Sachsens Schätze aus Silber und Gold
Dresdner Münzkabinett blickt mit sehenswerter Sonderausstellung auf sein fünfhundertjähriges Bestehen zurück



Herzog Georg der Bärtige gründete vor 500 Jahren das Dresdner Münzkabinett. Die Medaille von Hans Schwarz (1518, rechts) mit seinem Bildnis eröffnet die neue Ausstellung im Dresdner Residenzschloss. Zu den eifrigen Förderern des Dresdener Münzkabinetts gehörte August der Starke, der auf einer goldenen Prunkmedaille von 1699 porträtiert ist.



Wie Münz- und Medaillenbücher der Barockzeit ausgesehen haben, kann man in einer Vitrine der neuen Ausstellung gut studieren.



Der Kupferstich gewährt einen Blick in das Japanische Palais mit Münzschränken an den Wänden, in dem man auch Stücke aus dem Dresdner Münzkabinett besichtigen konnte.



Das auf der Goldmedaille abgebildete Japanische Palais wurde 1786 als Museum Saxonicum eingerichtet. Die Giebelinschrift MUSEUM USUI PUBLICO PATENS nennt den Bestimmungszweck des Gebäudes "Für den öffentlichen Gebrauch". Die Medaille von 2015 feiert die Wiedereröffnung des Münzkabinetts im Georgenbau des Dresdner Residenzschlosses.



Zu den sächsischen Raritäten zählt der Klappmützentaler aus dem Jahr 1500 (links), zu sehen in der Dauerausstellung des Dresdner Münzkabinetts. Bis 1525 wurden im Erzgebirge diese hochwertigen Silbermünzen in großen Stückzahlen geprägt, nur wenige blieben erhalten.



Der Doppeltaler von 1780 wurde von Kurfürst Friedrich August III. "zur Belohnung des Fleißes" vergeben.



Die in Muldenhütten eingesetzten Prägewerkzeuge für das seltene Dreimarkstück von 1917 "Friedrich der Weise" werden mit weiteren Hinterlassenschaften im Dresdner Residenzschloss gezeigt. (Fotos: Caspar)

Als ältestes Museum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden blickt das Münzkabinett mit einer bis zum 19. Januar 2020 laufenden Sonderausstellung im wieder aufgebauten Residenzschloss auf ein halbes Jahrtausend zurück. Die Dokumentation ist im Anschluss an die am 6. Juni 2015 eröffnete Dauerausstellung mit herausragenden Belegstücken zum Bergbau und Münzprägung in Sachsen und zur Tätigkeit sächsischer Münzstätten sowie mit herausragenden Exponaten aus der Sammlung zu sehen. In dem neuen Raum wird geschildert, wie man "ein Muntz Cabinet in gehöriger Ordnung [zu] rangieren" hat, so der Titel eines Manuskripts aus dem 18. Jahrhundert über die Anlage, Klassifizierung und Nutzung von Münz- und Medaillensammlungen.

Im nunmehr fünften Raum erinnern etwa 110 Ausstellungsstücke an 500 Jahre Kabinettgeschichte sowie an führende Numismatiker wie Wilhelm Gottlieb Becker, Johann Gottfried Lipsius, die Brüder Erbstein und Walter Schwinkowski, die maßgeblich an der Erfolgstory beteiligt waren. Zwischen Dauerausstellung und dem aus dem 19. Jahrhundert stammenden, überaus kostbar dekorierten Kleinem Ballsaal gelegen, wird der Saal auch künftig für temporäre Ausstellungen des Münzkabinetts zur Verfügung stehen.

Das im 16. Jahrhundert von Herzog Georg dem Bärtigen und Kurfürst August angelegte sowie von weiteren Herrschern aus dem Haus Wettin systematisch ausgebaute Dresdner Münzkabinett ist eine der bedeutendsten Sammlungen dieser Art in Deutschland. Insgesamt besitzt es etwa 300 000 Münzen, Medaillen, Geldscheine, Orden und Ehrenzeichen sowie Prägestempel und weitere numismatisch interessante Objekte. Bereits im 18. Jahrhundert zählte man die Sammlung zu den bedeutendsten in Europa, und es gehört zu den Ruhmesblättern der sächsischen Kunst- und Kulturpolitik, dass das damals im Japanischen Palais untergebrachte Münzkabinett bereits 1786 als "Museum Saxonicum" öffentlich zugänglich gemacht wurde, und dies zu einer Zeit, als fürstliche Sammlungen an anderen Orten dem Publikum noch verschlossen waren.

