Architekt als Medailleur
Stempelschneider kupferten im 18. Jahrhundert Knobelsdorffs Fridericus-Porträts ab

































Es ist wenig bekannt, daß sich der vor 300 Jahren geborene preußische Maler-Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff auch als Münz- und Medaillendesigner betätigt hat. Seine Bildnisse des dreizehn Jahre jüngeren Kronprinzen Friedrich entstanden auch mit Blick auf die im Falle eines Thronwechsels schnell und zuverlässig zu schneidenden Münz- und Medaillenporträts. Der Vergleich zwischen Knobelsdorffs Porträts einerseits und Gold- und Silbermünzen und Medaillen aus den ersten Jahren der Regentschaft Friedrichs II., des Großen, mit denen sich der achtundzwanzigjährige Monarch nach dem Tod seines Vaters der Welt und dem eigenen Volk präsentierte, ist verblüffend. Es wird daher nicht ausgeschlossen, dass Stempelschneider, die den Flötenspieler und Kriegsherrn nicht oder nur wenig zu Gesicht bekamen, sich ihrer als Vorlage bedient haben (siehe dazu Gunther Hahn, Alfred Kernd'l: Friedrich der Große im Münzbildnis seiner Zeit, Frankfurt und Berlin 1986). Auch Porträts des Hofmalers Antoine Pesne und anderer Künstler haben diesem Zweck gedient.

Der 1753 viel zu früh mit nur 54 Jahren verstorbenen Maler-Architekten Knobelsdorff war auch Kunstsammler und Besitzer einer umfangreichen Gemäldegalerie, die nach seinem Tod in alle Winde zerstreut wurde. Im Sommer 1745 erhielt er den Auftrag, eine Medaille anläßlich des Sieges seines königlichen Arbeitgebers am 4. Juni 1745 in der Schlacht von Hohenfriedberg zu schaffen. Diese mit der Signatur L. H. B des Stempelschneiders Ludwig Heinrich Barbiez signierte Medaille zeigt das nach rechts gewandte Brustbild des Monarchen auf der Vorderseite und ihn auf der Rückseite mit Kommandostab hoch zu Ross vor dem Schlachtgetümmel reitend. Auf der Medaille erkennt man bereits Zeichen der Anstrengung, die der im Krieg gegen Österreich um die reiche Provinz Schlesien befindliche Hohenzoller hinter sich hatte.

Gerade Nase und Falten zum Mund

Charakteristische Merkmale, vor allem die in gerader Linie verlaufende Nase und die Falten zum Mund, hatte Knobelsdorff bereits auf einem ovalen Pastellbild aus der Zeit um 1735 festgehalten. Es entstand, als man befürchten musste, dass der kranke Vater des damals 23 Jahre alten Kronprinzen stirbt und dieser die Thronfolge antreten muss. Dieser Fall trat erst 1740 ein, und dann mussten ganz schnell neue Münzen und Medaillen her, die den inzwischen 28 Jahre alten Friedrich II. darstellen. Im Laufe von 46 Regierungsjahren wurden unzählige Münzen und Medaillen mit seinem Porträt stets mit einer gerade von der Stirn verlaufenden Nase und einer geraden Falte zwischen dieser und dem Mundwinkel geprägt. Später geprägtes Metall und die vielen Altersbildnisse zeigen den um seine äußere Erscheinung wenig besorgten König zahnlos mit eingefallenen Wangen und den charakteristischen großen Augen.

In Brandenburg-Preußen tat sich als erster der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit einer Serie von Medaillen hervor, die ihn, seine Frau und Familie sowie wichtige Ereignisse während seiner Regentschaft haltbar und in allerbestem Licht darstellen. Die Medaillen wurden in kleiner Auflage geprägt und zählen zu den großen numismatischen Raritäten des Landes. Ihnen gegenüber ist die Zahl der zu friedlichen und kriegerischen Anlässen hergestellten Gedenktaler und -dukaten gering. Im Unterschied zum benachbarten Kursachsen und zu den braunschweigischen Herzogtümern, die im Erzgebirge beziehungsweise im Harz über bedeutende Silbervorkommen verfügten und eine reiche Gedenkmünzenprägung entfalteten, waren auf diesem Gebiet der Große Kurfürst und seine Nachfolger Friedrich III./I. und Friedrich Wilhelm I. zurückhaltender.

