"Schotten dicht" im Falle eines Atomkriegs
Was aus dem extrem teuren Honecker-Bunker in Prenden bei Wandlitz geworden ist



Nach Abschluss der Führungen 2008 wurde der provisorische Zugang zum Honecker-Bunker in Prenden geschlossen und zubetoniert.



Durch den Bunker ging es unter meterdicken Betondecken auf langen Korridoren in die Befehlsstände, Räume der Wach- und Bedienungsmannschaften und die Bereiche Versorgung und Freizeit.





Viele Aggregate in den Maschinenräumen sind beste DDR-Produkte oder wurden vom verhassten Klassenfeind bezogen.





Die Bunkerräume wurden bald nach dem Ende der DDR bis auf schäbige Reste wie hier in der Küche und in der Krankenstation von Fremden ausgeraubt. (Fotos: Caspar)

Angeblich soll der Atombunker in Prenden (Landkreis Barnim), nur wenige Kilometer von der ehemaligen Funktionärssiedlung in Wandlitz entfernt, das größte unterirdische Bauwerk in Europa sein. Auf einer Fläche von 6500 Quadratmetern zwischen 1978 und 1983 errichtet, soll er ein Mehrfaches des Palasts der Republik gekostet haben, und der wird auf zwei Milliarden DDR-Mark veranschlagt. Mit weiteren Bunkern des Ministeriums für Nationale Verteidigung und des Ministeriums für Staatssicherheit und sowie der Sowjetarmee war der Prendener "Honeckerbunker", so der Volksmund, in der Zeit des Kalten Kriegs die aus Beton und Stahl bestehende Antwort der DDR-Führung auf wirkliche oder vermeintliche Bedrohungen durch den imperialistischen Klassenfeind.

Nachdem das tief in der Erde eingelassene Prendener Labyrinth aus Gängen und Schächten, Technikräumen, Lagezentren, Telefonzentralen, Schlafräumen, Küchen und Kantinen in den neunziger Jahren von Unbefugten betreten, beschädigt und zum Teil ausgeraubt worden war, wurde es vor zehn Jahren luftdicht verschlossen. Bis dahin bestand Gelegenheit, sich in den gleichmäßig etwa 10 bis 12 Grad kühlen Räumlichkeiten auf einer Fläche von 59 mal 63 Metern umzuschauen.

Der Zugang erfolgte mitten im märkischen Kiefernwald über eine provisorische Treppe durch ein Loch, das in die meterdicke Betonwand gebrochen wurde. Inzwischen ist der Eingangsbereich mit viel Beton verfüllt worden. Der Bunker 5001 mit seinen etwa 400 Räumen wurde seinem Schicksal überlassen. Es war nicht möglich, ihn für Besucher weiter offen zu halten oder gar Restaurierungsarbeiten durchzuführen, so historisch wichtig die Anlage und ihre Ausstattung als historisches Zeugnis und technische Spitzenleistung auch war und ist. Mitglieder des Vereins Berliner Unterwelten haben vor der Schließung alle Einzelheiten dokumentiert.

Wenn sich in 150 Jahren oder auch früher jemand bereit findet, der den Bunker öffnet soll er es tun, vermutlich wird er ihn knietief mit Wasser gefüllt vorfinden, und auch die Einrichtung wird vergammelt sein, so die Einschätzung der Bunkerspezialisten. Angeblich soll Erich Honecker "seinen" Bunker in Prenden nur einmal, nämlich bei der Einweihung 1983, besucht haben und sich ob seiner Größe und Monstrosität "betroffen" gezeigt haben. Bei dem hochgeheimen Objekt ist vieles noch unbekannt, so dass die Forschungsarbeit weitergeht, auch wenn der Bunker schon längst verschlossen und versiegelt ist.

