zum Mauerbau am 13. August 1961 ermittelt.

Der Exodus hatte unterschiedliche Ursachen, über die die Führung regelmäßig informiert wurde. Eine waren die brutalen Versuche, "sozialistische Produktionsverhältnisse auf dem Lande" herzustellen, eine andere der brutale Kampf gegen die Kirche und die Junge Gemeinde, eine weitere die Militarisierung und Ideologisierung des Landes. Angesichts der von oben angeordneten Bildung der LPG entschlossen sich viele Bauern zur Flucht in den Westen, die von den Behörden als Abwanderung umschrieben wurde. Im ersten Halbjahr 1960 verließen 78278 und im ersten Halbjahr 1961, also unmittelbar vor dem Mauerbau, 91254 Personen die DDR, wobei der hohe Anteil von Vertretern der wissenschaftlich-technischen Intelligenz mit 63 Prozent und von Jugendlichen zwischen 19 und 25 Jahren mit 28,3 Prozent auffiel. Es waren also nicht nur Arbeiter, Bauern und Handwerker, denen die SED mit ihren Zwangsmaßnahmen das Leben schwer machte, sondern auch Angestellte in der Stadt, Ärzte, Ingenieure, Lehrer und andere "Intelligenzler", wie man damals sagte, die ihrer Heimat den Rücken kehrten, dort als Verräter und Knechte des westdeutschen und amerikanischen Imperialismus verunglimpft.

Missernten waren an der Tagesordnung

Auf Befehl der Partei schwärmten Agitatoren aus, um die Bauern zum Eintritt in die LPG zu bewegen. Das geschah alles andere als freiwillig, sondern mit massiver Unterstützung durch von der Partei gelenkte Medien, politischem Druck und Erpressung. Wenn mit Zitaten von Marx, Engels und Lenin untermauerte Lockangebote nichts nutzten, wurden widerspenstige Bauern verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Die Zwangsmaßnahmen zeigten Wirkung, ein großer Teil der Einzelbauern trat in die örtliche LPG ein, so dass im Laufe des Jahres 1960 die Mehrheit der landwirtschaftlichen Nutzflächen genossenschaftlich bewirtschaftet wurde. Hinzu kamen Volkseigene Güter (VEG), die aber einen kleinen Prozentsatz ausmachten. Zwar konnte die Partei siegesbewusst in den frühen sechziger Jahren verkünden, dass die sozialistischen Produktionsverhältnisse auf dem Land gesiegt haben. Doch führte die gewaltsame Kollektivierung dazu, dass manche Dörfer nahezu menschenleer waren, weil sich die Bewohner auf den Weg in den Westen gemacht hatten, solange sie es noch konnten.

Missernten waren in der DDR an der Tagesordnung, doch hatte auch für sie die Propaganda schnelle Erklärungen bei der Hand, so die Wühl- und Sabotagearbeit von ehemaligen Faschisten und eingeschleusten Agenten, böswillige Vernachlässigung und Missnutzung von landwirtschaftlichen Flächen sowie von Viehbeständen. Dann sollen sich aus dem Westen eingeschleuste Kartoffelkäfer zu Handlangern der Feinde der Republik gemacht haben, was zu einer lächerlichen Gegenkampagne führte. Was sich in Ställen und auf Weiden tat, war der Parteiführung bekannt, doch ihre Propaganda redete die Verhältnisse schön und ließ neue Aufpasser sprechen, die Kuh Flora und das Schwein Jolanthe. Sie kamen im des SED-Zentralorgans NEUES DEUTSCHLAND am 31. Oktober 1959 so zu Wort: "Wir heißen Flora und Jolanthe und sind die ausgewählten Interessenvertreter unserer Gattung. Wir wollen tun, was wir tun können, damit unsere Krippen und Tröge trotz der Trockenheit so gut gefüllt werden, wie es irgend möglich ist. Darum fahren wir kreuz und quer durch unsere Republik und besuchen alle die, die uns und unseren Artgenossen helfen können. Wir wollen prüfen, wie beispielsweise die Räte der Kreise oder die Gemeindevertretungen wirken, um unsere Futtersorgen zu mildern, welche Genossenschaft, welcher landwirtschaftliche Betrieb uns besonders entgegenkommt und Futter für die Gebiete bereitstellt, denen es daran mangelt, und wer aus Eigensucht seine vollen Speicher verschließt und nicht an den Nachbarn denkt."

