Cromwell ließ den König enthaupten
Nach der Hinrichtung von Karl I. am 30. Januar 1649 wurde England für einige Jahre Republik



Auf der prächtigen, in Oxford geprägten Silberkrone von 1644 reitet König Karl I. in der Art deutscher Taler vor einer Stadtansicht, die wohl die von Oxford ist. Ihm bekamen Machtgier und Selbstüberschätzung nicht gut. 1649 verlor er in London seinen Kopf.



Der Henker schlägt König Karl I. von England am 30. Januar 1649 den Kopf ab. Prozess und Exekution sorgten überall in Europa als Angriff auf die göttliche Ordnung für großes Aufsehen.





Die nachlässig geprägten Schillinge boten Betrügern manche Handhabe. Beliebt, aber verboten war es, die Silberstücke zu beschneiden.



Im Prozess in der Westminster Hall wurde der entmachtete König Karl I. zum Tod verurteilt. Als sich in England der Wind gedreht hatte, nahm Karl II. an den Königsmördern blutige Rache.



Lordprotektor Oliver Cromwell blieb das Schicksal König Karls I. von England erspart. Die seltene Krone von 1658 präsentiert ihn wie ein Monarch von Gottes Gnaden mit einem Lorbeerkranz im Haar, das Wappen trägt eine Königskrone.



Karl II., der Sohn des Enthaupteten, nahm nach Cromwells Tod blutige Rache an den Königsmördern. Hier ist der König auf einer besonders sorgfältig gestalteten Silberkrone aus dem Jahr 1663. Der Gestalter Thomas Simon des so genannten Petition Crown empfahl sich mit ihr dem König in der Hoffnung auf eine Anstellung beim Staat. (Fotos/Repros: Caspar)

Aktuell ist im Zusammenhang mit den Querelen um den Brexit manchmal davon die Rede, was es in England bedeuten konnte, wenn sich ein Monarch oder ein Politiker über das Parlament erhebt. Blutig geht es zwar im Zusammenhang mit der versuchten Entmachtung des Unterhauses durch den Premierminister Boris Johnson nicht zu. Aber die Affäre zeigt, wie tief der Parlamentarismus in der angeblich ältesten Demokratie in der Welt sinken kann, und sie wirft auch ein schiefes Licht auf Queen Elizabeth II., die die Anmaßungen von "Big Boris", wie man den durchtriebenen Blondschopf manchmal spöttisch nennt, formal gebilligt hat. Im 17. Jahrhundert regierte man in England weitaus rabiater, da rollten schon mal Köpfe.

Englands König Karl I., ein Schwiegersohn des französischen Königs Ludwig XIII., wollte im frühen 17. Jahrhundert nicht nur das Land zurück in den Schoß der katholischen Kirche bringen, sondern auch das Parlament kaltstellen, weil es ihm nicht zu Willen war. Da sein Land finanziell am Ende war, suchte er nach neuen Quellen. Das Münzwesen war zu seiner Zeit zerrüttet und den Machenschaften von Fälschern ausgesetzt. Um auf diesem Gebiet Ordnung und Übersicht zu schaffen und das betrügerische Beschneiden der Geldstücke aus Silber und Gold einzudämmen, aber auch ihr bis dahin wenig attraktives Erscheinungsbild zu verbessern, ließ er Münzexperten aus dem Ausland kommen, die neuartige Prägemaschinen einsetzten. Außer im Tower zu London wurde, wie Sammler wissen, in Edinburgh, Oxford, York und Aberystwyth und an anderen Stellen geprägt. Guthaltiges, fälschungssicheres Silbergeld und auf keinen Fall minderwertige Machwerke wurden gebraucht, um Truppen bezahlen und Waffen kaufen zu können.

