Jubelmedaillen und Einlassmarken
Berliner Münze pflegt seit dem 19. Jahrhundert ihr Image auf geprägtem Metall







Die Einlassmarke mit preußischem Adler sowie die Medaille von Bodo Broschat auf die 27. Münztechnikertagung 1997 sind interessante Zeugen aus der langen Geschichte der Berliner Münze.



Wie es vor und nach in der Berliner Münze zugegangen ist, schildern auf eindrucksvolle und verständliche Art die geprägten Bildergeschichten von Franz Krischker (links) und Heinz Hoyer.



Die Auszeichnungsplakette verbindet die Ansicht der im 19. Jahrhundert erbauten Preußischen Staatsmünze mit einer Spindelpresse, die von unbekleideten Männern bekränzt wird. Die vergoldete Ausgabe ehrt eine vierzigjährige Mitarbeiterschaft.



Auf Franz Krischker geht die von der DDR-Münze geprägte Medaille zurück. Im Feld unter der Gebäudeansicht an der Mühlendammschleuse hat man den Prägeanlass von 1942 und den Künstlernamen getilgt. Die Medaille daneben zeigt das Direktorenhaus der NS-Zeit stammenden Münzfabrik. Das Foto rechts stellt eine Einlassmarke und eine Medaille zur Siebenhundertjahrfeier Berlins 1987 vor.



Schmucklos ist die Einlassmarke des VEB Münze der DDR. Als Miniatur ist daneben der Münzmeister auf dem von Gilly und Schadow geschaffene Münzerfries abgebildet.



Die Medaillenserie stammt noch aus DDR-Zeiten, wurde aber 2014 von der Staatlichen Münze Berlin anlässlich des 250. Geburtstags des Bildhauers und Grafikers Johann Gottfried Schadow neu aufgelegt. Dargestellt sind in der Mitte der Künstler und daneben Szenen aus dem "Schadowfries von 1800 Münzwesen Berlin". (Fotos: Caspar)

Die Berliner Münze besteht seit dem Jahr 1280 und ist damit der älteste Produktionsbetrieb in der Stadt an der Spree. Viele Bücher und Studien beschäftigen sich mit der Geschichte der Prägestätte. Eine zusammenhängende und umfassende Darstellung fehlt bisher. Mit dem 1997 zum XII. Internationalen Numismatischen Kongress veröffentlichten Buch der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst "Kunst und Technik der Medaille und Münze - Das Beispiel Berlin" liegt eine wichtige Zusammenfassung neuer Forschungsergebnisse über Münzbeamte, Medailleure, Münzstätten und Medaillenhersteller vor. Ein Aspekt der Berliner Münzgeschichte betrifft die Frage, wie sich im 19. und 20. Jahrhundert die erst königliche, dann staatliche Münze auf eigenen Prägungen dargestellt hat. Wie andere Münzstätten etwa in Paris, London und Wien hat die Berliner Münze ihre Möglichkeiten zur numismatischen Selbstdarstellung genutzt.

Dass man mit gut gestalteten Medaillen auf die eigenen künstlerischen Kapazitäten und technischen Möglichkeiten aufmerksam machen und damit auch Eigenwerbung betreiben kann, war im 19. Jahrhundert noch neu, in unseren Tagen ist dieser Brauch üblich. Eine gut gestaltete Medaille von Bodo Broschat kam 1997 zur 27. Internationalen Münztechnikertagung heraus. Die künstlerisch und technisch aufwändig gestaltete Prägung knüpft an beste Traditionen des 19. Jahrhunderts an und stellt der Berliner Münze ein hervorragendes Zeugnis aus.

Mehrere im 19. Jahrhundert geprägte Medaillen anlässlich von Dienstjubiläen leitender Beamten der wichtigsten Münzstätte Preußens sind mit dem Schema Kopf/Schrift im Blätterkranz von erstaunlicher Einfallslosigkeit. Ausnahmen wie die Medaille von 1843 mit beidseitigem hohem Relief auf das Dienstjubiläum des Generalmünzdirektors Christian Friedrich Goedeking bestätigen die Regel. Gewidmet von den Beamten der Münze zu Berlin, Breslau und Düsseldorf zeigt sie rückseitig auf einem Blätterkranz liegende kleine Bilder mit wichtigen münztechnischen Geräten. Eine solche Maschine war die Kniehebelpresse, um deren Einführung sich Goedeking gegen manche Widerstände bemüht hatte. Die von dem Grevenbroicher Fabrikanten Diederich Uhlhorn konstruierte Maschine war schneller als bisherige Geräte. Mit ihr konnte man bis zu 70 Taler in der Minute prägen, weshalb um ihre Stelle besorgte Arbeiter ihre Nutzung zu verhindern versuchten.

