Hand am Ohr
Ungewöhnliche Gedenkmünze ehrt den vor 250 Jahren geborenen Komponisten Ludwig van Beethoven



Abweichend vom Üblichen schuf Hannes Dauer eine Gedenkmünze, die auch die Tragik im Leben von Ludwig van Beethoven überzeugend andeutet.



Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR brachten im Beethovenjahr 1970 zwei konventionell gestaltete Gedenkmünzen heraus. Sie reihen sich würdig in eine Serie zum Thema "Musica in nummis" ein.



Die von Josef Bernhart geschaffene Medaille von 1927 kam zum einhundertsten Todestag von Ludwig van Beethoven heraus.



Wegen seiner eigenartigen Form erhielt das mit den Halbfiguren von Beethoven sowie von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart geschmückte Marmormonument im Berliner Tiergarten respektlose Spitznamen wie Musikerofen oder Beet-Ofen.





Zweimal Johann Sebastian Bach und einmal Georg Friedrich Händel sowie das Jahr der Musik 1985 und Felix Mendelssohn-Bartholdy auf Gedenkmünzen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland.



In eine Sammlung zum Thema "Musica in Nummis" passen auch die Gedenkmünzen zu Ehren von Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Wagner. (Fotos: Caspar)

Die für das kommende Jahr angekündigte Gedenkmünze zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven fügt sich gut in eine Sammlung zum Thema "Musica in nummis" ein. Dieses Gebiet umfasst Münzen und Medaillen zu Ehren von Komponisten, Dirigenten und Interpreten, aber auch Musikfestspiele, Aufführungen von Opern und Konzerten sowie den Bau und die Weihe von Stätten der Musikpflege, um die wichtigsten Themen zu nennen. Die neuere deutsche Münzgeschichte blickt auf einige bis 1990 von der DDR sowie ab 1970 bis heute von der Bundesrepublik Deutschland herausgegebene Gedenkprägungen meist mit Bildnissen von großen Meistern der Musikgeschichte. Die DDR würdigte mit ihnen Beethoven 1970, Weber 1975, Bach 1975, Wagner 1983 und Händel 1984 sowie die Dresdner Semperoper 1984 und das Berliner Schauspiel- und Konzerthaus 1987. Die Bundesrepublik brachte Gedenkmünzen zu Ehren von Beethoven 1970, Mendelssohn-Bartholdy 1985, Bach 2000, Lortzing 2001, Mozart 2006, Schumann 2010, Liszt 2011, Wagner 2013 und Strauss 2014 heraus und bezog 1985 das Europäische Jahr der Musik sowie 2018 das Leipziger Gewandhausorchester und ab 2018 historische Musikinstrumente in die Serie ein.

Kaum zu überschauen ist, was in anderen Ländern zum Thema Musik und Musiker auf Münzen und Medaillen geprägt wurde. Da die meisten in- und ausländischen Gedenkstücke in hohen Auflagen hergestellt wurden, dürfte es Sammlern nicht schwer fallen, sich binnen kurzer Zeit eine respektable Kollektion anzulegen. Mit viel Geduld und nach einigem Suchen kann sie dann nach rückwärts, das heißt ins 19. Jahrhundert und davor vervollständigt werden kann. Da auch unser Nachbarland Österreich viele Musikermünzen herausgebracht hat, ist es nicht ohne Reiz, entsprechende Stücke nebeneinander zu legen und zu vergleichen, denn jedes Land und jede Zeit hat ihre eigene Sicht auf musikalische Ereignisse und Gestalten, die den numismatischen Ritterschlag erhalten haben.