Ein in der Sonderausstellung ausgelegtes Besucherbuch unterstreicht, dass es in der Barockzeit und danach zum guten Ton gehörte, wenn junge Adlige auf ihren Kavalier- und Bildungsreisen quer durch Europa auch das Dresdner Münzkabinett besichtigten. In der zeitgenössischen Literatur werden seine reichen Bestände hoch gelobt, und man hat keine Mühen noch Kosten gescheut, sie in aufwändig mit Kupferstichen geschmückten Prachtbänden zur höheren Ehre des Herrscherhauses zu publizieren. Das war in Dresden nicht anders als in Wien oder Berlin.

Sammeln, bewahren, forschen und vermitteln

Im Unterschied zu vielen anderen deutschen Fürsten und Reichsstädten konnten die Wettiner dank ihrer ergiebigen Silbergruben im Erzgebirge seit dem späten Mittelalter eine umfangreiche Münzproduktion entfalten, die mit bescheidenen Groschen begann und nach 1500 zu Großsilbermünzen führte, die man anfangs MONETA NOVA (Neue Münze) nannte. Nach den massenhaft in der böhmischen Bergstadt Sankt Joachimsthal geprägten Talern benannt, hat man in der Barockzeit, als das Münzensammeln in Mode kam, diesen Silbermünzen veritable "Talerkabinette" benannte Kataloge gewidmet und ihnen auch in Zeitschriften wie den "Wöchentlichen Münzbelustigungen" breiten Raum geschenkt. In der Dauer- und der Sonderausstellungen zeigt das Dresdner Kabinett einige Proben früher, reich mit Kupferstichen ausgestatteter Münzliteratur.

Ausstellungskuratorin Susanne Thürigen, Kabinettdirektor Rainer Grund und ihr Team hatten die Qual der Wahl, als sie an die Zusammenstellung charakteristischer Stücke zur Geschichte der Sammlung gingen. "Wir gehen in der Ausstellung nicht chronologisch vor, sondern haben sie nach vier Schwerpunkten gegliedert: Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln", sagt Susanne Thürigen und nennt wichtige Stationen der auch durch Ankaufslisten, Inventare und Beschreibungen belegte Kabinettgeschichte. Ein kostenloses Booklet bietet vertiefende Informationen zu den einzelnen Kapiteln, außerdem berichtet die aktuelle Ausgabe der "Dresdener Kunstblätter" (Heft 2/2019) über das Münzkabinett, seine Geschichte und seine Bestände.

Den Anfang macht in der Sonderausstellung eine Medaille von Hans Schwartz auf Herzog Georg den Bärtigen von Sachsen, der um 1520 mit dem Sammeln von Münzen begann. Er folgte damit einem Trend der Renaissance, denn auch an anderen Fürstenhöfen sowie in Gelehrten- und Patrizierkreisen begann man, sich mit numismatischen Hinterlassenschaften der Römer und Griechen zu beschäftigen und über sie gelehrte Abhandlungen zu verfassen. Im Barock haben sich Forscher und Sammler nach Münzen des Mittelalters und der Gegenwart umgeschaut und auch Fundstücke vor dem Tod im Schmelztiegel bewahrt. Die ausdrucksstarke Medaille von Herzog Georg ist nicht das Original, das man im Dresdner Kabinett vermuten möchte, sondern eine Kopie, denn der Wettiner hat sein in Kupfer gegossenes Konterfei an andere Fürstlichkeiten während des Reichstags von 1518 verschenkt, offenbar ohne dafür zu sorgen, dass ein Belegexemplar nach Dresden gelangt. Wo im 16. Jahrhundert originale Antiken nicht zu haben waren, behalf man sich mit Nachbildungen, wie am Beispiel eines vom italienischen Stempelschneider Giovanni di Cavino geschaffenen Goldstücks mit dem Kopf des Antinoos, des Günstlings von Kaiser Hadrian, belegt wird. Lange hielt man diese Medaille für eine Arbeit aus der griechischen Antike.