Gebaut nach sowjetischem Vorbild

Das nach dem Vorbild sowjetischer Militärbunker erbaute Verlies in Prenden sollte im Kriegsfall Befehlsstand des von Erich Honecker beziehungsweise seiner Nachfolger geleiteten Nationalen Verteidigungsrats sein. Den 20 Mitgliedern dieses aus SED-Funktionären und Militärs bestehenden Gremiums stand eine besonders ausgesuchte Besatzung von 400 Stasileuten zu Gebote. Da man in der Zeit des Kalten Kriegs damit rechnete, dass Atomwaffen von der Bundesrepublik auf die DDR abgeschossen werden, sollten zumindest die im Honeckerbunker eingeschlossenen Personen überleben. Wenn es erst einmal "Alle Schotten dicht" hieß, hätten die Eingeschlossenen noch etwa 14 Tage ausharren können, dann wäre auch für die das Ende gekommen.

Beim Durchstreifen der mehrere Stockwerke tief ins Erdreich gebauten Anlage fielen den Besuchern die vielen Technikräume mit ihren Aggregaten zur Versorgung mit Strom, Wasser und Luft, aber auch zur Klimatisierung auf. Sie mussten dicke Stahltüren und chemische Schleusen passieren, um in den Lageraum zu gelangen, in dem, wenn es denn sein musste, der Nationale Verteidigungsrat zusammenkam, um die neuesten Nachrichten von der Front zu sichten und zu bewerten. Von hier aus wären in Abstimmung mit der sowjetischen Führung und der Spitzen der anderen "Bruderländer" Befehle an die Truppen und politischen Befehlshaber draußen im Lande ergangen. Es bleibt dahin gestellt, ob und wen diese Anweisungen in einem atomaren Inferno noch erreicht hätten und wie den Eingeschlossenen angesichts des Chaos an der Erdoberfläche zumute gewesen wäre.

Blümchentapete in der Chefetage

Bei den riesigen Dimensionen des Honecker-Bunkers enttäuschte die geringe Größe des 2008 weitgehend seiner Ausstattung entkleideten Lagezentrums. Auf zwei Podesten standen bis zum Ende der DDR Tische und Sessel, es gab eine Menge Telefone und Bildschirme. Erhalten waren Vorrichtungen an der Stirnwand mit rollenden Landkarten, auf die Truppenbewegungen, atomare Einschläge und ähnliches eingetragen worden wären. Durch lange Gänge vorbei an schwachbeleuchteten Räumen wandernd, gelangte man über eine schmale in die mit Blümchentapeten beklebten Privaträume des SED-Chefs und Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker. Hier gibt es nur eine Dusche, im ganzen Bunker, und zwar nur in der Krankenstation, existierte eine einzige Badewanne.

Größte Bedeutung hatte ein Fernseh- und Rundfunkstudio, aus dem sich die DDR-Führung ans Volk gewandt hätte, wenn es denn noch existiert hätte. Blieb beim Verlassen der makabren Szenerie das Gefühl von Dankbarkeit, dass der Ernstfall nie eingetreten ist, und Wut darüber, dass riesige Ressourcen auf Kosten des Städtebaus, der Modernisierung der Industrie und der Infrastruktur, des Gesundheits- und Sozialwesens und der Kultur verschwendet wurden, um das kurzzeitige Überleben einer winzigen Clique von Befehlshabern zu gewährleisten. Seit Anfang April 2010 ist der Bunker 5001 e.V. in das Vereinsregister eingetragen. Er setzt sich aus Interessierten zusammen, die seit den Begehungen 2008 oder früher miteinander arbeiten. Ziel ist die weitere Erforschung des Komplexes auch mithilfe von Personen, die am Bau und Ausstattung des Komplexes beteiligt waren und dort in DDR-Zeiten zu tun hatten. Weitere Informationen über Honecker-Bunker in Prenden und den Verein Berliner Bunker Netzwerk e. V. im Internet unter www.bunker5001.com beziehungsweise www.berliner-unterwelten.de.

9. Februar 2019

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