"Gott schütze den Erben seines Throns"

Wenn hochgestellte Persönlichkeiten die Münze beehrten, hat man in Brüssel, London, Paris, Wien und anderenorts spezielle Münzbesuchsmedaillen hergestellt, ja auch regelrechte Münzen mit erinnernden Hinweisen versehen. In Berlin wurde darauf verzichtet, obwohl auch solche Besuche belegt sind. Der sogenannte Kronprinzentaler von 1812 mit dem Kopf Friedrich Wilhelms III. und der Aufschrift "Gott schütze ihn und den theuren Erben seines Thrones" belegt die Visite des späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. in der Berliner Münze. Allerdings wird der Anlass nicht genannt. Ein anderer Taler feiert die Anwesenheit Friedrich Wilhelms III. in der Münze zu Düsseldorf. Dass Berlin und Düsseldorf in einer technologischen Umbruchsphase steckten und bei der Einführung neuer Prägemechanismen Pionierarbeit leisteten, ist diesen sehr seltenen Münzen nicht zu entnehmen.

Hin und wieder hat die Berliner Münze langjährige Mitarbeiter mit aufwändig gestalteten Auszeichnungsplaketten geehrt. Die von Paul Sturm und Reinhard Kullrich gestalteten Arbeiten zeigen das Münzgebäude an der Unterwasserstraße und verkündet DIE PREUSSISCHE STAATS-MÜNZE DEM LANGJÄHRIGEN MITARBEITER HERRN, es folgt Platz für einen Namen. Auf der Rückseite halten zwei unbekleidete Männer Lorbeergewinde über eine Spindelpresse, die allerdings damals nur noch in Ausnahmefällen bei der Prägung von Medaillen mit besonders hohem Relief in Betrieb war.

Wo die Feierabendglocke läutet

Im frühen 20. Jahrhundert schuf der Stempelschneider und Medailleur Franz Krischker eine für Auszeichnungszwecke bestimmte Plakette, die in Form einer Bildergeschichte Stationen der Münzfertigung darstellt. Ob Krischker bei seinem Entwurf an ein schweizerisches Glasgemälde von 1565 im Besitz des Berliner Münzkabinetts gedacht hat, auf dem die Herstellung der Zaine und Ronden sowie die Hammerprägung geschildert wird, ist nicht überliefert. Dargestellt ist der Münzbetrieb in 13 Bildern, und zwar in der ersten und zweiten Reihe das Gießen, Strecken, Sieden, ferner das Zählen, Prägen auf der Friktionspresse, Absenken und Glühen der Stempel. In der dritten und vierten Reihe wird der Transport der Geldsäcke und Büroarbeit sowie die chemische Analyse, das Wiegen, die Arbeit an der Drehbank sowie das Läuten der Feierabendglocke und in der Mitte das Münzgebäudes an der Unterwasserstraße gezeigt.

In den achtziger Jahren brachte die damalige DDR-Münze eine ähnlich gestaltete Plakette heraus. Heinz Hoyer zeigt, wie sich Prägetechnik und Maschinerie weiterentwickelt haben. Auf ihr analog zu der älteren Plakette das Anliefern des Münzmetalls, Ausstanzen und das Rändeln der Ronden, die Arbeit an der Drehbank und Gütekontrolle, das Prägen auf drei Automaten, die Arbeit eines Graveurs und Blick auf Ober- und Unterstempel, das Zählwerk, zwei Tresortüren, ein Labor sowie Arbeiter, die den Betrieb mit und ohne "Trabant" verlassen.

