Glück, Wohlstand, Frieden
Am Jahreswechsel hat man Neujahrsmünzen verschenkt, doch manche landeten alsbald im Schmelztiegel



Die Nürnberger Lämmleindukaten sind interessante Dokumente für die Nutzung von Gold als Neujahrsgeschenke.



Die Nürnberger Steckenreiterklippe von 1650 drückt die Hoffnung aus, dass der Westfälische Frieden von 1648 ewig währen möge.





Manche Hamburger Neujahrsdukaten mit stehendem Ritter und Wertangabe verschwanden, kaum dass sie verschenkt worden waren, auf Nimmerwiedersehen im Schmelztiegel. In dem Buch von Gaedechens und weiteren Hamburg-Katalogen sind diese und andere Goldmünzen angebildet und beschrieben.



Das Brandenburger Tor sowie aktuelle Erzeugnisse der Königlichen Eisengießerei Berlin auf einer Neujahrsplakette von 1814.



Die Neujahrsplakette von 1821 bildet das Berliner Kreuzbergdenkmal sowie die Symbolfiguren von Schlachten ab, die Preußen in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 gegen Frankreich geführt und gewonnen hat.



Die Berliner Schlossbrücke noch ohne ihren Figurenschmuck sowie Grabdenkmäler werden auf der Eisengussplakette von 1824 dargestellt. (Fotos/Repro: Caspar)



Das Verschenken von Münzen und Medaillen aus edlem oder unedlem Metall zum Neuen Jahr hat eine lange, in die Antike zurückgehende Tradition. Als im 15. Jahrhundert in Italien die ersten Medaillen aufkamen, haben Maler und Bildhauer herrliche Stücke geschaffen, die jeder Sammlung zur Ehre gereichen. Verbunden mit Szenen aus der Bibel und dem Leben von Heiligen sowie frommen, moralisierenden Sprüchen entstanden haltbare Arbeiten, die man in Deutschland auch "Kontrafekt" oder "Gedächtnuß" nannte. Bisweilen sind auf solchen Neujahrsmedaillen ganze Kalendarien, die wichtigsten Lebensdaten eines Regenten und andere Ereignisse verzeichnet.

Wer es sich leisten konnte, beschenkte einander mit kostbaren Weihnachtstalern und Neujahrsmedaillen aus Silber und Gold. Sie bilden ein reizvolles Sammelgebiet, für das der Münzhandel attraktive Angebote bereit hält. Auf ihnen wird göttlicher Segen erbeten, aber auch Wünsche für Glück, Wohlstand, Frieden und andere Güter hat man auf ihnen durch schöne Allegorien und sinnige Sprüche verewigt. Unter den Neujahrsdukaten findet man die so genannten Lämmlein- oder Lammdukaten im Wert von zwei, einem, einem halben sowie einem Achtel, Sechzehntel und Zweiunddreißigstel Dukaten. Herkunftsort der undatierten Goldstücke ist die damals nur dem römisch-deutschen Kaiser verpflichtete Reichsstadt Nürnberg, die auf eine ins Mittelalter zurückreichende Münzgeschichte zurück blickt und auch durch zahllose Medaillen und Rechenpfennige in Erscheinung trat.

Nürnberg feiert das neue Jahrhundert

Die in Nürnberg um das Jahr 1700 geprägten Neujahrsmünzen kamen im Zusammenhang mit dem seinerzeit als eine Art Zeitenwende diskutierten Übergang vom 17. auf das 18. Jahrhundert geprägt. Auf den Lämmleindukaten erkennt man - bei den kleinen Werten wegen ihrer Winzigkeit mit großer Mühe - das Stadtwappen und das auf der Erdhalbkugel stehende Lamm Gottes mit einer wehenden Fahne. "Die Stadt Nürnberg feiert den Beginn des neuen Jahrhunderts" liest man als Übersetzung aus dem Lateinischen auf den größeren Stücken, während die kleinen Werte auf ein Motto verzichten. Für die Stempelschneider war es eine große Herausforderung, Wappen und Lamm auf den Winzlingen unterzubringen. Immerhin misst das 1/32 Stück gerade einmal fünf Millimeter und wiegt 0,12 Gramm. Manche Neujahrsgeschenke in der runden, manchmal auch in der viereckigen Version waren so klein, dass sie sich in Geldbörsen und Kästchen schnell verkrümelten. Da man eine Lupe brauchte, um sie zu betrachten, hat man sie auch Linsendukaten genannt.