Eine Staatskrise folgte auf die andere

Da Gold der Regierung nur ungenügend zur Verfügung stand, wurden silberne Äquivalente in der Art von Talern und Halbtalern hergestellt, wie sie auf dem Kontinent üblich und beliebt waren. Sie dürften bei der Gestaltung der Münzen König Karls I. und seiner Nachfolger Pate gestanden haben. Da viele, sehr viele Exemplare später in den Schmelztiegel wanderten, um aus ihnen neue Münzen schlagen oder auch Silbergeschirr herstellen zu können, sind sie selten und teuer, zumal dann, wen es sich um herausragende Erhaltungen handelt.

Der Versuch von König Karl I., sich ohne Zustimmung des Parlaments Geld zu verschaffen und ein absolutistisches Regime nach französischem Vorbild aufzurichten, löste 1641 den englischen Bürgerkrieg aus, der zur Hinrichtung von Karl I. im Jahr 1649, der zeitweiligen Abschaffung der Monarchie und der Diktatur des Lordprotektors Oliver Cromwell führte. So weit wird es heute nicht kommen, die Königin bleibt weiter auf dem Thron, aber Großbritannien ist nicht mehr das Land, das es vor der Brexit-Affäre und den Umtrieben erst von Theresa May und dann ihres Nachfolgers Boris Johnson war.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts folgte in England eine Staatskrise auf die andere. Der machtbesessene und beratungsresistente König Karl I. machte sich auf vielfältige Weise bei vielen seiner Untertanen verhasst. Nicht nur dass er die Katholiken im Land begünstigte und die Puritaner massiv unterdrückte. Er versuchte auch mit allen Mitteln, die in den Jahrhunderten zuvor erkämpften Rechte des Parlaments zu untergraben. Bei seinem frechen Vorgehen berief sich Karl I. darauf, dass er Herrscher von Gottes Gnaden ist und niemand berechtigt ist, ihm irgendwelche Vorschriften zu machen, auch nicht das Parlament. Mit dieser Einstellung war er nicht allein, auch andere Potentaten handelten nach diesem Muster, freilich ohne dass es bei ihnen zu Revolutionen und Bürgerkriegen kam.

Rechtsbrüche und blutige Aufstände

In den Machtkampf auf der britischen Insel ging es drunter und drüber. 1629 musste der erst vier Jahre zuvor auf den Thron gelangte Karl I. zähneknirschend mit der "Petition of rights" dem Parlament zugestehen, keine willkürlichen, weil gesetzeswidrigen Verhaftungen vorzunehmen und Steuern nur mit Zustimmung der Abgeordneten zu erheben. Der König löste wutentbrannt das Parlament für die nächsten Jahre auf. An dessen Stelle sprachen dem Monarchen hörige Juristen Recht und erhoben Steuern, ohne dass sie dafür befugt waren.

Der Versuch des Königs und seiner willigen Helfer, die in England üblichen Bräuche in der Kirche auf Schottland zu übertragen, führte dort zu blutigen Aufständen. Um Mittel für den Krieg gegen die Schotten zu bekommen, rief der König 1640 für zwei Monate das "Kurze Parlament" ein. Es erklärt sich bereit, die verlangten Gelder zu bewilligen, allerdings nur mit der Bedingung, dass Karl I. das Parlament in seine alten Rechte einsetzt und staatliche Willkür abschafft. Nie mehr sollte das Parlament vom König, sondern nur mit der eigenen Zustimmung aufgelöst oder vertagt werden. Diese uralten Bestimmungen werden aktuell ins Feld geführt, als Premierminister Boris Johnson vom Obersten Gericht des Landes gesagt bekam, dass die vom ihm verfügte Zwangspause für das Unterhaus null und nichtig ist.

Auswanderung und bewaffneter Widerstand

Gegen die autokratischen Bestrebungen des Königs regte sich Widerstand. Viele Untertanen Karls I. wanderten aus und siedelten sich in den englischen Kolonien im fernen Amerika an, andere schlossen sich dem bewaffneten Widerstand an. Als der König versuchte, fünf ihm nicht genehme Vertreter der Opposition im Unterhaus zu verhaften, eskaliert die Lage. London und das Land gerieten in Aufruhr. In seiner Not ergriff Karl I. am 10. Januar 1642 die Flucht, stets auf eine Gelegenheit wartend, in London wieder die Macht zu ergreifen und blutige Rache an seinen Widersachern zu nehmen.

