"Freund und Helfer"
DDR-Medaillen mühten sich, das Image ihrer Polizisten durch Münzen und Medaillen aufzupolieren







Als Mutmacher und zur Belohnung wurden in der DDR Plaketten und Medaillen an Volkspolizisten und ihre Helfer vergeben.



Die rote Armbinde verlieh einem Freiwilligen Helfer der Volkspolizei so etwas wie staatliche Autorität. Auf Trödelmärkten findet man solche und andere Hinterlassenschaften.



Die Grenztruppen der DDR waren besonders ausgesuchte, ausgebildete und vereidigte Soldaten, auch sie hat man für "besondere Leistungen" mit Medaillen ausgezeichnet.







Mit Orden und Auszeichnungen war die DDR Weltspitze. Es soll Träger gegeben haben, die sie auf ihrer breiten Brust kaum noch anstecken konnten und am liebsten den Rücken benutzt hätten.



Der Bau der "antifaschistischer Schutzwall" genannten Berliner Mauer und die Befestigung der innerdeutschen Grenze wurden 1961 und danach als Friedenstat verklärt, dabei sollte durch sie die massenhafte Flucht in den Westen unterbunden werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Ob man sie mag oder nicht, die Münzen und Medaillen der DDR gehören zu unserer Geschichte. Gäbe es den zweiten deutschen Staat noch, dann würde er in diesem Jahr mit Pauken und Trompeten sein siebzigjähriges Bestehen feiern. Doch brachte es der zweite deutsche Staat dank der friedlichen Revolution im Herbst 1989, des Mauerfalls am 9. November 1989 und der Auflösung der SED-Diktatur nur auf 40 Jahre. Bevor die DDR ihren 41. Geburtstag am 7. Oktober 1990 feiern konnte, war sie in der Bundesrepublik Deutschland aufgegangen. Deshalb feiern wir am 3. Oktober 2020 den 30. Jahrestag der Wiedervereinigung. Man muss kein Prophet sein um zu sagen, dass das Jubiläum durch Gedenkmünzen und Medaillen gewürdigt wird, so wie es schon in den vergangenen Jahren der Fall war.

Mit dem Verschwinden der DDR im Orkus der Geschichte endete auch deren Münzgeschichte. Ihre Hinterlassenschaften erlebten damals einen sagenhaften Auftrieb, doch haben sich die Preise inzwischen auf ein moderates Niveau eingependelt. Im Schatten der Kurs- und Gedenkmünzen der DDR stehen die Medaillen sowie die Orden und Auszeichnungen. Wenn es nichts im deutschen Osten gab - an diesen gab es nie Mangel. Das zeigt sich auch in den Angeboten des Münzhandels und auf Börsen, wo man geprägtes Metall reichlich und preiswert bekommt, von exklusiven Ausgaben und Seltenheiten abgesehen.

Die DDR bezeichnete sich als friedliebender Staat. Kriegstreiber waren immer die anderen, vor allem die verhasste Adenauer-Regierung, die 1952 in einem Brief an Stalin von der SED-Führung als "Regierung der reaktionärsten, militaristischen, profitgierigsten Kreise des westdeutschen Finanzkapitals" und unter dem Kommando des USA-Imperialismus stehend bezeichnet wurde. Ungeachtet moderater Bekundungen in späteren Jahrzehnten hat sich in den Köpfen der ostdeutschen Politbürokratie an diesem Urteil nichts geändert.

