Als der Henker das Beil schwang
In seinem Berlin-Buch von 1895 schildert Paul Lindenberg, wie Delinquenten vom Leben zum Tod befördert wurden



Die "Peinliche Halsgerichtsordnung" Kaiser Karls V. aus dem Jahr 1532, bekannt auch als Carolina, sah Strafen "an Leib und Leben" für Mord und Totschlag, Diebstahl und andere Delikte, aber auch für Münzfälschung vor. Münzverbrecher sollen "mit dem fewer vom leben zum todt" gebracht werden, ferner wird als weitere schmerzhafte und öffentlich wirksame Todesstrafe das so genannte Rädern (Zerschlagen ded Körpers und Knochen durch ein schweres Rad) vermerkt.



Häufig wurden Angeschuldigte durch Folter zu Geständnissen gezwungen. Welcher Methoden die Henkersknechte sich dabei bedienten, hat man auf drastische Weise auf Holzschnitten dargestellt.



In Preußen, und nicht nur dort, setzte es schon bei geringen Vergehen gegen die Militärgesetze drakonische Strafen. Besonders zugerichtet wurden Soldaten, die nach ihrer Flucht wieder aufgegriffen wurden, mit dem Spießrutenlaufen, das oft tödlich endete. Bei öffentlichen Hinrichtungen nahmen Schaulustige auch ihre Kinder zur Abschreckung mit. Wer zur Festungshaft verurteilt wurde, den hat man an Schubkarren angekettet. Das sollte die Flucht verhindern oder erschweren. Die Kupferstiche stammen von dem Berliner Grafiker Daniel Chodowiecki aus dem späten 18. Jahrhundert



Mit zeitkritischen Seitenhieben schildert der "Simplicissimus" grausige Hinrichtungsszenen hinter Gefängnismauern. Die Leichen kamen als "Eilgut" in die Anatomie. Rechts wartet ein Raummörder bis Dienstag, weil er noch die neueste Nummer der Münchner Satirezeitschrift lesen möchte.



Die im Ausland veröffentlichte Karikatur zeigt, was die deutschen "Volksgenossen" von Hitlers Schergen, Richtern, Predigern und Henkern zu erwarten haben, wenn sie ihm nicht bedingungslos in den Tod folgen.



Neben dem Hinrichtungsraum im ehemaligen Zuchthaus Plötzensee berichten Protokolle lapidar, dass die Opfer der NS-Blutjustiz in Sekundenschnelle unterm Schafott starben. An einem Eisenträger waren Fleischerhaken befestigt, an denen Teilnehmer des Attentats vom 20. Juli 1944 auf Hitler erhängt wurden und qualvoll starben. Das Gebäude ist seit 1952 eine Gedenkstätte.



Die Super Illu veröffentlichte in den 1990er Jahren die Namen von DDR-Bewohnern, die hingerichtet wurden. Die Exekutionen erfolgten zunächst mit dem Fallbeil, seit 1968 jedoch durch Erschießen. Als Schütze fungierte von 1969 bis 1981 Hauptmann Hermann Lorenz. Für jede Hinrichtung bekam er 200 Mark und seine Helfer je 125 Mark. Die Leichen der in Leipzig hingerichteten Personen wurden nicht den Angehörigen übergeben, sondern unter größter Geheimhaltung zum nahe gelegenen Südfriedhof gebracht und anonym verbrannt. In der "Runden Ecke", dem ehemaligen Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit in Leipzig, wird auch auf dieses dunkle Kapitel der DDR-Geschichte eingegangen. (Fotos/Repros: Caspar)

Das Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches aus dem Jahr 1871 legte fest, dass die Todesstraße durch Enthauptung zu vollziehen ist. Damit waren alle anderen, früher praktizierten Hinrichtungsarten wie Erhängen, Rädern, Erschießen oder gar Verbrennen nicht mehr erlaubt. Neben der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe kann auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden, neben der Gefängnisstrafe nur, wenn die Dauer der erkannten Strafe drei Monate erreicht und entweder das Gesetz den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zulässt oder die Gefängnisstrafe wegen Annahme mildernder Umstände an Stelle von Zuchthausstrafe ausgesprochen wird. Zum Tod verurteilt und hingerichtet wurden in der Kaiserzeit Mörder und Raubmörder, Attentäter, Brandstifter und Personen, die sich des Landesverrats schuldig gemacht haben. Wie die Auswertung von Gerichtsakten zeigt, erfolgten manche Hinrichtungen aufgrund von falschen Anschuldigungen und Justizirrtümern oder waren politisch bedingt.

