Ahornblatt und Totempfahl
Kanada erinnert mit seinen Münzen an Schätze der Natur sowie Ereignisse und Gestalten der Landesgeschichte



Queen Elizabeth II. mit Krone auf einem Dollar von 1964 "100 Jahre Konferenz Charlottetown und Quebec", bei der es um den Zusammenschluss verschiedener Kolonien in Britisch-Nordamerika zur Kanadischen Konföderation ging.



Die Ausgabe mit Lorbeerkranz von 1965 zeigt einen Pelzhändler und einen Indianer, die im Kanu auf der Hudson Bay fahren. Im Hintergrund sind eine mit Bäumen bestandene Insel und ein Nordlicht zu erkennen. Das Motiv erschien erstmals auf einem Dollar von 1936 zum 25. Thronjubiläum mit dem gekrönten Bildnis von Georg V., dem Großvater von Elizabeth II.



Der Totempfahl auf der Rückseite der Dollarmünze von 1958 zu "100 Jahre British Columbia" ist eine numismatische Verbeugung vor der indigenen Bevölkerung.





Das chinesische Jahr des Tigers mit einem Tiger im Tierkreiszeichen sowie das Feuerstaudenkraut als Symbol von Yukon innerhalb einer Serie über die kanadische Pflanzenwelt waren 2000 und 204 die Prägung von Münzen zu 15 und zu 350 Dollar aus Silber und Gold wert.



Seit 2012 werden die kanadischen Eincentmünzen aus Kupfer nicht mehr geprägt. Ihre Herstellung kostet mehr als ihr Nominalwert beträgt.



Der Nominalwert des in den Ausstellungsräumen des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum präsentierten einhundert Kilogramm schweren Goldgiganten aus Kanada mit der Jahreszahl 2007 beträgt eine Million Dollar. Tatsächlich wird der Wert des Goldes, auf das es die Täter abgesehen hatten, auf 3,6 bis vier Millionen Dollar beziffert.



Die Werbemedaille von 1960 eines Münzhändlers und eines Münzvereins in Quebec knüpft an Darstellungen der Barockzeit an. (Fotos/Repros: Caspar)

Offiziell ist Kanada eine parlamentarische Monarchie. Queen Elizabeth II. steht seit 1953 an der Spitze des Landes und lässt sich in Ottawa durch einen Generalgouverneur vertreten. Zahlreiche Münzen tragen, beginnend bei Königin Victoria seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, das Bildnis der jeweils in London amtierenden Regenten. Überdies unterstreicht die britische Krone über dem kanadischen Staatswappen die seit dem 18. Jahrhundert währenden Bindungen des nordamerikanischen Staates zum ehemaligen Mutterland. Allerdings war Kanada nicht immer britisch, denn seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatten hier im so genannten Neufrankreich die Franzosen das Sagen. Bis heute wird im Land französisch und englisch gesprochen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts musste König Ludwig XIV. Neufundland, Neuschottland und Gebiete an der nach ihrem Entdecker im frühen 17. Jahrhundert Henry Hudson bekannte Hudson Bay an die Briten abtreten, andere Landesteile blieben französisch. Niemals wurden die Bewohner gefragt, ob und zu wem sie gehören wollen.

Wer die seit 1858 in unterschiedlichen Größen, Auflagen und Metallen in Ottawa geprägten Münzen von Kanada sammelt, lernt einiges über Land und Leute, Flora und Fauna sowie Geschichte und Kultur kennen. Dargestellt sind auf ihnen Menschen, Tiere und Pflanzen sowie Stadtansichten, ferner historische Gebäude und Denkmäler und andere Sehenswürdigkeiten. Erinnert wird an Landesjubiläen, das Leben der Indianer, diverse Sportereignisse. Nicht zuletzt hat man auf ihnen die politischen Verbindungen zum britischen Königshaus gewürdigt. Gezeigt werden ferner das Landeswappen, Eisenbahnen, Flugzeuge und Automobile, die Niagarafälle, Berge und Seen, um einige Motive zu nennen. Auf verschiedenen Geldstücken wird die eigene Münz- und Geldgeschichte thematisiert, so dass sich hier das Sondergebiet "Numismatica in Nummis" ergibt. Bei den geradezu inflationär hergestellten und daher letztlich unübersichtlichen Prägungen ist gut zu erkennen, wie die 1952 auf den Thron gelangte Queen Elizabeth II. mit den Jahren älter wird.

