Falsche Fuffziger in Serie
Unbeliebte Münze war in der Weimarer Republik Attacken von Gaunern und Rassisten ausgesetzt



Das mit der Wertzahl "50" und Getreideähren in den sechs deutschen Prägeanstalten hergestellte Fünfzigpfennigstück wurde bereits 1928 eingezogen und am 1. Dezember 1929 außer Kurs gesetzt und von einer kleineren Ausgabe aus Nickel abgelöst.



Ab und zu verließen Verprägungen wie diese die Münzanstalten Berlin (Münzzeichen A), München (D), Muldenhütten (E), Stuttgart (F), Karlsruhe (G) und Hamburg (J). Für sie interessieren sich Spezialsammler.



Der hochgebildete Kunsthistoriker, Museumsmann und Reichskunstwart Edwin Redslob hat maßgeblich das Design der Kurs- und Gedenkmünzen der Weimarer Republik geprägt. Foto aus den 1920-er Jahren



Die demagogischen Angriffe auf dem Plakat von 1932 gegen den Fünfziger aus den Jahren nach der Inflation waren indiskutabel.



Das von Rassisten beanstandete Münzdesign tauchte sogar noch auf Werbeplakaten für den von den Nazis zur Stärkung der "Volksgemeinschaft" zelebrierten Eintopfsonntag auf.



Was sich hinter den Mauern der Prägeanstalten tat und tut - hier eine Medaille aus Karlsruhe - ist von manchen Geheimnissen umwittert, die aber nach und nach gelüftet werden.



Die auf Vorrat für das Jahr 1933 geprägten Münzen zu drei und fünf Reichsmark sind so selten, das für sie Liebhaberpreise verlangt und bezahlt werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Eine der merkwürdigsten und umstrittensten deutschen Kleinmünzen der frühen Weimarer Republik war das 1923 bis 1925 in allen sechs deutschen Prägeanstalten hergestellte Fünfzigpfennigstück. Der gleich nach dem Ende der Inflation in großen Mengen auf den Markt geworfenen Münze war nur eine geringe Lebensdauer beschieden, weil sie, nach einem Entwurf des Bildhauers und Medailleurs Waldemar Raemisch ziemlich einfach gestaltet, häufig gefälscht wurde und auch geringes Ansehen besaß. Da der "Fuffziger" eine vergleichsweise hohe Kaufkraft besaß, war er den Attacken von Gaunern und Betrügern ausgesetzt. Ihren Machwerken haben Kenner von damals die Qualität von plump bis exzellent bescheinigt. Das mit der Wertzahl "50" und Getreideähren in den sechs deutschen Prägeanstalten hergestellte Fünfzigpfennigstück wurde bereits 1928 eingezogen und am 1. Dezember 1929 außer Kurs gesetzt. Die Ausgabe von 1924 mit "50 Reichspfennig" erreicht, wenn sie echt ist, vierstellige Beträge. Dazu schreibt Herbert Rittmann in seinem Buch "Deutsche Geldgeschichte seit 1914", von diesem Stück seien 1924 in drei von sechs Münzstätten weniger als eine Million Stück geprägt worden. Die Seltenheit der Ausgabe mit "Reichspfennig" erkläre sich jedoch daraus, dass die meisten Stücke nicht ausgegeben wurden. Sammler hätten es nicht für nötig gehalten, mehrere Exemplare beiseite zu legen, als diese Münzen eingezogen wurden.

Kaffeebraune Biermarken

Der bekannte Numismatiker Heinrich Buchenau ging in einem Beitrag über das Münzwesen des Deutschen Reichs in den "Blättern für Münzfreunde" vom November 1925 auch auf die neuen Fünf- und Zehnpfennigstücke nach Raemischs "eilig in Gips geschnittenen Entwurf" ein. "Die Weizenähren wurden durch die wegen zu großer technischer Einfalt dieses Münzbildes an sie geflickten Gersten- oder Roggenähren zu einem botanisch bemerkenswerten hybriden Gebilde." Die 50-Pfenniger hätten sich nach längerem Umlauf zu kaffeebraunen Biermarken entfärbt und seien seit Frühjahr 1925 wegen der ungewöhnlich großen Zahl ihrer Fälschungen kaum mehr gemünzt worden. Neue Fünfzigpfennigstücke aus Feinnickel würden beim Volk eine bessere Wertvorstellung erwecken und wären bei technisch feiner Ausführung schwerer fälschbar, fügte Buchenau hinzu und berichtet von ausgehobenen Fälscherwerkstätten. So wurde im Oktober 1925 in Ruprechtshagen bei Hersbruck eine für 20 000 Mark angeschaffte Prägemaschine entdeckt, die täglich 25 000 Stück Hartgeld prägen konnte. In Hannover seien ein Lokomotivführer und ein Schlosser wegen Anfertigung falscher Fünfzigpfennigstücke und belgischer Einfrancstücke verurteilt worden. In der Nähe von Sagan habe ein Architekt eine Werkstatt für falsche Einmarkstücke errichtet. Als der Mann festgenommen werden sollte, habe er sich erschossen.