Bevor der Henker "um der Gerechtigkeit willen" an die Arbeit gehen konnte, musste der Landesherr noch das Urteil bestätigen. Er tat das in der Regel und machte sich auch keine Mühe, noch einmal das Verfahren zu überprüfen und die Frage zu beantworten, ob die Todesstrafe angemessen ist oder nicht. Die Zahl derer, denen in der Kaiserzeit der Kopf abgeschlagen wurde, ist nicht genau bekannt. Es müssen viele hundert gewesen sein. Bei dem aus Breslau stammenden Henker Lorenz Schwietz steht fest, dass er 123 Personen den Kopf meist mit dem Beil, doch auch mit der Guillotine abschlug.

Feuer und Schwert, Strick und Rad

Die Henker und ihre Knechte, die die Hinrichtungen durch Feuer und Schwert, Strick und Rad, in heißem Öl, durch Ertränken oder auf andere Weise durchführten, gehörten keineswegs zu den "ehrbaren" Berufen und besaßen, obwohl sie im damaligen Justizsystem eine wichtige Funktion hatten, nur geringes Ansehen. Man ging ihnen nach Möglichkeit aus dem Weg, und wenn Seuchen wüteten, wurde den verängstigten Leuten geraten, Leichenwäscher, Totengräber, Henker und Hexen zu meiden, weil von ihnen nur Unheil ausgeht. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Exekutionspraktiken verändert. Die Hinrichtung eines Delinquenten mit dem Schwert galt als "ehrenvoller" als der Tod am Galgen oder auf dem Scheiterhaufen. Im 19. Jahrhundert wurden Hinrichtungen mit einem Handbeil im Beisein von Justizbeamten und eines Geistlichen vollzogen. Zwar genoss das Henkerhandwerk geringes Ansehen, aber es wurde gut bezahlt. So bekam der Scharfrichter Julius Krautz pro Hinrichtung 300 bis 500 Goldmark, doch er musste von diesem Lohn seine Gehilfen, Reisekosten sowie Auslagen für Verpflegung und Bekleidung bestreiten. Am 14. August 1878 zum Scharfrichter für Berlin und die preußische Monarchie berufen und vereidigt, musste er schon bald darauf den Kaiser-Attentäter Max Hödel enthaupten. Unter den Exekutierten waren zwei Männer, die einen Sprengstoffanschlag anlässlich der hochkarätig mit Majestäten und Fürstlichkeiten besetzten Weihe des Niederwalddenkmals bei Rüdesheim im Jahr 1883 geplant hatten. Bis 1885 hat Krautz 52 Männer und eine Frau geköpft. Er verwendete dabei ein zwölf Pfund schweres Handbeil, auf dessen Klinge er, als wären es Trophäen, die Namen der Hingerichteten gravieren ließ.

Mit Frack und Zylinder ernst gekleidet

Seine Arbeit führte der Henker in "ernster" Kleidung aus. Er trug einen Frack mit Weste, weiße Handschuhe und auf den Kopf einen Zylinder. Nachdem der Delinquent seine Oberbekleidung ausgezogen und auf dem Richtblock festgeschnallt war, zog sich Krautz den schwarzen Rock aus, krempelte die Hemdsärmel hoch und hieb den Kopf mit einem Schlag ab. Der Henker war Alkoholiker, er war offenbar auch schnell mit den Fäusten dabei, wenn ihm jemand in die Quere kam. So zettelte er eine Wirtshausschlägerei an, die einer seiner darin verwickelter Gehilfen nicht überlebte. Krautz musste sich vor Gericht wegen Todschlags verantworten, wurde aber frei gesprochen. Da das Verfahren großes Aufsehen fand, kam die preußische Justiz nicht umhin, sich von ihm Scharfrichter zu trennen. Sein Leben wurde in dem Kolportageroman "Der Scharfrichter von Berlin" dargestellt und deutschlandweit bekannt gemacht. Krautz verdiente sein Geld später als Rossschlächter und Gastwirt. In der Sammlung des zur Stiftung Stadtmuseum gehörenden Märkischen Museums blieben ein Richtblock und ein Handbeil aus dem Besitz von Berlins berühmtem Henker erhalten.

