"In höchster Gegenwart"
Wenn Landesfürsten Prägeanstalten inspizierten, hat man ihnen besondere Münzen udn Medaillen gewidmet



Vornehme Herren inspizieren auf der Miniatur der Spiezer Bilderchronik des Diebold Schilling d. Ä. von 1484/85 eine Münzstätte.



Kaiserin Maria Theresia ist auf einer Münzbesuchsmedaille von 1754 abgebildet, rückseitig ist ein Genius mit Waage und Füllhorn an einer Spindelpresse zu erkennen.



Die klippenförmige Medaille erinnert an den Besuch von Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel und seiner Gemahlin in der Münze zu Kassel am 21. Juni 1775.



Clio und Moneta an der Spindelpresse erscheinen auf einer Medaille, die 1804 mit dem Porträt von Napoleon I. anlässlich der Eröffnung der Pariser Medaillenmünze geprägt wurde.



Als die Zaren Peter der Große und Alexander I. 1717 beziehungsweise 1814 die Pariser Münze besuchten, hat man ihnen unterschiedlich gestaltete Medaillen gewidmet. Die königlichen Lilien auf der Ausgabe von 1814 weisen auf die Rückkehr der Bourbonen nach den Befreiungskriegen auf den französischen Thron.



Einfallslos gestaltet ist der seltene preußische Kronprinzentaler von 1819, den die Münze zu Düsseldorf dem späteren Friedrich Wilhelm IV. gewidmet hat.



Die aus Freiberger Silber gefertigte Münzbesuchsmedaille von 1905 mit einer historischen Bergbauszene wurde nur probeweise geprägt und ist sehr selten.



Aus dem 20. Jahrhundert stammt die Medaille, die man beim Besuch des Hauptmünzamtes in München kaufen kann. Nach dem Umzug der Münzstätte an die Zahmdorfer Straße im Münchner Stadtteil Bogenhausen ist das Landesdenkmalamt in dem Gebäude aus der Renaissancezeit untergebracht.



Im Münzgebäude aus dem 18. Jahrhundert an der Seine ist das Museum der Monnaie de Paris untergebracht. (Fotos/Repro: Caspar)

Wer sich für die Geschichte der Münztechnik und von Münzstätten interessiert, stößt alsbald auf Gedenkprägungen aus Anlass des Besuchs der durchlauchtigsten Herrschaften in landeseigenen Münzstätten. Solche Münzbesuchstaler oder -medaillen bilden ein reizvolles Sammelgebiet innerhalb des kaum zu überschauenden Gebiets "Numismatica in nummis". Viele dieser vor allem seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts emittierten Ausgaben sind selten. Einen wahren Boom solcher Erinnerungsgepräge gab es in den Jahren 1814 und 1815, als nach dem Sieg über Napoleon I. in den Befreiungskriegen europäische Fürsten und ihre Minister in Paris weilten und über Neuordnung Europas und die Wiederherstellung des Ancien régimes verhandelten, also der Königsherrschaft der während der französischen Revolution zwanzig Jahre zuvor abgesetzten Bourbonen. Die Monnaie de Paris war damals "das" Mekka aller Münztechniker. Hier studierte man neuartige Prägeverfahren und -maschinen, hier konnte man für das eigene Land auch neue Maschinen kaufen.

Kaum eine Person von Rang und Stand ließ es sich nehmen, die Prägeanstalt an der Seine zu besichtigen, die kurz vor 1800 damit begann, dem neuen starken Mann Frankreichs, Napoleon Bonaparte, ab 1804 Kaiser Napoleon I., mit zahllosen Medaillen zu huldigen. In einem Katalog des Sammlers L. Bramsen sind die meisten Gepräge beschrieben, darunter auch zahlreiche Münzbesuchsmedaillen. Wer intensiv sucht, findet Exemplare, die oft in der Größe von Fünf- oder Zweifrancsstücken geprägt wurden. Einige Besuchsmedaillen werden auch heute als extra am Rand gezeichnete Nachprägungen der Pariser Medaillenadministration angeboten.

