Unlesbare Buchstaben und kaiserlicher Prunk
Wer antike Münzen sammelt, kommt an den Kelten und Byzantinern nicht vorbei



Münzen der Kelten sind ein interessantes Forschungs- und Sammelgebiet, den Stempelschneidern war es nicht gegeben, die Inschriften und Bildnisse adäquat nachzubilden. Das Berliner Münzkabinett stellt im Bode-Museum und im Alten Museum etliche Belegstücke aus.







Aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert stammt der goldene Elekronstater der Treverer mit einem Auge und einem Pferd, darunter eine silberne Tetradrachme, die im dritten bis zweiten Jahrhundert in Pannonien mit einem Herrscherkopf und einem Pferd geprägt wurde.



Der Solidus aus dem Jahr 315 nach Christus zeigt das Porträt von Kaiser Constantin I., dem Großen, auf den die Gründung von Konstantinopel zurück geht, darunter zwei mit Kaiser- und Christusporträts sowie dem Kreuz geschmückte Solidi aus späterer Zeit.



Bei den Münzen des byzantinischen Kaiserreichs gab es das Problem der Zuschreibung nicht. Wie den Solidus des Kaiser Theodosius II. (reg. 408-450) kann man sie gut bestimmen und zu datieren. Für den Codex Theodosianus ließ er die Gesetze und Verfügungen der römischen Kaiser seit 312 zusammenstellen.



Blutig und brutal ging es bei der Eroberung von Konstantinopel durch das osmanische Heer zu. Ob sich das welthistorische Ereignis so zugetragen hat wie auf dem Bild aus dem 19. Jahrhundert dargestellt, kann nicht gesagt werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Während im antiken Griechenland und in Rom die Münzkunst in schönster Blüte stand, prägten keltische Völkerschaften in Anlehnung an diese Vorbilder eigenes Geld. Da die Galater beziehungsweise Gallier, wie die Griechen und Römer diese im europäischen Norden, Westen und Osten ansässigen Völkerschaften nannten, keine schriftlichen Zeugnisse hinterließen, sind ihre materiellen Hinterlassenschaften etwa in Form von Münzen umso bedeutungsvoller. Die in zahlreichen, dem Namen nach nicht bekannten Schmieden hergestellten Geldstücke ahmen etwas unbeholfen das Geld der Griechen und Römer nach.

Reizvoll ist zu beobachten, wie edel gestaltete Porträts, Tiere, Pflanzen und andere Bilder verballhornt wurden, ja wie aus klaren Inschriften von den Stempelschneidern unlesbare Buchstaben- und Zahlenreihen fabriziert wurden. Informationen über die von Griechen und Römern als barbarisch, feindlich und bedrohlich empfundenen Kelten sind spärlich und ungenau. Man nimmt an, dass sie ihre Münzen zur Anlage von Schätzen für Notzeiten, aber auch zur Bezahlung von Söldnern, für die Entrichtung von Tributen und als Opfergabe verwendet haben. Da viele antike Funde auch keltische Münzen enthalten, kann man von ausgedehnten Beziehungen zwischen den beteiligten Stämmen und Völkerschaften ausgehen, bei denen die wegen ihrer inneren Qualität mit "abstrakten" Bildern und Scheininschriften bedeckten Geldstücke eine wichtige Rolle spielten.

Goldfunde am Ende des Regenbogens

Um die ungewöhnlich, manchmal wie kleine Näpfe oder Schüsseln geformten Münzen der Kelten ranken sich manche Legenden. Eine behauptet, dass man sie am Ende eines Regenbogens finden kann, was ihnen den volkstümlichen Namen Regenbogenschüsselchen einbrachte. Mag sein, dass der Aberglaube einen rationellen Kern hatte, denn nach einem Regenguss mochte es vorgekommen sein, dass auf einem Acker vom Sand befreite Münzen plötzlich im Sonnenlicht aufblitzten. Viele in grauer Vorzeit entdeckte Keltenmünzen wurden in Unkenntnis ihrer historischen Bedeutung eingeschmolzen. Sie galten als Teufelszeug, und man war damals offenbar gut beraten, das kostbare Material durch Schmelzen im Tiegel zu läutern und einem neuen Zweck zuzuführen.

Wie keltische Münzen, so erfreut sich auch das Geld des Oströmischen oder, wie man auch sagt, des Byzantinischen Kaiserreiches bei Sammlern großer Beliebtheit. Die zwischen dem fünften nachchristlichen Jahrhundert und dem 15. Jahrhundert geprägten Gold- und Kupfermünzen sind gut erforscht und katalogisiert. Das von den oströmischen Kaisern regierte Land war über lange Zeiten "die" bestimmende Macht im Mittelmeerraum. Seine christlichen Herrscher, die bis zur Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1453 durch ein etwa 80.000 Mann starkes Belagerungsheer des osmanischen Sultans Mehmed II. stets den Titel eines Kaisers der Römer trugen und sich als solche empfanden. Wenn vom Byzantinischen Kaiserreich gesprochen wird, bezieht sich der Name auf die Hafenstadt Byzantion am Bosporus, die im Jahr 330 von Kaiser Constantin I., dem Großen, zur Hauptstadt des Römischen Reiches erhoben wurde. Damit legte der Herrscher die Grundlage für einen neuen, christlich geprägten Staat in Ost- und Südeuropa.