Neben den Lämmleindukaten seien weitere Goldstücke erwähnt, etwa die Nürnberger Friedenswunschdukaten von 1650. Auf den mal runden, mal eckigen Prägungen erkennt man zum Himmel über der Erdhalbkugel erhobene Hände, denen ein Lorbeerkranz gereicht wird. Die lateinische Umschrift lautet in der Übersetzung "Saget Gott großen Dank für die Wiederherstellung des Friedens", während die deutsche Inschrift auf der Vorderseite den Anlass dieser Prägung erwähnt - GEDACHTNVS DES FRIEDENVOLLZUGS SCHLVSS IN NVRNBERG. Mit solchen symbolträchtigen Prägungen drückte die Freie und Reichsstadt ihre Hoffnung aus, dass nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges endlich die Waffen schweigen und ewiger Frieden herrscht. Wir wissen, dass es nicht lange dauerte, bis wieder Krieg war, und so sahen sich Nürnberg und andere Städte sowie Fürstentümer immer wieder genötigt, auf ihren Münzen und Medaillen den Wunsch nach Frieden auszudrücken. Diese Stücke gehören in das Sammelgebiet "Pax in nummis", das das Gebiet "Krieg und Frieden" umfasst und in der numismatischen Literatur gut dokumentiert ist.

Im frühen 19. Jahrhundert wurden in Hamburg unter zeitweiliger französischer Herrschaft Silbermünzen zu 32 und 16 Schilling, die Doppelmark- und Markstücke sowie kleine Werte hergestellt. Nach dem Abzug der Franzosen 1814 brachte die Freie und Hansestadt Dukaten heraus, die nach altem Brauch vor Weihnachten und zum Neuen Jahr stets mit einer neuen Jahreszahl als Geschenke für Familienmitglieder, Hausangestellte und Lieferanten geprägt wurden. Der stehende Ritter auf der einen Seite und das Viereck mit Wertangabe auf der anderen Seite ähneln holländischen Goldmünzen und sollten diesen als ebenbürtig angesehen werden.

Neujahrsplaketten für König und Kunden

Neujahrsmedaillen, genauer gesagt Neujahrsplaketten der anderen Art stammen aus der Königlichen Eisengießerei Berlin. Die Fabrik existierte nur 70 Jahre von 1804 bis 1874, doch ihre Hinterlassenschaft ist so groß, als seien ihr die doppelte Zeit vergönnt gewesen. Die Plaketten aus "Berliner Eisen" kamen zwischen 1805 und 1849 heraus. Die flachen querformatigen Reliefs, die manchmal in Schatullen mit Goldpressung aufbewahrt oder auch mit Silber eingerahmt wurden, waren für den König und den Hof, sowie führende Beamte in den Ministerien und Geschäftskunden bestimmt und machten Werbung für die Gießerei an der Invalidenstraße und ihre Erzeugnisse.

Die viereckigen Gussstücke bestehen aus geschwärztem Eisen und sind nicht viel größer als eine Visitenkarte. Da sie als Aushängeschild dieses künstlerisch und technisch überaus innovativen Betriebs fungierten, wurden namhafte Künstler wie Schinkel, Rauch oder Schadow für die Gestaltung gewonnen. Die älteste Neujahrsplakette trägt die Jahreszahl 1806 und zeigt, was für den auf Monumentalplastiken, technisches Gerät, Gartenzäune, Friedhofskreuze sowie feingliedrigen Schmuck und nicht zuletzt auch auf Kanonen und andere militärische Gegenstände spezialisierten Gießerei wichtig war. Mit dieser und folgenden Plaketten warb der Betrieb auch zum Besuch auf der "Zyklopeninsel" damals vor dem Neuen Tor in Berlin. Es wird erzählt, dass die an ihren rauchenden Schloten schon von Weitem sichtbare Gießerei in ihren besten Zeiten eine große Attraktion der preußischen Hauptstadt war und viele neugierige Besucher hatte.

Die Neujahrsplaketten mit Darstellungen von Berliner Häusern, Brücken, Kirchen, Denkmälern und anderen Sehenswürdigkeiten sowie der Wiedergabe von künstlerischen Güssen eigener Produktion waren schon im 19. Jahrhundert ein beliebter Sammelgegenstand und sind es heute noch viel mehr. Allerdings muss man aufpassen, denn nicht alles, was echt und alt ausschaut, muss es sein. Es gibt viele Nachgüsse, die nur vom Kenner, beispielsweise durch ihre etwas unscharfen Konturen und abweichende Maße, von Originalen unterschieden werden können. Eine Beratung bei Museen, etwa im Berliner Münzkabinett, im Kunstgewerbemuseum oder im Märkischen Museum, das zur Stiftung Stadtmuseum Berlin gehört, ist auf jeden Fall angebracht.

20. November 2019

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"