Goldener Reiter als Hercules saxonicus
Mit seinen Münzen und Medaillen machte August der Starke gezielt und gekonnt Eigenwerbung / Betrachtung nach dem Raub im Dresdner Grünen Gewölbe



Der Goldene Reiter auf dem Neustädter Markt in Dresden stellt August den Starken in antikisierender Tracht dar.





Der Fürstenzug am Langen Gang zwischen dem Dresdener Schloss und dem Stallgebäude feiert auf bemalten Meißener Porzellanfliesen August den Starken sowie seine Vorgänger und Nachfolger auf dem sächsischen Thron. Der auf dem Umhang Augusts des Starken abgebildete Stern des Polnischen Weißen Adlerordens gehört zu der Beute, die die Einbrecher im Grünen Gewölbe am 25. November 2019 gemacht haben.







Die Medaille von 1697 feiert die Krönung Augusts des Starken zum König von Polen. VIRTUTE PARATA (Durch Tüchtigkeit erworben) lautet die Inschrift auf einer Talerklippe von 1699 mit dem königlichen Monogramm und dem Hercules saxonicus, dem die göttliche Hand einen Siegeslorbeer reicht.





Das polnisch-sächsische Allianzwappen ist auf dem Reichstaler von 1729 und vielen anderen Münzen dieser Zeit abgebildet. Das Ordenskreuz auf dem Beichlingenschen Ordenstaler von 1702 gab Anlass zu wilden Anschuldigungen gegen den Vertrauten Augusts des Starken, Großkanzler Graf Wolf Dietrich von Beichlingen.



Für die im Dresdner Zwinger ausgestellten chinesischen Porzellanvasen "lieferte" August der Starke seinem Freund, dem preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., zahlreiche Dragoner, weshalb man sie Dragonervasen nennt.



Dass der Kurfürst und König persönlich auf die Gestaltung der einen und anderen Medaille Einfluss nahm, ist verbürgt und durch Zeichnungen in Dresdner Archiven belegt. Die Medaille von 1702 feiert das 200. Gründungsjubiläum der Universität Wittenberg mit einem Porträt Augusts des Starken und einer Stadtansicht.



Die sechseckige Talerklippe von 1719 wurde von der Schnepper-Gesellschaft auf das Schießen anlässlich der Vermählung des Kurprinzen und ab 1733 Kurfürsten Friedrich August II. (August III.) ausgegeben und stellt eine große Rarität in der sächsischen Münzgeschichte dar. (Fotos: Caspar)

Der spektakuläre Einbruch am 25. November 2019 in das Grüne Gewölbe des Dresdner Residenzschloss lässt die Frage aufkommen, wie sich der dort mit ausgefallenen Preziosen vertretene August der Starke, seines Zeichens Kurfürst von Sachsen und König von Polen, im frühen 18. Jahrhundert die Mittel beschaffte, um im Wettstreit mit anderen Fürsten der Barockzeit seinen kostspieligen Leidenschaften nachgehen zu können und wie er sich auf Münzen und Medaillen darstellte. Die Dresdner Polizei tappt bei der Suche nach den vier Tätern im Dunkeln und hat eine halbe Million Euro zu ihre Ergreifung und Sicherstellung der aus zwei Dutzend Exponaten bestehenden Beute ausgesetzt. Allerdings wird befürchtet, dass die über und über mit großen und kleinen Brillanten und anderen Edelsteinen besetzten Goldschmiedearbeiten auseinandergerissen und die darin befindlichen Steine umgeschliffen werden, um sie unauffällig zu Geld zu machen.

Die Kurfürsten und ab 1806 Könige von Sachsen waren prägefreudige Herren. Ihnen standen die Erträge ihrer Silbergruben im Erzgebirge zu Gebote, und sie nutzten den Fleiß und die Erfindungsgabe ihrer Untertanen weidlich für sich aus. Indem sie politische und militärische Ereignisse, aber auch Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle in der eigenen Familie sowie andere Ereignisse dauerhaft auf Münzen und Medaillen festhalten ließen, schufen sie eine einzigartige "Histoire métallique". Im 17. und 18. Jahrhundert war die Aufnahme von Herrschern in hohe ausländische Orden und natürlich auch die Stiftung eigener Orden ein Thema, das auf prächtigen Geprägen dokumentiert wurde. Hinzu kamen Grundsteinlegungen für repräsentative Staatsbauten und Kirchen sowie ihre Eröffnung. Gelegentlich hat man anlässlich von Hoffesten, Schießwettbewerben und anderen so genannten Haupt- und Staatsaktionen viereckige Taler geprägt. Solche Klippen waren eine sächsische Besonderheit, denn in anderen Ländern kommen sie kaum vor. Dass sie den Wert von Talern besitzen, ist auf den Geprägen vermerkt.

