Zweimal wurden im VEB Münze Berlin Goldmünzen geprägt, einmal 1972 für die Mongolische Volksrepublik neun Goldmünzen und zum anderen die bekannten 266 Goldmünzen, die im Auftrag von Erich Honecker und Günter Mittag, also des Staats- und SED-Chefs und seines Wirtschaftssekretärs im Politbüro, 1985 gefertigt wurden. Damals bekam Münzstättenleiter Hans-Joachim Huwe von Schalck-Golodkowski, dem Leiter der Kommerziellen Koordinierung, 400 in der Schweiz beschaffte Ronden. Daraus wurden die bewussten 266 Goldstücke im Nennwert von je zehn Mark, 333 fein, geprägt, die wieder persönlich an Schalck-Golodkowski übergeben wurden. "Schalck versprach mir, dass diese Stücke für repräsentative Zwecke verwendet werden und nie in der Öffentlichkeit auftauchen", sagte Huwe, der vor einigen Jahren verstorben ist. Wer in der DDR Gold für Zahnersatz brauchte und nicht zu den Privilegierten gehörte, hatte mit der Beschaffung des Edelmetalls einige Probleme. Wenn aber das SED-Politbüro mit Gold-"Münzen" Eindruck schinden wollten, gab es jede Menge davon.
Natürlich kamen die "Goldfüchse" nach dem Ende der DDR doch ans Tageslicht, und zwar in Auktionen und im Handel, denn so etwas lässt sich nicht auf Dauer geheim halten. Die in der Honecker-Zeit mit diesen Stücken beschenkten Herrschaften wussten die Stücke nach dem Motto "Bares für Rares" profitabel umzurubeln, und es waren nicht die einzigen Wertstücke aus der untergegangenen DDR, die ihren zur ehemaligen Elite gehörenden Besitzern einen schönen Batzen Geld einbrachten. Erinnert sei nur an die vielen Ordenssterne aus dem Besitz von DDR-Politikern und hohen Offizieren, die immer wieder von Auktionshäusern angeboten und von Sammlern gekauft werden.
Geplante Auflage wurde nicht erreicht
Bei den 266 Goldmünzen handelt es sich um Abschläge des bekannten Zehnmarkstücks von 1985 "Treptower Ehrenmal" (Entwurf: Gerhard Rommel und Dietrich Dorfstecher). Die Stücke sind auf der Rückseite neben dem Ährenkranz durch ein erhabenes P gekennzeichnet, dessen Nachahmung Fälschern schwer fallen dürfte. Die anlässlich des 40. Jahrestags des Siegs über den Faschismus, so die Inschrift auf der Vorderseite, geprägte Münze zeigt in Miniaturformat das 1949 zur Erinnerung an die Gefallenen der Roten Armee im Kampf um Berlin eingeweihte Denkmal des Rotarmisten mit dem geretteten Mädchen auf dem Arm. Verschiedene DDR-Medaillen bilden das nach einem Modell des sowjetischen Bildhauers E. W. Wutschetitsch geschaffene Standbild ab. Von den 266 Exemplaren kommen laut Katalogangabe 66 in Rotgold und 200 in Weißgold vor, was einigen Stücke noch zu zusätzlichen Preisschub verleihen dürfte.