Münzhandel hilft den Sammlern

Auf verschiedenen in der Royal Canadian Mint in Ottawa und ab 1971 in Winnipeg geprägten Geldstücken erkennt man das Maple Leaf genannte Blatt des Zucker-Ahorns, das auch die Landesfahne schmückt. Die damit seit 1979 geprägte Ausgabe kommt in Werten von einem halben Kanadadollar (CAD) bis zu einer Unze im Gewicht von rund 31 Gramm und einem Nennwert von fünf Dollar vor. Darüber hinaus gibt es Ausgaben aus Gold von einem bis 50 Dollar und weitere aus Platin zu noch höheren Werten. Für Münzfreunde wird es nicht einfach sein, die Münzen aus Gold, Silber und Platin sowie aus unedlen Metallen in seinen Besitz zu kommen. Aber der Handel wird helfen, und manches interessante Stück ist auf Münzbörsen für einen "schmalen Taler", also für billiges Geld, und im Internet zu haben.

In Kanada wurden Gedenkmünzen erst recht spät geprägt. Den Anfang machte der Voyager Dollar von 1936, der das gekrönte Brustbild von König Georg V. mit einem Kanu kombiniert, in dem ein Pelzjäger und ein Indianer im Kanu auf der Hudson Bay vor traumhafter Kulisse unterwegs sind. Die Münze war so beliebt, dass sie mit immer neuen Vorderseitenbildern von Georg V. bis Elizabeth II. in hohen Auflagen geprägt wurden, weshalb sie heute preiswert erhältlich sind. Was bisher auf diesem Gebiet in Kanada geprägt wurde, und das gilt nicht nur für den nordamerikanischen Staat mit seinen rund 36 Millionen Einwohnern, ist in dem Katalog von Günter und Gerhard Schön "Weltmünzkatalog 20. und 21. Jahrhundert" erfasst, der im Battenberg Gietl Verlag immer wieder neu aufgelegt wird.

Ein anderer Dollar von 1958 verbindet das Bildnis der noch jungen Elizabeth II. mit einem uralten Totempfahl. Das Silberstück erinnert an die Gründung Kolonie British Columbia einhundert Jahre zuvor. Damals machten Goldfunde Furore und lösten den so genannten Fraser-Canyon-Goldrausch aus, in dessen Verlauf unzählige meist amerikanische Gold- und Glückssucher, Spekulanten und Händler wie Heuschrecken einfielen und es zum Teil verwüsteten. Spannungen zwischen den Neuankömmlingen und den Alteingesessenen lieben nicht aus, und so kam es zum Krieg. Die anfangs kleine europäische Bevölkerung wuchs, angelockt durch die Aussicht auf "schnelles Gold", mit den Jahren sprunghaft an.

Verheerende Seuchen forderten viele Todesopfer

Die Zuwanderung in das schon bald durch Eisenbahnverbindungen erschlossene Gebiet löste schwere Epidemien bei den Ureinwohnern aus. Die Seuchen forderten auch in anderen Gegenden der Neuen Welt nannte, viele Todesopfer. Kaum war der Goldrausch vorüber, da wurde im Landesinneren erneut Gold entdeckt. Während des Cariboo-Goldrauschs strömten 1861/62 zehntausende Menschen herbei und schleppten Krankheiten ein, gegen die die Ureinwohner nicht resistent waren. Bereits 1862 starb rund die Hälfte der Indianer an einer verheerenden Pockenepidemie. Am 20. Juli 1871 trat British Columbia als sechste Provinz der Kanadischen Konföderation bei. Der neue Bundesstaat verpflichtete sich zur Übernahme von Schulden und versprach den Bau der transkontinentalen Canadian Pacific Railway innerhalb von zehn Jahren. Allerdings konnte der Bau erst am 7. November 1885 mit dem Einschlag des symbolischen "Letzten Nagels" beendet werden.

Diese aus großen Baumstämmen geschnitzten und bemalten Skulpturen stehen symbolisch für die Indianer. Sie hatten keine religiöse Funktion, wie Missionare vermuteten, sondern übten politische und soziale Funktionen aus und erfuhren als Symbole für die Identität der indigenen Völker Nordamerikas große Verehrung. Bis heute kann man diese mit menschlichen Gesichtern versehenen Figuren an vielen öffentlichen Plätzen bewundern oder sie in Form der von Ihnen erwähnten Dollarmünze in seine Sammlung tun. Nicht jede Münze ist ein Kunstwerk. Das kann man von neueren Ausgaben anlässlich von nationalen und internationalen Sportereignissen nicht behaupten, von einigen Ausnahmen abgesehen.