Die Hinrichtungen wurden überall im 1871 gegründeten Reich nach dem gleichen Muster vollzogen. Was sich bei einer Hinrichtung ereignete, hat Paul Lindenberg 1895 in seinem Buch "Berlin in Wort und Bild" geschildert. Im Abschnitt "Zu Schutz und Trutz" lädt nimmt der Schriftsteller und Journalist seine Leser zu einem Besuch in Obdachlosenasylen, Gerichten, Polizeidienststellen sowie in Zuchthäuser ein, um sie am Schluss im Hof des Zuchthauses Moabit an einer Hinrichtung teilnehmen zu lassen. Dem Delinquenten wird 18 Stunden vor seinem Ende unterm Richtbeil feierlich das Urteil verkündet "und ihm noch auf seine Wünsche, die natürlich in bestimmten Grenzen gehalten sein müssen, gereicht, was er zum materiellen Genusse begehrt. In den letzten Stunden vor der Hinrichtung weilt gewöhnlich der Anstaltsgeistliche zu gemeinsamem Gebet bei ihm in der Zelle, bis die Zeit der Exekution naht - im Sommer die sechste, im Winter die siebente Morgenstunde - und der Verbrecher auf den kleinen Hof geführt wird, woselbst das Blutgerüst schon aufgeschlagen ist und die Zeugen im ernsten Schweigen harren. Auf einem erhöhten Podium, zu dem einige Stufen emporführen, steht ein starker hölzerner Block, oben mit einer Vertiefung für das Kinn des Hinzurichtenden versehen, sowie neben dem Block eine Bank für den Körper; auf einem benachbarten Tischchen ruht in schwarzer Umhüllung das Richtbeil, ein anderes Tischchen trägt einige Akten und dient dem Gerichtschreiber zum Protokollführen."

Letztes Glockenläuten

Wenn der Verurteilte den Hof betritt, läutet das Armesünderglöckchen, fährt Lindenberg fort. Der Staatsanwalt noch einmal das Todesurteil und eine königliche Kabinettsorder, derzufolge das Gnadengesuch abgelehnt wurde. Der Scharfrichter bekommt vom Staatsanwalt die Anweisung, seines Amtes zu walten. Die Gehilfen des Scharfrichters erfassen den Delinquenten, führen ihn zum Schafott, ziehen seine Kleidung aus und entblößen den Hals, legen den Körper auf die Bank nieder. "Der Kopf wird ebenso schnell mit einer ledernen Binde auf dem Richtblock festgeschnallt und an letzterem die Hände befestigt, und kaum ist das geschehen, so waltet auch bereits der Henker seines Amtes, und der Kopf des Mörders rollt in einen aufgeworfenen Sandhaufen hinab, während der Geistliche knieend für den Sünder betet und das Glöckchen erschallt."

Mit der Bemerkung, eine Stunde später werde durch eine rote amtliche Bekanntmachung an allen Anschlagsäulen der Berliner Bevölkerung verkündet, "dass die Gerechtigkeit ihren Lauf gehabt, dass das Wort erfüllet ward: ,Wer Blut vergoss, des Blut soll wieder vergossen werden'". Die Leiche kam, so darf ergänzt werden, der Anatomie zur "Auswertung" übergeben. Die Toten wurden anonym auf entlegenen Stellen der Friedhöfe verscharrt, man hat welche auch im Krematorium verbrannt und die Asche in alle Winde verstreut.

