"Unter dem Beifall des Erdkreises"
Die Hochzeit des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. war 1706 die Prägung prächtiger Medaillen wert



Das gekrönte und vergoldete Monogramm FW im Giebel des wieder aufgebauten und ab 2020 als Humboldt Forum genutzten Berliner Stadtschlosses weist auf den preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., der den Prunkbau notdürftig zu Ende brachte, sich aber sonst vor allem um das Militär und den Kommerz kümmerte und auch in seiner Familie wie ein Despot herrschte.



Sophie Dorothea und Friedrich Wilhelm I. führten eine vorbildliche Ehe, in der der ganz auf das Soldatische sowie "Sparen und Plusmachen" fixierte König wie ein Despot herrschte und keinen Widerspruch duldete. Der Enkel, König Friedrich II., der Große, hielt von seinem prunk- und verschwendungssüchtigen Großvater wenig, verehrte aber seine kluge und musisch interessierte Großmutter umso mehr.



Die Hochzeitsmedaille ehrt Friedrich (I.) und Sophie Charlotte, die Namensgeberin von Schloss und Stadt Charlottenburg und Großeltern von Friedrich II.



Magdeburger Dukat von 1706 zur Hochzeit Friedrich Wilhelms und Sophie Dorotheas sowie eine 1706 geprägte Medaille von Heinrich Friedrich Halter mit der Inschrift "Mögen sie tausendfach gedeihen".



Als Hoffnung dieser Zeit wurde 1707 Prinz Friedrich Ludwig von Preußen mit einigen Medaillen begrüßt, allerdings starb er schon nach einem halben Jahr, denn auch in Königsfamilien war damals die Kindersterblichkeit hoch.



Der am 24. Januar 1712 in Berlin geborene Prinz Friedrich, den eine andere Medaille als aufsteigenden Stern willkommen heißt, bestieg 1740 den Thron und wurde 74 Jahre alt, was ihm den Spitznamen "Alter Fritz" eintrug.



Die Münzen des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. stellen diesen ohne den damals üblichen barocken Pomp und Schwulst dar. Ausgestellt sind die drei Taler in der ständigen Ausstellung des Münzkabinetts im Bodemuseum auf der Museumsinsel. Als er 1713 den preußischen Thron bestieg, machte er mit der verhängnisvollen Geldverschwendung und Günstlingswirtschaft seines Vaters Schluss und füllte wieder den leeren Staatsschatz auf. (Fotos/Repros: Caspar)

Obwohl der erste preußische König Friedrich I. vor über 300 Jahren meinte, sein achtzehnjähriger Sohn Friedrich Wilhelm, der spätere Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., sei schon zur Hochzeit bereit, war diesem überhaupt danach nicht zumute, in den heiligen Stand der Ehe zu treten. Während der Vater für seinen Sohn seine Emissäre auf Brautschau schickte, vergnügte sich der Kronprinz mit seinem Regiment, das er paradieren und exerzieren ließ, dass die "Schwarte kracht". Statt das "königliche Beylager" zu vollziehen, hätte der ganz dem Militärischen verpflichtete Kronprinz viel lieber am Spanischen Erbfolgekrieg teilgenommen und dort militärische Meriten erworben. Er beugte sich dem Willen seines Vaters und schickte sich in sein Schicksal. So wurde im November 1706 in Berlin unter Aufbietung allen barocken Bombastes Hochzeit mit der aus Hannover stammenden Prinzessin Sophie Dorothea gefeiert und dies auch durch Medaillen aller Welt kundgetan.