In dem bis 1646 tobenden Bürgerkrieg standen der Adel mit dem König an der Spitze und die Katholiken einer von den Handelsstädten, allen voran London, und dem Parlament gebildeten Front gegenüber. Zwei Schlachten bei Marston Moor 1644 und bei Naseby 1645 gingen für ihn mit Niederlagen aus. Karl I. und seine Anhänger hatten den Machtkampf verloren. Besonders verhasste Anhänger von ihm wurden hingerichtet, ihn selber liefern die Schotten, zu denen er geflohen war, 1647 dem Parlament in London aus. Daraufhin hat man ihm den Prozess gemacht wird, der mit dem Todesurteil endete. Als der König am 30. Januar 1649 im Palast von Whitehall in London vor dem Henker kniete und seinen Kopf auf den Block legte, soll er ruhig und gefasst gewesen sein. Fast auf den Tag 144 Jahre später ereilte den französischen König Ludwig XVI. und seiner aus Österreich stammenden Gemahlin Marie Antoinette ein ähnlich blutiges Schicksal.

Lordprotektor von Gottes Gnaden

Nach der Enthauptung von Karl I. wurde die Monarchie abgeschafft, England nannte sich nun "Commonwealth an Free State". Neuer starker Mann im nunmehr republikanischen England war der am 25. April 1599 geborene Landedelmann Oliver Cromwell. Der überzeugte Puritaner und Parlamentarier hatte sich als Führer des militärischen Widerstands gegen die Königsherrschaft einen Namen gemacht. Seine Truppen gingen in Irland gegen Widerstandsnester vor, überdies setzte Cromwell genehme Grundherren an die Stelle der alteingesessenen Landlords. Von Sieg zu Sieg eilend, 1653 legte sich Cromwell den erblichen Titel eines Lordprotektors von England, Schottland und Irland zu. Auf Münzen wird dieses Amt als von Gott kommend bezeichnet. Die im Dezember 1653 erlassene Verfassung räumte ihm eine quasimonarchische Stellung ein, doch lehnte er klugerweise er die ihm vom Parlament angebotene Königswürde ab, beanspruchte aber das Recht, seinen Nachfolger zu benennen.

Nach der von Cromwell betriebenen Hinrichtung König Karls I. und dem Sturz der Monarchie legte sich die Republik neue heraldische Zeichen zu. Auf Gold- und Silbermünzen lassen sich die veränderten Verhältnisse gut ablesen. Statt der lateinischen Inschrift liest man auf dem Unite genannten Goldstück von beachtlichem Gewicht und stattlicher Größe Inschriften in der Landessprache. THE COMMONWEALTH OF ENGLAND gibt sich auf der Vorderseite als Herausgeber der schmucklos gestalteten Münze zu erkennen. Lorbeerzweige sind um den mit dem Kreuz geschmückten Schild des Heiligen Georg gelegt. Das gleiche Zeichen des Landespatrons ist, kombiniert mit der Harfe von Irland, auf der Rückseite abgebildet. Die die beschwörende Formel GOD WITH VS wird durch die Jahreszahl 1651 ergänzt. Dass die Goldmünze zwanzig Schilling wert ist, erkennt man an der Ziffer XX über dem Doppelschild auf der Rückseite.