Der Menschheit bewahrt

Nach dem Zweiten Weltkrieg existierte das von der Trophäenkommission der Roten Armee nach Moskau mitgenommene Münzkabinett nur noch in der Erinnerung, nach der Rückgabe der Dresdner Kunstschätze und der aus andern Städten der DDR unter dem Motto "Der Menschheit bewahrt" wurde das Münzkabinett neu geordnet und an verschiedenen Stellen im Bereich der Staatlichen Kunstsammlungen der Öffentlichkeit untergebracht. 2002 kehrte die Sammlung in den Georgenbau des Residenzschlosses und damit an ihren Ausgangspunkt zurück. Die Sammlung besitzt national und international einen guten Ruf als Forschungsinstitut, das Fragen an die eigenen Bestände beantwortet und publiziert und mit vielen andern Münzkabinetten in und außerhalb Deutschlands in regem Austausch steht. Hier treffen sich Forscher und Sammler, denen die im Depot verwahrten Bestände sowie die Bibliothek und das Archiv offen stehen.

Rainer Grund hofft, dass auch junge Leute mehr als bisher die Gelegenheit nutzen, über geprägtes Metall und andere Hinterlassenschaften Vergangenes zu verstehen, um die Gegenwart und Zukunft gut gestalten zu können. Schwerpunkt der Sammeltätigkeit sind sächsische Münzen und Medaillen, von denen das Kabinett, wie sollte es anders sein, besonders reich gesegnet ist. Da hier nach allen erreichbaren Varianten gesucht wird, gibt es im Sachsen-Bestand noch einige Lücken zu füllen. Der Kabinettdirektor ist optimistisch, dies nach und nach weiter tun zu können. Zum Aufgabenbereich des Münzkabinetts gehört die Auswertung und Publizierung der im Freistaat Sachsen entdeckten Münzfunde, in denen manchmal bisher unbekannte Varianten identifiziert werden.

Zurück in die Sammlungsgeschichte. Besonders kümmerte sich Kurfürst Friedrich August I., genannt der Starke, seit 1697 auch König von Polen, um das Kabinett und fügte ihm zahlreiche zu seinen Ehren geprägte Medaillen sowie Stücke aus der aktuellen Münzprägung hinzu. Belegt ist, dass der sich als "Hercules saxonicus" gerierende Herrscher gelegentlich auf die Arbeit der an den Münzstätten Dresden und Leipzig angestellten Künstler Einfluss nahm und über die Entwürfe der auf seine Heldentaten geprägten Medaillen persönlich entschied. Nach französischem Vorbild diente die sächsische "Histoire métallique" der Verherrlichung des Monarchen und seiner Dynastie. Rund 180 Medaillen von 20 Medailleuren liegen vor, und einige sind in der Dauer- und der neuen Sonderausstellung, von großartigen Graveuren geschaffen, ausgelegt. Inwiefern auch andere Wettiner Einfluss auf die Gestaltung ihrer Münzen und Medaillen nahmen, ist bisher in Umrissen bekannt und wäre ein interessantes Forschungsthema. August der Starke war es auch, der der Vernichtung von Prägestempeln Einhalt gebot. So kommt es, dass das Dresdner Kabinett eine stattliche Kollektion besitzt und einige zeigen kann, darunter auch die Patrizen und Matrizen des berühmten, in nur etwa einhundert Exemplaren hergestellten Dreimarkstücks "Friedrich der Weise" aus dem Jahr 1917.