Byzantion erhielt den Namen Konstantinopel, und von hier aus wurde Ostrom, wie man auch sagte, mehr als eintausend Jahre regiert. Während das Weströmische Reich von fremden Völkerschaften attackiert und seine Hauptstadt Rom mehrfach erobert und geplündert wurde und dann schließlich im Jahr 476 unterging, erlebte das Byzantinische Reich einen Aufstieg ohnegleichen. Unter Kaiser Justinian I. wurde die der Göttlichen Weisheit gewidmete Hagia Sophia in Konstantinopel als Hauptkirche des Reiches und Krönungskirche seiner Kaiser errichtet. Gleichzeitig gelang es, im Westen des Reiches gelegene Gebiete dem Oströmischen Reich wieder einzugliedern.

Sprichwörtlicher Prunk und Pomp am Hof im Konstantinopel

Die vielen Kriege, der sprichwörtlich byzantinische Prunk und Pomp, der am Hof in Konstantinopel betrieben wurde, die vielen Kirchen und Paläste, Straßen und Wasserleitungen, ein riesiges Heer und ein aufgeblähter Beamtenapparat und vieles andere kosteten Unsummen Geld. Die Kaiser legten daher großen Wert auf ein geordnetes Münzwesen und reformierten es mehrfach. Im Unterschied zum Weströmischen Reich spielte im Reich von Byzanz das Silber eine untergeordnete Rolle. Wichtigstes Nominal war der von Constantin I. geschaffene Solidus, eine Münze im Gewicht von etwa 4,2 Gramm, die dem 72. Teil eines römischen Pfundes entsprach und leichter als der alte römische Aureus war. Zum Bezahlen kleiner Beträge verwandte man den bronzenen Follis, von dem 420 Stück auf einen Solidus gingen.

Die Münzen der byzantinischen Kaiser sind ziemlich einförmig gestaltet. Zum kaiserlichen Brustbild mit allen Herrscherinsignien mal in Vorder-, mal in Seitenansicht erkennt man rückseitig auf das auf drei Stufen gestellte christliche Kreuz, aber auch Buchstaben und längere Inschriften sowie verschiedene Ornamente. In der Spätzeit des Oströmischen Reiches hat man Bilder der Gottesmutter mit denen von Jesus Christus kombiniert, der den Kaiser segnet. Dass es mit dem Reich von Byzanz langsam zu Ende geht, erkennt man an nachlässig geschnittenen Münzen, die so gar nichts mehr mit den noch um Individualität bemühten Prägungen aus der Frühzeit gemein haben. Die allerletzten Geldstücke sind pfennigartige Silberstücke, die nur noch in Umrissen den reitenden Kaiser ahnen lassen.

Mit hohen Verlusten erkämpfter Sieg

Unter der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Herakleois (610-641 nach Christus) sah sich das Oströmische Reich großer Gefahren ausgesetzt. Das "Neue Rom", wie man nach dem Untergang des Weströmischen Reiches das im Osten etablierte Kaisertum auch nannte, wurde von allen Seiten angegriffen. Seine Herrscher hatten große Mühe, sich der herandrängenden und auf reiche Beute erpichten Langobarden, Slawen und Perser (Sassaniden) zu erwehren. Kaiser Herakleios gelang im Jahre 619 ein wichtiger Schlag gegen die Perser, die bis dahin in Ägypten und Syrien, zwei der reichsten und wichtigen Provinzen des byzantinischen Vielvölkerstaates, saßen. Zehn Jahre später gelang es dem gleichen Herrscher, das verhasste und auch gefährliche Sassanidenreich vernichtend zu schlagen. Das war ein mit hohen Verlusten erkämpfter Sieg, denn das Byzantinische Reich war so geschwächt, dass es den vordringenden Arabern nicht mehr viel entgegenzusetzen hatte. So unterlagen die Truppen des Kaisers Herakleios im Jahre 636 in der Schlacht am Jarmuk den Truppen des Kalifen Omar. worauf der Süden des Riesenreiches einschließlich Syriens und Palästinas an die Muslime fiel. Ungeachtet der außenpolitischen und militärischen Verwicklungen gelang es Kaiser Herakleios, einigermaßen Ordnung und Übersicht in der Verwaltung vor allem in Kleinasien und in der Heeresorganisation zu erzielen. Mit seinen Bestrebungen kam er den Bedürfnissen der Kirche entgegen, die an geordneten Verhältnissen interessiert war und daher das Staatsoberhaupt bei seinen Reformen und den vielen Kriegszügen unterstützte.

