Stier, Greif und Stargarder Arm
Mecklenburgische Münzen und Medaillen sind im Güstrower Schloss einen gut aufgehoben



Eine Perle der Schlossbaukunst in Mecklenburg-Vorpommern ist das nach Plänen von Franz Parr auf Befehl von Herzog Ulrich erbaute Güstrower Schloss. Es birgt eine hochkarätige Ausstellung mit mecklenburgischer Sakral- und Profankunst sowie eine ansehnliche Münzausstellung.



In den Arkaden des Schlosses gab es für mich ein Wiedersehen mit der aus Schwerin stammenden Prägepresse. Über sie habe ich schon vor 40 Jahren eine Betrachtung in den Numismatischen Beiträgen geschrieben.



Einer der vielen wunderbar restaurierten Schlossräume ist den mecklenburgischen Münzen vorbehalten.



Mit einem Güstrower Gegenstempel markiert, wurde der Bremer Doppelschilling von 1620 für den Umlauf in den mecklenburgischen Herzogtümern zugelassen.







Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Güstrow ließ 1618 in Gnoien als Koadjutor für das Bistum Ratzeburg diesen Taler prägen. Der Glückstaler des Schweriner Herzogs Adolph Friedrich I. entstand 1612 in Gadebusch.



Der Güstrower Gulden von 1679 des Herzogs Gustav Adolf hat den Wert eines halben Talers.



Auf dem von Stier und Greif beschützten Wappen im Eingangsbereich des Güstrower Schlosses ist der Stargarder Arm als Symbol eines zu Mecklenburg gehörenden Landesteils gut zu erkennen.



Als Beispiel für den Brauch, anlässlich von fürstlichen Familienfeiern wie Geburten und Hochzeiten, aber auch Todesfällen Gedenkmünzen zu prägen, werden im Güstrower Schloss diese Silbermedaillen von 1672 und 1687 gezeigt.



Das goldene Zehntalerstück von 1752 bildet den Schweriner Herzog Christian Ludwig II. ab. Der an seinem Wappen als Ritter des dänischen Elefantenordens und des russischen Andreasordens erkennbare Landesherr versuchte vergeblich, die Macht im Strelitzer Landesteil zu ergreifen.





In Schwerin und Berlin geprägt wurden der Zweidritteltaler (Gulden) von 1845 und der Vereinstaler von 1870 mit dem Band des englischen Hosenbandordens geprägt. (Fotos: Caspar)

Die alte mecklenburgische Residenzstadt Güstrow ist immer eine Reise wert. Sehenswert ist das Renaissance-Schloss, in dem das Schweriner Münzkabinett eine Auswahl von Geprägen der in Schwerin und Güstrow sowie in Neubrandenburg und Neustrelitz residierenden Herzöge zeigt. Schon im Hof des vielbesuchten Renaissanceschlosses, in dem während des Dreißigjährigen Krieges für kurze Zeit der kaiserliche Generalfeldmarschall Albrecht von Wallenstein als Usurpator des mecklenburgischen Throns residierte, weist eine eiserne Spindelpresse auf das, was Münzfreunde im Schloss erwartet. Möglich, dass einige der ausgestellten Geldstücke auf diesem zeitweilig in der Schweriner Münze benutzten Gerät mit schweren Kugeln an den langen Schwungarmen hergestellt wurden.

Die im 18. Jahrhundert vom Schweriner Herzog Christian Ludwig II. angelegte Münzsammlung repräsentiert rund 700 Jahre mecklenburgische Münzgeschichte. Sie reicht von den einseitig geprägten Stierkopfbrakteaten des frühen 13. Jahrhunderts bis in die deutsche Kaiserzeit nach 1871. Mit unterschiedlicher Intensität wurden die an Stierköpfen, Greifen, dem Stargarder Arm und anderen heraldischen Zeichen gut erkennbaren Gepräge und durch Archivalien belegten Münzschmieden in Boitzenburg, Dömitz, Gadebusch, Gnoien, Grevesmühlen, Güstrow, Marienehe, Mirow, Neustrelitz, Ratzeburg, Ribnitz, Rostock, Schwaan, Stargard (Burg Stargard) und Wittenburg. Als im 19. Jahrhundert der Unterhalt eigener Münzanstalten für die in Schwerin und Strelitz residierenden Großherzöge zu teuer wurde, ließen sie ihr Hartgeld in Berlin und Dresden herstellen. Die letzte mecklenburgische Gedenkmünze zu drei Mark feierte 1915 mit einem Doppelbildnis die Erhebung des Schweriner Herzogs Friedrich Franz I. zum Großherzog mit der Anrede "Königliche Hoheit".