Gepräge ebenso schön wie praktikabel

Auch Friedrich II. ließ bis auf wenige Ausnahmen nach seiner Thronbesteigung 1740 keine Gedenktaler und ähnliche Münzen schlagen, legte aber großen Wert darauf, mit gut gestalteten Medaillen Aufsehen zu erregen. Deshalb beschäftigte er talentierte Stempelschneider und nutzte auch die Fähigkeiten des an seinem Hof tätigen Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, des Malers Antoine Pesne und weiterer Künstler. Es wird vermutet, dass der König viele zumeist lateinische Inschriften auf den Medaillen persönlich formulierte, wobei er sich natürlich der Hilfe von gelehrten Männern bediente. Dass er sich des propagandistischen Werts von geprägtem Metall bewusst war, zeigt eine Kabinettsorder vom 30. September 1740. Darin wird dem Generaldirektorium, also der Regierung, beschieden, der König wolle, dass die Ausmünzung des Geldes nicht stille stehen soll. Er verlange, "dass die Stempel und das Gepräge so schön als es practicable gemacht werde, so haben Sie (der König) resolviret, dass dero Hofmaler Pehne [Pesne, H. C.] die Zeichnungen zu Dukaten, Speziesrthlr., 16 Ggr.= [gute Groschen, H. C.] und 8 Ggr.=Stücke machen, auch nachgehends mit darauf Acht haben soll, dass die Stempels darnach recht schön gefertigt werden".

Während sich Friedrich II. in jungen Jahren noch um sein Münzbildnis gesorgt hat und sich als Landesherr die Gepräge zeigen ließ, kümmerte er sich im Alter herzlich wenig um die Wiedergabe seines greisenhaft werdenden Kopfes und überließ Entscheidungen darüber seinen Beamten. Gelegentlich hat der König ihm zur Approbation vorgelegte Proben abgelehnt und für den Schmelztiegel bestimmt. Die der Vernichtung entgangenen Stücke avancierten zu besonderen numismatischen Raritäten und erzielen enorme Preise. Das wenig entwickelte Interesse an seinen Münzen ist erstaunlich, als der Monarch, wie seine massiven Eingriffe in das architektonische Schaffen von Knobelsdorff und anderen Künstlern zeigen, sonst sehr genau bestimmte, was und wie zu bauen ist.

Eloge auf begnadeten Künstler

Als der begnadete Maler und Architekt 1753 mit erst 54 Jahren gestorben war, ließ Friedrich II. in der Berliner Akademie der Wissenschaften eine bewegende, von ihm selbst verfasste Gedächtnisrede verlesen. In der deutschen Übersetzung dieser Eloge heißt es: "Knobelsdorff erwarb sich durch seinen lauteren und rechtschaffenden Charakter allgemeine Hochachtung. Er liebte die Wahrheit und glaubte, sie verletze niemanden. Gefälligkeiten betrachtete er als Zwang und floh alles, was seine Freiheiten zu beeinträchtigen schien. Man musste ihn genau kennen, um sein Verdienst voll zu würdigen. Er förderte die Talente, liebte die Künstler und ließ sich lieber suchen, als dass er sich vordrängte. Vor allem muss zu seinem Lobe gesagt werden: Er verwechselte nie Wetteifer mit Neid, Gefühle, die sehr verschieden sind und die zu unterscheiden man den Künstlern und Gelehrten."

