Magnimat statt Silber
Warum ab 1975 bundesdeutsche Fünfmarkstücke aus einem neuartigen Werkstoff hergestellt wurden



Mit dem Übergang der Deutschen Mark 2002 zum Euro verschwanden Deutsche Mark und Pfennige, sei es in Gestalt von Münzen oder Banknoten, aus dem Geldverkehr. Sie können aber bei der Bundesbank in Euro und Cent umgetauscht werden.



Für die Gestaltung des silbernen Fünfmarkstücks von 1951 gab es zahlreiche Vorschläge, realisiert wurde aber der Vorschlag mit dem "dünnen" Bundesadler.



Bis zur Umstellung auf Euro und Cent 2002 klapperten solche Markstücke, Fünfziger und andere Münzen in den Geldbörsen der Deutschen.



Weil man das Zweimarkstück von 1951 mit der Münze zu einer Mark verwechseln konnte, wurde es bald wieder eingezogen. Exzellent erhaltene, also ungebrauchte Stücke erzielen heute gute Preise.



Eine Erfolgsgeschichte war das Ein-Mark-Stück, das ab 1950 nach einem Entwurf von Josef Bernhart in unvorstellbar großen Mengen geprägt wurde. Versehen mit dem Bundesadler, zeigt es auf der Wertseite die von Eichenblättern eingerahmte Ziffer 1 und darunter die Angabe DEUTSCHE MARK sowie die Jahreszahl. 2001 brachte die Bundesbank zum Abschied von der Deutschen Mark eine Goldmünze heraus, die fast identisch mit dem 1950 kreierten Ein-Mark-Stück ist. Allerdings hat man um den Adler die Umschrift DEUTSCHE BUNDESBANK statt BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND gelegt, um die Herausgeberschaft zu unterstreichen.



Die Goldstücke von 2001 und 2002 feiern den Abschied von der Deutschen Mark und die Einführung des Euro in der Bundesrepublik Deutschland. (Fotos/Repros: Caspar)

Fünf-Mark-Münzen sind eine Errungenschaft der deutschen Kaiserzeit. Die Silberstücke wurden ab 1874 in unterschiedlicher Intensität und Auflagezahl geprägt. Die letzte Münze dieser Art stammt aus dem Jahr 1915, dem zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs, und würdigt das hundertjährige Bestehen des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. Die Weimarer Republik gab ab 1925 Drei- und Fünfmarkstücke zunächst zu Gedenkzwecken in kleineren Auflagezahlen aus und ließ ab 1927 in den damaligen sechs Münzstätten die bekannte Kursmünze zu fünf Mark mit dem Eichenbaum in einer Millionenauflage herstellen. Lange geplant, wurden 1933, im ersten Jahr der NS-Diktatur, die von der Bevölkerung als viel zu schwer und zu unhandlich abgelehnten Fünf- und Drei-Mark-Stücke verkleinert und mit besserer Legierung ausgegeben, bis auch sie wie die Münzen der Weimarer Zeit wegen Hitlers Kriegsvorbereitungen von der Bildfläche verschwanden. Pläne, den Diktator durch eine Kursmünze zu fünf Mark zu ehren und seinen Kopf auf die Bildseite zu setzen, gediehen im Zweiten Weltkrieg nur bis zur Herstellung von einigen Probestücken mit dem Münzbuchstaben A (Berlin). Die Hitler-Münze sollte erst nach dem "Endsieg", der dann nicht eintrat, in großer Zahl ausgegeben werden.

Das ist kurz gefasst die Vorgeschichte des bundesdeutschen Fünf-Mark-Stücks, die von 1951 bis 2001 in zwei Metallen und Versionen, aber in riesigen Mengen hergestellt wurde. Die 1951 begonnene Ausgabe von Silbergeld im Wert von fünf DM wurde von den Bundesbürgern als ein Stück Normalisierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse nach den schrecklichen Verlusten und Verheerungen durch die Nazidiktatur und den Zweiten Weltkrieg begrüßt. Die Prägung erfolgte aufgrund einer am 1. Dezember 1950 veröffentlichten und von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Finanzminister Fritz Schäffer unterzeichneten Bekanntmachung, die sich auf das Gesetz zur Ausprägung von Scheidemünzen vom 8. Juli 1950 berief. Danach bestand die neue Münze aus einer Legierung von 625 Tausendteilen Feinsilber und 375 Tausendteilen Kupfer. Der Durchmesser wurde mit 29 Millimetern und das Gewicht mit 11,2 Gramm angegeben.