Clio und Moneta an der Spindelpresse

Die Gestaltung vieler Münzbesuchsmedaillen aus der napoleonischen Ära zeichnet sich durch erstaunliche Einfallslosigkeit aus. Der schon für andere Medaillen verwendete Vorderseitenstempel mit einem Kopf oder einer Büste, manchmal auch einem Doppelbildnis wird mit einer auf den Besuch bezogenen Inschrift kombiniert, mehr nicht. Das half Kosten zu sparen und erfüllte doch seinen Erinnerungszweck. Zum Glück gibt Ausnahmen, etwa die Darstellung von Landeswappen statt des Kopfes oder gar von niedlichen Putten auf einer Medaille anlässlich des Besuchs des durch Heirat mit dem französischen Kaiser verwandtschaftlich verbundenen württembergischen Königspaars. Im Fall einer Münzbesuchsmedaille der Kaiserin Marie Louise von 1813 rangen sich der Chef der Pariser Medaillenmünze Dominique Vivant Denon und der Stempelschneider Nicolas Brenet zu einer spezifischen Münztechnikdarstellung durch. Abgebildet ist eine Spindelpresse unter dem strahlenden Monogramm ML. Schon 1804 wurde eine mit den antiken Göttinnen Clio (Geschichtsschreibung) und Moneta (Münzkunst) geschmückte Medaille auf die Eröffnung der Monnaie de la Médailles mit Napoleon I. auf der Vorderseite geprägt. Das Motiv war so beliebt, dass es mit neuer Vorderseite auch auf späteren Münzbesuchsmedaillen verwendet wurde.

Schaut man sich das Buch von L. Bramsen "Médaillier Napoléon le Grand" (1904-1913, Nachdruck Hamburg 1977) an, den wohl umfangreichsten Katalog zu diesem Thema, so weilten der Papst und die Kaiser von Russland und Österreich, die Könige von Preußen, Sachsen und Württemberg, die Königin von Holland sowie andere Herrscher in der Pariser Medaillenmünze. Der Besuch des Zaren war gleich zwei Medaillen wert, eine mit der kaiserlichen Büste und einer mehrzeiligen Inschrift sowie eine weitere mit einer figürlich gestalteten Rückseite, die bereits 1717 für eine Münzbesuchsmedaille Peters des Großen verwendet wurde.

Versionen aus Gold für hohe Besucher

Nach gekrönten Häuptern besichtigten auch andere Persönlichkeiten die Pariser Münze. So hat man Prinzen und Prinzessinnen, Ministern, Militärs und Diplomaten ebenfalls Besuchsmedaillen verehrt. Auch in anderen Ländern und Städten war es Usus, dass man illustren Gästen Erinnerungsgepräge überreichte. Dass bei den Besuchen der Pariser Prägeanstalt das Interesse der gekrönten Häupter an der praktischen Geldherstellung geweckt wurde, dürfte fest stehen. Jedenfalls haben einige deutsche Fürsten nach ihre Rückkehr in die Heimat ihre Münzstätten, sofern vorhanden, besucht. Zur Erinnerung bekamen sie Münzbesuchstaler und -medaillen. Einige sollen von den Besuchern persönlich geprägt worden sein, natürlich mit Unterstützung geübter Münzarbeiter. Manchmal kommen Abschläge in Gold vor, vermutlich diejenigen Stücke, die dem ranghöchsten Besucher ehrfurchtsvoll überreicht wurde. Gelegentlich kommen im Handel auch Exemplare vor, die mit Blick auf den zu erwartenden Besuch hergestellt wurden. Doch wenn dieser ausfiel, hat man die auf Vorrat geprägte Auflage bis auf wenige Stücke vernichtet.