Da sich selbst Fachleute über die Echtheit dieser Stücke oft uneins sind, war es für Betriebe und Unternehmen aller Art nicht möglich, Echtes von Falschem zu unterscheiden. Wenn mit echten auch falsche Münzen bei der Reichsbank eingeliefert werden, erlitten sie große Verluste. Diese gehen nach damaligen Berichten in die tausende von Mark, die schwer zu verkraften waren. Gefälscht wurde in der damaligen Zeit und später eigentlich alles, was zu fälschen war, die hohe Kaufkraft der Münzen war zu verlockend. So war Vorsicht auch bei den silbernen Kurs- und Gedenkmünzen angebracht, so auch bei dem bekannten Fünfmarkstück "Eichenbaum" nach einem Entwurf von Josef Wackerle, das ab 1927 herauskam. Das "Sinnbild deutscher Kraft" zeigt einige verdorrte Äste, die angeblich auf die abgetretenen deutschen Gebiete hindeuten sollen. Die seltene Ausgabe von 1933 mit dem Hamburger Münzzeichen J müsste besonders gut untersucht werden, denn es ist schon vorgekommen, dass die letzte 3 manipuliert wurde, um eine Wertsteigerung zu erzielen.

Kennst du das Zeichen?

Ein Jahr vor der Errichtung der NS-Diktatur machten die Kleinmünzen nach Raemischs Entwurf dem auch für die Gestaltung von Münzen zuständigen Reichskunstwart Edwin Redslob das Leben schwer. Das Modell mit den sechs Getreideähren und der Wertzahl in einem auf die Spitze gestellten Quadrat gab Anlass zu Rätselraten und Verdächtigungen. Offenbar ging die Kampagne gegen den Fünfziger und weitere Werte Anfang 1932 von München aus, der "Stadt der (NS-) Bewegung". Ein wohl von der NSDAP herausgegebenen Flugblatts mit der Überschrift "Kennst Du das Zeichen" verdächtigt Raemischs Münzbild, der "Aufrichtung der Judenherrschaft über die ganze Welt" das Wort reden zu wollen. Angeblich ragen aus dem Kubus mit der Wertzahl, der mit dem Tempelbau Salomons in Verbindung gebracht wird, "in Linksrichtung 4 Eichenblätter (in Deutschland dreht sich alles von der Rohrwinde bis zur Kaffeemühle nach rechts.) Der Jude schreibt & liest von rechts nach links! Dies das Siegeszeichen, denn nicht die Franzosen, Engländer oder Amerikaner haben den Krieg [den Ersten Weltkrieg, H. C.] gewonnen, sondern nur allein der Jude!!!- 4 Eichenblätter = 4 Kriegsjahre!" Dem Flugblatt zufolge zeigt die Rückseite oberflächlich gesehen den Segen der Landwirtschaft. Die Kreuzung der Ährenhalme und ihrer Stützen ergebe ein gleichseitiges Dreieck, dies sei die Freimaurerkelle. Das Pamphlet fragt "Deutscher Volksgenosse, ist die Zufall" und fordert auf "Deutscher! Denke".

