Für Gott und Vaterland
Vonderau Museum dokumentiert tausend Jahre Münz-, Markt- und Zollrecht in der alten Bischofsstadt Fulda





Brakteat des Abts Konrad III. (1221-1246) mit gerahmten Bildnis, darüber Kirche mit zwei Türmen (29 mm, 0,6 g, der Pfennig des Abts Friedrich (1383-1395) stammt aus der Münzstätte Hammelburg und wurde um 1390 geprägt (16 mm, 0,35 g)



Das Bronzedenkmal in Fulda zeigt den Apostel der Deutschen, wie man Bonifazius nannte, mit hoch erhobenem Kreuz und die Bibel in der Hand. Aus dem Holz der zum Erschrecken der "Heiden" bei Geismar gefällten Eiche soll Bonifatius anno 724 eine dem heiligen Petrus geweihte Kapelle gebaut haben. Um diese und das von Bonifazius gegründete Benediktinerkloster entwickelte sich die Siedlung Fritzlar. Das Denkmal rechts steht vor dem Dom der alten Kaiserstadt. Ihr Name könnte auf die Zeit des Bonifatius zurückgehen, denn die Petri-Kirche wurde als pacis doctrina, d. h. Friedenslehre oder Friedeslar bezeichnet.



Ansicht von Fulda mit seinen Kirchen, Klöstern und Bürgerhäusern auf einer im Dommuseum Fulda befindlichen Federzeichnung aus der Zeit um 1660.



Der Taler von 1729 kombiniert das Bildnis des Fürstabts Adolph von Dahlberg mit dessen Wappen. Schwert und Krummstab symbolisieren die in einer Hand befindliche weltliche und geistliche Macht.





Fürstbischof Adalbert von Harstall (1788-1802) ließ während der Koalitionskriege gegen Frankreich aus kirchlichem Silber Münzen wie den Taler von 1796 zur Begleichung von Steuern und Abgaben prägen. Ihm taten es der Eichstetter Bischof Joseph Graf von Stubenberg (1791-1824) und andere Kirchenfürsten sowie die Freie und Reichsstadt Frankfurt am Main mit Kontributionstalern gleich. (Fotos und Repros aus dem besprochenen Band nach Vorlagen von Münzen im Vonderau Museum)

Im Mittelalter erhielten zahlreiche geistliche und weltliche Herrschaften im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation das ebenso einträgliche wie prestigeträchtige Münzrecht oder eigneten es sich auf oft dubiose Weise an. So kam es im Münzwesen zu einer starken Zersplitterung. Überall entstanden kleine Schmieden, die nicht nur für den Kaiser und die großen Territorialfürsten, sondern auch für Bistümer, Klöster sowie Burgherren und Städte arbeiteten. Etwa 400 solcher Prägestätten wurden gezählt, aus denen eine fast kaum zu überschauende Zahl von Geldstücken hervorgingen. Manche können ungeachtet intensiver Forschungsarbeit weder einem Münzherren noch einer bestimmten Münzstätte zugeordnet werden.

Das nach dem Heimatforscher Joseph Vonderau benannte Vonderau Museum in Fulda zeigt bis zum 4. August 2019 eine interessante Ausstellung anlässlich der Erteilung des Münz-, Markt- und Zollrechts an Abt Richard durch Kaiser Heinrich II. vor tausend Jahren. Wie die Ausstellung und das dazu verfasste, reich illustrierte Buch schildert, wurden die Privilegien von Abtei und der Stadt Fulda klug genutzt. Das Buch "Fulda handelt. Fulda prägt. 1000 Jahre Münz-, Markt- und Zollrecht" wurde von Sabine Fechter als 47. Band der Kataloge des Vonderau Museum Fulda herausgegeben. Es enthält Beiträge von Rainer Erdmann, Sabine Fechter, Marita Glaser, Cornelia Halm, Wolfgang Hautumm, Thomas Heiler, Ulrich Hussong, Michael Imhof, Christine Kenner, Johannes Peter, Jürgen Reinhardt, Alexander Sust, Frank Verse und Christoph Winterer. Erschienen ist der 424 Seiten starke Band im Michael Imhof Verlag Petersberg, es hat 264 Farb- und 36 S/W-Abbildungen und kostet 29,95 Euro (ISBN 978-3-7319-0814-2).

Kirche, Handwerk und Handel

Der Begleitband zur Ausstellung berichtet ausführlich und anhand mittelalterlicher Handschriften und weiterer Sachzeugen wie archäologische Fundstücke, Bauwerke, Goldschmiedearbeiten und Hinterlassenschaften des ortsansässigen Handwerks aus der wechselvollen Geschichte der Abtei und der Stadt bis zur Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus. Die in Fulda herrschenden geistlichen Herren boten den in Zünften organisierten Handwerkern Brot und Betätigungsmöglichkeiten. Ihr Hofstaat und die Ausstattung der Kirchen verlangten nach kostbaren Ausstattungen, und die umfangreiche Bautätigkeit sorgten für Beschäftigung und Einkommen.