Freier Ausgang durch die Haupttür

Einige Einlassmarken für Mitarbeiter der Berliner Münze scheinen numismatische Raritäten zu sein. Im Berliner Münzkabinett haben sich nur wenige Belege erhalten, in den Angeboten des Münzhandels kommen sie kaum vor. Eine undatierte und gelochte Einlassmarke für Handwerker befindet sich in der Belegsammlung der Staatlichen Münze Berlin. Belegstücke aus dem frühen 19. Jahrhundert nennen "Einwohner der Münz-Gebäude", ein Hinweis dafür, dass die Geldfabrik damals bewohnt wurde. Um 1980 benutzten Mitarbeiter und Besucher des VEB Münze der DDR einfallslos gestaltete Einlassmarken. Heute passiert man die Tore mit Chipkarten. Die undatierten Einlassmarken für Mitarbeiter der Berliner Münze aus der Zeit um 1820 kombinieren den gekrönten Preußenadler mit der Inschrift FREIER AUSGANG DURCH DIE HAUPTTHÜR DER MÜNZE beziehungsweise FÜR MÜNZ=BEAMTE UND EINWOHNER DER MÜNZ-GEBÄUDE. Nach 1980 nannte sich eine Einlassmarke schlicht AUSWEIS FÜR HANDWERKER STAATS-MÜNZE. Eine undatierte Einlassmarke aus der Zeit um 1980 trägt die lapidare Aufschrift MÜNZE DER DDR BERLIN.

Der VEB Münze der DDR tat sich durch verschiedene Medaille hervor. Eine solche von 1980 wurde von Heinz Hoyer geschaffen und würdigt "700 Jahre der Münzprägung in Berlin". Dargestellt sind Arbeiter bei Hammerprägung sowie ein Ober- und Unterstempel mit dem 1750 vom preußischen König Friedrich II. der Berliner Münze verliehenen Kenbuchstaben A. Eine andere Medaille von 1987 ist dem vierzigjährigen Bestehen des VEB Münze der DDR und der Siebenhundertjahrfeier der Stadt gewidmet. Auf ihr erkennt man die Hammerprägung, Spindelpresse, Kniehebelpresse sowie einen Prägeautomat. Das Motto der Medaille lautet 40 JAHRE VEB MÜNZE DER DDR und FORTFÜHRUNG EINER 700JÄHRIGEN TRADITION.

Wiedergeburt als Kulturstandort

Der auf Berliner Münztechnik-Medaillen dargestellte Münzerfries nach Entwürfen von Friedrich Gilly und ausgeführt von Johann Gottfried Schadow schmückte die im Jahre 1800 erbaute Neue Münze am Werderschen Markt. Die Sandsteinarbeit an der sogenannten Gentz'schen Münze war ursprünglich vergoldet und symbolisierte die Verwendung des klassizistischen Gebäudes als Münzstätte sowie als Berg- und Baudepartement. Nach dem Bau der Preußischen Münze an der Unterwasserstraße in den Jahren 1861 bis 1871 wurde das um einige Platten verlängerte Relief in die Fassade dieses Gebäude eingefügt. Als diese Münzstätte im Neorenaissance-Stil in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts teilweise wegen des Neubaues der Reichsbank abgerissen wurde, wurde eine Kopie des ursprünglichen Gilly-Schadow-Frieses in die Fassade der Neuen Preußischen Staatsmünze am Molkenmarkt eingefügt, die Mitte der dreißiger Jahre gebaut wurde. Bis 1990 war hier das DDR-Ministerium für Kultur untergebracht, eine Wiedergeburt als Kulturstandort der besondern Art ist im Gespräch. Im Gebäudetrakt am Rolandufer, gleich an der Mühlendammschleuse, war bis 2006 die Staatliche Münze Berlin tätig.

Die originalen Reliefteile befinden sich in der Skulpturengalerie der Staatlichen Museen beziehungsweise sind in den Kellerräumen des Kreuzbergdenkmals untergebracht. Eine angemessene Aufstellung in einem Lapidarium ist bisher noch nicht gelungen. 1990 wurden einige Platten in der Ausstellung "Ethos und Pathos" im Hamburger Bahnhof gezeigt und im Katalog beschrieben, 2014 waren weitere Teile des Reliefs in den Räumen der Staatlichen Münze Berlin an der Ollenhauerstraße 97 in Berlin-Reinickendorf zu sehen.

12. November 2019

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