Mühe um besseres Image

Die Zahl der Medaillen und Plaketten, mit denen Angehörige der "bewaffneten Organe", also Nationale Volksarmee, Staatssicherheit, Volkspolizei und Kampfgruppen der SED, ausgezeichnet wurden, ist nicht klein. Dargestellt sind auf ihnen bewaffnete Männer in Uniform, aber auch Funktionäre, die sich um den Schutz des Arbeiter-und-Bauern-Staats verdient gemacht haben, wie es damals hieß. Die Deutsche Volkspolizei (VP) wurde 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) gegründet. Ihre Angehörigen unterstanden nach der Gründung der DDR dem Minister des Inneren, der ab 1963 den Titel Chef der Deutschen Volkspolizei trug. Zivilisten konnten sich der VP als Helfer der Volkspolizei zur Verfügung stellen. Ihre Rolle Seit an Seite neben den Polizisten war umstritten. Die SED-Führung und die Polizei hatten Mühe, geeignete Personen anzuwerben und ihnen in der Bevölkerung einen "geachteten Platz" zu verschaffen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden immer wieder Parteidirektiven erlassen und staatliche Maßnahmen durchgeführt, oft auch solche mit Zwang und Einschüchterung, was nicht zuletzt zur Flucht junger Leute in den Westen führt, solange sie möglich war. In einem Beschluss des Politbüros des Zentralkomitees der SED vom 1. Juli 1952 wird der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) aufgefordert, eine Aufklärungskampagne "zur Frage der nationalen Streitkräfte" zu starten, in der Oberschüler angeworben werden sollten. Außerdem sollten von den Arbeitsämtern Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren nicht "zu Schwerpunktaufgaben" vermittelt, sondern "an die Volkspolizei abgegeben" werden. "Unter der weiblichen Jugend ist eine breite Kampagne zu entfalten, einen industriellen Beruf zu erlernen, damit sie junge männliche Arbeitskräfte aus den Betrieben ersetzen können." Mit anderen Worten stand die Bewaffnung und Militarisierung des Landes und die Sicherheit der Regierenden über seiner wirtschaftlichen Gesundung.

Die Volkspolizei war in Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Verkehrspolizei, Wasserschutzpolizei und Transportpolizei unterteilt. Außerdem unterstand ihr das Pass- und Meldewesen der Volkspolizei, die auf diesem und weiteren Gebieten eng mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammenarbeitete. Überdies wurden 1952 nach sowjetischem Vorbild die für einen begrenzten Raum im Wohngebiet zuständigen und mit Kontroll- und Überwachungsaufgaben betrauten Abschnittsbevollmächtigten (ABV) eingeführt. Das Regime brauchte sie für die Überwachung der Bevölkerung, denn sie lieferten nützliche Informationen über Stimmungen und Meinungen nach oben, das heißt an das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Der ABV hatte ein wachsames Auge auf alles, was in seinem Umfeld geschah, wer wen besuchte, wer eine Fahne zum Fenster hinaus hing und wer nicht.

Ziel unzähliger Witze

Dem Ministerium des Innern unterstand die Kasernierte Volkspolizei (KVP), aus der 1956 die Nationale Volksarmee hervor ging. Wie das MfS verfügte die Volkspolizei über inoffizielle Mitarbeiter (hier IM, dort IKM), also über Spitzel und Zuträger, die vom MfS angeleitet und überwacht wurden. Die Angehörigen der Volkspolizei, die man im Westen abfällig Vopos nannte, waren in der Bevölkerung unbeliebt. Unzählige Witze machten sich über Dummheit, Unbeweglichkeit und mangelnde Bürgernähe der zunächst dunkelblau, dann grün uniformierten Polizeitruppe lustig, in die angeblich nur jene Leute gehen, die anderswo keine Arbeit finden und angeblich immer zu zwei gehen, damit sie acht Klassen zusammen haben. Wer wegen solcher Schmähungen angezeigt wurde, hatte schwere Strafen wegen "Boykothetze" zu erwarten und war gesellschaftlicher Ächtung ausgesetzt. Um das Image zu verbessern, wurde die aus der Zeit des Nationalsozialismus übernommene Parole von der Polizei als "Freund und Helfer" ausgegeben, und auch DDR-Filme und die von der SED kontrollierten Medien mühten sich, die Volkspolizisten als sympathisch, humorvoll, kompetent, ja liebenswert und immer um das Wohl "unserer Menschen" besorgt erscheinen zu lassen.

Wer allerdings Bekanntschaft mit der Staatsmacht gemacht hat, weiß, dass diese brutal zuschlagen konnte. In böser Erinnerung ist, wie Einheiten der Staatssicherheit und der VP im Herbst 1989 auf Ostberliner und ostdeutsche Demonstranten eindroschen und sich an der Unterdrückung und Zersetzung von Oppositionellen beteiligten. Beim Anblick geprägten Metalls wird man diese Fakten kaum außer Acht lassen können.

3. Juni 2019

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