Adler mit einem und zwei Köpfen
Bei Wappenvögeln gab und gibt es keine Vorschriften, Münzdesigner haben bei bundesdeutschen Münzen freie Hand





Der Reichsadler hat auf deutschen Städtemünzen einen oder zwei Köpfe, darunter der Doppeladler und der einfache Adler auf Talern der römisch-deutschen Kaisers Franz I. von 1759 und aus Frankfurt/Main von 1772.



Während sich der Reichsadler in der Kaiserzeit auf Wunsch von Wilhelm II. nach 1888 breiter und repräsentativer gestaltet wurde, gab und gibt es für den Bundesadler auf Gedenkmünzen keine Vorschriften.



Erwünscht ist auf bundesdeutschen Gedenkmünzent eine Harmonie zwischen der Vorder- und Rückseite.



Überall in der alten Kaiserstadt Wien ist an Palastwänden, hier in der Hofburg mit den Farben Schwarz, Rot und Gold, und auf Dächern der Doppeladler der römisch-deutschen Kaiser präsent.



Nach einem spektakulären Rechtsruck wurde 1934 in Österreich ein neues Staatswappen eingeführt. Das Zweischillingstück von 1936 mit dem Kopf des Prinzen Eugen von Savoyen zeigt den alten Doppeladler der k. und k. Monarchie, jedoch ohne Krone, aber Heiligenschein.



Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte die Alpenrepublik zu ihrem einköpfigen Adler mit Sichel und Hammer als Symbole zurück. Er hat die Ketten der deutschen Okkupation gesprengt.



Der Doppeladler der Zaren mit Krone, Zepter und Reichsapfel auf einem Rubel von 1754 steht einer Palladium-Münze zu 25 Rubel aus dem Jahr 1995 ohne Symbole der 1917 beseitigten Monarchie gegenüber. (Fotos/Repros: Caspar)

Seit der Antike erfreut sich der Adler als Wappenzeichen großer Beliebtheit. Der dem Jupiter als Oberhaupt des antiken Götterhimmels dienende Raubvogel erscheint auf zahlreichen Münzen bis in unsere Tage hinein und ist gemeinsam mit entsprechenden Medaillen ein interessantes und ausbaufähiges Sammelthema. In der Antike, als man den Adler als Blitzträger darstellte, sowie auf mittelalterlichen Pfennigen erscheint er mit einem Kopf, zu dem sich im frühen 15. Jahrhundert ein zweiter gesellte. Offenbar gab es für die Darstellung des Reichsadlers keine Regeln, denn mal besitzt das Symbol der höchsten weltlichen Macht im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation einen Kopf und mal zwei Köpfe. Außerdem hält er den Reichsapfel und das Zepter in den Klauen oder verzichtet auf diese Attribute der höchsten Reichsgewalt. In Brandenburg und Preußen war der einköpfige Adler das Symbol kurfürstlicher und königlicher Gewalt, während man ihn in Russland und Österreich stets mit zwei Köpfen dargestellte.

Wenn man den deutschen Reichsadler farbig malte, dann stellte man ihn mit schwarzen Federn sowie rotem Schnabel und ebensolchen Krallen dar, während der Hintergrund goldgelb gefasst war. Schwarz, rot und gold beziehungsweise gelb avancierten in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 zur Nationalfarbe der Deutschen. Die Lützowschen Jäger, die vor über 200 Jahren gegen die französische Fremdherrschaft kämpften, trugen schwarze Uniform mit roten Aufschlägen und vergoldeten Knöpfen. Ähnlich kleideten sich die Teilnehmer des Wartburgfestes am 18. Oktober 1817 zum Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig, die 1913 die Prägung eines Dreimarkstücks mit der Abbildung des Völkerschlachtdenkmals wert war.

Proteste unter Schwarz-Rot-Gold

Studenten und andere junge Leute riefen 1832 beim Hambacher Fest unter schwarz-rot-goldenen Fahnen zur Überwindung der Fürstenherrschaft und zum Kampf für die deutsche Einheit auf. Auch die Abgeordneten der ersten deutschen Nationalversammlung zogen 1848 unter Schwarz-Rot-Gold in die Frankfurter Paulskirche ein und machten die Farben zur offiziellen deutschen Flagge. Nach dem Untergang des Römisch-deutschen Reiches im Jahr 1806 schmückte sich das neue Kaiserreich Österreich mit dem Doppeladler, und auch die Republik führt ihn ab 1918 im Wappen, ergänzt durch Hammer und Sichel in den Klauen Im preußisch-deutsch-österreichisch Krieg von 1866 focht Österreich unter diesen Farben, weshalb der damalige preußische Ministerpräsident und ab 1871 deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck mit einer anderen Trikolore in den Farben schwarz, weiß und rot dagegen hielt. Sie besteht aus dem traditionellen Schwarz und Weiß für Preußen und dem Rot und Weiß der Hansestädte. Die Farben Schwarz, Weiß und Rot wurden 1867 zur Trikolore des Norddeutschen Bundes erhoben und waren nach der Ausrufung des deutschen Kaiserreichs von 1871 bis zu seinem Ende 1918 dessen Farbe.

Die Weimarer Republik bestimmte Schwarz, Rot und Gold zur Nationalfarbe. Indem die Nationalsozialisten das Banner der ihnen so verhassten Weimarer Republik abschafften, führten sie eine neue Flagge, bestehend aus dem schwarzen Hakenkreuz auf weißem Kreis in rotem Tuch ein. Nach dem Ende der Nazizeit und des Zweiten Weltkriegs stellten die beiden deutschen Staaten die Farben Schwarz, Rot und Gold wieder her. Die DDR ergänzte ihre Flagge, um sich von der Bundesrepublik Deutschland zu unterscheiden, mit dem Emblem Hammer und Zirkel, das nach dem Ende des zweiten deutschen Staats wieder verschwand.