Taubheit ab Mitte seines Lebens

Bereits 1970 hatten die DDR und die Bundesrepublik Deutschland den 1770 in Bonn geborenen Ludwig van Beethoven durch Silbermünzen geehrt. Von Siegmund Schütz beziehungsweise Wilfried Fitzenreiter und Axel Bertram entworfen, richteten sich die Profilbildnisse nach bekannten Vorlagen. Sie zeigen den berühmten Komponisten und Pianisten mit leicht verkniffenem Mundwinkel und länglichen, nach hinten gekämmten Haaren. Die für 2020 geplante, von Hannes Dauer (Schönbrunn-Steinsdorf) gestaltete Münze weicht von solch bewährten Vorlagen ab. Sie deutet auf die Tragik im Leben des Musikers an, der bereits in der Mitte seines Lebens zunehmend taub wurde. Er kam nicht mehr in den Genuss seiner eigenen Kompositionen und konnte nur noch mühsam über so genannte Sprechzettel mit seiner Umgebung kommunizieren. Die Notizen werden im Jubiläumsjahr 2020 von der Staatsbibliothek zu Berlin gemeinsam mit den originalen Noten er Oper Fidelio und der Missa Solemnis sowie dem Originalmanuskript der 9. Sinfonie mit der weltbekannten "Ode an die Freude" gezeigt, das 2001 in das UNESCO-Register "Memory of the World" aufgenommen wurde.

Zur Auswahl für die neue Beethovenmünze standen zumeist Porträts, die von zeitgenössischen Darstellungen inspiriert sind. Beethoven schaut auf den Modellen, mal eine Schreibfeder, mal einen Taktstock in der Hand, mal als Kopf oder bis zur Brust heranreichend aus dem Rund der eingereichten Modelle heraus, gelegentlich sieht man einige von ihm geschriebene Noten und in einem Fall auch das Hörrohr, mit dem er vergebens versuchte, ein paar Töte einzufangen. Ganz ohne Bildnis kommt ein Entwurf nur mit einer Schriftlösung aus. Nichts konnte das Preisgericht überzeugen.

Was wahre Kunst ist

Preisträger Hannes Dauer schildert abweichend von den anderen Modellen, wie Beethoven seine Hand ans Ohr hält, deutet er dessen Mühen an, seinen Gehörschaden zu mildern. Die Jury lobte diese Darstellung mit den Worten, Dauer gelinge durch seine sehr kraftvolle und präsente Darstellung eine Geste, die verschiedene Deutungen zulässt. "Gezeigt wird der Jubilar, wie er konzentriert zuhört und das Gehörte verinnerlicht. Gleichzeitig wird der Betrachter eingeladen zu hören." Der glatte Münzrand enthält die vertiefte Inschrift WAHRE KUNST BLEIBT UNVERGAENGLICH. Das Zitat stammt aus einem im Besitz der Berliner Staatsbibliothek befindlichen Brief Beethovens an seinem Komponistenkollegen Luigi Cherubini vom 12. März 1823, der so lautet: "Wahre Kunst bleibt unvergänglich u der wahre Künstler hat inniges Vergnügen an wahren u großen genialischen Geistes-Produkten." Das laut Prägebuchstaben F in der Münze zu Stuttgart in den Qualitäten Stempelglanz und Spiegelglanz geprägte Geldstück besteht aus 925er Sterlingsilber, wiegt 18 Gramm und hat einen Durchmesser von 32,5 mm. Die Ausführungen in Stempelglanz werden zum Nennwert 20 Euro in den Verkehr gebracht, hingegen erfolgt der Verkauf in Spiegelglanz zu einem darüber liegenden Preis.

Ludwig van Beethoven wuchs in Bonn in bescheidenen Familienverhältnissen auf und wurde von seinem Vater, einem kurfürstlichen Hoftenor, auf dem Klavier und der Violine unterrichtet. Als junger Mann schlug er sich mal hier mal da als Orgelgehilfe, Bratschist und Cembalist durchs Leben. Der Der Durchbruch gelang, als sich Beethoven in Wien niederließ und dank guter Kontakte aus seiner Zeit in Bonn Zugang zu Wiener Adelshäusern bekam. Er machte sich als Pianist und Komponist einen Namen und war gern gesehener Gast bei adligen Musikfreunden, die seine Fähigkeiten zur Improvisation auf dem Klavier bewunderte. Materiell und ideell wurde Beethoven von den Fürsten Lichnowsky, Rasumowsky, Esterházy und Lobkowitz unterstützt, die auch dafür sorgten, dass einige seiner Kompositionen veröffentlicht wurden.