Fortuna auf Gadebuscher Glückstaler

Der Schweriner Herzog Christian Ludwig II. ging als Sammler von Gemälden vor allem der Niederländer und als Mäzen in die Geschichte ein, und auch seine Nachfolger taten sich auf diesem Gebiet hervor, so dass die Landeshauptstadt Schwerin zu einem bedeutenden Kunstzentrum wurde. Sein in Neubrandenburg und Neustrelitz residierender Vetter Adolph Friedrich IV. konnte wirtschaftlich nicht mithalten, er konzentrierte sich vielmehr auf prächtige Schlossbauten, die allerdings sein Budget und die Möglichkeiten seines winzigen Herzogtums bei weitem überstiegen und dieses ein eine tiefe Schuldenfalle trieben.

Neben historischen Münzstempeln werden im Güstrower Schloss auch Beispiele aus der außerordentlich vielseitigen Münzprägung der Hansestädte Wismar und Rostock präsentiert, in denen die Schweriner Herzöge gelegentlich Hof hielten. Highlights der kleinen, aber sehr qualitätsvollen Schau in dem aus dem 16. Jahrhundert stammenden, ursprünglich als Vierflügelanlage geplanten, aber nur noch als Torso erhaltenen Renaissance-Palast sind goldene Fünf- und Zehntalerstücke sowie ein in Gadebusch geprägter Glückstaler aus dem Jahr 1612, auf dessen Rückseite Fortuna auf der Erdkugel steht. Ein numismatischer Leckerbissen ist auch ein Taler von 1549 mit dem Bildnis des Herzogs Johann Albrecht I. von Mecklenburg aus der Münzstätte zu Gadebusch, dessen ins Deutsche übersetzte Devise "Herr, gib dass die, welche Dein Wort jetzt verachten, sich zu ihm bekennen" die Vermutung nahe legt, er könnte im Zusammenhang mit dem Übertritt der Herrscherfamilie zur Lutherischen Lehre im gleichen Jahr geprägt worden sein. Da dem Schweriner Kabinett nach 1945 neben anderen Raritäten auch die Münzen des kaiserlichen Feldherrn Albrecht von Wallenstein, der zeitweilig in Mecklenburg als Herzog regierte, abhanden gekommen sind, können in einer der Vitrinen nur Abgüsse aus Blei gezeigt werden.

Königliche Ritterorden als Wappenzier

Mecklenburg und Dänemark, das ist eine, von Unterbrechungen abgesehen, eine Jahrhunderte alte Freundschaftsgeschichte. Die Herrscherhäuser heirateten untereinander und tauschten Geschenke aus. Ab und zu wurde auch ein mecklenburgischer Herzog in den dänischen Elefantenorden aufgenommen und erhielt diese begehrte Auszeichnung, mit der das skandinavische Land recht geizig umging. Denn laut Statuten sollte der 1462 von König Christian I. gestiftete und 1693 von Christian V. erneuerte Orden nur 30 Ritter haben, zu denen noch der König als Ordensherr und sein Söhne kamen. Nach der Reformation durften nur Protestanten in den Elefantenorden aufgenommen werden, und dazu zählten auch einige deutsche Potentaten wie die Kurfürsten von Sachsen und die Herzöge von Mecklenburg. So kommt es, dass die an einem hellblauen Band zu tragenden Insignien des dänischen Elefantenordens auch auf mecklenburgische Münzen und Medaillen zu finden sind.

Die Serie solcher mecklenburgischer Ordensmünzen beginnt allerdings in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht mit dem Elefantenorden, sondern unter dem Schweriner Herzog Christian I. Ludwig mit zwei anderen, nicht minder edlen Auszeichnungen. So hat man um sein gekröntes Wappenschild die Ordensketten (Collanen) von zwei französischen Ritterorden gelegt, deren Inhaber er war. Auf weiteren mecklenburgischen Münzen erkennt man den russischen Andreasorden und den englischen Hosenbandorden. Wer sich für das Gebiet "Orden auf Münzen und Medaillen" begeistert, findet unter den mecklenburgischen Geprägen manch attraktives Exemplar. Da die Herzogtümer über keine Bergwerke mit silberner Ausbeute wie etwas die Sachsen, Braunschweiger oder Mansfelder verfügten, war ihre Münzprägung vergleichsweise bescheiden, was sich auf Angebote im Münzhandel und dort erzielte Preise auswirkt.