Flora und Jolanthe im Parteieinsatz

In der folgenden Zeit wurde im Parteiblatt regelmäßig über das tierische Pärchen in der Rubrik "Flora und Jolanthe" berichtet, zwei Figuren, die von Arnolf Kriner und dem Grafiker Klaus Arndt entwickelt wurden. Die Artikel erzählen von den Mühen, ausreichend Futter zur Versorgung der Tiere zu organisieren, wobei einzelne Funktionäre kritisiert und besonders eifrige LPG-Mitglieder gelobt wurden, nicht aber das System von Misswirtschaft und Bevormundung der Bauern durch Parteifunktionäre angegangen wurde. Walter Ulbricht selber entblödete sich nicht, im NEUEN DEUTSCHLAND einen am 28. November 1959 auf der Seite 1 ganz groß veröffentlichten Brief an Flora und Jolanthe zu schreiben. Er sei empört über "leitende Organe, die landwirtschaftliche Fragen dem Selbstlauf überlassen und statt einer Leitung, die von wissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgeht, ein bürokratisches Registrieren durchführen." Man könne jetzt nicht alle Mängel in der Marktproduktion mit dem Hinweis auf die Dürre entschuldigen, schrieb der Parteichef und kritisierte besonders den Bezirk Rostock und sein "Weltspitzenniveau" im Butterverbrauch bei stagnierender landwirtschaftlicher Produktion. Staatsfunktionäre hätten sogar für höheren Butterverbrauch geworben. "Betrachten es Staatsfunktionäre im Bezirk Rostock als ein erstrebenswertes Ziel, mit aller Gewalt die Zahl der Krankenhausinsassen mit Kreislaufstörungen zu erhöhen?", fragte Ulbricht, wohl wissend, dass Butter nur auf Kundenliste abgegeben wird. Er forderte, den innerwirtschaftlichen Verbrauch an tierischen Produkten einzuschränken und die Produktion zu steigern. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) griff die Forderung des mächtigsten Mannes im Lande auf und gab die Parole "Pro Kuh pro Tag ein Liter Milch mehr" aus, doch gab es auch den Slogan "Jede Kanne Milch ein Schlag gegen Adenauer und den westdeutschen Imperialismus".

Weniger Butter, mehr Margarine

Drei Jahre nach der 1958 verfügten Abschaffung der Lebensmittelkarten gab es in der DDR verheerende Missernte, die Versorgungskrise weiter verschärfte. Partei und Regierung griffen zu drastischen Mitteln, um den Verbrauch an Lebensmitteln zu reduzieren. Der Bevölkerung wurde ein fleischfreier Tag aufgebrummt, und auch der Verzehr von Milch und Butter sollte eingeschränkt werden. In einem Bericht der zuständigen ZK-Abteilung Handel, Versorgung und Außenhandel sowie der Abteilung Landwirtschaft werden erhebliche Fehlmengen festgestellt und empfohlen, die Magermilchproduktion sowie die von Margarine zu steigern und gleichzeitig keine Sahne mehr herzustellen. Als Ausgleich sollten die Leute mehr Hühnereier und Fisch essen. Der Slogan "Nimm ein Ei mehr" machte die Runde. An fleischfreien Tagen sollte es in Gaststätten, Mensen, in Schulen und Kindergärten statt Schnitzel und Rouladen Eierspeisen geben. Außerdem sollte der Bockwurstverbrauch eingeschränkt werden. Die Maßnahme zielte auch darauf ab, die in örtlichen Kühlhäusern eingelagerten Eierbestände abzubauen. Da sie dort schon lange deponiert waren, konnte es vorkommen, dass man verdorbene Ware kaufte, was die Wut der Leute weiter steigerte. Von den Einsparungen und Regulierungen ausgenommen sollten "internationale" Gaststätten und Hotels sein, wo sich die DDR von ihrer besseren, man könnte auch sagen fettigen Seite zeigte. Versteht sich, dass die Maßnahmen nach Kräften unterlaufen wurden, und es war auch klar, dass Ulbricht, Honecker und Konsorten draußen in der Politbürosiedlung Wandlitz weder unter Mangel an Butter und Sahne noch an Schnitzel und Rouladen, Gemüse und Südfrüchten und was ihnen sonst noch schmeckte leiden mussten.

Auf der Suche nach einem Mittel, die durch die Kollektivierung in der Landwirtschaft und die Fluchtbewegung heraufbeschworene prekäre Versorgung der DDR-Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln und damit die Stabilität des Staates zu verbessern, verfiel die SED um 1960 auf kuriose Ideen. Da alles gut und richtig war, was aus der Sowjetunion kam, erwarteten Ulbricht und Genossen vom massenhaften Maisanbau Wunderdinge. Wer das Vieh mit viel Mais füttert, gelangt zu guten Fleischerträgen, lautete die Parole. Begleitet wurden die Aufrufe von Partei und Regierung durch eine Propagandakampagne, in der das so genannte Maislied eine Rolle spielte. Auf allen Kanälen wurde posaunt: "Der Mais, wie jeder weiß, das ist ein strammer Bengel, / das ist die Wurst am Stengel / Und wer den besten Mais anbaut, / das ist ein kluger Mann, / Weil er in die Zukunft schaut / Und die fängt gerade an".