Weißes Gold zu Taler und Dukaten

Angesichts der goldschimmernden und brillantblitzenden Pracht im Grünen Gewölbe wird mancher Besucher sich fragen, wie sich die Kurfürsten und Könige von Sachsen und insbesondere der von 1694 bis 1733 regierende August der Starke jene Mittel beschafft hat, die ihm eine teure Hofhaltung und kostspielige Feste, den Kauf von Juwelen und Kunstgegenständen, aber auch den standesgemäßen Unterhalt seiner Mätressen erlaubten. Eine große Rolle in Augusts gut geschmierter Geldmaschine spielte die starke Besteuerung seiner Untertanen, die Verpfändung von Landesteilen und der Handel mit Pfründen, Ämtern und Titeln. Geld spülte auch die 1710 gegründete Porzellanmanufaktur in Meißen in die Staatskasse. Deren Leiter Johann Friedrich Böttger sollte für seinen Herrn eigentlich künstliches Gold herstellen, kam aber auf Umwegen auf das "weiße Gold" mit den blauen Schwertern und verhalf mit wunderbaren Porzellangeschirren und -figuren seinem kurfürstlichen und königlichen Herren zu vielen Taler und Dukaten.

Steuer- und andere Einnahmen wurden unter anderem zur Finanzierung der Wahl des "Hercules saxonicus" genannten Kurfürsten 1697 zum König von Polen sowie für die Feierlichkeiten anlässlich der Krönung in Krakau verwendet. Später kosteten die Verwicklungen der Doppelmonarchie Sachsen und Polen in den Nordischen Krieg zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Land ein Mehrfaches dessen, was August der Starke zur Befriedigung seiner Leidenschaften und Vergnügungen aufwandte. Aber das war nichts Besonderes, denn auch andere Herrscher verprassten rücksichtslos das sauer verdiente Geld ihrer Untertanen.

Kraft, Schläue und Unerschrockenheit

Dass August der Starke 1694 als zweitgeborener Prinz Kurfürst wurde, war einem tragischem Zufall zu verdanken. Sein älterer Bruder Johann Georg IV. starb nach wenigen Regierungsjahren überraschend an einer Infektionskrankheit, ohne einen Thronerben zu hinterlassen. Friedrich August, in seiner imposanten Erscheinung ganz das Gegenteil des schwächlichen Bruders, übernahm die Herrschaft mit der Ankündigung, mit Schlendrian und Vetternwirtschaft aufzuräumen. Auf seinen Münzen und Medaillen hat man den neuen Herrscher traditionell im Hermelin mit geschultertem Schwert dargestellt, doch ließ er sich auch als Hercules saxonicus feiern, womit ein auch auf Münzen frühere sächsischer Kurfürsten verwendetes Motiv fortgeführt wurde. Der mit einer Keule bewaffnete Held der antiken Sage steht für Kraft, Schläue und Unerschrockenheit, und genau so wollte August der Starke gesehen werden.

Waghalsige Pläne zu schmieden, war offenbar eine Lieblingsbeschäftigung des eigenwilligen Monarchen, der Hufeisen verbiegen und Silberteller wie Papier zusammenrollen konnte, was ihm seinen bis heute populären Namen August der Starke eintrug. Für den mit legendärer Körperkraft ausgestatteten Frauenliebling, Kunstfreund und Bauherren Friedrich August I., der sich als König von Polen August II. nannte, war es eine Herzensangelegenheit, Sachsen und Polen durch eine Personalunion zu verbinden und dadurch eine Doppelmonarchie von europäischem Format zu regieren. Dafür wechselte der erst 27jährige Wettiner sogar vom protestantischen zum römisch-katholischen Bekenntnis, denn dieser Glaubenswechsel war die Voraussetzung, um an der polnischen Königswahl teilnehmen zu können.

Durch Bestechung auf den polnischen Thron

Nach dem nach Zahlung von hohen Bestechungsgeldern an die polnischen Wahlmänner erreichten Erwerb der polnischen Krone kam zum Titel des Kurfürsten und Erzmarschalls der des polnischen Königs hinzu. Fortan erschien auf sächsischen Geprägen das Allianzwappen beider Länder unter der Königskrone. Als August der Starke zeitweilig im Verlauf des Nordischen Kriegs der polnischen Krone verlustig ging, ließ er sich auf seinen Talern und anderen Münzen nur Augustus Rex, also König August, titulieren. Die undatierten Schmetterlingstaler mit dem gekrönten Monogramm AR für Augustus Rex stammen offenbar aus dieser für den Herrscher wenig angenehmen Periode.