Dass Friedrich II. ungeachtet lebenswahrer Vorlagen in Gestalt von Kupferstichen und Gemälden auf Münzen und Medaillen häufig bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurde, hat ihn offenbar wenig gekümmert. Vertrat doch der in diesen Dingen sparsame Landesvater die Ansicht, die Gepräge hätten so schön zu sein als es "practicable" ist. Die Kosten für qualitätvolle Gepräge, wie sie nach Knobelsdorffs und Pesnes Vorlagen in der Frühzeit seiner Regentschaft noch hergestellt wurden, waren dem König wohl zu hoch. Er machte die Mode anderer Potentaten nicht mit, die mit geschönten Münz- und Medaillenbildnissen exquisite Selbstdarstellung betrieben.

Allergrößte Sorgfalt wurde wegen der repräsentativen Außenwirkung bei den preußischen Banco-, Levante- und Albertustalern aus der Zeit nach dem Siebenjährigen Krieg gelegt. Die formvollendet geschnittenen Stücke unterstreichen, dass Stempelschneider auch anders als nur nach "Schema F" arbeiten konnten. Sie traten mit ihnen in Konkurrenz zu österreichischen Münzen treten, die für den Handel im Vorderen Orient bestimmt waren. Das Geschäft war ein Fehlschlag, und so blieb die Auflage gering, was diese Stücke zu besonderen Raritäten der preußischen Münzgeschichte werden ließ. Der Stempelschneider Heinrich Ludwig Barbiez könnte sich bei dem Porträt des Königs auf einer Medaille von 1745 auf die Schlacht von Hohenfriedberg einer Vorlage von Knobelsdorffs Hand verwendet haben. Als Knobelsdorff das Pastell schuf, war Kronprinz Friedrich (II.) erst 23 Jahre alt, das im Neuruppiner Museum befindliche Relief in vergoldetem Rahmen zeigt ihn in ähnlichem Alter. Während der Taler von 1741 ohne Krone vom König genehmigt und in größerer Zahl geprägt wurde, lehnte er die Version von 1755 mit Krone als angeblich zu steif ab. Was den Tod im Tiegel überstanden hat und was später nachgeprägt wurde, zählt zu den Topraritäten der preußischen Münzgeschichte. Die Zurückhaltung bei der Verwendung des Siegeslorbeers auf preußischen Münzen verwundert, weil Friedrich II. schon sehr früh auf Medaillen dieses aus der Antike stammenden Siegeszeichen trägt. Die älteste Medaille dieser Art aus der Regierungszeit des Königs stammt aus dem Jahr 1742 und erinnert, von Johann Georg und Martin Holtzhey geschaffen, an den Friedensschluss von Breslau, mit dem der erste Schlesische Krieg beendet wurde. Dort trägt der ausdrücklich wegen des Erwerbs der bis dahin zu Österreich gehörenden Provinz als Herzog von Schlesien bezeichnete König von Preußen den Ehrennamen FRIDERICUS MAGNUS, also Friedrich der Große. Die stets mit Lorbeer geschmückten Bildnisse Friedrichs des Großen auf dem Bancotaler von 1765 und dem Levantetaler von 1767 bilden eine rühmliche Ausnahme im Einerlei der friderizianischen Münzgeschichte. Die in der preußischen Provinz geprägten Achtgroschenstücke porträtiert den König, wie er nicht unterschiedlicher sein kann. Noch trägt er keinen Lorbeerkranz im Haar. Den legte er sich erst nach dem siegreich beendeten Siebenjährigen Krieg zu. Das früheste Belegstück dieser Art stammt aus dem Jahr 1764 und ist ein Berliner Reichstaler. Die Medaille von 1747 wurde von ebenfalls von Holtzhey geschaffen und erinnert an den Wiederaufbau der Schloss- und Domkirche nach Knobelsdorff Plan. (Fotos/Repros: Caspar) Sterbetaler wird dieses Silberstück von 1786 mit dem Altersbild des Großen Königs genannt, doch hat er mit seinem Tod am 17. August 1786 nichts zu tun. Die Angabe 17 A 1786 verleitet zu der falschen, aber verkaufsfördernden Deutung.

23. Mai 2019

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