Selbstverständlich stellte sich der Reichskunstwart schützend vor den Münzgestalter und bemerkte auf Anfragen besorgter Bürger, wie wir heute sagen würden, "dass beim Prägebild der 5 und 10 Pfennigstücke weder vom Auftraggeber noch vom entwerfenden Künstler eine Symbolik irgendwelcher Art beabsichtigt gewesen ist." Die Fünf- und Zehnpfennigstücke wurden ungeachtet der Angriffe aus rechtsradikalen und Nazi-Kreisen bis 1936 unverändert geprägt. Offenbar nahm man der NS-Staat an dem Design keinen Anstoß, das sogar auf Werbeplakaten für den so genannten Eintopfsonntag erschien. Raemischs Karriere hat es nicht geschadet, dass er der Urheber der Kleinmünze aus der Zeit nach der Inflation war. In der NS-Zeit war er an der künstlerischen Ausschmückung öffentlicher Bauten beteiligt, darunter auch solcher auf dem Berliner Olympiagelände.

Klare, lesbare Schrift

Um Ordnung, Übersicht und vor allem die künstlerische Qualität in das Emissionsprogramm zu bringen, schrieb der Reichsminister für Finanzen 1926 einen öffentlichen Wettbewerb aus. An ihm konnten sich alle Künstler deutscher Staatsanghörigkeit beteiligen. Eine Jury sollte über die Entwürfe entscheiden, für die sechs Preise zwischen 2000 und 6000 Reichsmark ausgesetzt wurden. Themen wurden in den "Blättern für Münzfreunde" vom September 1926 leider nicht mitgeteilt, wohl aber hat man die kurze Zeitspanne bis zur Abgabe der plastischen Modelle in weißem, ungetöntem Gips für 1, 2, 3 und 5 Reichsmarkstücke, also nicht nur Gedenkmünzen, moniert. Verlangt wurde ein Reichsadler in der von Josef Wackerle entwickelten Art sowie "ruhige, klare, leicht lesbare Schrift". Alles andere sollte den Künstlern überlassen bleiben. Damit waren die Türen offen für neue Gedenk- und Kursmünzen, die jetzt mit einiger Regelmäßigkeit auf den Markt gelangten.

Dass die Öffentlichkeit das neue Hartgeld nicht klaglos hinnahm, kann man aus der zeitgenössischen Fachpresse entnehmen. Die "Blätter für Münzfreunde" gaben in ihrer Februarausgabe 1925 die Forderung der sächsischen Handelskammern wieder, dass die sächsische Regierung sich für "geschmackvollere Prägung des deutschen Hartgeldes" verwendet und fahren fort: "Die Dreimarkstücke sind u. E. unwürdig, die Einmarkstücke unansehnlich und oft verschwommen geprägt, solche mit Mzz. D [also Münzzeichen D der Münchner Münze, H. C.] waren anfangs rotstreifig. Die Erhöhung des Feingehalts von 600 statt 500 Teile FS. [ Feinsilber) wäre eine wesentliche und keinesfalls luxuriöse Verbesserung. Mehrfach sind Fälschungen der neuen RSMünzen [Reichsmünzen] und der 50RtPfennig [Rentenpfennige] vorgekommen". In der Notiz "Modernes Geld- und Münzwesen" ist von Entwürfen für Reichsgoldmünzen die Rede, zu denen unter anderem Rudolf Weiss und Max Dasio aufgefordert wurden. Zu den Entwürfen neuer Fünfmarkstücke wird gesagt, ihr Feingehalt sollte nicht schlechter sein als die alten preußischen Kuranttaler von 1750-1857 zu 750 fein. Das Fachblatt weist darauf hin, dass die Reichsregierung "nach neuerem Vernehmen" die baldige Erhöhung des Silberumlaufs auf 10 Mark pro Kopf erörtert und außer Fünfmarkstücken auch solche zu zwei Mark zu münzen beabsichtigt. "Letzteres erscheint uns überflüssig und die Einschiebung eines Zweimarkstücks zwischen die Drei- und Einmarkstücke störend. Im Tagesverkehr wurden früher Drei- und Zweimarkstücke leicht verwechselt".