Warum der König drängte, dass sein Sohn ehelicht und möglichst schnell einen Thronfolger zeugt, ist schnell erzählt. Friedrich I., den die Berliner wegen einer Verwachsung insgeheim "schiefer Fritz" nannten und der nicht von bester Gesundheit war und Todesahnungen hatte, fürchtete für den Bestand der Monarchie und seiner Dynastie Schlimmes. Denn sollte seinem einzigen Sohn Friedrich Wilhelm im Krieg etwas zustoßen und sollte er im Falle seines vorzeitigen Todes keinen Thronerben geben, dann würde Brandenburg-Preußen in schlimmste Erbfolgestreitigkeiten geraten, und die waren, wie man das gerade erlebte, blutig und teuer.

Prunkvolle Feiern in einem armen Land

Dass der 18jährige Kronprinz viel zu jung und auch nicht willens war, eine Prinzessin zu heiraten, spielte im Kalkül des Preußenkönigs keine Rolle. Er suchte unter mehreren Kandidatinnen schließlich jene Prinzessin Sophie Dorothea von Hannover aus und wusste sich damit auf der sicheren Seite. Denn Beziehungen zum hannöverschen Herrscherhaus bestanden bereits, war der am 14. August 1688 geborene Friedrich Wilhelm doch der Sohn nicht nur von Friedrich I. aus dem Hause Hohenzollern, sondern auch von Sophie Charlotte, die ebenfalls eine Prinzessin von Hannover war. Die Namensgeberin von Schloss und Stadt Charlottenburg, heute ein Bezirk im Berliner Westen, starb bereits 1705 und wurde im Berliner Dom beigesetzt.

Ein Jahr später wurde am 18, Juni 1706 in Hannover Verlobung zwischen Friedrich Wilhelm und Sophie Dorothea gefeiert. Am 14. November des gleichen Jahres fand ebenfalls in Hannover die Hochzeit statt. Nach damaligem Brauch geschah dies allerdings nur "in procurationem". Dabei nahm der einzige Bruder der Braut, der nachmalige König Georg II. von England, als Bevollmächtigter die Stelle des preußischen Kronprinzen ein. Dieser sah erst Ende November 1706 seine zukünftige Frau, mit der dann nach einer unendlichen Folge von Lustbarkeiten, Schmausereien, Opernaufführungen und Paraden am 28. November 1706 im Berliner Schloss die Ehe "in persona" geschlossen wurde. Bei der Zeremonie setzte der überglückliche König der neuen preußischen Kronprinzessin eine Brautkrone auf, "da sie sie von keinem, nächst Gott, empfangen kann als von mir; so habe ich auch der seligen Königin die Krone aufgesetzt", wie Friedrich I. schrieb. Dass sich das arme Preußen die teuren Feierlichkeiten eigentlich nicht leisten konnte und besser getan hätte, seine Schulden abzubauen, kam dem König nicht in den Sinn.

Ehe mit 14 Kindern gesegnet

Nach damaligem Brauch wurde die Stiftung der Ehe zwischen Friedrich Wilhelm und Sophie Dorothea durch Herolde im ganzen Land und Gesandte den europäischen Höfen mitgeteilt, und außerdem ließ der Monarch anlässlich der sich über drei Wochen erstreckenden "Beylager-Festlichkeiten" Medaillen mit dem Doppelbildnis des hohen Brautpaares und Allegorien prägen. Der Kronprinz ertrug klaglos all die Maskeraden, Ballette, Feuerwerke und anderen Veranstaltungen, nahm sich aber vor, wenn er einmal Herr im Lande werden würde, mit derartigem kostspieligem Mummenschanz sofort aufzuhören und das eingesparte Geld in die Armee und die Verbesserung der Infrastruktur des Landes zu stecken, wie wir heute sagen würden. In der ihm lakonischen Art notierte der Kronprinz Ende November 1706, mitten in den wahrhaft königlichen, für das Land aber finanziell ruinösen Feiern: "Man wird schon müde von diesen unaufhörlichen Festen, hoffentlich bekommt man sie noch mehr satt, bevor sie zu Ende gehen."