Beim Gang durch die Ausstellung und Lesen des Buches ist es gut sich zu vergegenwärtigen, dass es zwischen den Fürstäbten und den Bürgern nicht immer spannungslos zuging, ja dass sich diese gegen die Anmaßung der geistlichen Obrigkeit durch Zerstörung von Baulichkeiten und anderen Protest zur Wehr setzten. Interesse verdient ein umfangreiches Kapitel von Michael Imhof über jüdische Kaufleute der frühen Neuzeit in Fulda. Mal geduldet und gefördert, mal verfolgt und des Landes verwiesen, nahmen sie als Wechsler, Geldverleiher, Kaufleute sowie als Lebensmittel-, Vieh- und Tuchhändler im damaligen Wirtschaftsleben des geistlichen Fürstentums eine nicht unterschätzende Rolle ein, schreibt Imhof. Die von ihm mitgeteilten Rechnungen für Einkauf und Verkauf von Handelsgütern mit genauen Angaben über dabei gezahlte Summen leiten zu dem ins Mittelalter zurückreichenden fuldischen Geldwesen über. Dazu enthält der Band viele interessante Informationen, doch wer dort eine lückenlose Auflistung der fuldischen Münzen und Medaillen erwartet hat, muss woanders nachschauen, etwa in dem Buch von Claus Gehrling und Rainer Erdmann "Die Fuldaer Münzen vom Spätmittelalter bis zur Barockzeit" (Verlag Parzeller Fulda 2002, 181 S., zahlr. Abb., 30,80 Euro). Das Zitierwerk tritt an die Stelle ältere Kataloge und hilft, fragliche Stücke gut einzuordnen.

Christoph Winterer und weitere Autoren würdigen Abt Richard, der von 1018 bis 1039 im Amt war und auf den jene Urkunde von 1019 ausgestellt wurde. Von dem Privileg profitierte die aufblühende Siedlung, die 1114 als Stadt erwähnt wurde. Johannes Peter berichtet, wie die Münzprägung in Fulda beschaffen war und mit Pfennigen, Denaren und Brakteaten sowie mit Groschen, Talern und Dukaten und nicht zuletzt prächtigen Medaillen glänzte. Oft hat man das geprägte Metall mit dem Bildnis des Heiligen Bonifatius geschmückt, den man auch Apostel der Deutschen nannte. Ans Tageslicht gebrachte Münzschätze, in denen fuldisches Geld vertreten ist, erzählen von Handelsbeziehungen und von Zeiten der Not und militärischen Bedrängnis. Eine neue Ära in der Münzgeschichte von Fulda begann 1539, als Abt Johann III. von Henneberg nach sächsischem und böhmischem Vorbild Taler mit seinem Bildnis und Familienwappen sowie Dreier und Pfennige schlagen ließ.

Kontributionstaler aus Kirchensilber

Diese und weitere Münzen aus Silber und Gold sowie die in der Barockzeit in reichem Maße hergestellten Medaillen zeugen vom Selbstbewusstsein der Fürstäbte, die, erstaunlich für ihr kleines Reich, in der Barockzeit beachtliche 250 Münz- und Medaillentypen herstellen ließen. Welche Rolle fuldisches Geld im eigenen Territorium spielte, lasse sich nur erahnen, schreibt Johannes Peter in seinem Beitrag über Fuldaer Münzen und Medaillen in der frühen Neuzeit. Im Umlauf waren vor allem Taler und Goldmünzen ausländischer Herkunft, vor allem solche aus Frankreich und den Niederlanden, hingegen seien Kleinmünzen aus Fulda sowie dem Oberrheinischen und Kurrheinischen Kreis im Umlauf gewesen.

Da die Kapazitäten einer eigenen Münzstätte oft nicht ausreichen, ließen die Fürstäbte und ab 1752 Fürstbischöfe auch anderswo, etwa in Augsburg, Geld schlagen. Die zeitweilig glänzende Münzgeschichte der Fürstabtei und des Bistums Fulda endete mit einer bemerkenswerten Talerprägung mit der Aufschrift DEO ET PATRIAE (Für Gott und Vaterland), die Fürstbischof Adalbert von Harstall 1795/95 aus dem Metall eigener Silbergeräte herstellen ließ, um die durch Steuern und Requrierungen gebeutelte Bevölkerung zu entlasten. Bei diesen Kontributionstalern wäre, um den Blick über Fulda hinaus zu richten, noch ein Satz über ähnliche Ausgaben zur gleichen Zeit in anderen geistlichen Territorien sowie in Frankfurt am Main angebracht gewesen. Wie es nach der Säkularisation des Fürstbistums Fulda im Jahr 1802 mit der Medaillenprägung weiterging, schildert Rainer Erdmann und weist darauf hin, dass das Schloss, der Dom und das Bonifatiusdenkmal beliebte Motive waren und, wie man vermuten kann, auch künftig sein werden.

14. April 2019

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