Banknoten statt Silbergeld

Ausgehend von einer Forderung in der Deutschen Wirtschaftszeitung, auf Silbergeld als "Luxusartikel" zugunsten des Papiergelds zu verzichten, stellen die "Blätter für Münzfreunde" klar: "Silbermünzbestand ist auch bei niedrigem Stand der Silberpreise eingespartes Volksvermögen. […] Unser Volk ist durchweg mit der neuen Silbermünze und namentlich mit dem Dreimarkstück zufrieden, obwohl man öfter den Wunsch nach Aufbesserung des Feingehalts und äußeren Aussehens der Münze vernimmt. Auf Münzen sterben Bakterien, auf Papiergeld werden sie in Menge gezüchtet. Die vor 1 bis 5/4 Jahren ausgegebenen kleineren Reichsmark- u. a. Scheine sind jetzt schon teils verschlissen und zerrissen. Dagegen in den Jahren kurz vor 1875 bestand noch ein großer Teil des preußischen Münzumlaufs in 1/3, 1/6, 1/12 Talerstücken Friedrichs des Großen, die nach 100jährigem Gebrauch noch umlaufsfähig waren", heißt es in der Replik der "Blätter für Münzfreunde" auf Ideen für die Abschaffung des Silbergeldes.

In Bezug auf Vorschläge, Silbergeld durch solches aus Nickel zu ersetzten, gibt das Journal zu bedenken: "Gäben wir unserm Volk, das bisher Nickelscheidegeld zu 5 bis 25 Pfennige hatte, Drei- und Fünfmarkstücke aus Nickel, so würde das kaum wiedergekehrte Vertrauen zum Neubau unseres Geldwesens wesentlich gedämpft, wenn nicht erschüttert werden." Zur Beschriftung der Münzränder mit dem "Einigkeitsspruch" der neuen Dreimarkstücke liest man, es gebe keinen Anlass, ihn durch das "frühere anspruchsvolle Gott mit uns" zu ersetzen.

Klage aus Sammlerkreisen

Im September 1927 gaben die "Blätter für Münzfreunde" eine Klage "aus Sammlerkreisen" weiter, dass für Reichsdenkmünzen von poliertem Stempel eine "Verwaltungsgebühr" von 3 Reichsmark erhoben wird, "die jedoch den allgemeinen für unsere Währung bedenklichen Erhöhungen aller Gebühren entspricht". Außerdem wird mitgeteilt, dass neben dem Fünf- und Dreireichsmarkstück "Tübingen" auch ein neues Kursstück zu fünf Reichsmark mit dem Eichenbaum und Adler vorbereitet wird und ein neues Fünfzigpfennigstück aus reinem Nickel mit der vertieften "50" über geschlängelten Strahlen "als Schutz gegen Fälschung" zu erwarten ist. Schon in der Januarausgabe 1928 des gleichen Blattes wird bedauernd festgestellt, dass die erwähnten Fünfziger von 1927 "trotz ihrer sorgfältigen Ausführung in Fälschungen vorkommen, die dadurch kenntlich sind, dass sie auf Magneteisen nicht reagieren".

In den Akten des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde finden sich Zeitungsausschnitte, die die Ohnmacht des Reichskunstwartes bemängeln. So heißt es in der "Königsberg Hartungschen Zeitung" vom 3. Dezember 1929 nach einer kritischen Betrachtung eines Entwurfs für die geplante Münze anlässlich der Weltumseglung des Luftschiffs Graf Zeppelin, theoretisch stehe zwar dem Reichskunstwart das Recht der Beratung zu, "doch gerade die wichtigsten Behörden, wie die Reichspost, und die Münze pflegen trotz der etatmäßigen Stellung des Reichskunstwartes auf Vorlage der Entwürfe zu verzichten. Man wird schließlich einmal die Frage stellen müssen, ob bei dieser ständigen Umgehung des Reichskunstwartes die etatmäßigen Verpflichtungen dieser Institution fester umrissen werden müssen. Sollte dafür keine Neigung bestehen, so dürfte es sich denn nach Ansicht der Künstlerverbände empfehlen, diese etatmäßige Stellung überhaupt abzubauen. Dann könnten wenigstens derartige Entwürfe wie die oben erwähnten nicht mit dem Odem deutschen Kunstgewerbes für den Außenstehenden bezeichnet werden". Ab 1928 sah sich der Reichskunstwart hinsichtlich der Münzentwürfe, die alle über seinen Tisch gingen, zunehmend einer Hetzkampagne ausgesetzt, die offenbar von München, der "Stadt der (NS)-Bewegung", ausging. Redslob wurde in die Enge getrieben und so in seiner Arbeit paralysiert, dass ihm nach eigenen Worten nur noch der "Freitod übrig bleibt", worauf er aber verzichtet hat.

27. Juni 2019

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