Glanzvolle Deutsche Mark

Ungewöhnlich war es, dass sich die Bundesregierung zur Ausgabe von Silbermünzen entschloss, wo doch diese in anderen Staaten gerade eingezogen und durch Geld aus Neusilber, einer Kupfer-Nickel-Legierung, ersetzt wurden. Vor allem psychologische Gründe spielten eine Rolle, die höchste deutsche Münze wie in der Vorkriegszeit in Silber zu prägen. Sie sollte, schlicht gesagt, der neuen Deutschen Mark Glanz verschaffen. Die neuen Silberfünfer hatten eine bedeutende Kaufkraft, und kaum jemand hat damals prägefrische Stücke aufs Sammeltablett gelegt. Die meisten Münzen kommen recht abgegriffen vor, und sollten der Handel makellose Exemplare anbieten, ist ihnen ein stattlicher Preis sicher. Das gilt noch viel mehr für die ganz frühen silbernen Gedenkmünzen, die ab 1952 mit wachsenden Zahlen und zunehmendem Interesse ausgegeben wurden. Viele Leute wollten sie nicht haben, und wer sie bekam, gab sie, heute unvorstellbar, schnell wieder weiter. Deshalb kommen diese Raritäten häufig mit Gebrauchsspuren vor. Wenn zumindest die vier ersten Gedenkmünzen in Stempelglanz oder vorzüglicher Erhaltung angeboten werden, erzielen sie gute Preise.

1974 wurde die Prägung der Kursmünzen zu fünf DM wegen der rasant angestiegenen Preise auf dem internationalen Silbermarkt aufgegeben. Ein Jahr später bereits kam ein neues Fünf-Mark-Stück heraus, das aus dem fälschungssicheren Dreischichtenwerkstoff Magnimat bis zum Ende der Deutschen Mark 2001 hergestellt wurde. Die Legierung Magnimat, eine Abkürzung für Magnetisches Metall, ist ein Metallverbundsystem, das seit 1969 von der Thyssen Krupp VDM GmbH hergestellt wurde und zu 75 Prozent aus Kupfer und zu 25 Prozent aus Nickel besteht. Es wurde von beiden Seiten auf einen Nickelkern walzplattiert, wodurch das Material magnetisch wird. Münzfälscher hatten und haben kaum die technischen Möglichkeiten, Ronden mit diesen Eigenschaften so nachzuahmen, dass sie keinen Anstoß erregen. Moderne Automaten prüfen die Echtheit einer Münze sowohl hinsichtlich ihrer Größe und ihres Gewichts als auch ihrer magnetischen Eigenschaften, neuerdings auch durch Abgleich des Designs.

Hochseltene Hahn-Ausgabe

Der Anstieg des Silberpreises hatte Auswirkungen auf die bundesdeutschen Gedenkmünzen. 1979 wurde in einer spektakulären Aktion die bereits ausgeprägten Silberstücke zur Erinnerung an den Physiknobelpreisträger Otto Hahn eingezogen und durch neugeprägte Magnimat-Münzen ersetzt. Ihnen folgten weitere Ausgaben aus dieser Metallkombination. Irgendwie müssen einige wenige Hahn-Ausgaben aus Silber dem Schmelztiegel entgangen sein. Sammler erzählen, dass sie da und dort auch "unter der Hand" gehandelt werden, nennen aber keine Details. Niemand möchte ins Visier der Justiz geraten, weil die genannten Silberstücke nur illegal aus der Karlsruher Münze, kenntlich am Buchstaben G, beziehungsweise Schmelze nach draußen gelangt sein können. In den USA hat das FBI die eine oder andere sensationelle Entdeckung gemacht. Die spektakulärste war das goldene Zwanzigdollarstück von 1933, das bis auf wenige Belegstücke auf Weisung von Präsident Roosevelt vernichtet wurde, als die USA von der Weltwirtschaftskrise geschüttelt wurde.

Interesse verdient die Entstehungsgeschichte des silbernen Fünf-Mark-Stücks von 1951. Der im Vorfeld ausgeschriebene künstlerische Wettbewerb fand ein ungewöhnlich großes Echo. 685 Einsendungen wurden registriert, doch nur ein Vorschlag schaffte es bis in die Prägeanstalten - der des in Schwäbisch-Gmünd lebenden Bildhauers, Grafikers und Medailleurs Albert Holl. Unter den Einsendern befanden sich bekannte Münzgestalter wie Karl Roth, der das Fünf-Mark-Stück 100 Jahre Germanisches Nationalmuseum Nürnberg von 1952 schuf, sowie Josef Bernhart, auf den die Entwürfe für die bundesdeutschen Ein- und Zwei-Mark-Stücke zurück gehen. Die Jury hatte mit der Sichtung des Materials, in dem sich unter anderem Entwürfe mit einer Glocke oder dem Kopf des Bamberger Reiters befanden, sehr viel zu tun. Deshalb wurden fortan nur noch beschränkte Wettbewerbe durchgeführt, für die kleiner Kreis bekannter Künstler Zeichnungen und Modelle einreichte.