Mehrfach stand die Existenz des Oströmischen Reiches auf dem Spiel, Landesteile gingen verloren und wurden zurückerobert. Durch Reformen in der Verwaltung und Verbesserung der Infrastruktur und Wirtschaft versuchten die Kaiser das Land gegen den Ansturm von außen zu festigen. Dem standen religiöse Streitigkeiten und solche um Thronfolgefragen gegenüber. Lange konnte das Byzantinische Reich dem Druck slawischer und islamischer Völker widerstehen. Es sah Zeiten einer blühenden Kultur und Kunst. Die Schriften von Kirchenmännern und Gelehrten bestimmten nachhaltig das Denken im Abendland.

Gold zum Bezahlen und als Schmuck

Wie die Wirtschaft des Römischen Reiches beruhte die des Byzantinischen Reiches auf geprägtem Geld. Sowohl Steuern und Löhne als auch Strafen und Tribute wurden in Geldbeträgen ausgedrückt. Geldverleiher und Händler bedienten sich bei größeren Beträgen der mit Herrscherbildern versehenen Goldmünzen. Daneben war es aber noch üblich, in Naturalien wie Getreide, Wein, Öl, Stoffen und anderen Erzeugnissen zu bezahlen. Das galt auch für die Vergütung von Arbeitsleistungen. Mit dem Verfahren begegnete man dem immer wieder beklagten Mangel an Hartgeld, denn die Münzstätten kamen dem Bedarf an ihm nicht hinterher.

Indem die Byzantiner angesichts kriegerischer Zeiten und Perioden von Not und Unsicherheit Gold und Silber horteten, entzogen dem Staatshaushalt liquide Mittel und investierten auch nichts mehr. Üblich war es, geprägtes Edelmetall als Schmuck zu verwenden. Viele Geldstücke erhielten ein Loch oder einen kostbaren Rahmen, um sie an Schnüren oder Ketten um den Hals zu tragen oder an der Kleidung zu befestigen. In dieser Form blieben manche zum Teil sehr aufwändig als Gedenkmünzen oder zum Zwecke des Verschenkens hergestellte Stücke bis in unsere Zeit erhalten.

Münzen in großen Fabriken durch Prägung am Amboss hergestellt. Ein in den Klotz eingelassener Unterstempel bildete die Rückseite, der mit der Hand oder eine Zange festgehaltene Oberstempel, auf den man mit dem Hammer kräftig einhieb, ergab die Vorderseite der Münze. Oft mussten Gefangene mit solchen einfachen Mitteln das Hartgeld herstellen. Ein Chronist des frühen 13. Jahrhunderts hat sich in Räumen einer Prägeanstalt umgeschaut, "in die kein Sonnenstrahl" fiel. Dort hätten unglückliche Menschen in schmutziger Kleidung und rußverschmierten Gesichtern Tag und Nacht gearbeitet, keuchend und von Sonderaufsehern bewacht, und das nicht jeweils zwei oder drei Tage, sondern monate- und jahrelang.

Schiere Größe war kein Garant für Beständigkeit

Der Untergang des Oströmischen Reiches vollzog sich langsam und in mehreren Etappen. Als Sultan Mohammed II. die Hauptstadt Konstantinopel belagerte und am 29. Mai 1453 eroberte, kam im christlichen Abendland niemand Kaiser Konstantin XII. zu Hilfe. Militärische Rettungsaktionen waren zuvor erfolglos geblieben. Das lange von altem Glanz zehrende, durch Teilungen, Erstarrung seiner Strukturen und Rivalitäten innerhalb seiner Eliten geschwächte und seit dem frühen 15. Jahrhundert von den Osmanen attackierte Oströmische Kaiserreich war ein für allemal dahin. Als Bollwerk gegen die Türken hatte es ausgedient. Da es gelang, Teile des schriftlichen Erbes der Antike aus dem untergegangenen Ostrom nach Italien zu transferieren, konnte es für die Renaissance fruchtbar gemacht werden. Unter der Türkenherrschaft blieb das griechisch-orthodoxe Christentum bestehen. Das rettete die Balkanvölker vor der völligen Preisgabe ihrer kulturellen und nationalen Eigenständigkeit.

Indem Constantin das Christentum anerkannte und förderte, schuf er die Grundlage des byzantinischen Staatswesens, das tausend Jahre länger bestand als das Römische Reich, das 476 aufhörte zu existieren. In Zeiten seiner größten Ausdehnung Mitte des ersten nachchristlichen Jahrtausends umfasste das Oströmische Reich Italien, die Balkanhalbinsel, die Levante, Ägypten sowie Nordafrika und Südspanien. Doch schiere Größe war kein Garant für Sicherheit, im Gegenteil, die oströmischen Kaiser mussten sich immer wieder fremder Völkerschaften erwehren und ihre Sicherheit auch durch immense Tributzahlungen und wechselnde Bündnisse erkaufen.

30. Oktober 2019

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