Einer der engsten Vertrauten Augusts des Starken, Kabinettsminister Jakob Heinrich von Flemming, beschrieb den Erzmarschall des Reiches, so das auf Münzen und Medaillen erwähnte Zeremonialamt des Sachsen als Kurfürst des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, im Jahre 1722 so: "Der König ist ein gut aussehender Fürst, der zu gefallen versteht und die Herzen jener gewinnt, die ihn sehen. Er ist kräftig und gesund geartet, und wenn er sich nicht allzu viel zumuten würde, so könnte er auch ein hohes Alter erreichen. Er ist im Grund ein Melancholiker, daher seine vielen Pläne, seine zahlreichen Luftschlösser und der Umstand, dass er auf ihn zukommende Gefahren übertreibt. [...] Vergnügungen und Ehrgeiz sind die ihn beherrschenden Leidenschaften, aber nach dem Vergnügen verlangt er doch wohl noch stärker. Nur zu oft haben ihm seine Vergnügungen einen Erfolg verwehrt, aber noch nie hat er sich durch die Ambition bei einem Vergnügen stören lassen."

Es versteht sich, dass August der Starke, dessen Reiterstandbild, der so genannte Goldene Reiter, in der Dresdener Neustadt bewundernde Blicke auf sich zieht und außerdem auf dem "Fürstenzug" am Dresdner Schloss mit seinen Vorfahren und Nachkommen abgebildet ist, sehr schön die Klaviatur barocker Selbstdarstellung zu spielen verstand. Dazu gehörte auch die Ausgabe von Münzen und Medaillen. Stempelschneider hatten alle Hände voll zu tun, die vielen Aktivitäten ihres Herrn auf politischem, militärischem und kulturellem Gebiet sowie ausgewählte Familienereignisse in haltbarem Metall darzustellen, und sie machten ihre Sache gut.

Beichlingenscher Ordenstaler

Hinter manchen Münzen verbergen sich interessante Geschichten. Im Falle des unter der Regentschaft Augusts des Starken geprägten "Beichlingenschen Ordenstalers" von 1702 kam es sogar zu Verdächtigungen im Zusammenhang mit absichtlicher Münzverschlechterung und Anklagen gegen einen engen Vertrauten des Herrschers. Eine numismatische Besonderheit aus der Zeit Augusts des Starken sind die so genannten Beichlingenschen Ordenstaler von 1702 vor. Benannt nach Wolf Dietrich Graf von Beichlingen, dem damals allmächtigen Großkanzler und Günstling von August dem Starken, gibt es diese Münzen in drei Versionen. Die erste zeigt auf der Vorderseite den gekrönten Monarchen, während auf der Rückseite das sächsisch-polnische Wappen auf einem Andreaskreuz liegt. Unter dem gekrönten Wappen erkennt man einen kleinen Elefanten als Zeichen des 1462 gestifteten und 1693 erneuerten dänischen Elefantenordens, zu dessen Trägern August der Starke zählte. Der zweite Ordenstaler verzichtet auf das königliche Bildnis. Hier umschlingt auf der Vorderseite das Ordensband mit anhängendem Elefanten das Andreaskreuz, während das wiederum gekrönte Doppelwappen Augusts des Starken von der Ordenskette mit einem Elefanten ganz unten umschlungen wird. Die dritte Version wurde Gegenstand einer politischen Affäre. Während die Rückseite das sächsisch-polnische Wappen in reichem Rankenwerk unter der Königskrone präsentiert, sind auf der Vorderseite die gekrönten Initialen des Herrschers "A II" um ein Kreuz gelegt, aus dessen Ecken Strahlen hervorgehen. Auf den ersten Blick ist dieser Ordensstern keine Besonderheit. Der Stern trug dem Grafen von Beichlingen den Vorwurf ein, er habe nicht den Stern des dänischen Elefantenordens abbilden lassen, sondern den eines des Danebrogordens, der ihm, Beichlingen, verliehen wurde. Dass August der Starke und sein Großkanzler Träger hoher dänischer Orden waren, ist der Allianz geschuldet, die Sachsen-Polen mit Dänemark beziehungsweise Brandenburg-Preußen gegen Schweden eingegangen war.