Viele Ehrungen für 2020 geplant

In diese Zeit fallen bei dem begnadeten Komponisten und Pianisten erste Anzeichen einer beginnenden Taubheit, die um 1818 vollständig wurde, so dass Beethoven zunehmend das Gefühl gesellschaftlicher Isolation verspürte. Er verließ Wien nur noch zu kürzeren Reisen nach Prag, Dresden, Leipzig und Berlin sowie für Kur- und Badeaufenthalte. Meist verbrachte er den Sommer in der Umgebung von Wien, im Herbst zog es ihn wieder in die alte Kaiserstadt. Im "Heiligenstädter Testament" offenbarte er 1802 seinen Brüdern die Verzweiflung über die zunehmende Gehörlosigkeit. Dennoch entstanden gerade in diesen Jahren Schlüsselwerke seines voll ausgebildeten, hochklassischen Stils. Zu nennen sind neun Sinfonien sowie fünf Klavierkonzerte 32 Klaviersonaten, ein Violinkonzert, die Oper Fidelio, die Missa Solemnis sowie zahlreiche Kammermusiken. Ein Angebot, als Hofkapellmeister nach Kassel an den Hof des Königs Jerôme Bonaparte zu gehen, lehnte er 1809 ab, nachdem ihm eine Gruppe Wiener Aristokraten eine hohe Jahresrente zugesichert hatte. Damit war sein Lebensunterhalt endgültig gesichert. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Beethoven im Jahr 1814. Familiäre Streitigkeiten und zermürbende Prozesse vergällten ihm den Rest seines Lebens. Ludwig van Beethoven gehört er zu weltweit am meisten gespielten und populärsten Komponisten. Für 2020 sind in Bonn, Wien, Berlin und anderen Städten umfangreiche Ehrungen geplant.

Wenige Jahre nach dem Tod des Komponisten im Jahr 1827 kamen Musikfreunde in Bonn überein, den großen Sohn ihrer der Stadt durch ein Denkmal zu ehren. Doch zwischen ersten Ideen für das Musikermonument und der Enthüllungsfeier im August 1845 in Anwesenheit des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. und der englischen Königin Victoria war eine lange Strecke zu überwinden. Manche Rheinländer meinten, es genüge, wenn man Beethovens Musik spiele und singe, denn sie sei Denkmal genug und man brauche nicht noch ein Monument. Andere witterten eine Intrige der Preußen, weil sich Friedrich Wilhelm IV. als wenig geliebter Landesherr für das Monument stark gemacht hatte, um im Rheinland für sich Stimmung zu machen. Wie dem auch sei, das Projekt kam auf den Weg, und daran hatte Franz Liszt großen Anteil. Der Komponist und Klaviervirtuose veranstaltete Benefizkonzerte, stellte 10 000 Francs zur Verfügung und regte damit andere Musikfreunde an, sich dem Projekt durch Zustiftungen anzuschließen.

Grimmiger Gesichtsausdruck

Geschaffen wurde das bronzene Standbild auf dem Bonner Münsterplatz von dem Dresdner Bildhauer Ernst Hähnel, einem Mitarbeiter des Architekten Gottfried Semper, der seinerseits auf der Brühlschen Terrasse in Dresden durch ein Denkmal geehrt wird. Der Beethoven-Statue sieht man nicht an, welch große Mühe der Bildhauer mit dem Modell hatte. Denn im Denkmalkomitee gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie denn das Musikgenie dargestellt werden soll und wie seine Kunst am besten zu würdigen wäre. Hähnel, der sich gegen den italienischen Bildhauer Bartolini, dem Wunschkandidaten von Liszt, durchgesetzt hatte, zeigt Beethoven mit wehenden Haaren und eingehüllt in einen langen, faltenreichen Künstlermantel. Grimmig ist der Gesichtsausdruck des Musikers, der eine Schreibfeder in der rechten Hand hält, wohl um einen musikalischen Einfall aufzuschreiben. Im Stil der Zeit ist auch der Granitsockel mit bronzenen Reliefs geschmückt. Sie symbolisieren verschiedene "Sparten" Beethovenschen Schaffens, und zwar die geistliche Musik, die Sonaten, die Sinfonien und die Oper.