Da die Herstellung der kanadischen Centmünzen im Vergleich zu ihrer geringen Kaufkraft zu teuer ist, hat die Regierung deren Produktion ab 2012 eingestellt. Zur Begründung wurde angegeben, die Prägung eines einzigen Cents koste den Steuerzahler 1,5 Cent. Das sei auf die Dauer nicht zu rechtfertigen. Die in Umlauf befindlichen Münzen behalten ihre Gültigkeit, verschwinden aber langsam as der Öffentlichkeit. Bis zu dem Entschluss wurden jährlich Ein-Penny-Münzen mit einem Gewicht von insgesamt 7000 Tonnen hergestellt, was elf Millionen kanadische Dollar kostete, umgerechnet knapp 8,3 Millionen Euro. Die ersten kanadischen Pennys aus Kupfer wurden 1908 hergestellt. Heute mit ihnen nicht einmal Automaten bedient werden.

Goldgigant aus dem Bode-Museum gestohlen

In der Nacht zum 27. März 2017 gab es im Berliner Münzkabinett einen dreisten Einbruch. Unbekannte stahlen eine Big Maple Leaf genannte kanadische Riesenmünze aus Feingold mit dem Kopf von Queen Elizabeth II. auf der Vorderseite und drei Ahornblättern auf der Rückseite. Das Ausstellungsstück war eine private Leihgabe mit anderen Preziosen im hinteren Teil der ständigen Ausstellung des Münzkabinetts im Bode Museum ausgestellt, von Panzerglas geschützt. Die Nachricht schlug wie eine Bombe ein. Polizei und Leitung der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz zeigten sich entsetzt und standen vor einem Rätsel. Möglicherweise wurde der Diebstahl durch Bauarbeiten am Bode-Museum begünstigt, in dem das Münzkabinett untergebracht ist. Im Raum stand die Frage, wie sicher die Sicherungssysteme im Bode Museum sind und ob es dort Helfer der Goldräuber gegeben hat.

Laut Polizeiangaben drangen die Diebe gegen 3:30 Uhr mit einer Leiter von angrenzenden S-Bahngleisen aus durch ein nur unzureichend gesichertes Fenster der Garderobe des Museumspersonals in das Gebäude ein. Nachdem sie die Alarmanlagen umgangen waren, zerschlugen sie das Panzerglas der Vitrine mit einer Axt, nahmen die 100 Kilogramm schwere Goldmünze erst auf einem Rollbrett und dann auf einer Schubkarre mit und machten sie sich unbemerkt wieder aus dem Staub. Bei ihrer Flucht ließen sie die Leiter auf den S-Bahngleisen liegen. Gefunden wurde auch die Schubkarre. Spuren deuten darauf hin, dass die Kanadamünze den Tätern aus den Händen gefallen sein muss. Dabei wird es zu Beschädigungen gekommen sein. Die Goldscheibe ist mit einem Durchmesser von 53 Zentimetern ungefähr so groß wie ein Autorad oder Gullydeckel. Ihre Dicke beträgt drei Zentimeter. Das Stück im Münzhandel anzubieten, verbietet sich von selbst. Kriminalisten und Museumsleute gehen davon aus, dass die Täter das Goldstück zerstört und eingeschmolzen haben, um aus dem hochfeinen Edelmetall kleine Barren zu gewinnen. Diese lassen sich im internationalen Goldhandel leicht zu barem Geld machen oder werden auf andere Weise vermarktet. Die Diebe hatten es nur auf das Kanada-Gold abgesehen, die anderen numismatischen Kostbarkeiten in der Dauerausstellung des Münzkabinetts fassten sie nicht an. So schlimm und spektakulär der Goldraub war, der Verlust der numismatischen Kostbarkeiten von der Antike bis heute wäre für das Münzkabinett viel schmerzhafter gewesen.