Betrachten man die Sterne des Elefanten- und des Danebrogordens, so wird man gewiss Ähnlichkeiten feststellen können. Denn in beiden Fällen gehen Strahlen von den Kreuzen aus, unterschiedlich sind nur die an Ketten oder Halsbändern getragenen Insignien, nämlich Elefant beziehungsweise Kreuz. In Friedrich von Schrötters "Wörterbuch der Münzkunde" (1930) findet man den Hinweis, es handele sich bei dem "Beichlingenschen Ordenstaler" von 1702 um einen hochwertigen Bancotaler, auf dessen Vorderseite das Kreuz des von Beichlingen getragenen dänischen Danebrogordens zu erkennen ist anstatt des dem König verliehenen Kreuzes des dänischen Elefantenordens. Das transpress-Lexikon Numismatik schreibt, der Taler sei von Beichlingen "ausgebracht" worden. "Das gab Anlass zu einer Intrige gegen den Grafen Beichlingen, mit der Behauptung, dass es sich um das Kreuz des dänischen Danebrog-Ordens handeln würde, dessen Ritter der Großkanzler war." Die Prägung der drei Taler sei noch im gleichen Jahr 1702 eingestellt worden.

Verschwörung gegen den Landesherrn

Schaut man in die Literatur, dann ist zunächst über Wolf Dietrich von Beichlingen zu erfahren, dass er im April 1703 auf Befehl von August dem Starken verhaftet wurde, weil der Verdacht bestand, er sei in eine Verschwörung sächsischer Adliger gegen den Landesherren verwickelt gewesen. Dergleichen hat es in der Geschichte Kursachsens immer mal wieder gegeben. Jetzt aber war eine Rebellion für das Herrscherhaus der Wettiner gefährlicher denn je, befand sich Kursachsen doch im Krieg gegen Schweden und seinen König Karl XII. Die Situation des gar nicht so starken August war in dieser Zeit also ziemlich wacklig, und da passte die spektakuläre Verhaftung des auf großem Fuße lebenden Großkanzlers gut in die politische Landschaft. Vorwürfe gegen den gestürzten Großkanzler waren Veruntreuung von Staatsgeldern und Verschwörung, doch zu einem Prozess kam es nicht. Dergleichen konnte sich der Monarch nicht erlauben, denn dabei wären bestimmt unliebsame Dinge ans Tageslicht gekommen, die kein gutes Licht auf den in Saus und Braus lebenden und daher immer auch in Geldnöten steckenden Landesherren geworfen hätten.

In seinem Gefängnis im Georgenbau auf der Festung Königstein, sozusagen Zelle an Zelle mit dem Alchemisten und späteren Erfinder des erst braunen, dann weißen Hartporzellans Johann Friedrich Böttger, verfasste der Graf 1708 eine Verteidigungsschrift und wies darin neben anderen Anschuldigungen auch die Behauptung zurück, er habe auf dem bewussten Taler "unter des Königs Namen" nicht den Stern des Elefantenordens, sondern den des ihm verliehenen Danebrogordens anbringen lassen, was eine "beleidigende Herausnehmung gegen den König" gewesen sei, wenn dem so gewesen wäre.

Wie die Faust aufs Auge

Die Beichlingensche Verteidigungsschrift oder Apologie wurde von Johann David Köhler, dem Herausgeber der berühmten "Wöchentlichen Münzbelustigungen", und dann noch einmal im "Versuch einer Chur-Sächsischen Münzgeschichte" von Johann Friedrich Klotzsch im Jahr 1780 abgedruckt. Es sei ganz irrig und unbegründet, dass er, Beichlingen, die Kreuztaler hat ausprägen und dazu auch den "Riss", also die Zeichnung, hat anfertigen lassen. Vielmehr sei der Entwurf von der Kammer, also der Regierung, approbiert worden. Die Behauptung, auf der Münze befinde sich der Danebrog-Orden, sei von Leuten in die Welt gesetzt worden, die keine Ahnung haben, schreibt der Gefangene, in moderne Sprache übertragen und stark gekürzt. "Was aber das Kreutz anlanget, so gehören solches eben so wohl zum Elephanten, als (wie zum) Danebroger Orden". Die ganze Beschuldigung "schicket sich, man nehme die Sache wie man wolle, wie die Faust aufs Auge."

August der Starke gab den auf der Festung Königstein gefangenen Grafen von Beichlingen erst 1709 frei, wie es heißt auf Bitten der königlichen Mätresse Gräfin Cosel, die ihrerseits, wegen "unbilliger Forderungen" bei August in Ungnade gefallen, 1716 auf der Burg Stolpen gefangen gesetzt wurde und dort nach dem Tod ihres Geliebten 1733 freiwillig bis zu ihrem Tod im Jahr 1765 blieb. Auch in Preußen und anderen Ländern war es Usus, dass gekrönte Häupter eigenes Versagen auf Untergebene abwälzten und sogar aus Prozessen gegen diese Kapital schlugen, indem sie sich deren Vermögen aneigneten.

30. November 2019

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