Sonderlinge von 1872 wurden schon bald eingezogen

Nach der Reichseinigung von 1871 hatte das anachronistische Durch- und Nebeneinander von Münzen ein Ende. Jetzt galt nur noch die Mark zu hundert Pfennigen. Da man jedoch große Not mit der Produktion des neuen, mit dem Reichsadler verzierten Gemeinschaftsgeldes hatte, bezahlte man einstweilen weiter mit Talern und Gulden, Groschen, Pfennigen, Kreuzern und Schillingen. Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt leisteten sich die mecklenburgischen Großherzogtümern Schwerin und Strelitz einen "Ausreißer", indem sie eigene Ein-, Zwei- und Fünf-Pfennig-Stücke von 1872 mit den gekrönten Monogrammen der Großherzöge Friedrich Franz II. beziehungsweise Friedrich Wilhelm prägen ließen. Da beide Großherzogtümer keine eigenen Münzstätten besaßen, wurden Prägeaufträge an andere Anstalten vergeben. Nach einem abschlägigen Bescheid aus der Berliner Münze erfolgte die Prägung dieser Stücke in der königlich-sächsischen Münze zu Dresden. Da man dort wohl angesichts der vom Reich erteilten Mammutaufträge für die neue Markwährung nicht in der Lage war, mecklenburgische Zehn-Pfennig-Münzen herzustellen, beließen es beide Regierungen bei den drei genannten Werten. Für sie schnitt der bekannte Dresdner Hofgraveur Max Barduleck die Stempel und erhielt als Honorar stattliche 75 Taler oder umgerechnet 225 Mark. Der Buchstabe B steht für den Dresdner Münzmeister Gustav Julius Buschick, unter dessen Regie die Prägung der mecklenburgischen Kupfermünzen erfolgte. Natürlich konnten die auch in der Güstrower Ausstellung präsentierten Sonderlinge der Konkurrenz der neuen Reichsmünzen nicht standhalten, zumal ihre Annahme im benachbarten Preußen verweigert wurde. Da das großherzogliche Kupfergeld nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprach, wurde es bereits 1877 aufgerufen und eingezogen. Damit war der mecklenburgische Versuch beendet, im Deutschen Reich durch eigenständiges Geld zu glänzen. Die in Dresden geprägte Auflage war erheblich, weshalb man heute erhalten gebliebene Stücke je nach Zustand recht preiswert bekommen kann.

Eiserne Spindelpresse in den Schlossarkaden

Bei der bereits erwähnten Münzpresse im Hof des Güstrower Schlosses fehlt ein erklärendes Schild, das darüber aufklärt, um was es sich bei diesem Gerät handelt. Wer sich ein wenig in der Münzgeschichte auskennt, wird in ihm eine ausgediente Prägemaschine erkennen, wie man sie bis ins 19. Jahrhundert hinein zur Herstellung von Münzen und Medaillen gebraucht hat. Bewegen kann man die langen Schwungarme nicht, sie sind fest in einem Eisenblock verkeilt. Als das tonnenschwere Gerät noch in Gebrauch war, stand es in einem großen Raum, denn man mußte die Schwungarme herumwerfen, um von oben einen kräftigen Druck auf die Münz- oder Medaillenstempel ausüben zu können. Daher der Name Anwurf für das im 16. Jahrhundert erfundene und dann in zahlreichen Münzanstalten stehende Gerät, für das sich auch die Bezeichnungen Schraube, Balancier und Spindelpresse eingebürgert haben.

Die Güstrower Spindelpresse wurde vermutlich um 1695 für die Schweriner Münze angeschafft und hat dort wohl bis ins frühe 19. Jahrhundert ihren Dienst getan. Als im Jahr 1850 die großherzogliche Münzanstalt ihren Dienst einstellte, weil Rechnungsprüfer deren Unrentabilität festgestellt hatten und der Großherzog keine Zuschüsse mehr bewilligen wollte und außerdem mecklenburgisches Hartgeld in Berlin und anderen Prägeanstalten hergestellt wurde, hatte die eiserne Spindelpresse ihren Dienst getan. Das aus Walzen, Schneidwerkzeugen, Rändel- und Prägeapparaten und anderen Werkzeugen bestehende Inventar der Schweriner Geldfabrik wurde an andere Münzstätten und metallverarbeitende Betriebe verkauft, während die Prägestempel archiviert wurden. Zum Glück wurde die gewaltige Spindelpresse nicht verschrottet. In der Schweriner Gelbgießerei Seupel tat sie weiterhin ihren Dienst bei der Metallverarbeitung. Der Betrieb trennte sich im Jahr 1948 von der technischen Kuriosität und überließ sie für 500 Mark an die volkskundliche Sammlung in Schwerin. Hier erkannte man die Bedeutung der Maschine und stellte sie schließlich im Güstrower Schlosshof auf.

20. August 2019

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"