Neben Münzbesuchen von hochoffiziellen Persönlichkeiten gab es auch Führungen für das gemeine Volk. Gelegentlich konnte man ein geprägtes Andenken für diesen Besuch erwerben. Aus der Königlichen Münze zu Berlin ist bekannt, dass man die bescheidenen Eintrittsgelder zur Unterstützung der dort beschäftigten Arbeiter verwendet hat, die "unschuldig" in Not geraten waren, wie es in zeitgenössischen Berichten heißt. Erst aus dem 20. Jahrhundert ist die Anfertigung von "allgemeinen" Münzbesuchsmedaillen überliefert. In Katalogen findet man bisweilen Angaben über Auflagehöhen, doch kann man ihnen nicht immer vertrauen, denn es gab auch Nachprägungen, die kaum von den Originalen zu unterscheiden sind. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass die Auflagehöhe der meisten Münzbesuchsgepräge klein war, weil nur ein exklusiver Personenkreis damit beschenkt wurde. Viele deutsche Silbermünzen dieser Art aus der Zeit vor und nach der Reichseinigung von 1871 zählen zu den numismatischen Seltenheiten und werden im Handel gut bewertet. In der Literatur und Auktionskatalogen findet man manches Stück, doch eine zusammenfassende Darstellung mit der historischen Würdigung des Themas Münzbesuch fehlt noch. Sie zu schreiben, wäre wünschenswert.

Langweiliges Schema Kopf und Schrift

Die Motive zur Herstellung der Münzbesuchsgepräge sind vielfältig. Oben stand das Interesse höchster Herrschaften an der Geldproduktion, die seit alters her ein ureigenes fürstliches Recht war und wie ein Augapfel gehütet wurde. Gut geordnete Geldverhältnisse und eine florierende Münzproduktion waren wichtig für Wirtschaft und staatliche Repräsentanz, und daher war es klug, wenn sich Fürsten von Zeit zu Zeit persönlich um ihre Geldfabriken kümmerten und den Münzmeistern auf die Finger sahen. Leider zeugen die meisten Münzbesuchsprägungen von purer Einfallslosigkeit. Weit mehr als die Hälfte besteht aus der Kombination von Kopf beziehungsweise Wappenschild mit einer Inschrift. Nur wenige Beispiele weichen von dem Schema ab und bieten eine Einsicht in die Münzstätte beziehungsweise bilden dort aufgestellte Maschinen oder gar Münzarbeiter ab. Die Langeweile verwundert, weil man eine Gelegenheit verschenkt hat, dass sich die besuchte Münzanstalt gegenüber der Obrigkeit durch ein besonders schönes Motiv in Szene setzt. Das ist umso bedauerlicher, als aus dem 17. und 18. Jahrhundert eine große Zahl prächtiger Bergbaugepräge überliefert ist, die anschaulich zeigen, was in den Schächten und übertage geschieht. Die Sorge um den Segen des Bergbaues gehörte zu den vornehmsten Pflichten der Landesherren, was sich auch auf prachtvollen Talern und Medaillen ausdrückt, die ein ganz besonders schönes und interessantes Sammelgebiet bilden.

Preis- und Münzbesuchsmedaillen der Kaiserin Maria Theresia würdigen einerseits die Anwesenheit der Monarchin und ihres kaiserlichen Gemahls Franz I. in einer Geldfabrik und andererseits ihr Interesse am staatspolitisch wichtigen Thema Münzprägung und Geldwirtschaft. Gezeigt wird das damals wichtigste Prägegerät, die Spindelpresse. Sie war eine Erfindung des 16. Jahrhunderts und gilt bis heute als Symbol der Münzfertigung schlechthin. In Zeiten, als die altertümliche Prägemaschine schon längst ausgemustert war, hat man sie immer wieder als beliebtes und aussagekräftiges Symbol auch auf Prägungen unserer Zeit verwendet.

