Streit um Kronjuwelen
Aachen, Nürnberg und Wien beanspruchten die mittelalterlichen Insignien der römisch-deutschen Kaiser



Der Kupferstich aus der Barockzeit zeigt die Kronjuwelen und Zeremonialgewänder der römisch-deutschen Kaiser, um die sich nach dem Ende des Alten Reichs 1806 Aachen, Nürnberg und Wien stritten.



Die mittelalterliche Reichskrone und die Rudolfskrone sind mit weiteren Preziosen in der Wiener Schatzkammer ausgestellt.



Die von den römisch-deutschen Kaisern getragene Reichkrone ist auf einem österreichischen Hunderteurostück von 2008 abgebildet.



Die undatierte Medaille von Georg Hautsch zeigt Kaiser Sigismund mit Reichskrone, Reichsapfel und Zepter sowie rückseitig weitere Kroninsignien, die allesamt in Nürnberg verwahrt wurden. Die Reichsstadt ließ diese und weitere Medaillen um 1709 prägen, um ihre Ansprüche auf die Preziosen zu unterstreichen.



In der Wiener Kapuzinergruft sind Prunksärge von Angehörigen des Hauses Habsburg mit gekrönten Totenschädeln und anderen Symbolen geschmückt, dieses Diadem ist der mittelalterlichen Kaiserkrone nachgebildet.



Die von Hitler befohlene Rückführung des Kronschatzes von Wien nach Nürnberg, damals Stadt der Reichsparteitage genannt, wird auf der von Karl Goetz geschaffenen Medaille von 1938 gefeiert.





Kaiser Wilhelm I. hat nie die auf der zu seinem 90. Geburtstag geprägten Medaille von 1887 getragen, sie ist eine Fiktion, die sowohl auf Reichsmünzen als auch auf Medaillen und Wappen im öffentlichen Raum dargestellt wurde. Der deutsche der Reichsadler beschützt auf der Fünfmarkprobe von 1913 die Kaiserkrone, die niemals getragen wurde.



Das Zeichen des Kurfürstentums Brandenburg war das Zepter, das Joachim I. als Reichserzkämmerer auf dem Taler von 1521 schultert und das auch im Landeswappen erscheint.



Die Medaille aus dem frühen 17. Jahrhundert bildet den sächsischen Kurfürsten mit seinem Ornat - Kurhut, Hermelinmantel und Schwert - reitend ab. Das lateinische Motto lautet übersetzt "Für das Gesetz und die Herde/das Volk". (Fotos/Repros: Caspar)

Zahllose Münzen und Medaille sind mit Herrschaftsinsignien geschmückt - Kronen und Reichsapfel, Schwerter und Zepter. Geistliche Fürsten sind auf ihren Prägungen mit Bischofs- und Kardinalshüten sowie Hirtenstäben nachempfundenen Krummstäben und Schwertern als Symbole geistlicher und weltlicher Macht präsent. Die früher vom Papst bei besonders festlichen Anlässen getragene Tiara ist eine dreistufige Krone mit oben abgerundeter Spitze, auf der ein Reichsapfel befestigt ist. Auf Münzen erscheint diese Krone mit zwei Schlüsseln über dem Papstwappen. Die aus weißem Stoff bestehende Mütze bekam im Laufe der Jahrhunderte drei mit Edelsteinen verzierte goldene Diademe. Beim Empfang der dreifachen Krone durfte sich der neu gewählte Papst sagen, dass er "Vater der Fürsten und der Könige, das Haupt der Welt und der Statthalter Jesu Christi" ist. Neben den aus einem Stirnreif meist aus Gold sowie edelstein- und perlenbesetzten Bügeln bestehenden Kaiser-, Königs- und Fürstenkronen gab es die aus Samt und Hermelin gearbeiteten Kappen, die die Kurfürsten als Inhaber des Wahlrechts für die römisch-deutschen Kaiser bei feierlichen Anlässen trugen.

Geistliche und weltliche Fürsten ließen sich auf unzähligen Münzen und - seit dem 15. Jahrhundert - auch Medaillen im Schmuck ihrer Kronen, Zepter und Zeremonialgewänder darstellen, die in langen Falten bis auf die Füße fallen. Der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise und andere Potentaten trugen im frühen 16. Jahrhundert modische Drahthauben beziehungsweise mit Juwelen besetzte Barette und wärmten sich in pelzbesetzte Mänteln, die ein Vermögen kosteten. Wegen der Kopfbedeckungen fürstlicher Personen, die sich auf die Ohren herunterklappen lassen, erhielten sächsische Münzen den Namen Klappmützentaler. Abgebildet wurden höchste Standespersonen in kostbar gestickten Hemden und Mänteln, während schwere Goldketten Hals und Brust und Juwelen ihre Hüte schmücken.