Im Gefolge der Revolutionen von 1848 forderten die französische Nationalversammlung, die Frankfurter Nationalversammlung und die Preußische Nationalversammlung die Abschaffung der Todesstrafe und nahmen dies auch in ihre Verfassungsentwürfe auf. Allerdings hatten die Initiativen keine praktischen Folgen, denn es fanden in diesen und anderen Ländern weiter Hinrichtungen statt. Die Weimarer Republik beschränkte die Todesstrafe auf wenige besonders schwere Verbrechen, hingegen weitete der Nationalsozialismus die Liste der mit dem Tod zu bestrafenden Delikte erheblich aus. Dazu gehörten Desertion von Soldaten und Kriegsdienstverweigerung, aber auch im Zweiten Weltkrieg das Abhören von ausländischen Rundfunksendungen. Von 1933 bis 1945 wurde Todesstrafe für 77 Tatbestände ausgesprochen, ab 1944 konnte sie für jeden beliebigen Verstoß gegen das "gesunde Volksempfinden" verhängt werden.

Hitlers politisches Tribunal

Seit seiner Gründung durch ein spezielles Gesetz vom 24. April 1934 führte der nationalsozialistische Volksgerichtshof mehr als 16 000 Prozesse durch. Hitler hatte das politische Tribunal ins Leben gerufen, weil ihm Urteile anderer Gerichte viel zu milde und zu sehr an den geltenden Rechtsvorschriften orientiert erschienen. Vom Volksgericht erwartete er, dass es rigoros und brutal gegen Landesverräter und andere Staatsfeinde vorgeht, so die damalige Diktion. Insgesamt verhängte das Tribunal in über 5600 Fällen die Todesstrafe, die in der Regel vollstreckt wurde. Mit den Jahren entwickelte sich das in Berlin ansässige Gericht zum Rache- und Abschreckungsinstrument des NS-Regimes. Wie bei den vor den Volksgerichtshof gezerrten Verschwörern des 20. Juli 1944 standen auch bei anderen Verfahren die Ergebnisse bereits vor Verhandlungsbeginn fest.

In der Diktion der Nazijustiz lautet das Todesurteil an Mitwissern des gescheiterten Attentats vom 20. Juli 1944 auf Hitler so, nachzulesen in einer Ausstellung neben dem Hinrichtungsraum des früheren Zuchthauses Plötzensee: "Eidbrüchige, ehrlose Ehrgeizlinge verrieten, statt mannhaft wie das ganze Volk, dem Führer folgend, den Sieg zu erkämpfen - so wie noch niemand in unserer ganzen Geschichte das Opfer unserer Krieger, Volk, Führer und Reich, den Meuchelmord an unserem Führe setzten sie ins Werk. Feige dachten sie dem Feinde unser Volk auf Gnade und Ungnade auszuliefern; es selbst in dunkler Reaktion zu knechten. Verräter an Allem, wofür wir leben und kämpfen, werden sie alle mit dem Tode bestraft. Ihr Vermögen verfällt dem Reich."

Überwiegend handelte es sich bei den Angeklagten um Kommunisten und Sozialdemokraten sowie um Angehörige von Widerstandsgruppen, aber auch um Geistliche und ganz einfache Leute, die wegen regimekritischer Äußerungen oder, weil sie Hitler-Witze erzählt hatten, denunziert worden waren. Wer wegen so genannter Wehrkraftzersetzung denunziert und angeklagt wurde, wurde ebenso zum Tod verurteilt und hingerichtet wie Leute, die bei Bombenangriffen fremdes Eigentum, etwa Kleidung oder Lebensmittel an sich genommen hatten und dabei beobachtet wurden. Die Urteile wurden zur allgemeinen Abschreckung überall auf rotem Papier plakatiert. Gerichtspräsident Roland Freisler wusste, dass Hitler die Verfahren genau beobachtet. Um die Angeklagten einzuschüchtern und sich als besonders strammer Gefolgsmann seines Führers zu erweisen, machte Freisler sie durch Brüllen, Beleidigungen und Unterstellungen nieder, bevor er sich nach Plötzensee oder in ein anderes Zuchthaus auf das Schafott schickte. Freisler selbst konnte nach dem Ende der Nazidiktatur nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden, denn er kam am 3. Februar 1945 bei einem Luftangriff auf Berlin ums Leben.