Interesse verdient die Verwandlung des 1871 eingeführten Reichsadlers von schmaler Kontur nach der Thronbesteigung des auch an heraldischen Fragen interessierten Kaisers Wilhelm II. 1888 durch eine repräsentativere Version, und demzufolge zeigen alle bis 1918 geprägten deutschen Reichsmünzen diese "breite" Fassung. Das auf die Brust des Wappenvogels gelegte preußische Adlerschild signalisierte unmissverständlich, wer im Kaiserreich das Sagen hat. Diese Dominanz der Hohenzollernmonarchie hat nicht allen gefallen und wurde bis zum Ende der Monarchie von Preußengegnern bekämpft. Erwähnt sei, dass es nach 1900 Bestrebungen gab, der steifen Darstellung des Reichsadlers neues Leben einzuhauchen, doch war nur wenigen Vorschlägen eine Massenprägung beschieden.

Federvieh jedesmal anders

Die Frage, ob es bestimmte Regeln für die Darstellung des Adlers auf Münzen der Bundesrepublik Deutschland gibt, kann man mit sowohl als auch beantworten. Wenn man von einer Regel sprechen will, dann ist es die, dass der deutsche Wappenvogel immer neu gestaltet werden und sich im Duktus der Kehrseite anpassen muss. Das mögen die einen kritisieren, hingegen empfinden andere den Variantenreichtum als gut und angemessen. Bei Ausschreibungen für den künstlerischen Wettbewerb wird stets darauf hingewiesen, dass Vorder- und Rückseiten gestalterisch miteinander harmonieren sollen. Die von den Preisgerichten gefundenen Lösungen mag man als gelungen bezeichnen, manchmal aber kommt man nicht umhin, sie als zu dick oder zu dünn und insgesamt missraten zu bezeichnen, und dann hagelt es Kritik, die aber an dem Ergebnis nichts mehr ändert. So haben Teile der Öffentlichkeit am ersten deutschen Bundesadler auf dem zwischen 1951 und 1974 geprägten Fünfmarkstück aus Silber Anstoß genommen, der recht dünn, ja geradezu mickrig daher kommt. Das gleiche widerfuhr dem als "fette Henne" verspotteten Adler auf den zwischen 1975 und 2001 geprägten Werten und bei anderen Geldstücken.

Wer sich mit der Entwicklung des deutschen Wappenvogels befasst und systematisch sucht und forscht, bekommt eine interessante Serie von den mittelalterlichen Adlerdarstellungen stets mit einem Kopf bis zum heutigen Bundesadler zusammen. In diese Reihe passen auch die Wappenvögel anderer Länder wie Russland, Polen und Österreich. Wenn wir das österreichische Staatswappen aus der Zeit der k. und k. Monarchie bis 1918 und aus der republikanischen Periode betrachten, dann können wir ähnliche Beobachtungen anstellen. Das 1934 eingeführte Wappen bestand aus einem doppelköpfigen, schwarzen, gold nimbierten Adler mit roter Zunge, dessen Brust mit einem roten, von einem silbernen Querbalken durchzogenen Schild belegt ist. Mit diesem Doppeladler nahm das mit den Nazis im Deutschen Reich sympathisierende Regime eine "Rückbesinnung" auf die Zeit des Heiligen Römischen Reiches vor. In damaligen Beschreibungen heißt es: "Dieser Doppeladler ist der alte Reichsadler, der seit Jahrhunderten das Wappentier Österreichs war. Das Bindenschild der Babenberger ,rot-weiß-rot' auf der Brust des Doppeladlers kennzeichnet unsere Ostmarkmission."

Schon bald verleibte sich Adolf Hitler sein Heimatland ein und machte aus ihm die so genannte Ostmark. Mit der handstreichartigen Einverleibung durch das nationalsozialistische Deutschen Reich endete Österreichs selbstständige Münzprägung, die nach einer Pause von zwölf Jahren wieder aufgenommen wurde. Zuvor war die Wiener Münze mit dem Kennbuchstaben "B" nur noch für das Deutsche Reich tätig. Der seit 1950 auf Münzen der Zweiten Republik verwendete Adler trägt wieder Hammer und Sichel in den Klauen. Eine gesprengte Kette unterstreicht, dass das Land seine Freiheit und Souveränität zurück gewonnen hat.

Anspruch auf das Oströmische Reich

Die Doppelköpfigkeit des russischen Adlers wird von Heraldikern auf das Bestreben des Landes nach Symmetrie im Wappen zurückgeführt, und im Falle des Zarenadlers heißt es, der zweite Kopf unterstreiche den Anspruch der Herrscher aller Reußen, Erben des im 15. Jahrhundert untergegangenen Oströmischen Reichs zu sein. Nach der Beseitigung der Zarenherrschaft durch die Februarrevolution von 1917 hatte der gekrönte Doppeladler im Russischen Reich ausgedient. Sowjetrussland wählte Hammer und Sichel auf der Weltkugel zu seinem Symbol. Seit dem Ende der Sowjetunion erweckte die neu gegründete Russische Föderation den Doppeladler zu neuem Leben. Doch während er auf Münzen ohne die alten Attribute erscheint, verwendet der russische Staat den gekrönten Zarenadler wie vor 1917 als sein Wappen, um damit an alte Macht und Herrlichkeit anzuknüpfen.

14. Juni 2019

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