Bestimmt für Spitzenpolitiker der DDR sowie besondere Staatsgäste, sorgten die so genannten Materialproben vor 30 Jahren für Aufregung, als bekannt wurde, wofür das begehrte Edelmetall und westliche Devisen so verwendet wurde, nämlich um Sammlergelüste und Eitelkeiten von Politbürokraten und anderen im wahrsten Sinne des Wortes "teuren Genossen" zu befriedigen. Dass nicht 400, sondern nur 266 Exemplare an Schalck-Golodkowski ausgeliefert wurden, hat mit unterschiedlichen Qualitäten zu tun. Offenbar musste man die restlichen 134 Stücke vernichten, weil die unter konspirativen Umständen hergestellten Prägungen nicht so ausfielen, wie man es sich gewünscht hatte. Erwähnt sei, dass die Schatullen, in denen die Goldmünzen verschenkt wurden, in Westberlin, das heißt beim Klassenfeind, hergestellt wurden, weil im Osten wohl niemand gefunden wurde, der dies hätte zustande bringen können.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass es bei den in Berlin geprägten Münzen neben Motiv- auch Materialproben sowie nicht der Vorschrift entsprechende Stempelkopplungen auch manch andere Unregelmäßigkeit gibt. So kommen Münzen mit mongolischer Randschrift vor, was auf die Prägung von Hartgeld für die Mongolische Volksrepublik in der Berliner Münze weist, über die offiziell nicht gesprochen wurde. Solche Fehlprägungen hätten die Geldfabrik eigentlich nicht verlassen dürfen. Doch da sie es irgendwie doch geschafft haben, avancierten sie zu numismatischen Raritäten, die sehr gut bezahlt werden.
Der frühere Behauptung leitender Mitarbeiter der DDR-Münze, es habe keine Manipulationen gegeben, kann angesichts dieser Machwerke nur wenig Glauben geschenkt werden. Wie viel Absicht und wirtschaftliches Kalkül hinter ihnen steckt oder ob die eigentlich für den Ausschuss bestimmten Stücke nur zufällig der vorgeschriebenen Einschmelzung entgangen sind, kann nicht gesagt werden, und heute befragte frühere Mitarbeiter der DDR-Münze schweigen sich dazu aus. Gemunkelt wird allerdings davon, dass es mitunter an Sonntagen "geheime Sonderschichten" gab, in denen unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen jene Goldfüchse und Sonderabschläge hergestellt wurden. Gut vorstellbar, dass diese Raritäten nicht unter normalen Umständen das Licht der Welt erblickten. Man musste ja sicher gehen, dass nichts davon an die Öffentlichkeit dringt.
Wirbel um Neubauer-Probe
Dass es in DDR-Zeiten auf geheimnisvollem Weg eine numismatische Rarität, nämlich ein undatiertes Zehnmarkstück zur Erinnerung an den von den Nazis ermordeten Kommunisten und Pädagogen Dr. Theodor Neubauer, bis in den 147. Katalog des Staatlichen Kunsthandels der DDR HOBRIA (1976) schaffte und deshalb für erheblichen Wirbel sorgte, geht aus einem Briefwechsel zwischen dem VEB Münze der DDR und dem Münzhandelsunternehmen hervor. Da die Münze nur aus "Diebstahlshandlungen" herrühren könne, bestehe der Münzbetrieb darauf, dass dieses Stück aus der Versteigerung genommen wird. Zwei leitende Angestellte des Münzhandelshauses, Klaus Priese und Lothar Tewes, mussten sich dazu schriftlich verpflichten, wodurch aber ein Umsatzverlust von ca. 5000 Mark entstand. "Zuküftig werden alle zweifelhaften Objekte (DDR-Stücke) vor Aufnahme in die Auktion dem VEB Münze zur Begutachtung vorgelegt. Verprägungen werden nicht in die Aktion genommen." Außerdem wurde beiderseits festgestellt, "dass die Informationspolitik der Staatsbank insbesondere gegenüber den DDR-Fachgeschäften verbessert werden muss. VEB Münze erklärt sich bereit, nach Möglichkeit Echtheitsüberprüfungen vorzunehmen." Da die Münze den Fall nicht auf sich beruhen lassen wollte, kündigte sie in der Gesprächsnotiz vom 1. Oktober 1976 an, sie werde "über die staatlichen Organe", also die Polizei, eine Bekanntgabe der Person und Adresse des Einlieferer sowie gegebenenfalls eine Beschlagnahme der Münze erwirken.