Schauen wir ältere deutsche Münzbesuchstaler und -medaillen an, so fallen formelhafte Inschriften wie "In höchster Gegenwart" auf. Sie findet sich auf einer mit einem Wappen geschmückten Klippe von 1775 anlässlich des Besuchs des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel und seiner Gemahlin in der landeseigenen Münzstätte zu Kassel. Wie Jacob C. C. Hoffmeister in seinem Katalog der hessischen Münzen, Medaillen und Marken bemerkt, sei das "erhabene Fürstenpaar bei Betrachtung der Prägemaschine zugleich mit dieser Medaille überrascht" worden. In den Münzkatalogen für das 19. Jahrhundert sind Münzbesuchs-Münzen in Talergröße und kleinere Werten aus Hannover, Nassau, Sachsen, Württemberg und anderen Ländern zu finden. Sie haben nichts zu bieten als einen fürstlichen Kopf und eine Widmung, um die manchmal ein Kranz gelegt ist. Im Einerlei der mehrzeiligen Widmungen auf deutschen Münzbesuchs-Geprägen macht ein württembergischer Gulden von 1844 eine rühmliche Ausnahme, geprägt anlässlich der Visite von König Wilhelm I. in der neuen Münzstätte in Stuttgart. Hier ist die Geldfabrik unter einem doppelten Schriftbogen dargestellt.

Gott schütze den teuren Thronerben

Kopf- und Schriftlösungen sind auf Talern von Hannover (1853), Nassau (1831, 1861) und Sachsen (1839, 1853) zu sehen. Ähnlich gestaltet sind sächsische Münzbesuchsmedaillen in Zweimarkgröße von 1892, 1903 und 1905 anlässlich von Inspektionen der Könige in ihrer Münze zu Muldenhütten bei Freiberg, kenntlich am Münzzeichen E. Mit ihrem von der Norm abweichenden Design werfen sie die Frage auf, ob es gerechtfertigt ist, diese Silberstücke ohne den obligatorischen Reichsadler in einem Reichsmünzen-Katalog aufzuführen und damit aufzuwerten, wie es einst Kurt Jaeger getan hat und wie es nun in allen Reichsmünzen-Katalogen steht. Der Einwand trifft auch die unter der Jaeger-Nr. 52 M aufgenommene Medaille in Dreimarkgröße von 1918 anlässlich des Besuchs des bayerischen Königs Ludwig III. in der Münze zu München. Die Rarität weicht insofern von der Norm ab, als sie auf der Rückseite statt des Reichsadlers eine Spindelpresse zeigt.

Erwähnt sei, dass Finanzminister und Münzbeamte manchmal aus Anlass von Dienstjubiläen und zu anderen Ehrentagen mit Medaillen bedacht wurden. Während man mit solchen Beamtenmedaillen in Preußen während des 19. Jahrhunderts recht großzügig war, ist die Zahl preußischer Münzbesuchsmedaillen oder -taler sehr gering. Der in zwei Versionen geprägte Kronprinzentaler von 1812 mit dem Kopf König Friedrich Wilhelms III. und der Aufschrift "Gott schütze ihn und den theuren Erben seines Thrones" belegt den Besuch des späteren preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. in der Berliner Münze zu einem Zeitpunkt, als sich Preußen auf die Überwindung der französischen Fremdherrschaft vorbereitete. Eine andere Rarität ist ein Taler von 1821, der mit dem Schema Brustbild/Schrift über zwei Füllhörnern die Anwesenheit Friedrich Wilhelms III. in der Münze zu Düsseldorf feiert. Hier heißt es lediglich "Gott segne den König - Die Münze zu Düsseldorf den 3. Juli 1821". Dass Düsseldorf, Berlin und andere Münzstätten in einer technischen Umbruchsphase steckten und sich mit den Tücken des Kniehebelprinzips herumschlugen, welches erst 1817 von Diederich Uhlhorn in die Münztechnik eingeführt worden war, ist dem hochseltenen Stück nicht anzusehen.

3. April 2019

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