Ein Leben für die Münzforschung
Gedenktafel für Potsdamer Fleischermeister und Numismatiker Julius Lange enthüllt



Münzforscher Dr. Hans-Dieter Dannenberg und Bürgermeister Burkard Exner enthüllen die Lange-Tafel am Haus Brandenburger Straße 29 in Potsdam.



Wer an der Tafel vorbei geht, erfährt etwas über Wissenschaftsbegeisterung und bürgerschaftliches Engagement im 19. Jahrhundert.





Aus dem Münzschatz von Michendorf stammen die Brakteaten des Markgrafen Otto von Brandenburg (Bahrfeldt 38 und 39) sowie von Albrecht dem Bären (Bahrfeldt 13 und 14).



Das gut erhaltene Wohnhaus aus der Barockzeit ist eine Zierde der Brandenburger Straße in der Landeshauptstadt.



Lutz Fahron (Numismatische Gesellschaft zu Berlin, links), Bürgermeister Exner und Wilko Krone (Potsdamer Münzfreunde e. V.) und die anderen Teilnehmer der Feierstunde erfuhren Interessantes aus Julius Langes Lebensgeschichte. (Fotos: Caspar/Dannenberg)

Es kommt nicht oft vor, dass Münzforscher durch Gedenktafeln, geschweige Denkmäler geehrt werden. In Potsdam geschah das Wunder am 21. September 2019 mit der Enthüllung einer Tafel am Haus Brandenburger Straße 29. Mit ihr wird an Julius Lange erinnert, der 1815 in der preußischen Residenz- und Garnisonstadt geboren wurde und dort 1905 starb. Dass er irgendwann mittelalterliche Münzfunde erwerben und bearbeiten würde, war dem aus einfachen Verhältnissen stammenden, im Laufe seines Lebens zu einigem Wohlstand gelangten Fleischermeister nicht an der Wiege gesungen worden. Der Potsdamer Mittelalternumismatiker Dr. Hans-Dieter Dannenberg hat sich intensiv mit Langes Leben befasst. Mit anderen Mitstreitern ist es ihm gelungen, dass die Tafel an Langes einstigem Wohnhaus aus der Zeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., das zugleich die Fleischerei war, angebracht werden konnte.

Hans-Dieter Dannenberg und weitere Redner würdigten Lange als Beispiel für bürgerschaftliches Engagement und dankten dem heutigen Hausbesitzer Bertram Bär sowie der Stadt Potsdam und ihrem Bürgermeister Burkhard Exner, den Potsdamer Münzfreunden e.V., dem Numismatischen Arbeitskreis Brandenburg/Preußen und der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin sowie dem Potsdamer Kultur- und Geschichtsverein für ihre tatkräftige Hilfe. Wer jetzt durch die belebte Brandenburger Straße im Herzen der Landeshauptstadt geht, wird vielleicht eine Ahnung davon bekommen, was es im 19. Jahrhundert bedeutete, Münzfunde als solche zu erkennen und vor dem Schmelztiegel zu bewahren und ihnen für die Landes- und Geldgeschichte wichtige Informationen zu entlocken.

Die Familie Lange stammte aus Sachsen und war wohl um 1730 nach Potsdam gezogen. Julius Langes Vater hatte 1810 das bis heute erstaunlich gut erhaltene Haus mit dem typischen Giebel für Soldatenwohnungen gekauft. "Beim Vieheinkauf in umliegenden Dörfern und auf Wochenmärkten erfuhr der Fleischermeister gelegentlich von Münzfunden", sagte Hans-Dieter Dannenberg in der kleinen Feierstunde. "Früher als manch andere Zeitgenossen erkannte er den wissenschaftlichen Wert der unscheinbaren Geldstücke und trug wesentlich zu ihrer Bergung und Beschreibung bei. Vor allem ist ihm zu verdanken, dass er den berühmten, um 1170 in einem Tongefäß vergrabenen Fund von Michendorf mit über 2000 Silbermünzen sichergestellt hat. Ein Gutsarbeiter hatte sie im Jahr 1880 beim Pflügen entdeckt, ihnen aber keine Bedeutung beigemessen. Anders verhielt sich die ihn begleitende Dienstmagd, die einige Stücke auflas und der Gutbesitzerin übergab, die sich daraufhin mit Julius Lange in Verbindung setzte."

Im Verein für die Geschichte Potsdams hielt er Vorträge und publizierte in Fachzeitschriften über münzgeschichtliche und andere Themen. Seine gute wirtschaftliche Lage erlaubte es ihm, sich 1870 mit 55 Jahren zur Ruhe zu setzen und sich ganz seinen numismatischen und historischen Interessen zu widmen. Seine Aktivitäten verschafften ihm hohes Ansehen in Potsdam und darüber hinaus, zumal er die Wissenschaft unterstützte, wo er nur konnte. Außerdem hat er "von seinen numismatischen Schätzen vieles an die öffentlichen Museen verschenkt oder doch unter billigen Bedingungen vertauscht", wie es in einem Nachruf lobend heißt. Hans-Dieter Dannenberg hat Julius Lange anlässlich seines 100. Todestages eine ausführliche und mit Zitaten aus bisher unbekannten Dokumenten versehene Würdigung gewidmet. In der Feierstunde hob er hervor, dass Lange manche Fundmünzen an fachlich besser befähigte oder ausgerüstete Numismatiker weitergeleitet und auch dafür gesorgt hat, dass das Berliner Münzkabinett und das heutige Potsdam-Museum Stücke aus seiner Sammlung erhielten.

Was Münzen jenseits von Urkunden und Chroniken erzählen, wurde in den Ansprachen vor Langes einstigem Wohnhaus unter anderem am Beispiel der bis zu ihrer zufälligen Entdeckung in Michendorf dahin ganz unbekannten Petrissa-Pfennige aus der Münzstätte Brandenburg an der Havel deutlich. Die beiderseits mit Bildnissen geschmückten Denare sind wichtige Belegstücke aus der frühen Geschichte der Mark Brandenburg. Hätte sich Julius Lange nicht um diesen bedeutenden Mittelalterfund gekümmert, wären die Petrissa-Münzen und andere Geldstücke wohl niemals ans Tageslicht gelangt.

21. September 2019

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