Museum Saxonicum im Japanischen Palais

Für die in Dresden herrschenden Kurfürsten und ab 1806 Könige von Sachsen war die Pflege der Sammlung stets ein besonderes Anliegen, sie verstärkte Sachsens Glanz und betonte, wie andere Sammlungen auch, das Ansehen der dort herrschenden Dynastie. Um den Bestand zu vergrößern, wurden Emissäre in alle Himmelsrichtungen ausgesandt. Mit der Zeit platzte die Sammlung aus allen Nähten, und so wurde für eine angemessene Aufstellung im Dresdner Schloss beziehungsweise ab Mitte des 18. Jahrhunderts im Taschenbergpalais und im Japanischen Palais gesorgt, wo ein Museum Saxonicum eingerichtet wurde. 1743 hatte Kurfürst Friedrich August II., als König von Polen August III., die seit dem frühen 16. Jahrhundert angelegte Münz- und Medaillensammlung seinem Sohn, Kurprinz Friedrich Christian von Sachsen, übertragen, der sie mit Freude und Eifer weiter ausbaute.

Die Gestaltung und Ausstattung der neuen Ausstellung war eine große Herausforderung, denn die in waagerecht aufgestellten Vitrinen ausgelegten kleinen Objekte müssen sich in den hohen Schlossräumen behaupten. Deshalb werden zur Auflockerung und Vertiefung münztechnische Geräte sowie Münzmandate und Münzbücher gezeigt. Rainer Grund zufolge soll die neue Ausstellung nicht nur Berufs- und Laiennumismatiker sowie Münzsammler ins Dresdner Schloss locken, sondern darüber hinaus der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung von Münzen, Medaillen, Geldscheinen als einzigartige historische Quellen und bedeutsame Zeugnisse der Kunst- und Kulturgeschichte vor Augen führen. Gegenüber anderen Bereichen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden könne sich das Münzkabinett gut behaupten, ist dessen Chef überzeugt, ja mit der neuen Dauer- und der Sonderschau begehe es so etwas wie seine Wiederauferstehung.

Ein Höhepunkt der neuen Sonderausstellung ist die erstmalige Präsentation der Medaillen-Serie "Syria 2015-2018" des 1948 geborenen syrisch-polnischen Künstlers Majid Jammoul. Die Medaillen aus patinierter Bronze zeigen zerstörte Häuser und machen so auf die dramatischen Folgen des Kriegsgeschehens in Syrien aufmerksam. Jammoul erinnert seit 2015 jährlich mit einer Medaille an die Zerstörung seines Heimatlandes und die Leiden seiner Einwohner. Dank der Unterstützung durch den Numismatischen Verein zu Dresden e. V. und den Freundeskreis der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e. V. konnte diese Serie erworben werden, mit der das Münzkabinett seine zeitgenössische Abteilung durch herausragende Werke der Medaillenkunst erweitert. Ergänzt wird die Jubiläumsausstellung durch eine digitale Präsentation von 155 Neuerwerbungen aus den vergangenen 30 Jahren. Sie dokumentiert das breite Spektrum der Bestände und verdeutlicht, dass die Sammlung auch heute und morgen weiter wächst.

Wichtige Adresse für Berufs- und Laienforscher

Die im Georgenbau des Dresdner Residenzschlosses großzügig unterbrachte Bibliothek des Münzkabinetts mit etwa 33000 Bänden verfügt über mehrere Arbeitsplätze sowie Computer und moderne Kopiertechnik. Berufs- und Laiennumismatiker können hier unkompliziert den Handapparat benutzten oder Literatur aus dem Magazin nebenan bestellen. Nach wie vor weist die berühmte Buch- und Schriftensammlung des Dresdener Münzkabinetts große Lücken auf. Sie war nach dem Zweiten Weltkrieg als "Beutegut" von der Roten Armee beschlagnahmt und nach Moskau geschafft worden, wo sie trotz wiederholter Rückholanträge weiter einbehalten werden. Hingegen wurden die Münzen, Medaillen und anderen numismatischen Objekte sowie die Dresdener Gemälde, das Grüne Gewölbe, die Rüstkammer, Skulpturensammlung und andere Bestände 1958 von der damaligen Sowjetregierung nach Dresden zurückgegeben. Übrigens ist es dem Berliner Münzkabinett ähnlich ergangen, denn es vermisst nach wie vor seine ursprüngliche Bibliothek, die nach 1945 nach Leningrad, jetzt Sankt Petersburg, gebracht wurde. Beide Sammlungen mussten ihre Bibliotheken neu aufbauen, doch die Lücken sind gerade bei den für die Forschung so wichtigen älteren Fachzeitschriften schmerzlich.

23. April 2019

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