Nach dem Ende des NS-Regimes konnten in der Bundesrepublik Deutschland ehemalige Richter und Staatsanwälte auch des Volksgerichtshofes ihre Karrieren nahezu nahtlos fortsetzen. Nicht einer wurde rechtskräftig verurteilt. Joachim Rehse, der 1967 wegen seiner Mitwirkung an 237 Todesurteilen zunächst zu lächerlichen fünf Jahren Haft verurteilte Beisitzer am Volksgerichtshof, wurde 1968 in einem Revisionsverfahren mit der Behauptung frei gesprochen, NS-Recht sei geltendes Recht gewesen. Erst 1984 stufte der Deutsche Bundestag den Volksgerichtshof als Terrorinstrument ein und stellte fest, seine Urteile hätten keine Rechtswirkung.

Todesstrafe in der DDR erst 1987 abgeschafft

Mit der Annahme des Grundgesetzes im Mai 1949 wurde in der Bundesrepublik Deutschland die Todesstrafe abgeschafft, die DDR behielt sie bis 1987. Am 18. Dezember 1987 bestätigte die Volkskammer der DDR die Abschaffung der Todesstrafe und gab grünes Licht für die entsprechende Änderung im Strafrecht des Landes. Die Maßnahme war nicht in erster Linie für die DDR-Bürger bestimmt, sondern war ein Signal in Richtung Westen. Denn der Staatsbesuch von Erich Honecker in der Bundesrepublik war geplant, und da wollte der SED- und Staatschef mit guten Nachrichten in Sachen Menschenrechte und Modernität glänzen. In den 1950er-Jahren waren im Arbeiter-und-Bauern-Staat Schauprozesse nach Moskauer Vorbild an der Tagesordnung. Viele endeten mit der Todesstrafe und hohen Zuchthausstrafen. Hingerichtet wurden Nazi- und Kriegsverbrecher, aber auch so genannte Saboteure und Agenten westlicher Geheimdienste, ob sie es waren oder nicht, spielte bei den zuvor festgelegten Urteilen keine Rolle. Traurige Berühmtheit erlangten etwa die Prozesse im sächsischen Waldheim, in denen 1950 Dutzende Menschen zum Tode verurteilt worden waren. Hingerichtet wurden bis zum Ende der 1960er-Jahre auch Schwerverbrecher wie Mörder und Sexualstraftäter. Todesurteile mussten dem Politbüro der SED vorgelegt und von ihm bestätigt werden.

Unerwarteter Nahschuss

Bis 1952 waren für die Vollstreckung der Todesurteile die ostdeutschen Länder zuständig, danach wurden sie zentral im Landgericht aus der Kaiserzeit am Münchner Platz in Dresden vollzogen, wo bereits die Nationalsozialisten das Fallbeil auf Widerstandskämpfer hatten niedergehen lassen. Ab 1960 diente die JVA in der Leipziger Alfred-Kästner-Straße als zentrale Hinrichtungsstätte der DDR. Hier wurden nach Recherchen des Leipziger Bürgerkomitees 64 Menschen hingerichtet. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und öffnet zweimal im Jahr zu Führungen. In den kommenden Jahren soll hier eine dauerhafte Gedenkstätte eingerichtet werden.

Neben dem Henker waren bei der Hinrichtung mittels "unerwartetem Nahschuss in den Kopf" aus einer Öffnung hinter dem zum Tod verurteilten Gefangenen der Anstaltsleiter, der zuständige Staatsanwalt, ein Arzt, ein Stasi-Offizier und zwei Gehilfen dabei. Die Leichen wurden auf den Leipziger Südfriedhof gebracht und verbrannt. Um Todesort und Todesursache zu verschleiern, enthielten die Totenscheine gefälschte Angaben. Das Totenbuch des Leipziger Krematoriums vermerkte etwa bei dem von seinem früheren Vorgesetzten Erich Mielke als Verräter und Karrieristen bezeichneten Stasi-Hauptmann Gert Trebeljahr: "Hingerichtet am 20.12.1979, Anatomie-Abfall am 10.12.1979 unter der Einäscherungsnummer 360634..." Erst nach dem Ende der SED-Herrschaft erfuhren Angehörige, wo Ehepartner, Eltern oder Geschwister begraben wurde, manche wissen es bis heute nicht. .

10. März 2019

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