Albert Holl entwarf einen irgendwie dünn und damit auch passend zu den von Entbehrungen gezeichneten Aufbaujahren nach dem Krieg wirkenden Bundesadler, der bei geöffnetem Schnabel nach links (heraldisch rechts) schaut und dessen sieben Schwingen leicht nach außen gebogen sind. In der Bevölkerung stieß der Bundesadler gelegentlich auf Kritik, der als Pleitegeier empfunden wurde. Vergleicht man Holls Entwurf mit dem ausgeführten Silberstück, fallen kleine Veränderungen auf. Die wichtigste war, dass die Jahreszahl, die der Künstler auf seinem Modell beiderseits des Adlerhalses platziert hatte, auf der Rückseite unter der Wertzahl 5 im inneren Schriftkreis angebracht wurde.

Da das für die Startauflage von fast 80 Millionen Exemplaren, verteilt auf die damaligen vier bundesdeutschen Münzstätten Hamburg, München, Karlsruhe und Stuttgart, benötigte Silber nicht vorrätig war, weil die Bestände der Reichsbank nach Kriegsende von den Siegermächten konfisziert worden waren, musste das Edelmetall im Ausland, und zwar in Mexiko, gekauft werden. Von dort wurden per Schiff Silberbarren im Gewicht von 35 Tonnen in die Bundesrepublik geschafft und auf die vier Münzstätten verteilt. Im Unterschied zur heutigen Praxis, nach der die Prägeanstalten ihre Rohlinge, auch Ronden genannt, von der metallverarbeitenden Industrie beziehen, haben sie diese damals noch selber auf altbewährte Art durch Gießen, Strecken und Stanzen hergestellt.

Winzige Abweichungen vom Original

Die Urmatrize des Fünf-Mark-Stücks nach Holls Entwurf wurde im Hauptmünzamt München geschnitten. Von ihr wurden die Arbeitsstempel gewonnen, die sich nur durch die Münzzeichen voneinander unterscheiden. Im Laufe der nächsten Jahre sind die Prägewerkzeuge leicht verändert worden. Spezialsammler und Varianten-Jäger haben viel zu tun, um alle Versionen zu bekommen. Solche winzigen Abweichungen, die sich auch bei anderen Kurs- und Gedenkmünzen feststellen lassen, sind ein interessantes Sammelthema.

Alles in allem wurden zwischen 1951 und 1974 von dem silbernen Fünf-Mark-Stück eine Viertelmilliarde Exemplare geprägt. Die meisten gingen nach der Umstellung auf Magnimat durch Einschmelzen wieder verloren. In dieser Riesenmenge kommen auch manche Raritäten und Ausgaben in Polierter Platte vor. So wurden 1958 in Hamburg nur 60 000 Fünf-Mark-Münzen mit dem Buchstaben J geprägt, was sie in der Gunst der Sammler und Händler ganz nach oben katapultierte. Den Jahrgang 1956 mit dem Münzbuchstaben G dürfte es eigentlich nicht geben, und doch hat man in Karlsruhe nur wenige Stücke heimlich als Gefälligkeitsprägungen hergestellt. In einem Gerichtsverfahren wurde konstatiert, dass es sich bei diesen Raritäten nicht um Fälschungen handelt, sondern um spezielle Sammleranfertigungen mit den originalen Werkzeugen, für die es keinen offiziellen Auftrag gab. Wo der in den Katalogen als unbefugte Prägung eingestufte Jahrgang 1956 G auftaucht, sollte man wachsam sein, denn es sind schon Stücke vorgekommen, bei denen das wertsteigernde Münzzeichen aus einem anderen Buchstaben fabriziert wurde. Teuer sind Polierten Platten (PP), die von manchen Jahrgängen des silbernen Fünf-Markstücks angefertigt wurden. Auch hier muss geprüft werden, ob nicht einem stempelglänzenden Stück nachträglich die wertsteigernde "PP" verpasst wurde.



8. Februar 2019

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