Die von den Habsburgern bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation im Jahr 1806 getragene römisch-deutsche Kaiserkrone ist eine besonders kostbare Goldschmiedearbeit aus der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts. Da sie nicht immer für ihn greifbar war, ließ sich Kaiser Rudolf 1602 in Prag eine eigene Krone anfertigen. Nach dem Ende Römisch-deutschen Reichs proklamierte Kaiser Franz II. am 11. August 1804 das neugeschaffene Kaiserreich Österreich, das er fortan als Kaiser Franz I. regierte. Als Krone des neuen Kaiserreichs wurde die Rudolfkrone zur offiziellen Kaiserkrone erhoben und hatte diese Funktion bis zum Ende der Monarchie 1918 inne.

Reichskrone war nur Fiktion

Viel moderner wirken die Kronen französischer, österreichischer, russischer, mexikanischer und brasilianischer Kaiser sowie zahlreicher Könige und anderer Fürstlichkeiten. In Großbritannien und anderen Monarchien werden sie bei Krönungen getragen beziehungsweise bei feierlichen Anlässen nur gezeigt. Sie erscheinen in Landeswappen sowie auf Münzen und Medaillen. Queen Elizabeth II. ist auf unzähligen britischen Münzen und solchen von Ländern, deren nominelles Oberhaupt sie ist, im Schmuck eines königlichen Diadems zu sehen. Die seit der deutschen Einigung von 1871 auf Münzen, Medaillen, Geldscheinen, Siegeln sowie Gemälden und Skulpturen dargestellte Kaiserkrone Wilhelms I. und seiner Nachfolger hat es nie in Wirklichkeit gegeben. Sie ist lediglich eine Fiktion, ein das Deutsche Reich einigendes Symbol, das nach der Novemberevolution von 1918 Geschichte wurde.

Nach 1871 gab es Pläne, eine neue deutsche Kaiserkrone zu schaffen, die sich in der Form an die Krone der römisch-deutschen Kaiser anlehnt. Sie sollte neogotisch anmutende Hochbügel besitzen, die in der Mitte zusammenlaufen und ganz oben den Reichsapfel trugen. Die Bildplatten wollte man mit einem Kreuz aus Diamanten sowie mit Adlern besetzen. Von diesem Typ abgeleitet wurden Formen für die Kaiserin und den Kronprinzen. Das waren alles schöne Projekte, doch kamen sie bis zum Ende der Monarchie 1918 nicht zur Ausführung. Bis zu ihrem Verschwinden im Zweiten Weltkrieg waren im Berliner Hohenzollernmuseum Schloss Monbijou nur vorläufige Holzmodelle ausgestellt.

Kostbarer Besatz mit Diamanten und Perlen

Für die Krönung König Wilhelms I., des späteren Kaiser Wilhelm, am 18. Oktober 1861 in der Königsberger Schlosskirche wurden die goldenen Kronkarkassen (Gestelle) Friedrichs I. und seiner Gemahlin Sophie Charlotte von 1701 durch zwei neue, leichtere Kronen aus vergoldetem Silber ersetzt. Um bei Staatsakten wie Thronreden und der Eröffnung des Reichstags nicht ganz ohne Kronjuwelen auskommen zu müssen, ließ Kaiser Wilhelm II. 1889 von seinem Hofheraldiker Professor Emil Döpler d. J. unter Verwendung der nach der Krönungsfeier von 1861 den Krongestellen entnommenen Brillanten und Perlen eine neue Krone entwerfen und von den Hofjuwelieren Humbert und Sohn herstellen. Die in Anlehnung an die bei der Krönung Friedrichs I. am 18. Januar 1701 in Königsberg verwendete Krone war die Goldkrone des letzten deutschen Kaisers und Königs von Preußen mit 142 Diamanten, 18 Brillanten, acht Perlen, zwei Saphiren und acht Dicksteinen überaus prachtvoll besetzt. Das Innere der Krone war mit rotem Samt ausgekleidet. Da es seit Wilhelm I. bei den Hohenzollern keine Krönung mehr gab, wurde die Krone nur bei repräsentativen Anlässen aus dem Tresor geholt. Sie befindet sich heute auf der Burg Hohenzollern, dem Stammsitz des vor 101 Jahren in der Novemberevolution vom Thron gejagten Dynastie.