Neben dieser schmucklosen Goldmünze wurden kleinere Werte mit ähnlich unauffälligem, geradezu puritanischem Design geprägt. Doch gab es auch Ausnahmen, etwa die talerförmigen Silbercrowns mit Cromwells Bildnis aus dem Jahre 1658. Sie präsentieren den Lordprotektor wie einen König mit dem damals obligatorischen Lorbeerkranz als Zeichen des Sieges über seine Feinde im Haar. Bei einigen Stücken erkennt man ganz feine Linien an Cromwells Hals. Sie stammen von Rissen im Münzstempel, wurden aber von Zeitgenossen als Hinweis für die 1660 erfolgte posthume Hinrichtung des Politikers gedeutet. Die 1658 geprägten "Cromwelltaler" waren, da sie einen spektakulären Hintergrund hatten, bereits in der Barockzeit begehrte Sammlerstücke. Oliver Cromwell setzte wichtige Reformen zur Reorganisation der Innen- und Außenwirtschaft durch und führte mit den Niederlanden und Spanien einen Krieg um die Vormachtstellung auf den Meeren mit dem Ergebnis, dass England zur führenden protestantischen Macht in Europa aufstieg.

Kampf mit Blut und Eisen

Zu den mit Blut und Eisen, um ein Wort von Otto von Bismarck zu verwenden, verfolgten politischen und militärischen Ziele des Lordprotektors gehörte ferner die Unterwerfung von Irland und Schottland, die in einer Serie von Schlachten gelang. Im Inneren ging Englands mächtigster Mann unerbittlich gegen seine Feinde vor und löste das Parlament mehrfach auf, tat also das, was man zuvor dem hingerichteten Karl I. vorgeworfen hatte. Als Oliver Cromwell am 3. September 1658 starb trat sein Sohn Richard die Nachfolge an. Doch gelang es ihm nicht, sich an der Macht zu halten. Bereits 1659 gab er die Regentschaft auf und begab sich nach Paris ins Exil.

Die wachsende Abneigung vieler Engländer gegen das von Oliver Cromwell verkörperte strenge puritanische Regiment macht es dem zuvor abgehalfterten Haus Stuart leicht, auf den Thron zurückzukehren. Der neue König Karl II., der älteste Sohn des hingerichteten Karl I., verfolgte all jene Untertanen, die mit dem republikanischen Regime kollaboriert hatten, und setzte auch alles daran, das Andenken an den als "Königsmörder" verteufelten Cromwell und seine Anhänger auszulöschen. Der erbarmungslose Rachefeldzug der Royalisten ging so weit, dass sie den Leichnam des ehemaligen Lordprotektors und die Körper von zwei seiner Getreuen ausgraben ließen und an ihnen eine symbolische Hinrichtung vollzogen. Die Köpfe wurden auf Stangen aufgespielt und zur allgemeinen Abschreckung in London öffentlich zur Schau gestellt. Vernichtet wurden Cromwell-Bilder, und es wurden auch Münzen mit seinem Porträt und Wappen eingesammelt und eingeschmolzen. Da diese nicht komplett der "Damnatio memoriae", der Vernichtung des Gedächtnisses, verfielen, zählen übrig gebliebenen Stücke zu den Raritäten der in dieser Hinsicht nicht armen englischen Münzgeschichte.

König Karl II. musste 1673 auf Druck des Parlaments einer Akte zustimmen, nach der nur Angehörige der anglikanischen Kirche zum Staatsdienst zugelassen und Katholiken ausgeschlossen werden. Da es weiterhin tiefe religiöse Spannungen gab, kam es zu einer neuen Auswanderungswelle. Es wird geschätzt, dass ein Drittel der Bevölkerung das Land verließ, ein ungeheurer Aderlass, der durch Zuwanderungen aus anderen Ländern nur mühsam kompensiert wurde. Karl II. sah sich gezwungen, die Habeas-Corpus-Akte zum Schutz der Bürger vor willkürlicher Verhaftung wieder zu erlassen. Noch auf dem Totenbett konvertierte er im Februar 1685 zum Katholizismus. Nachfolger wurde sein katholischer Bruder Jakob II., der zweite Sohn von König Karl I. Auch er warf mit Waffengewalt den Widerstand seiner Gegner nieder, doch konnte sich nur bis 1688 auf dem Thron halten, und verbrachte, ins Exil vertrieben, bis zu seinem Tod am 6. September 1701 sein Leben in Frankreich am Hof des Sonnenkönig Ludwigs XIV.

28. September 2019

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