Mais als Waffe im Klassenkampf

Aufmunternde Worte waren nötig, denn die Skepsis gegenüber der Neuerung aus dem Land der aufgehenden Sonne, wie man die Sowjetunion mitunter nannte, war bei den Landwirten groß und berechtigt. Deshalb wurde quasi jeder als Söldner des Imperialismus denunziert, der sich der Kampagne widersetzte. Man dürfe nicht außer Acht lassen, "dass sich auch bei der Durchsetzung des Maisanbaues der Klassenkampf widerspiegelt. […] Zwar gibt es noch viele Unklarheiten, aber diese sind zu überwinden. Es ist aber auch zu erkennen, dass der Gegner seine Hand im Spiele hat, um eine weitere Steigerung der Maisproduktion zu verhindern. Deshalb sollte in den weiteren Diskussionen über den Maisanbau immer der Satz stehen ,Sage mir, wie du über den Mais denkst, und ich kann dir sagen, wer du bist'", heißt es in einem Beitrag in der Leipziger Volkszeitung von damals. Die Propagandisten wussten sich mit dem starken Mann in der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, einig, der im Mais eine Art Wunderwaffe zur Stabilisierung der prekären Ernährungslage sah und von seinem kleinen "Bruder" Walter Ulbricht einen eifrigen Nachahmer hatte.

Flinke Reimeschmiede und Pressezeichner mühten sich in der DDR, die Vorgaben der Partei in Verse und Bilder umzumünzen und den Bauern die ungewohnte Futtersorte schmackhaft zu machen. So brachte der Lyriker Heinz Kahlau 1960 eine Maisfibel heraus, in der diese Verse zu finden sind: "Denn weil bei uns aus vielen kleinen Feldern / die Bauern nun ein großes Feld gemacht, / weil sie gemeinsam für die Aussaht sorgen, / gemeinsam auf den Höchstertrag bedacht, / weil sich die Menschen und das Land verändern, / damit das Leben besser werden kann - / muss bessres Futter größeren Nutzen bringen, / gehört der Mais in jeden Anbauplan". Dass das Ziel utopisch war, dass man Felder, Wasser, Maschinen und Räumlichkeiten braucht, um den Mais ordentlich anzubauen, zu ernten und zu lagern, wusste auch der Dichter, doch verkürzte er das Verfahren auf die Gleichung Mais = Fleisch.

Rinderoffenställe und Kaffee Mix

Wie der Mais wurde auch der Rinderoffenstall als Nonplusultra gepriesen. Die Tiere in den nur an drei Seiten geschlossenen Ställen würden, wenn sie fressen wollen, schon ins Freie laufen und sich an der Maissilage satt fressen, außerdem würden sie kälteresistent werden und ein dickes Fell bekommen. Wie die Wurst am Stängel, damals noch Stengel geschrieben, waren die Offenställe für frierende Rinder ein Flop, und nachdem 1964 deren oberster Fürsprecher Nikita Chruschtschow gestürzt war, sprach man in der DDR von der ebenso peinlichen wie teuren Episode nicht mehr. Dichter Heinz Kahlau dürfte sich dieser wie aus einem Handbuch für Bauern entnommenen Reime später ungern erinnert haben: "Wenn ihr füttert, sei die Säurung abgeklungen. / Achtet, dass kein Futter lang im Freien liegt. / Bringt es gleich vom Silo in die Krippen, / so dass jedes Tier das Beste kriegt. / Besser noch, ihr habt schon Offenställe, wo das Rindvieh für sich selber sorgen kann, denn so frisst es sich allein durch die Silage, / und ihr seid mit eurer Arbeit gut daran."

Kaffee war in der DDR ein großes Thema und ein Politikum ersten Ranges. In der Kaffeekrise von 1976 dachten sich Erich Honecker, seit 1971 Nachfolger von Ulbricht, und seine Genossen eine besondere Gemeinheit aus - Kaffee Mix. Das war eine übel schmeckende und muffig riechende Mischung zu vier Mark für 125 Gramm von "echter Bohne" und Kaffee-Ersatz. Zum Glück verschwanden die silbrig schimmernden Tüten mit "Erichs Krönung" schnell aus den Regalen, weil sich die Leute und sogar stramme Genossen über diese Zumutung erregten und das SED-Politbüro, das natürlich nur "West" trank, im Inneren keinen Kaffeekrieg riskieren wollte. Die Versorgung mit der echten Bohne schwankte immer, und wenn man keinen richtigen Kaffee hatte, half man sich mit Muckefuck, einem Ersatzkaffee, dessen Name aus dem französischen Begriff "mocca faux" (falscher Mokka) abgeleitet wurde. Wer Westverwandte hatte, ließ sich gern Westkaffee schicken. Ein Tütchen öffnete Herzen und Türen und wirkte Wunder, wenn man jemand um eine Gefälligkeit bat, eine begehrte Ware haben wollte oder sich für eine Gunsterweisung bedankte.

5. Juni 2019

Zurück zur Themenübersicht "Geschichte, Zeitgeschichte, Ausstellungen"