Dass es neben den offiziellen Kurs- und Gedenkmünzen auch exklusive Sonderausgaben gab, wurde 1968 in einer Ausstellung des damaligen Museums für deutsche Geschichte im Berliner Zeughaus - hier ist heute das Deutsche Historische Museum untergebracht - sichtbar. Unter den vielen Geschenken, die der damalige Staatsratsvorsitzende und SED-Generalsekretär Walter Ulbricht zu seinem prunkvoll gefeierten 75. Geburtstag bekommen hatte, befand sich, in blauen Samt eingelassen, auch ein Goldabschlag des im gleichen Jahr geprägten Zwanzigmarkstücks zum 150. Geburtstag von Karl Marx (1818-1893, Gestaltung: Gerhard Rommel und Axel Bertram). Das Thema "Ulbricht und die Münzen" ist noch lange nicht ausgeschöpft. Der schon erwähnte Münzhändler Klaus Priese hatte in den 1960er Jahren gelegentlich mit dem Schriftsteller Otto Gotsche zu tun, der als Sekretär des Staatsrats der DDR zu Ulbrichts engster Umgebung gehörte und ebenfalls Münzen sammelte, vor allem Reichsmünzen. Priese erinnert sich eines Hinweises von Gotsche, wonach "Walter" ihn gebeten habe, sich darum zu kümmern, den wohl noch recht unorganisierten und zum Teil in privater Hand, z. B. Firma Redder in Leipzig, befindlichen Münzhandel auf eine offizielle staatliche Grundlage und damit auch unter staatliche Kontrolle zu stellen, wie es dann auch geschehen ist. Es ist möglich, dass die numismatische Bewegung, die damals in der DDR zu bemerkenswerten Höhenflügen mit vielbeachteten Publikationen und Ausstellungen gelangte, manches auch der persönlichen Förderung durch hohe und höchste Funktionäre erfuhr. Während beispielsweise Druckpapier Mangelware war, hatte der Kulturbund zumindest in dieser Hinsicht kein Problem. Seine "Numismatischen Beiträge" und die Broschüren der numismatischen Fachgruppen, die heute eine Fundgrube für alle diejenigen sind, die wissen wollen, wie man und mit welchen Zielsetzungen in der DDR Münzen gesammelt hat und was man mit ihnen anstellte, sind oft auf bestem Papier gedruckt.
Manipulationen in Abrede gestellt
Zum Thema Nachprägungen äußerte sich der ehemalige Direktor des VEB Münze der DDR, Hans-Joachim Huwe, Nachprägungen von DDR-Münzen habe es in seiner Amtszeit von 1969 bis 1990 niemals gegeben. Manche Ungereimtheiten seien auf die technische Unzulänglichkeit der Ostberliner Prägestätte zurück, die bis 1945 die größte und leistungsfähigste des Deutschen Reiches war. In den letzten 30 Jahren sei der Betrieb mit zum Teil veralteten Prägemaschinen und -methoden nur noch eine Manufaktur der 20er und 30er Jahre gewesen. Huwe zufolge hätten die von der DDR veröffentlichten Auflagezahlen für Gedenkmünzen "in fast allen Fällen" mit den Prägeaufträgen übereingestimmt. Nur in einigen wenigen Fällen habe es Abweichungen von einigen hundert, in einigen Fällen von 1000 bis 2000 Münzen gegeben, wenn mehr Ronden zum Prägen zur Verfügung standen, als ursprünglich vorgesehen. Im Vergleich zur jeweiligen Gesamtauflage würden diese Unregelmäßigkeiten aber "nicht ins Gewicht" fallen. "Sämtliche Prägestempel der DDR-Gedenkmünzen seien bis heute unter Verschluss gehalten worden und während seiner Amtstätigkeit niemals für Nachprägungen zur Verfügung gestellt worden." Die eher beiläufige, irgendwie auch harmlos klingende Bemerkung des früheren Leiters der DDR-Münze ist für Sammler und Händler hochinteressant. Letztlich bedeutet das Eingeständnis nichts anderes, als dass es bei den Prägungen ziemlich willkürlich zuging. Tausend oder zweitausend Münzen mehr oder weniger können, das wissen alle Sammler und Händler, sind kein Pappensteil, sie haben ganz erhebliche Auswirkungen auf Häufigkeit und Bewertung eines Nominals.
25. November 2019
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