Das Kronprinzenpaar liebte sich und war fruchtbar, seine Ehe war nicht glücklicher oder unglücklicher als andere fürstliche Verbindungen, doch eines kann man dem Gemahl nicht nachsagen, dass er seine Gattin untreu war. Einigen ihrer 14 Kinder kein langes Leben beschieden, denn Königsfamilien machten damals hinsichtlich der hohen Kindersterblichkeit keine Ausnahme. Der erste Sohn und Thronfolger Friedrich lebte nur ein halbes Jahr und starb bereits im Mai 1708. Der nächste Prinz Friedrich Wilhelm überstand das erste Lebensjahr nicht und starb im Juli 1711. Neben der Prinzessin Wilhelmine, die 1758 als Markgräfin von Ansbach-Bayreuth starb, erreichte der am 24. Januar 1712 geborene Prinz Friedrich das Erwachsenenalter und bestieg 1740 als Friedrich II. den preußischen Thron, den er bis zu seinem Tod 1786 innehatte.

"Römisch" kostümierte Brautleute

Etwa zehn unterschiedlich große Medaillen feierten 1706 die Verlobung und die Hochzeit Friedrich Wilhelms und Sophie Dorotheas als ein Ereignis unter dem Schutz des allerhöchsten Gottes und dem "Beifall des Erdkreises", wie es auf einer solchen, von Jan Boskam geschaffenen Prägung heißt. Sie zeigt nicht das Doppelbildnis des Brautpaars, sondern die Ankunft der als hannöversche Venus dargestellten Sophie Dorothea und den Empfang durch den Prinzen, der dem von Amoretten gezogenen Himmelswagen der Prinzessin die Hand entgegenstreckt. Auf anderen Medaillen von Christian Wermuth und Hermann Friedrich sind die Brustbilder des Brautpaars getrennt auf beiden Seiten oder gemeinsam auf einer Seite verewigt. Dazu erkennt man, wie sich die Brautleute, in "römische" Kostüme gekleidet, die Hände geben. In- und Umschriften sprechen die Hoffnung aus, dass der nunmehr geschlossene Bund "tausendfach gedeihen" möge und eine Ehe ist, die auch über den Tod der Mutter des Bräutigams, Königin Sophie Charlotte, hinwegtröstet.

Dass man sich bei den lateinischen Inschriften gelegentlich im Ton vergriff und nicht Segen des christlichen Gottes, sondern an das "Wohlwollen der (heidnischen) Götter und die Gunst des Hochzeitsgottes" appellierte, mag die damalige Geistlichkeit geärgert haben, entsprach aber dem Geist der Zeit, in dem antike Götter wie Zeus und Venus, Amor und Minerva sowie Herkules und Mars in der bildenden Kunst und also auch auf Münzen und Medaillen als Symbol- und Identifikationsfiguren sehr beliebt waren. Neben solchen Medaillen ließ König Friedrich I. auch Gedenkmünzen wie die Hochzeitsdukaten von 1706, die zu den großen preußischen Raritäten gehören. Auch später haben die Hohenzollern Vermählungen in ihrer Familie, aber auch Geburten und Todesfälle durch mehr oder weniger aufwändig gestaltete Medaillen und Münzen gefeiert, so dass sich hier ein interessantes, wegen der Seltenheit mancher Stücke auch teures Sammelgebiet ergibt.

Sophie Dorothea, die Braut von 1706, überlebte ihren Gatten Friedrich Wilhelm I., der 1740 nach schwerer Krankheit mit nur 52 Jahren starb, um 17 Jahre. Während sie im Berliner Dom bestattet wurde, hat man Friedrich Wilhelm I. in der Potsdamer Garnisonkirche gebettet. Da diese von den Kommunisten abgerissen wurde, steht der Sarg seit 1991 im Mausoleum neben der Friedenskirche im Park von Sanssouci, während Friedrich II. im gleichen Jahr in der Gruft nahe Schloss Sanssouci beigesetzt wurde, so wie er es in seinem Testament festgelegt hatte.

23. September 2019

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