Nach einer Anekdote sollen die Teilnehmer der Enthüllungszeremonie am 10. August 1845 pikiert gewesen sein, als sie auf dem Balkon des Palais Fürstenberg, der heutigen Hauptpost, standen und sahen, dass ihnen Beethoven den Rücken kehrt. Der König Friedrich Wilhelm IV. begleitende Wilhelm von Humboldt beruhigte seinen Herrn mit den Worten: "Ja, er ist auch im Leben immer ein grober Kerl gewesen." Die Enthüllungsfeier mit einem mehrere Tage andauernden Musikfest verbunden. Es begründete die Tradition der noch heute bestehenden Bonner Beethoven-Feste.

Großzügige Spenden für Denkmäler

Verwirklicht wurde in der Bonner Rheinaue ein weiteres Beethovendenkmal nach einem Modell von Peter Christian Breuer. Es zeigt den Komponisten nicht stehend oder an einem Klavier oder Schreibpult sitzend, sondern als Liegefigur. Sie wurde von Fritz Diederich, einem langjährigen Mitarbeiter von Breuer, in Granit ausgeführt und 1938 am "Alten Zoll" in Bonn aufgestellt. Elf Jahre später hat man die Skulptur abgetragen und eingelagert, um sie erst 1977 wieder öffentlich zu zeigen. Beethoven ist mit einem mächtigen Lorbeerkranz im Haar dargestellt, sein in sich ruhender Körper wird durch einen langen Mantel bedeckt. Ein von Klaus Kammerichs geschaffener und 1986 vor der Beethovenhalle aufgestellter riesiger Beethoven-Kopf aus Beton kam beim Publikum besser an und wurde zu einem Wahrzeichen der Universitätsstadt am Rhein.

Im Laufe des 19. und frühen 20. Jahrhundert hat man in verschiedenen Städten Beethoven-Denkmäler und Büsten des Komponisten aufgestellt, so in Bonn, Berlin, Leipzig und Wien. In der österreichischen Kaiserstadt wurde 1880 ein von dem Bildhauer Caspar von Zumbusch geschaffenes Beethoven-Denkmal eingeweiht. Namhafte Musiker wie Franz Liszt und Johannes Brahms hatten sich mit großzügigen Spenden an dem Projekt beteiligt. Beethoven ist, in Bronze gegossen, sitzend dargestellt. Am Sockel haben Symbolfiguren Platz genommen und huldigen dem Komponisten, der seit 1792 in Wien lebte und hier auch starb. Berlin schmückte sich 1904 mit einem von Rudolf Siemering geschaffenen Denkmal, das gleich drei Komponisten des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts ehrt - Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven.

Zu den Bildhauern, die sich intensiv mit Beethoven befasst haben, gehörte Max Klinger. Er schuf von 1885 bis 1902 eine geradezu überirdische, der Welt entrückte Sitzfigur, die geteilte Reaktionen hervorrief, so revolutionär, so ungewöhnlich zeigte sie das allseits verehrte Musikergenie. Die im Museum der bildenden Künste in Leipzig aufgestellte Skulptur besteht aus unterschiedlich gefärbten Steinmaterialien, kombiniert mit Bronze, Glas und Elfenbein. Sie zeigt Beethoven grimmigen Blicks als Titanen der Musik, wie er mit geballten Fäusten auf einem Thron sitzt. Siebzehn Jahre hatte der gebürtige Leipziger Max Klinger an der Monumentalskulptur gearbeitet, doch Unverständnis und Undank waren sein Lohn. Lange war die Skulptur in Leipzig eher abgestellt denn aufgestellt, erst im alten Kunstmuseum, dann im Gewandhaus. Mit der Eröffnung eines modernen Anbaus des Museums der Bildenden Künste in Leipzig erhielt Klingers Werk einen neuen Platz, der Beethoven ins richtige Licht rückt und seinen Schöpfer posthum ehrt.

5. August 2019

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