Entführung von Wien nach Nürnberg

Nürnberg war und ist stolz darauf, dass in seinen Mauern Reichstage abgehalten und lange Zeit die Reichskleinodien aufbewahrt wurden, also die Herrschaftsinsignien der römisch-deutschen Kaiser und deutschen Könige. Dazu gehörten die Reichskrone, der Krönungsornat, der Reichsapfel und das Zepter, das Reichs- und Zeremonienschwert, das Reichskreuz, die Heilige Lanze, das Reichsevangeliar und weitere Preziosen. König (ab 1433 Kaiser) Sigismund hatte 1423 der Reichsstadt die Kleinodien zu ewiger Verwahrung übergeben. Lediglich zu Krönungen sowie feierlichen Prozessionen durften die mit Edelsteinen besetzten Insignien ihren Aufbewahrungsort in der Kirche des Heilig-Geist-Spitals verlassen. Nach dem Ende des Römisch-deutschen Reichs 1806 stritten sich die alte Krönungsstadt Aachen sowie Nürnberg um den Verbleib der Kronjuwelen. Mit dem Hinweis, das an das Königreich Bayern gefallene Nürnberg sei keine Reichsstadt mehr, wies die österreichische Regierung die Bitte um Rückführung der in Wien aufbewahrten Reichskleinodien zurück. Bis zur Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich 1938 wurden sie in Wien gezeigt. Hitler verfügte, dass sie nach Nürnberg, die man damals Stadt der Reichsparteitage nannte und Namensgeber der antijüdischen Nürnberger Gesetze war, gebracht, beser gesagt entführt und in der Katharinenkirche ausgestellt werden. Die Preziosen überstanden in einem Kunstdepot den Zweiten Weltkrieg und kehrten danach in die Schatzkammer der Wiener Hofburg zurück, wo sie von vielen Besuchern bewundert werden.

Nicht ganz so aufwendig wie Kaiserkronen und Königskronen sind Diademe, die von Erz- und Großherzögen, Herzögen, Fürsten und anderen hochadligen Personen getragen, meist aber nur als Bestandteile von Wappenschildern und demzufolge auch auf Münzen verwendet wurden. Bei den mit Samt gefütterten "Rangkronen" gab es genaue Abstufungen entsprechend dem Rang seines Trägers. So kann man anhand der Form und Zahl der Zacken erkennen, auf welcher Stufe ein bestimmter Kronenträger innerhalb der adligen Hierarchie steht. Wer sich gut auskennt, kann auch auf Münzen und den dort dargestellten Wappenschildern unschwer erkennen, welchen Rang eine dort abgebildete Fürstlichkeit innehat.

Auch bei den von geistlichen Fürsten verwendeten Herrschaftszeichen gibt es klare Abstufungen. Die vom Papst getragene Tiara ist eine dreistufige Krone mit oben abgerundeter Spitze, auf der ein Reichsapfel befestigt ist. Auf zahlreichen päpstlichen Münzen erscheint diese Krone mit zwei Schlüsseln über dem Papstwappen. Die ursprünglich als eine Art Zuckerhut aus weißem Stoff gestaltete Mütze bekam erst im Laufe der Jahrhunderte die drei verzierten Stirnreifen. Viele von Kardinälen, Bischöfen oder auch Äbten geprägte Münzen zeigen, häufig in Verbindung mit dem Krummstab und einem Schwert, den mit Quastenschnüren geschmückten Kardinalshut beziehungsweise die reich bestickte Bischofsmütze. Neben Kronen und fürstlichen Hüten findet man auf Münzen weitere Herrschaftssymbole, so den Reichsapfel und das Zepter, das Reichsschwert und den Hermelinmantel. Immer wenn die englische Königin das Parlament in London eröffnet, erscheint sie in dieser kostbaren Aufmachung, ansonsten aber wird Queen Elizabeth II. auf ihren Münzen mit einem kleinen edelsteinbesetzten Diadem dargestellt. Der aus einer Kugel mit dem Kreuz obenauf gebildete Reichsapfel findet sich auf Münzen und Siegeln etwa der Pfalzgrafen bei Rhein, die das Amt des Erztruchsessen des römisch-deutschen Reichs inne hatten, während Zepter und Schwert die Wappen der Kurfürsten von Brandenburg beziehungsweise von Sachsen schmücken.

30. Dezember 2019

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