Von der "Big Maple Leaf" gibt es nur fünf Exemplare, eines blieb in der Royal Canadian Mint, ein zweites befindet sich im Besitz von Queen Elizabeth, die anderen Stücke haben vermögende Geldanleger gekauft. Das Kanadagold ist keine wirkliche Münze und wurde auch nicht geprägt, sondern aus einer Goldplatte anhand eines Modells in monatelanger Arbeit sorgsam gefräst und poliert. 2007 wurde die Ausgabe in das Guinness-Buch der Rekorde als größte Goldmünze der Welt aufgenommen. Als ein solches Exponat 2010 in der Ausstellung "Goldgiganten" des Berliner Münzkabinetts aufgestellt wurde, mussten vier Männer zupacken. Zwar ist die Leihgabe aus Privatbesitz versichert, aber der Imageschaden für die Staatlichen Museen und ihr Münzkabinett ist immens. Seit Anfang 2019 läuft ein Verfahren im Berliner Kriminalgericht gegen die mutmaßlichen Diebe Wayci Remmo, seinen Bruder Ahmed und seinen Cousin Wissam, alles Mitglieder einer in Berlin lebenden arabischstämmigen Großfamilie, die über 500 Angehörige haben soll. Die Behörden bringen den kriminellen Teil der Familie mit schweren Gewalt- beziehungsweise Körperverletzungsdelikten, Schutzgelderpressung, Raub, Drogengeschäften, Hehlerei, Diebstahl, illegalen Waffenbesitz und Mord in Verbindung. Die beiden Brüder und ihr Mitangeklagter Denis W. müssen sich wegen Diebstahls beziehungsweise Beihilfe in einem besonders schweren Fall verantworten. Ein Urteil ist bisher noch nicht gesprochen. Inwieweit unzureichende Sicherheitsvorkehrungen und fehlende Aufmerksamkeit im Museum dem Goldraub Vorschub geleistet haben, ist auch noch ungeklärt.

"Kanada" im Vernichtungslager Auschwitz

An dieser Stelle sei ein Blick auf ein "Kanada" der ganz anderen, der unmenschlichen und grausigen Art erlaubt. Im Vernichtungslager Auschwitz gab es Räume, in denen Wertgegenstände und andere Hinterlassenschaften der eingelieferten beziehungsweise der ermordeten Häftlinge aufbewahrt wurden. Im Lagerjargon hießen die Effektenlager "Kanada" bezeichnet, weil Häftlinge und SS-Bewacher das dort aufbewahrte Raubgut als "Symbol für Reichtum" mit dem fernen Kanada verbanden. Der Einsatz in dem dort arbeitenden Kommando war bei den Häftlingen begehrt, weil sie noch nicht sortierte und registrierte Gegenstände "organisieren" konnten, um sie gegen Lebensmittel und andere Dinge einzutauschen. Auch ließen sich mit Hilfe von "Kanada" korrupte Zivilangestellten bzw. Angehörige des SS-Lagerpersonals bestechen oder günstig stimmen. "In den Kleidungsstücken und Schuhen, die von den vernichteten jüdischen Transporten zurückblieben, waren viele kostbare Sachen verborgen. Die Kanada-Häftlinge, die die Gegenstände sortierten, brachten insgeheim und unter großer Gefahr große Kostbarkeiten ins Lager. Dort erhielten sie dafür Lebensmittel, Kleidung, Schuhe, Alkohol und Zigaretten, die von Zivilangestellten und SS-Leuten ins Lager geschmuggelt wurden. Einen Häftling, der organisierte, erkannte man auf den ersten Blick. Er war besser gekleidet und besser genährt. Das allerdings nutzten die SS-Leute und die Häftlingsvorgesetzten aus. Sie verfolgten solche Organisatoren, kontrollierten und erpressten sie. So bildete sich ein regelrechtes Bestechungssystem auf Grund des Faustrechts. In ihren Arbeitskommandos hielten sich die Capos ganze Gruppen von Häftlingen, die für sie organisieren mussten. Wenn man den Häftling beim Organisieren erwischte, nahm ihn der Capo niemals in Schutz, im Gegenteil, er leugnete ab, mit ihm in irgendeiner Verbindung gestanden zu haben", berichteten die Auschwitzüberlebenden Ota Kraus und Erich Kulka nach ihrer Befreiung. Dem Lagerpersonal war es bei Todesstrafe verboten, sich an den Wertsachen der Opfer persönlich zu bereichern. Dennoch stahlen und tauschten viele Angehörige des Lagerpersonals Wertsachen der Holocaustopfer. Zur Unterbindung und Untersuchung solcher Diebstähle wurde eine Sonderkommission unter dem SS-Juristen Konrad Morgen eingerichtet, der ohne Rücksicht Veruntreuungen verfolgte, sofern sie ihm bekannt wurden.

13. Oktober 2019

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