Auferstanden aus Ruinen
Wie die DDR 1989 ihren 40. Gründungstag und weitere Jubiläen auf Münzen feierte



Bei frühen DDR-Münzen fällt die Landesbezeichnung DEUTSCHLAND auf. Sie drückt die Hoffnung der Führung im zweiten deutschen Staat und der hinter ihr stehenden Sowjetunion aus, eines Tages im geeinten Deutschland ein kommunistisches Regime errichten zu können, was als Beitrag für Frieden und Fortschritt interpretiert wurde.





Die Münzen zu Jahrestagen der DDR kommen auch heute häufig vor und sind preiswert zu haben, von Sonderausgaben abgesehen. (Fotos: Caspar)

Das Jahr 1987 war ein Schicksalsjahr der DDR. Kaum zu verheimlichen war seit dem Amtsantritt des sowjetischen Parteichefs Michail Gorbatschow 1985 die tiefe politische Entfremdung zwischen der Sowjetunion und der DDR und ihren jeweiligen Parteiführungen. In einer historischen Rede forderte US-Präsident Ronald Reagan am 12. Juni 1987, auf der westlichen Seite des Brandenburger Tors in Berlin stehend: "Mr. Gorbachev, open this gate! Tear down this wall! - Mr. Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor! Reißen Sie diese Mauer nieder!". Der Zug hatte sich in Richtung Öffnung der Mauer und deutsche Einheit in Bewegung gesetzt, nur wollte das die DDR- und SED-Führung nicht wahrhaben. Noch im Januar 1989 behauptete SED- und Staatschef Erich Honecker, die Mauer werde noch 50 oder 100 Jahre stehen, was viele seiner Untertanen veranlasste, sich auf den gefährlichen Weg in den Westen zu machen.

Unbeirrt trommelte die DDR-Propaganda für den 40. Jahrestag der Gründung der DDR, der am 7. Oktober 1989, vor nunmehr 30 Jahren, prunkvoll mit Paraden, Ansprachen und "organisierter" Volksbelustigung gefeiert wurde. Vielen zu "höchsten Arbeitserfolgen" und Bekenntnissen für die Politik der Partei aufgeforderten DDR-Bewohnern blieb das Lachen im Halse stecken. Denn es hatte sich viel Unmut angesammelt, und so wurde, ausgehend von Leipzig, bei Massenprotesten "Keine Gewalt", "Wir sind das Volk" und "Demokratie jetzt oder nie" gerufen. Volkspolizei und Stasi droschen brutal auf die Demonstranten ein und verhafteten Tausende. Honecker musste am 18. Oktober 1989 seinen Rücktritt erklären. Sein ewig grinsender Nachfolger Egon Krenz verkündete die "Wende", die aber nichts anderes als eine kosmetische Korrektur sein und auch am Alleinvertretungsanspruch der Staatspartei nichts ändern sollte. Wenig später fiel die Mauer, und nach einem Jahr war Deutschland "einig Vaterland".

Ausgegeben wurde 1989 eine von Heinz Rodewald entworfene Münze im Wert von zehn Mark mit den 15 Wappen der DDR-Bezirke einschließlich des Berliner Bären. Die Gestaltung lag im Üblichen, denn schon früher waren im Berliner VEB Münze der DDR, kenntlich am Buchstaben A, Kurs- und Gedenkmünzen mit charakteristischen Bauwerken und von optimistisch dreinschauenden Arbeitern geprägt worden. Sie sind überall preiswert zu haben, von Ausführungen in abweichenden Metallen und besonderen Motiven abgesehen.

Bereits 1969 war in riesiger Auflage eine Kursmünze aus Aluminiumbronze zu fünf Mark in Umlauf gebracht worden, auf der das zwanzigjährige Jubiläum der DDR mit der römischen Ziffer XX ausgedrückt ist. Zehn Jahre später hat man auf die Angabe XXX verzichtet, weil diese Zahl vom Volkswitz als drei Kreuze als Zeichen dafür interpretiert worden wäre, dass die SED-Herrschaft bald vorüber sein wird. Von da ab sollte es noch 20 Jahre dauern, bis dieser Wunsch Wirklichkeit wurde. Das Ungewöhnliche an der Jubiläumsmünze von 1989 ist, dass auf der Rückseite die erste Zeile der seit Jahren nicht mehr gesungenen DDR-Hymne steht.

Das inoffiziell "Ruinenwalzer" genannte Lied mit der Anfangszeile "Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt" wurde zum erstenmal in Berlin am 6. November 1949 anlässlich einer Festveranstaltung zum 32. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution gesungen. Der vom SED-Politibüro genehmigte Text des Dichters Johannes R. Becher kennzeichnete treffend die Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg. Der nächste Satz "Lasst und dir zum Guten dienen, Deutschland einig Vaterland" war angesichts der Abgrenzungspolitik in der Honecker-Ära zwischen 1971 und 1989 nicht mehr erwünscht, weshalb die Hymne nicht mehr gesungen werden durfte, sondern nur noch vom Orchester intoniert wurde.

In der frühen DDR warben Politiker und Propagandisten, wie Johannes R. Becher einer war, für der deutsche Wiedervereinigung unter kommunistischen Vorzeichen, die für den Westen außerhalb jeder Vorstellung war. Zum Tod des sowjetischen Diktators und Massenmörders Josef Stalin am 5. März 1953 schrieb der Staatsdichter: "Neigt euch vor ihm in ewigem Gedenken! / O sag auch du, mein Deutschland, Stalin Dank. / Er kam, ein neues Leben dir zu schenken, / Als schon dein Land in blut´gem Schutt versank […] Es wird ganz Deutschland einstmals Stalin danken. / In jeder Stadt steht Stalins Monument. / Dort wird er sein, wo sich die Reben ranken, / Und dort in Kiel erkennt ihn ein Student." In der DDR hat man glücklicherweise keine Stalin gewidmete Gedenkmünzen geprägt, sie würden sonst im Fach "Numismatische Fehlleistungen" landen.

29. Januar 2019

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